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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 02.11.2000
Aktenzeichen: 27 U 1/00
Rechtsgebiete: AktG, BGB, WpHG, ZPO


Vorschriften:

AktG § 245 Nr. 1
AktG § 245
AktG § 136
AktG § 136 Abs. 3
AktG § 136 Abs. 1
AktG § 136 Abs. 1 S. 1
AktG § 17
AktG § 17 Abs. 1
AktG § 17 Abs. 2
AktG § 312
AktG § 312 Abs. 1
AktG § 313
AktG § 314
AktG § 15
AktG § 134 Abs. 3
AktG § 16 ff.
BGB § 174
BGB § 180
BGB § 180 S. 2
WpHG § 22 Abs. 3
WpHG § 21 ff.
ZPO § 448
ZPO § 523
ZPO § 148
ZPO § 91
ZPO § 708 Nr. 10
Leitsatz:

1.

Die Anfechtungsbefugnis i.S.d. § 245 Nr. 1 AktG eines in der Hauptversammlung und bei Einlegung des Widerspruchs vertretenen Aktionärs setzt gemäß § 136 Abs. 3 AktG das Vorliegen einer wirksamen schriftlichen Vollmacht zum Zeitpunkt der Hauptversammlung voraus. Der Nachweis einer entsprechenden Bevollmächtigung ist im Falle des Bestreitens im Anfechtungsprozess auch dann zu führen, wenn der Versammlungsleiter die Vertretungsmacht des Vertreters trotz fehlender Vollmachtsurkunde nicht beanstandet hat.

2.

Ein Aktionärskonsortium mit dem Zweck einer einheitlichen Stimmrechtsausübung und einer Sicherstellung einer Stimmenmehrheit ist jedenfalls dann kein herrschendes Unternehmen i.S.d. §§ 17, 312 AktG, wenn es sich nicht als Gesellschaft noch anderweitig unternehmerisch betätigt. Als beherrschende Unternehmen kommen allerdings nach Lage des Einzelfalles die Mitglieder des Konsortiums in Betracht.

3.

Eine Holding, die sich auf die Verwaltung der Beteiligung einer Aktiengesellschaft beschränkt, ist nicht Unternehmen im Sinne des Konzernrechts, weil keine ernsthafte Besorgnis besteht, sie könne mit Rücksicht auf anderweitige wirtschaftliche Interessenbindungen ihren Einfluss auf die Aktiengesellschaft zu deren Nachteil ausüben. Eine entsprechende konkrete und ernsthafte Sorge wird auch nicht allein durch die satzungsmäßige Möglichkeit des Erwerbs weiterer Beteiligungen durch die Holding begründet.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 U 1/00 OLG Hamm 13 O 37/99 LG Bielefeld

Verkündet am 2. November 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 24. August 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgerichtes und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. November 1999 verkündete Urteil der IV. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Parteien können die Sicherheit durch unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zollbürgen zugelassenen Kreditinstitutes leisten.

Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als 60.000,- DM.

Tatbestand:

Die Kläger, verbunden in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "S Vermögensverwaltungsgesellschaft", sind mit einer Kapitalbeteiligung von insgesamt 2.500,- DM Aktionäre der Beklagten, eines Unternehmens der Bekleidungsindustrie mit einem Grundkapital von 38,5 Mill. DM. Sie wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen die von der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22.04.1999 mehrheitlich beschlossene Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates und des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1997/98, und zwar im wesentlichen, weil die Beklagte vor der Entlastung keinen Abhängigkeitsbericht gemäß § 312 AktG erstellt habe, obgleich sie - die Beklagte - von einem unter der Führung der B-Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (künftig: B KG) stehenden Stimmrechtskonsortium beherrscht werde.

Am Grundkapital der 1995 von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelten Beklagten waren zum 31. Oktober 1998 folgende Aktionäre beteiligt:

a)

B-Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG 39,970 %

Klaus T, 5,580 %

Hans-Jürgen H, 5,215 %

Uwe H 5,215%

= 55, 840

b)

Restliche im Streubesitz befindliche Aktien = 44,160 %

Die unter a) genannten Aktionäre haben sich gemäß einer Aktionärsvereinbarung von Dezember 1994 zur gemeinsamen Stimmrechtsausübung verpflichtet. Aufgrund des Stimmbindungsvertrages erfolgen Abstimmungen innerhalb des Konsortiums, unter deren Mitgliedern die B KG die absolute Mehrheit besitzt, stets mit einfacher Mehrheit, so dass die B KG über das Konsortium maßgeblichen Einfluss auf die Beklagte ausüben kann.

In der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22.04.1999 betrafen die Tagesordnungspunkte 3) und 4) die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 1997/98. Die Kläger zu 1) und 2) stimmten für die Mitglieder der S Vermögensverwaltungsgesellschaft gegen die jeweils mit Stimmenmehrheit von über 90 % beschlossenen Entlastungen und erklärten als einzige Aktionäre insgesamt Widerspruch zur Niederschrift gegen beide Entlastungsbeschlüsse, ohne dass ihre Vollmacht beanstandet wurde.

Die Kläger haben behauptet, innerhalb ihrer Gesellschaft bürgerlichen Rechts seien die Kläger zu 1) und 2) zur einheitlichen Ausübung ihrer Aktionärsrechte bevollmächtigt gewesen. Sie haben die Entlastungsbeschlüsse beanstandet, weil die Beklagte für das in Rede stehende Geschäftsjahr 1997/98 - unstreitig - keinen Abhängigkeitsbericht im Sinne von § 312 AktG erstellt hat und dementsprechend keine Prüfung dieses Berichts gemäß §§ 313, 314 AktG erfolgt ist. Die Beklagte sei zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichts, der Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Rechnungslegung und einen wirksamen Entlastungsbeschluss sei, verpflichtet gewesen, weil sie eine abhängige Gesellschaft sei. Sie werde nämlich von dem Konsortium derjenigen Aktionäre beherrscht, die sich in der Aktionärsvereinbarung vom 23.12.1994 zur Erlangung der Stimmrechtsmehrheit zu einer gemeinsamen Stimmrechtsabgabe verpflichtet haben, und damit von der in diesem Konsortium über die absolute Mehrheit der Stimmen verfügenden B KG. Diese Gesellschaft, deren Gegenstand ausweislich ihrer Satzung der Erwerb, die Verwaltung und die Veräußerung von Beteiligungen jeder Art, sowie der Erwerb von Genussrechten, insbesondere an Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie ist, sei Unternehmen im Sinne des § 312 AktG. Im übrigen werde die B KG wiederum beherrscht von der "D AG Unternehmensbeteiligungsgesellschaft", (künftig D AG), die als Kommanditistin mit 70 % an deren Kapital beteiligt ist. Deshalb sei die Beklagte auch ein von der D AG abhängiges Unternehmen.

Im übrigen habe das Stimmrechtskonsortium bei den Entlastungsbeschlüssen im Hinblick auf § 136 Abs. 1 AktG nicht mitstimmen dürfen, weil der Vorstandsvorsitzende der Beklagten T Mitglied des Stimmrechtskonsortiums und der damalige stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates der Beklagten D zugleich Vorstandsmitglied der AG war.

Die Kläger haben beantragt,

die Beschlüsse der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 22.04.1999 zu den Punkten 3) und 4) der

Tagesordnung, die angekündigt waren wie folgt:

a) Der Beschluss zu Punkt 3) der Tagesordnung

"3. Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes

Aufsichtsrat und Vorstand schlagen vor, den Mitgliedern des Vorstandes für das Geschäftsjahr 1997/98 Entlastung zu erteilen."

b) Der Beschluss zu Punkt 4) der Tagesordnung

"4. Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor, den Mitgliedern des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 1997/98 Entlastung zu erteilen."

und welche die Hauptversammlung mit Mehrheit beschloß,

für nichtig zu erklären.

Die Beklagte haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Kläger zu in der Hauptversammlung als Vertreter der Kläger zu 1) bis 4) bestritten und die Ansicht vertreten, dass ein Abhängigkeitsbericht im Sinne von § 312 AktG nicht erstellt werden mußte, weil sie - die Beklagte - kein abhängiges Unternehmen im Sinne des § 17 AktG sei. Die Aktionärsvereinbarung sei mangels unternehmerischer Tätigkeit kein beherrschendes Unternehmen. Auch die B KG, die die entscheidende Mehrheit innerhalb der Aktionärsvereinbarung und damit Einfluss auf die Beklagte habe, beschränke sich als einfache Beteiligungsgesellschaft auf das "bloße Halten und Verwalten ihrer Beteiligung" und weise keine anderweitigen Interessenbindungen auf, so dass keine Abhängigkeit der Beklagten zu der B KG im Sinne des Konzernrechts vorliege. Die D AG sei schließlich lediglich Kommanditistin und verfüge aufgrund Gesellschafterbeschlusses der B KG nur über einen Stimmenanteil von 49 %, so dass sie angesichts der für Entscheidungen der B KG ausreichenden einfachen Mehrheit keinen beherrschenden Einfluss auf diese habe. Die Beklagte habe im übrigen keine Rechtsgeschäfte mit der B KG, die als reine Beteiligungsgesellschaft keine weiteren Beteiligungen halte, getätigt, so dass es sich bei einem eventuellen Abhängigkeitsbericht um ein bloßes Negativattest gehandelt hätte. Das Fehlen eines solchen Negativattestes stelle nur einen Verfahrensfehler dar, der keine Relevanz für die Abstimmung der Aktionäre gehabt habe.

Im übrigen sei keine nach dem Gesetz verbotene Stimmrechtsausübung durch den Vorsitzenden des Vorstandes bzw. den stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden bei den Entlastungsbeschlüssen erfolgt. Das Stimmrecht des Vorstandsvorsitzenden T sei bei der Beschlussfassung zur Entlastung des Vorstandes nicht wahrgenommen worden. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende D sei nicht Aktionär und in keiner Form an der Aktionärsvereinbarung beteiligt.

Das Landgericht hat mit im wesentlichen folgender Begründung die angefochtenen Beschlüsse für nichtig erklärt: Es entspreche gesicherter Rechtsprechung, dass es bei Fehlen eines notwendigen Abhängigkeitsberichtes im Sinne von § 312 AktG an einer wesentlichen Informationsgrundlage für die Entlastungsbeschlüsse fehle, so dass diese anfechtbar seien. Im vorliegenden Fall habe ein Abhängigkeitsbericht erstattet werden müssen, weil es sich bei der B KG um eine Gesellschaft des Handelsrechts handele, die über die Aktionärsvereinbarung betreffend die gemeinsame Stimmrechtsausübung eine beherrschende Stellung bei der Beklagten habe. Es komme nicht darauf an, dass die B KG für sich allein betrachtet Minderheitsaktionärin sei. Entscheidend sei, dass die Aktionärsvereinbarung gerade dazu diene, der nur mit 37,97 % am Grundkapital der Beklagten beteiligten B KG die Ausübung der Rechte einer Stimmrechtsmehrheit zu ermöglichen. Ob die B KG tatsächlich Einfluss ausübe, spiele nach §§ 15, 17 AktG keine Rolle.

Die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Kläger seien auch nach § 245 AktG anfechtungsbefugt. Sie seien in der Hauptversammlung der Beklagten vom 22.04.1999 ordnungsgemäß durch die Kläger zu 1) und 2) vertreten worden. Nachdem sie für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Kläger zur Hauptversammlung zugelassen worden und dort keine Beanstandungen gegen ihre Abstimmung und ihren einheitlich abgegebenen Widerspruch erhoben worden seien, würden die Regelungen der §§ 174, 180 BGB Anwendung finden.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Sie rügt zunächst weiterhin eine fehlende Anfechtungsbefugnis der Kläger, die bei der Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen seien. Die Regelungen der §§ 174, 180 BGB seien nicht auf körperschaftliche Beschlüsse anwendbar. Sie meint im übrigen nach wie vor, dass die Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes nicht erforderlich gewesen sei, weil sie - die Beklagte - keine abhängige Gesellschaft im Sinne des § 312 AktG sei. Die B KG unterhalte keinen eigenen Geschäftsbetrieb und sei deshalb kein Unternehmen im Sinne von § 15 AktG, sondern eine "eindimensionale Holding", die sich auf die Verwaltung einer einzigen Beteiligung beschränke. Im übrigen fehle es an einer Kausalität zwischen fehlendem Abhängigkeitsbericht und Beschlussfassung, da dem Vorstand und dem Aufsichtsrat auch bei Vorlage eines Negativattestes die Entlastung erteilt worden wäre. Schließlich verweist die Beklagte darauf, dass unstreitig vorsorglich für das Geschäftsjahr 1997/1998 nachträglich ein Abhängigkeitsbericht erstattet worden sei, wonach sie mit der B KG keine Geschäfte gemacht habe, und dass danach die angefochtenen Entlastungsbeschlüsse in der Hauptversammlung vom 27.04.2000 bestätigt worden seien. Die Bestätigungsbeschlüsse seien abweichend von der seitens der Kläger, die auch gegen diese Beschlüsse Anfechtungsklage - 13 O 40/00 LG Bielefeld - erhoben haben, vertretenen Rechtsauffassung wirksam.

Die Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und vertiefen die bereits erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassungen. Sie halten zunächst die Anwendung des § 180 S. 2 BGB für zutreffend, meinen, die Beklagte sei daran gebunden, dass die Vorlage einer Vollmachtsurkunde auf der Hauptversammlung nicht verlangt worden sei, und berufen sich schließlich auf eine schriftliche Bevollmächtigung der Kläger zu 1) und 2) vom 04.01.1999. Bezüglich des Beherrschungstatbestandes vertreten sie die Auffassung, es sei für die entscheidende potentielle Einflussnahme eines Unternehmens auf die Beklagte unerheblich, ob es sich bei der B KG um eine "eindimensionale Holding" handele. Auch die für einen Mehrheitsaktionär, der nur an einer einzigen Gesellschaft beteiligt sei, bestehenden Interessenkonflikte - zwischen eigenen Interessen und denen der Aktiengesellschaft - würden nach Sinn und Zweck der §§ 312 ff. AktG deren Anwendung gebieten. Da die B KG laut Satzung zum Erwerb und zur Verwaltung von Beteiligungen jeglicher Art ermächtigt sei, sei es im übrigen unerheblich, inwieweit sie diese Möglichkeit im Laufe des fraglichen Zeitraums ausgenutzt habe, was dem Vorstand der Beklagten zudem nicht bekannt sein könne. Schließlich sei für die Abhängigkeit der Beklagten auch auf das Stimmrechtskonsortium abzustellen, an dem mehrere Handelsgesellschaften beteiligt seien. Die Frage der Beherrschung im Sinne des § 312 AktG müsse im übrigen ebenso beurteilt werden wie die der Kontrolle im Sinne des § 22 Abs. 3 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Angesichts der Wesentlichkeit des Abhängigkeitsberichts für die Rechnungslegung komme es auf die Kausalität der Nichtvorlage für die Entlastungsbeschlüsse nicht an. Die Wiederholung der Entlastungsbeschlüsse in der Hauptversammlung 2000 sei schon deshalb ohne Relevanz, weil es sich nicht um Bestätigungs-, sondern um Neuvornahmebeschlüsse gehandelt habe, weil die Beschlüsse vom 22.04.1999 nicht aufgehoben worden seien und weil der Jahresabschluss 1997/98, der entsprechende Lagebericht und der Bericht des Aufsichtsrates zur Hauptversammlung nicht erneut vorgelegt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen der Parteivertreter gemäß Berichterstattervermerk zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat Bezug genommen.

Die Akten 8 HR B AG Königstein, HR A 13702 AG Bielefeld, HR B 33300 AG Bielefeld und 13 O 40/00 LG Bielefeld waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Die Anfechtungsklage bleibt ohne Erfolg, weil sich eine Anfechtungsbefugnis der Kläger gemäß § 245 Nr. 1 AktG nicht feststellen läßt (I.) und die angefochtenen Beschlüsse zudem nicht wegen eines Verstoßes gegen § 312 AktG oder gegen § 136 AktG zu beanstanden sind (II).

I.

Die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Kläger waren bei der Abstimmung in der Hauptversammlung vom 22.04.1999 und bei Einlegung des Widerspruchs gegen die Entlastungsbeschlüsse nicht wirksam vertreten, so dass ihre Anfechtungsbefugnis im Sinne des § 245 Nr. 1 AktG, die zu den materiell-rechtlichen Erfolgsvoraussetzungen der Klage gehört (Geßler-Hefermehl, Kommentar zum AktG, Rn. 5 zu § 245), fehlt.

Die Kläger haben nicht den Nachweis geführt, dass die Kläger zu 1) und 2), die in der Hauptversammlung für die "S Vermögensverwaltungsgesellschaft" abgestimmt und für diese sodann Widerspruch gegen die Beschlüsse eingelegt haben, zur Vertretung der anderen Mitglieder der als Aktieninhaberin zur Ausübung der Rechte berechtigten BGB-Gesellschaft bevollmächtigt waren. Die Ausübung des Stimmrechts durch einen Bevollmächtigten setzt gemäß § 134 Abs. 3 AktG voraus, dass der Aktionärsvertreter seine Bevollmächtigung durch Vorlage einer schriftlichen Vollmachtsurkunde nachweist. Es ist zwar anerkannt, dass der Versammlungsleiter den Vertreter bei Fehlen eines entsprechenden Nachweises nicht zurückweisen muss, sondern ihn zunächst zur Abstimmung zulassen kann, wenn der Nachweis der Vollmacht nachgereicht wird (Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 2. Aufl., § 36, Rn. 34; Geßler/Hefermehl, a.a.O., Rn. 44 zu § 124). Da das Gesetz allerdings eine schriftliche Vollmacht verlangt, ist die Bevollmächtigung unheilbar nichtig, wenn zum Zeitpunkt der Abstimmung eine Vollmachtsurkunde tatsächlich nicht existierte (Münchener Handbuch, a.a.O., § 38, Rn. 50; Geßler/Hefermehl, Rn. 44 zu § 134).

Ein Nachweis der schriftlichen Vollmacht ist auch nicht deshalb gemäß §§ 174, 180 S. 2 BGB entbehrlich, weil die Vertretungsmacht der Kläger zu 1) und 2) nicht sofort beanstandet worden ist. Insoweit kann der von den Klägern vertretenen Rechtsauffassung nicht gefolgt werden. Die unterlassene Anforderung einer Vollmachtsurkunde durch den Versammlungsleiter schließt das spätere Verlangen eines entsprechenden Nachweises, auch im Anfechtungsprozeß, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt aus. Dies ergibt sich schon aus § 134 Abs. 3 AktG, weil diese Regelung die Existenz einer schriftlichen Vollmacht im Zeitpunkt der Abstimmung für die Wirksamkeit der Vertretung voraussetzt, eine vollmachtlose Vertretung also ausschließt. Im übrigen hätte es der Versammlungsleiter anderenfalls - zu Lasten anderer Aktionäre - in der Hand, durch eine Zulassung von nicht wirksam bevollmächtigten Vertretern die Rechte anderer Aktionäre zu beschneiden, die bei Teilnahme nicht bevollmächtigter Vertreter an der Abstimmung grundsätzlich anfechtungsberechtigt sind (vgl. Münchener Handbuch, a.a.O., § 38, Rn. 50), dieses Anfechtungsrecht allerdings durch Unterlassen einer Beanstandung der fehlenden Vollmacht durch den Versammlungsleiter ohne sachlichen Grund verlieren würden.

Die Kläger haben den Beweis der von der Beklagten stets bestrittenen Bevollmächtigung der Kläger zu 1) und 2) nicht geführt, obgleich ihnen der Senat mit der Ladungsverfügung die Vorlage eines entsprechenden Nachweises aufgegeben hatte. Die daraufhin in Ablichtung zur Akte gereichte schriftliche Vollmacht vom 04.01.1999 konnte in der Verhandlung von den Klägern trotz Ankündigung einer entsprechenden Vorlage nicht im original vorgewiesen werden, so dass sich der Senat schon von der bestrittenen Existenz dieser Urkunde nicht überzeugen konnte. Anlaß für eine Vernehmung des beweispflichtigen Klägers zu 2) als Partei gemäß § 448 ZPO bestand bei dieser von den Klägers verursachten Situation nicht, weil einiger Beweis für die Richtigkeit des Vortrages der Kläger, eine entsprechende Originalurkunde sei am 04.01.1999 von allen Klägern unterzeichnet worden, nicht festzustellen ist. Gegen die Annahme eines solchen Anbeweises (vgl. Zöller, ZPO-Kommentar, 21. Aufl., Rn. 4 zu § 448) spricht schon, dass die Kläger diese schriftliche Vollmacht erstinstanzlich trotz des schon bestehenden Streits um ihre wirksame Vertretung nie erwähnt hatten.

II.

Die Beanstandungen der Entlastungsbeschlüsse durch die Kläger sind aber auch in der Sache unberechtigt, weil die Beschlüsse weder wegen Fehlens eines Abhängigkeitsberichtes gemäß § 312 AktG (1.) noch wegen Verstoßes gegen § 136 AktG (2.) rechtswidrig sind. Einer Aussetzung des Verfahrens gemäß §§ 523, 148 ZPO im Hinblick auf die gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 27.04.2000, durch die die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 1997/9ß bestätigt wurden, erhobene Anfechtungsklage - 13 O 40/00 LG Bielefeld - bedurfte es deshalb mangels Vorgreiflichkeit nicht.

1.

Eine Verpflichtung des Vorstandes und des Aufsichtsrates der Beklagten, für die Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes gemäß § 312 Abs. 1 AktG zu sorgen, bestand für das Geschäftsjahr 1997/98 nicht, weil die Beklagte keine von einem anderen Unternehmen abhängige Gesellschaft im Sinne der §§ 16 ff., 312 AktG war. Eine konzernrechtliche Abhängigkeit der Beklagten bestand weder gegenüber dem von der B KG beherrschten Aktionärskonsortium, noch gegenüber der B KG oder einem anderen Mitglied des Konsortiums, noch schließlich gegenüber der Deutschen Beteiligungs AG. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob das Fehlen eines erforderlichen Abhängigkeitsberichtes, das grundsätzlich einer Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrates entgegensteht (BGHZ 62, 193; BGH in NJW 1974, 855, OLG Frankfurt in ZIP 2000, 926; OLG Karlsruhe in ZIP 1999, 1177), im Interesse des Schutzes der Minderheitsaktionäre (vgl. hierzu BGH in ZIP 1997, 889) auch dann die Anfechtung der Entlastungsbeschlüsse begründet, wenn sich der geforderte Abhängigkeitsbericht - wie unstreitig - im vorliegenden Fall in einem Negativattest erschöpft hätte, so dass die formell ordnungsgemäße Erstellung dieses Berichts bei objektiver Betrachtung voraussichtlich nicht geeignet gewesen wäre, ein anderes Abstimmungsergebnis herbeizuführen.

a)

Eine Abhängigkeit der Beklagten gegenüber dem Aktionärskonsortium, zu deren Mitgliedern die B KG zählt, besteht nicht, obgleich dieses Konsortium mit einem Aktienanteil von 55,84 auf die Beklagte einen beherrschenden Einfluss ausübt. Durch die im Konsortialvertrag vereinbarte Stimmrechtsbindung wird zwar eine wechselseitige beständige Unterstützung der Gesellschafter und damit ihr beherrschender Einfluss auf die Aktiengesellschaft verläßlich gesichert (vgl. hierzu OLG Düsseldorf in AG 1994, 37 m.w.N.; Emmerich, Aktienkonzernrecht, 6. Aufl., Rn. 11 zu § 15 AktG; Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl., Rn. 40 zu § 17; Münchener Kommentar, a.a.O., § 68, Rn. 51). Nach Auffassung des Senates kommt bei derartigen, in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gebildeten Konsortien, die als Einheit nicht auf eine Teilnahme am Rechtsverkehr ausgerichtet sind, nicht der Verbund der durch Konsortialvertrag gebundenen Gesellschafter als beherrschendes Unternehmen in Betracht, sondern allein die kraft des Verbundes gestärkten Gesellschafter können es sein (so auch Joussen in AG 1998, 330; Münchener Handbuch, a.a.O., § 68, Rn. 51; Kölner Kommentar, 2. Aufl., Rn. 27 zu § 17; Geßler/Hefermehl, Rn. 76 zu § 17 AktG; offen gelassen von BGHZ 62, 195). Diese in der gesellschaftsrechtlichen Literatur herrschende Auffassung erscheint jedenfalls dann, wenn das Konsortium als solches keine anderweitigen wirtschaftlichen Interessen verfolgt, auch deshalb sachgerecht, weil sich die Berichtspflicht gemäß § 312 AktG gerade auf die unternehmerischen Beziehungen zum herrschenden Unternehmen erstrecken muss, während das Konsortium selbst in einem solchen Fall gar nicht in anderer Weise wirtschaftlich tätig wird, so dass sich die Abhängigkeitsberichte in solchen Fällen regelmäßig in Negativattesten erschöpfen würde.

Für diese Bewertung spricht schließlich auch, dass die konzernrechtlichen Vorschriften nicht jede herrschende Person, sondern nur Unternehmen betreffen, da der Gesetzgeber nur bei Unternehmensgesellschaftern die Gefahr gesehen hat, dass diese ihre Beteiligungsrechte zum Nachteil der Gesellschaft für ihre sonstigen unternehmerischen Interessen ausnutzen könnten (vgl. Emmerich, Aktienkonzernrecht, Rn. 6 zu § 15 AktG). Diese Gefahr der Interessenkollision zu Lasten der Kleinaktionäre, der das Gesetz mit den Schutzvorschriften der §§ 312 ff. AktG begegnen will, besteht hingegen nicht bei privaten Aktionären. Der private Inhaber einer Mehrheitsbeteiligung ist nur dann Unternehmer in diesem Sinne, wenn er neben dieser Beteiligung anderweitige wirtschaftliche Interessenverbindungen hat, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen, er könne wegen dieser Bindung seinen aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die von ihm beherrschte Gesellschaft zu deren Nachteil ausüben. Nur dann, wenn der beherrschende Aktionär maßgeblich an einer anderen Gesellschaft beteiligt ist und somit die Möglichkeit besteht, dass er sich unter Ausübung von Leitungsmacht auch in anderen Gesellschaften unternehmerisch betätigt (vgl. BGH in ZIP 1997, 889; BGHZ 69, 346; OLG Karlsruhe in ZIP 1999, 1177; OLG Saarbrücken in AG 1980, 26; Emmerich, Aktienkonzernrecht, Rn. 10 ff. zu § 15 AktG; Hüffer, Aktiengesetz, 4. Aufl., Rn. 8 zu § 15; Geßler/Hefermehl, a.a.O., Rn. 2 zu § 17), führt eine Beherrschung angesichts der spezifisch unternehmerischen Eigeninteressen des herrschenden Unternehmens zur Anwendung des § 312 AktG. Deshalb ist die Argumentation der Kläger, auch herrschende Privataktionäre könnten ihre privaten Eigeninteressen in sachwidriger Weise voranstellen, an sich durchaus zutreffend, zur Begründung einer Anwendung des Konzernrechts aber nicht geeignet, weil das Aktienkonzernrecht nicht vor jedem Egoismus von Mehrheitsaktionären schützen will (vgl. Carsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 941). Auch der vergleichende Hinweis auf §§ 21 f. WpHG hilft insoweit den Klägern nicht weiter, weil sich diese Regelungen, anders als die §§ 17, 312 AktG, nicht nur an Unternehmen, sondern auch an private Aktionäre richten (vgl. Münchner Handbuch, a.a.O., § 68, Rn. 140). Das vorliegende Aktionärskonsortium kommt danach nicht als beherrschendes Unternehmen in Betracht, weil die Kläger nichts dafür vorgetragen haben, dass sich die durch Konsortialvertrag verbundenen Gesellschafter als Verbund noch außerhalb der von ihnen beherrschten Beklagten unternehmerisch betätigen (vgl. auch LG Heidelberg in ZIP 1997, 1788). Das bloße Halten der Mehrheitsbeteiligung an nur einem Unternehmen macht das Konsortium nicht zum Unternehmer im konzernrechtliche Sinne.

b)

Eine danach grundsätzlich mögliche konzernrechtliche Abhängigkeit der Beklagten zu den einzelnen Mitgliedern des Konsortiums läßt sich vorliegend nach dem Vortrag des Klägers nicht feststellen.

aa)

Eine Abhängigkeit von den neben der B KG am Konsortium beteiligten stimmschwächeren Aktionären ist nicht gegeben. Zwar haben sich diese dem Konsortium angeschlossen, um sich einen gewissen Einfluss auf die Beklagte, insoweit verbleibt insbesondere die Teilnahme an internen Abstimmungsdiskussionen der verbundenen Aktionäre, zu erhalten. Angesichts der klaren Mehrheitsbeteiligung der B KG innerhalb des Konsortiums, die dort über mehr als 70 % der Stimmen verfügt und damit die Entscheidungen und das Abstimmungsverhalten des Konsortiums bestimmen kann, und angesichts der unstreitigen tatsächlichen Ausübung dieses beherrschenden Einflusses der B KG auf das Konsortium ist eine relevante Abhängigkeit der Beklagten von den anderen Mitgliedern des Konsortiums nicht ernsthaft zu diskutieren. Rechtliche Möglichkeiten, die Entscheidungen der Beklagten zu bestimmen, hat aufgrund des Konsortialvertrages und der Höhe ihrer Kapitalbeteiligung im Stimmrechtskonsortiums ausschließlich die B KG, der das Stimmgewicht der gebundenen Gesellschafter zuzurechnen ist (vgl. Kölner Kommentar, Rn. 40 zu § 17 AktG), während die anderen Mitglieder des Stimmrechtskonsortiums selbst bei einem koordinierten Vorgehen das Konsortium und damit die Beklagte nicht beherrschen können.

bb)

Hingegen übt die B KG danach über die ohne weiteres zu bejahende Majorisierung des Stimmrechtskonsortium - auch nach Auffassung der Beklagten - offensichtlich beherrschenden Einfluss auf die Beklagte aus. Dabei ist die rechtliche Diskussion, ob aufgrund dieses Sachverhaltes eine unmittelbare Beherrschung durch das infolge des Stimmbindungsvertrages gestärkte Unternehmen oder eine für § 17 Abs. 1 AktG ebenfalls relevante mittelbare Beherrschung durch das Mitglied des Aktienkonsortiums anzunehmen ist (vgl. hierzu Kölner Kommentar, a.a.O., Rn. 27 zu § 17 AktG; Münchener Handbuch, a.a.O., § 68, Rn. 48; Joussen, a.a.O.), ohne praktische Relevanz. Jedenfalls scheitert die Anwendung des § 312 AktG daran, dass die B KG nicht Unternehmen im Sinne des § 17 AktG ist, was aus den dargelegten Gesichtspunkten Voraussetzung für ein konzernrechtliches Abhängigkeitsverhältnis ist. Als Unternehmen in diesem Sinne wäre die Gesellschaft - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nur dann zu bewerten, wenn sie neben ihrer Beteiligung an der Beklagten anderweitige wirtschaftliche Interessenverbindungen hätte, die nach Art und Intensität die ernsthafte Sorge begründen würden, sie könne wegen dieser Bindung ihren aus der Mitgliedschaft folgenden Einfluss auf die von ihr beherrschte Gesellschaft zu deren Nachteil ausüben. Dies läßt sich nicht feststellen. Die hierfür darlegungspflichtigen Kläger haben weder substantiiert dargelegt noch überhaupt Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die B KG noch ein anderes Unternehmen betreibt oder maßgeblich an einer weiteren Gesellschaft beteiligt ist, so dass entsprechend der Darstellung der Beklagten davon auszugehen ist, dass sie - die B KG - nur an der Beklagten beteiligt ist. Ist eine Holding aber auf die Verwaltung ihrer Beteiligung an einer Gesellschaft beschränkt (vgl. hierzu Emmerich, Aktienkonzernrecht, Rn. 17 zu § 15 AktG), so fehlt nach Auffassung des Senates eine hinreichend konkrete und ernsthafte Gefahr von Interessenkollisionen zu Lasten der Aktiengesellschaft. Allein die aufgrund der Satzung der Holdinggesellschaft bestehende theoretische Möglichkeit, diese könnte sich an anderen Unternehmen beteiligen, begründet eine solche Gefahr nicht. Die bei Gesellschaftssatzungen übliche weite Fassung des Gesellschaftszwecks, die eine künftige Entwicklung der Gesellschaft erleichtern soll, ändert nichts daran, dass bis zur Realisierung dieser Möglichkeit für die Aktiengesellschaft keine konkrete und ernsthafte Sorge besteht, zum eigenen Nachteil fremden Unternehmensinteressen dienstbar gemacht zu werden, diese Gefahr vielmehr erst infolge anderweitiger wirtschaftlicher Interessenbindung durch den Erwerb weiterer Beteiligungen entsteht. Zwar mag den Organen der von einer Holding kontrollierten Aktiengesellschaft nicht stets ohne weiteres bekannt sein, welche Beteiligungen ihre Hauptaktionärin hält. Die hieraus resultierende abstrakte Gefahr, dass der Aktiengesellschaft die Entstehung von Interessenkollisionen bei der Holding - jedenfalls vorübergehend - unbekannt bleiben könnten, vermag die konkrete ernsthafte Gefahr anderweitiger wirtschaftlicher Interessenbindungen der Holding und damit eine Verpflichtung zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes jedoch nicht zu begründen.

c)

Schließlich kann den Klägern nicht darin gefolgt werden, dass die Beklagte infolge einer Beherrschung der B KG durch die Deutsche Beteiligungs AG eine mittelbar von diesem Unternehmen beherrschte Gesellschaft ist. Zwar wäre durchaus auch eine solche mittelbare Beherrschung ausreichend, um die Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes erforderlich zu machen (Kölner Kommentar, a.a.O., Rn. 27 zu § 17 AktG; Münchener Handbuch, a.a.O., § 68, Rn. 48). Dem steht auch nicht die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (ZIP 2000, 927) entgegen, da in dem dort zu entscheidenden Fall eine entsprechende Verpflichtung deshalb verneint wurde, weil zwischen Mutter- und Tochter-Gesellschaft ein Beherrschungsvertrag bestand, der die Verpflichtung zur Erstellung eines Abhängigkeitsberichtes gerade entfallen läßt.

Allerdings haben die Kläger keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die D AG im entscheidenden Zeitraum beherrschenden Einfluss auf die B KG hatte. Zwar hielt die D AG 70 % des Kommanditkapitals der B KG, so dass unter Berücksichtigung des Regelungszwecks des § 17 Abs. 2 AktG zunächst die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür war, dass dennoch ausnahmsweise - etwa aufgrund eines Entherrschungsvertrages - keine Abhängigkeit von der Mehrheitsgesellschafterin besteht (vgl. Emmerich, Konzernrecht, S. 51 f.). Insoweit hat die Beklagte auf den vorgelegten Gesellschaftsvertrag der B KG vom 22.07.1997 verwiesen, wonach die D AG trotz der absoluten Kapitalmehrheit nur über 49 der Stimmen verfügt (§ 8 Abs. 3). Da die Gesellschafterversammlung der B KG nach deren Satzung grundsätzlich nur beschlussfähig ist, wenn 100 % des Kommanditkapitals beteiligt ist, also nicht von einer deutlich geringeren durchschnittlichen Präsens in den Gesellschafterversammlungen ausgegangen werden kann (vgl. hierzu Emmerich, Rn. 17 zu § 17; Kölner Kommentar, Rn. 36 zu § 17 AktG), die Stimmrechtsregelung zudem auch nicht ohne weiteres von der Mehrheitskommanditisten zu eigenen Gunsten geändert werden kann und schließlich keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass die deutsche Unternehmensbeteiligungs AG das Stimmverhalten der beiden anderen Kommanditisten der B KG maßgeblich beeinflussen kann, ist allein die Kapitalmehrheit der D AG an der B KG nicht geeignet, einen Beherrschungstatbestand zu begründen. Es oblag vor diesem Hintergrund den Klägern, konkrete Anhaltspunkte für eine dennoch bestehende Abhängigkeit vorzutragen. Hierzu waren die diesbezüglich vom Senat ausdrücklich befragten Kläger nicht in der Lage. Ihr Hinweis auf Blatt 39 des den Geschäftsberichts der D AG für das Geschäftsjahr 1998/99 ist insoweit unergiebig, weil dort lediglich auf die - unstreitige - mittelbare Beteiligung an der Beklagten hingewiesen wird. Schließlich fehlt auch konkreter Sachvortrag dafür, dass die D AG die Personalpolitik der Komplementärgesellschaft der B KG, der B Geschäftsführungsgesellschaft mbH, oder die der Beklagten maßgeblich beeinflussen konnte (Emmerich, a.a.O., Rn. 4 und 17 zu § 17). Allein die gleichzeitige Funktion des Vorstandsmitgliedes der D AG D als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Beklagten reicht insoweit - auch nach Auffassung der Kläger - nicht aus.

d)

Anderweitige konzernrechtliche Abhängigkeiten der Beklagten werden von den hierzu vom Senat befragten Klägern ausdrücklich nicht geltend gemacht. Es bedarf daher keiner Aufklärung, ob eine gemeinschaftliche mittelbare Beherrschung der Beklagten durch die drei Kommanditisten der B KG vorliegt, was denkbar wäre, wenn diese Kommanditisten mittels einer zwischengeschalteten Holdinggesellschaft einheitliche unternehmerische Interessen verfolgen (vgl. hierzu BGH in NJW 1974, 855), wozu Sachvortrag fehlt.

2.

Unbegründet ist schließlich der Einwand der Kläger, die Entlastungsbeschlüsse seien auch wegen Verstoßes gegen § 136 AktG rechtswidrig.

a)

Soweit die Kläger geltend machen, das Stimmrechtskonsortium habe bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes nicht mitstimmen dürfen, weil der zu entlastende Vorsitzende des Vorstandes T Aktionär der Beklagten und Mitglied des Stimmrechtskonsortiums war, ist ein Verstoß gegen § 136 Abs. 1 S. 1 AktG nicht dargetan. Zwar schließt die vorgenannte Regelung, wonach kein Aktionär - selbst oder durch einen Vertreter - für sich oder einen anderen das Stimmrecht ausüben darf, wenn darüber Beschluss gefaßt wird, ob er zu entlasten ist, die Stimmabgabe des Aktionärs T bezüglich seiner Entlastung aus. Insoweit ist jedoch seitens der Beklagten im einzelnen dargelegt worden, der Vorstandsvorsitzende T habe bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes nicht mitgestimmt. Auch von Herrn H, der in der Versammlung die Stimmrechte der Aktionäre aus der Aktionärsvereinbarung wahrgenommen habe, sei das Stimmrecht für den Aktionär bei dieser Beschlussfassung nicht ausgeübt worden, was sich anhand der deutlich geringeren Zahl abgegebener Stimmen bei dieser Abstimmung zeige. Die für eine pflichtwidrige Stimmabgabe T darlegungs- und beweispflichtigen Kläger sind dem nicht weiter entgegen getreten.

Die Mitwirkung der anderen Mitglieder des Aktionärskonsortiums an der Beschlussfassung über die Entlastung des Vorstandes ist nicht zu beanstanden, weil der Aktionär T, um dessen Entlastung es ging, auf das Konsortium angesichts seines hier bestehenden Stimmenanteils von knapp 10 % keinen maßgeblichen Einfluss hatte.

b.

Zu Unrecht meinen die Kläger im übrigen, das Stimmrechtskonsortium habe bei der Beschlussfassung über die Entlastung des Aufsichtsrates nicht mitstimmen dürfen, weil der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates D zugleich Vorstandsmitglied der D AG, der Mehrheitskommanditistin der B KG, war. Zwar ist im Ansatz allgemein anerkannt,, dass eine Stimmrechtsausübung auch dann unzulässig sein kann, wenn der Stimmverbotstatbestand nicht bei einem Aktionär, sondern bei einem ihm nahestehenden Dritten eingreift, was etwa der Fall sein kann bei einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, die von einer vom Stimmverbot betroffenen Person bestimmt wird (vgl. Geßler/Hefermehl, Rn. 29 zu § 136 AktG m.w.N.). Entscheidend ist dann aber stets, dass das vom Stimmverbot betroffene Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates bestimmenden Einfluss auf die dritte Gesellschaft hat (vgl. auch BGHZ 36, 296; Carsten Schmidt, a.a.O., S. 859 f.; Geßler/Hefermehl, Rn. 29 zu § 136 AktG). Deshalb kam ein Stimmrechtsausschluß der B KG von vornherein nur in Betracht, wenn die D AG beherrschenden Einfluss auf die B KG hatte, was aus den angeführten Gründen nicht feststellbar ist. Darüber hinaus wäre erforderlich, dass das Vorstandsmitglied der D AG D aufgrund der Geschäftsverteilung im Vorstand über die Ausübung des Stimmrechts bei der Entscheidung über die Entlastung des Aufsichtsrates der Beklagten entscheiden konnte (vgl. hierzu Geßler/Hefermehl, Rn. 31 zu § 136 AktG; OLG Karlsruhe in ZIP 2000, 1578). Hierzu fehlt zur Position des Vorstandsmitgliedes D, insbesondere zu dessen Zuständigkeit und Entscheidungskompetenz, jeglicher Vortrag der darlegungspflichtigen Kläger.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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