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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.07.2005
Aktenzeichen: 26 U 2/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 280 Abs. 1 | |
BGB § 434 | |
BGB § 434 Nr. 1 | |
BGB § 459 a.F. | |
BGB § 459 Abs. 1 a.F. |
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 07. Oktober 2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Klägerin hat gegen das die Klage abweisende Urteil Berufung eingelegt.
Sie beantragt,
das am 07.10.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster (2 O 339/03) abzuändern und nach den in erster Instanz verlesenen Schlußanträgen der Klägerin (Antrag zu 1. und 2. Bl. 2 GA ) zu erkennen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf das Vorbringen der Parteien in den zweitinstanzlichen Schriftsätzen verwiesen. Einzelheiten ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Landgericht mangels schuldhafter Pflichtverletzung im Rahmen der Ankaufsuntersuchung einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verneint.
Der zwischen dem Ehemann der Klägerin und den Beklagten geschlossene Vertrag über die Ankaufsuntersuchung für das Pferd E ist als Werkvertrag anzusehen (st. Rspr BGHZ 127, 378, 384), in den die Klägerin als geschützte Dritte einbezogen wurde; denn im Rahmen der Ankaufsuntersuchung war für den Beklagten zu 5 erkennbar, dass sein Ergebnis für den Käufer eine wichtige Entscheidungshilfe darstellen würde, ob es zum Ankauf des Pferdes kommt oder nicht (BGH NJW 95, 392).
Da durch eine Nachbesserung des Gutachtens der vermeintliche Schaden, der durch den Ankauf des Pferdes entstanden sein soll, nicht mehr verhindert oder vermindert werden kann, kommt als Anspruchsgrundlage nur § 280 Abs. 1 BGB in Betracht Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Auflage, § 280 Rnr. 18 m.w.N.).
Es geht nicht mehr um die Behauptung der Klägerin, dass der Beklagte zu 5 einen Chip im Fesselgelenk hinten links übersehen und daher nicht mitgeteilt hat; denn nach den Ausführungen des Sachverständigen H im landgerichtlichen Verfahren ist ein solcher Chip nicht vorhanden. Dieser Vorwurf wird von der Klägerin auch nicht mehr aufrechterhalten.
Soweit der Sachverständige aufgrund einer vorhandenen Verschattung eine Normabweichung im Gleichbeinbereich festgestellt hat,hält es der Senat für mehr als zweifelhaft, ob eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 5, die sich die weiteren Beklagten zurechnen lassen müssten, anzunehmen ist, weil er diese Normabweichung nicht angegeben und protokolliert hat.
Der Sachverständige hat dazu nämlich weiter ausgeführt, dass es sich um eine Abweichung handle, die zu einer Einstufung in die Röntgenklasse 2 führe. Deren Ergebnisse könne der Arzt benennen und protokollieren, müsse es jedoch nicht. Hintergrund dieser Empfehlung sei, dass solche Befunde, die lediglich gering von der Norm abwichen, klinische Erscheinungen als unwahrscheinlich erscheinen ließen.
Auch wenn es sich bei diesem Leitfaden nicht um ein Gesetz oder eine Verordnung handelt, die den Arzt zwingen, die Vorgaben zu beachten, ist zu berücksichtigen, dass dieser Leitfaden von der Bundestierärztekammer in Zusammenarbeit mit Hochschulen und erfahrenen Tierärzten entwickelt worden ist und damit eine fachlich hochqualifizierte Grundlage dafür bietet, wie radiologische Befunde einzuordnen sind. Dies kann auch für die dort genannten Empfehlungen für die Hinweis- und Dokumentationspflicht angenommen werden, die an sich über die rein medizinische Beurteilung hinausgehen. Die Empfehlungen berücksichtigen nämlich in ausreichendem Maße den Sinn und Zweck einer Ankaufsuntersuchung.
Als Grundsatz für eine Kaufuntersuchung gilt, dass das Protokoll die objektive, gewissenhafte und sachlich begründete Beurteilung eines vorgegebenen medizinischen Sachverhalts in einer für Laien verständlichen und für den Fachmann nachprüfbaren Weise wiedergibt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine solche Untersuchung neben dem Kaufvertrag noch eine weitere wirtschaftliche Bedeutung haben kann, sei es im Rahmen eines späteren Weiterverkaufs oder einer abzuschließenden Lebensversicherung (BGH NJW 83, 2078, 2079).
Die festgestellte geringfügige Abweichung von der Norm im Gleichbeinbereich stellt keinen Sachmangel i.S.v. § 434 BGB dar, der den Beklagten zu 5 trotz der Empfehlung des Röntgenleitfadens zur Klasse 2 hätte verpflichtet können, eine Dokumentation vorzunehmen.
Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass dies Pferd als Reitpferd gekauft werden sollte. Weitere besondere Beschaffenheitsvereinbarungen gab es nicht, so dass § 434 Nr. 1 BGB gilt. In diesem Fall kann auf den Fehlerbegriff des § 459 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werden, weil der Gesetzgeber diesbezüglich keine inhaltliche Änderung des Fehlerbegriffs angestrebt hat (Palandt/Putzo, BGB, 64. Auflage, § 434 Rnr. 24).
Ein Fehler i.S.v. § 459 BGB a.F. liegt vor, wenn der tatsächliche Zustand der Kaufsache von dem Zustand abweicht, den die Vertragsparteien bei Kaufvertragsabschluss gemeinsam, evtl. auch stillschweigend, vorausgesetzt haben, und diese Abweichung den Wert der Kaufsache oder ihre Eignung zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch oder gewöhnlichen Gebrauch herabsetzt oder mindert (BGH NJWRR 95, 364).
Hier liegt zwar eine Normabweichung im Gleichbeinbereich vor, diese verhindert oder mindert aber auch nach den Ausführungen des Sachverständigen H nicht den Gebrauch des Pferdes als Reitpferd, weil ein klinischer Befund nicht zu erwarten ist.
Damit ist trotz des Befundes eine uneingeschränkte Eignung des Tieres als Reitpferd gegeben.
Auch aus den weiteren Motiven heraus kann kein besonderes Interesse der Klägerin an einer weitergehenden Aufklärung bzw. Protokollierung dieses Befundes bestehen.
Dass die Lebensversicherung die Übernahme des Risikos auch bei richtiger Einschätzung abgelehnt hätte, hat die darlegungs - und beweisbelastete Klägerin nicht ausreichend vorgetragen. Soweit sie dies schlichtweg behauptet hat, reicht dies für einen ordnungsgemäßen Vortrag bereits deswegen nicht aus, weil sich die Versicherung trotz der tatsächlich dokumentierten weiteren Befunde nicht veranlasst sah, ein bestehendes Risiko auszuschließen.
Im Hinblick auf einen Wiederverkaufswert hat der Sachverständige H bereits ausgeführt, dass Auswirkungen nicht bzw. allenfalls ganz geringfügig anzunehmen sind. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Klägerin durch den fehlenden Hinweis auf die Normabweichung wertvolle und für sie wichtige Hinweise verloren gegangen sind.
Nach Auffassung des Senats ist ein Schadensersatzanspruch aber in jedem Fall deswegen ausgeschlossen, weil dem Beklagten zu 5 kein Schuldvorwurf gemacht werden kann.
Vorsätzliches Handeln scheidet von vornherein aus. Es liegt aber auch kein fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 5 vor.
Fahrlässig handelt nämlich nur derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt missachtet. Erforderlich ist das Maß an Umsicht und Sorgfalt, das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger des in Betracht kommenden Verkehrskreises zu beachten ist (BGH NJW 72, 150, 151; OLG KÖLN NJW-RR 90, 793 f).
Dem Beklagten zu 5 kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er sich an die Empfehlung des Röntgenleitfadens gehalten und keine Dokumentation und Aufklärung vorgenommen hat; denn nicht nur Gesetze oder Verordnungen, sondern auch Richtlinien von Spitzenverbänden oder Sportregeln können den Umfang der erforderlichen Sorgfalt bestimmen (BGHZ 58, 40, 43 f; OLG Köln NJW 90, 2261, 2262).
Wer sich so verhält, wie es ihm von kompetenten Fachleuten empfohlen wird, dem wird man im Regelfall keinen Schuldvorwurf machen können (BGH NJW 71, 1881, 1882).
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Empfehlungen zum Röntgenleitfaden von Spitzenfachleuten ausgearbeitet worden ist, kann dem Beklagten zu 5 daher nicht angelastet werden, dass er sich daran gehalten hat. Dies gilt umso mehr, als auch der Sachverständige H angegeben hat, dass er nach dem vorliegenden Befund nicht anders gehandelt hätte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Einer Zulassung der Revision bedurfte es nicht, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.
Ende der Entscheidung
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