Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 27 U 157/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 304 Abs. 1
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 276
BGB § 280
BGB § 823
BGB § 831
BGB § 831 Abs. 1 Satz 1
BGB § 831 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21. Juli 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Der Klageanspruch wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Das Verfahren zur Höhe wird an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die Klägerin betreibt das Messezentrum X in E. Vom 8.1.-11.1.1999 fanden dort die NRW-Einkaufstage statt. Veranstalter war der Handelsvertreterverband L e.V., der zu diesem Zwecke die benötigten Hallen von der Klägerin angemietet und seinerseits die einzelnen Stände an die jeweiligen Aussteller vermietet hatte. Die Beklagte hatte in der Halle 8, die die Klägerin als Erbbauberechtigte auf dem Gelände errichtet hat, den Stand ## gemietet; hier stellte sie Geschenkartikel, Wohnungszubehör und Heimtextilien aus.

Die elektrische Versorgung der Stände war in der Weise geregelt, dass die Aussteller über die Fa. F, die der Ausmusterungsleitung für die NRW Einkaufstage insoweit von der Klägerin vorgegeben worden war, Standverteiler anfordern konnten, die dann an die entlang der Hallenwände befindlichen Unterverteiler angeschlossen wurden. Von dieser Möglichkeit machte auch die Beklagte Gebrauch. Der Standverteiler war mit drei Steckdosen versehen. An eine dieser Steckdosen schloss die Beklagte einen Getränkekühlschrank und eine Kaffeemaschine an. An die weiteren beiden Steckdosen wurden unter Einsatz von Verlängerungskabeln und Mehrfachsteckdosen (ca. 10 - 11 Dreifachstecker) insgesamt mindestens 15 Halogenstrahler zu je 100 W für die Standbeleuchtung angeschlossen. Scheinwerfer, Kabel und Mehrfachsteckdosen waren dabei mit Kabelbindern oben an den Aluminiumstäben der Standkonstruktion befestigt.

In der Nacht vom 10. auf den 11.1. brach in der Halle # ein Brand aus, der nach Behauptung der Klägerin innerhalb des Standes der Beklagten durch einen Lichtbogenkurzschluss zwischen dem Standverteiler und den von ihr angeschlossenen Endgeräten verursacht worden war. Durch den Brand, die Rauchentwicklung und die Löschmaßnahmen wurde die Halle # erheblich beschädigt. Die Klägerin beziffert den ihr entstandenen Schaden auf insgesamt 1.183.692,70 DM. Hiervon hat ihr Gebäudeversicherer wegen Vorliegens einer Unterversicherung nur 664.685,00 DM ersetzt. Die verbleibende Differenz von 519.007,70 DM = 265.364,42 € begehrt die Klägerin mit der vorliegenden Klage von der Beklagten erstattet.

Die Parteien streiten über die Brandursache, insbesondere die Verantwortlichkeit der Beklagten, sowie die Schadenshöhe. Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags in erster Instanz und der vom Landgericht getroffenen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung von zwei Zeugen und Einholung von zwei Sachverständigengutachten abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass zwar eine Brandentstehung im Bereich des Standes der Beklagten durch einen primären Kurzschluss in den von ihr verwandten Leitungen zu ihrer Überzeugung feststehe, sie aber nicht davon überzeugt sei, dass der Brand durch ein sorgfaltspflichtwidriges Verhalten der Beklagten verursacht worden sei. Es stehe nicht fest, dass diese schadhafte Leitungen verwendet, die Kabel hinsichtlich ihres Querschnitts nicht aufeinander abgestimmt oder bei Verlassen des Standes nicht den Sicherungsautomaten umgelegt habe. So könne eine Fehlfunktion des Sicherungsautomaten vorgelegen und die Verlängerungskabel könnten nicht ohne weiteres erkennbare mechanische oder thermische Vorschädigungen gehabt haben. Für derartige Fehler hafte die Beklagte nach § 823 BGB nicht. Sonstige Anspruchsgrundlagen seien nicht ersichtlich. Vertragliche Ansprüche schieden aus.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten seiner Begründung verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, die den abgewiesenen Antrag mit der Maßgabe weiterverfolgt, dass sie die Zurückverweisung des Verfahrens zur Höhe an das Landgericht beantragt.

Sie behauptet - und meint, dies stehe nach dem Beweisergebnis fest, - dass der Brand nicht nur innerhalb des Standes der Beklagten ausgebrochen sei, sondern sich der Kurzschluss (die Lichtbogenverschmelzung) innerhalb eines auf dem Boden des Standes verlegten Kabels ereignet habe. Dieses wahrscheinlich mit dem Kühlschrank verbundene Kabel habe unter Strom gestanden. Jede der drei Steckdosen habe einen eigenen Sicherungsautomaten gehabt und aufgrund der Zeugenaussage M lasse sich nicht feststellen, dass dieser sämtliche drei Sicherungsautomaten umgelegt habe. Die ungeschützte Verlegung der hier verwendeten Kabel auf dem Boden des Messestandes sei unsachgemäß gewesen. Diese Art der Verlegung erfordere vor einem Messeeinsatz zumindest die Überprüfung der Kabel auf ihre einwandfreie Funktion, wozu eine messtechnische Überprüfung gehöre. Eine lediglich optische Prüfung sei nicht ausreichend.

Die Klägerin meint, schon wegen dieser sachwidrigen Verlegung sei der Klageanspruch aus §§ 823, 831 BGB begründet. Darüber hinaus seien die Grundsätze des Anscheinsbeweises sowie einer Beweislastumkehr anzuwenden.

Weiter meint sie, dass aufgrund des unstreitigen Sachverhalts auch ein vertraglicher Anspruch aus dem Untermietverhältnis gegeben sei, da sie als Vermieterin in den Schutzbereich des Untermietvertrags einbezogen sei. Durch diese Einbeziehung in den Vertrag sei sie als begünstigte Dritte hinsichtlich der Beweislast in analoger Anwendung von § 280 BGB so gestellt, dass die Beklagte ihr fehlendes Verschulden beweisen müsse.

Zur Schadenshöhe nimmt sie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.

Die Beklagte meint, soweit die Klägerin den Anspruch in zweiter Instanz auf eine vertragliche Grundlage stütze, handele es sich um eine unzulässige Klageänderung, da die Klage in erster Instanz ausschließlich auf eine deliktische Haftung gestützt gewesen sei. Die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter seien aber auch nicht schlüssig vorgetragen. Ferner sei ein etwaiger vertraglicher Anspruch verjährt.

Deliktische Ansprüche habe das Landgericht zu Recht verneint.

Es bleibe bestritten, dass Verlängerungskabel auf dem Boden verlegt gewesen seien. Das ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen T. Eine solche Verlegung verstoße aber auch nicht gegen VDE-Richtlinien oder DIN-Vorschriften. Die Kabel seien nicht überaltert gewesen. Eine Pflichtverletzung des Zeugen M könne die Klägerin nicht beweisen. Das Landgericht habe dessen Aussage zutreffend dahin gewürdigt, dass die Sicherungsautomaten heruntergedrückt worden seien.

Die Grundsätze des Anscheinsbeweises oder einer Beweislastumkehr kämen vorliegend nicht zur Anwendung. Es gebe zahlreiche Möglichkeiten bis hin zu einer achtlos weggeworfenen Zigarette, durch die der Brand verursacht sein könne. Er müsse nicht einmal durch eine Lichtbogenverschmelzung entstanden sein.

Der Senat hat Beweis erhoben über die elektrischen Installationen in der Halle und auf dem Stand der Beklagten, den Ausbruch des Brandes und die möglichen Brandursachen durch die erneute uneidliche Vernehmung der Sachverständigen T und E2 sowie der Zeugen M und C, ferner durch die ebenfalls uneidliche Vernehmung der Zeugen F2 und Q. Auf die Beweisbeschlüsse vom 12. Oktober 2006 (Bl. 330 GA) und 11. Januar 2007 (Bl. 363 GA) wird verwiesen. Wegen der Beweisergebnisse wird auf die Vermerk des Berichterstatters zum Inhalt der mündlichen Verhandlungen vom 21. März 2006, 11. Januar 2007 und 22. Februar 2007 Bezug genommen. Des Weiteren waren die Akten 79 UJs 369/99 StA Dortmund Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf den Inhalt dieser Akten, insbesondere das darin befindliche und in der mündlichen Verhandlung erörterte Brandermittlungsgutachten des Sachverständigen T (Bl. 34 ff. BA) vom 8.2.1999, wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz - auch zu den Ergebnissen der Beweisaufnahme - wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

B. Die zulässige Berufung ist begründet.

I. Der Senat ist - ebenso wie bereits das Landgericht - zur umfassenden Prüfung des einheitlichen prozessualen Anspruchs auf Schadensersatz wegen des vorgetragenen Sachverhalts berechtigt und verpflichtet (vgl. BGH NJW 2003, 828), auch wenn die Klage in erster Instanz nur auf unerlaubte Handlung gestützt worden und am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung erhoben ist. Eine Klageänderung in zweiter Instanz liegt deshalb nicht vor. Indessen sind vertragliche Ansprüche nicht gegeben, während der Klageanspruch aus unerlaubter Handlung jedenfalls dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

1. Vertragliche Schadensersatzansprüche scheiden aus, weil direkte vertragliche Beziehungen der Parteien nicht bestehen und der Vermieter nicht in den Schutzbereich des Untermietvertrages einbezogen wird. Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Untermieter, obwohl auch er u.U. bestimmungsgemäß den Gebrauch der Mietsache ausübt, anders als Familienangehörige und Bedienstete nicht in den Schutzbereich des Hauptmietvertrags einbezogen ist (BGHZ 70, 327 = NJW 1978, 883; BGHZ 133, 168 = NJW 1996, 2927). Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil der Untermieter nicht schutzbedürftig ist, da er eigene vertragliche Ansprüche desselben Inhalts gegen seinen Vermieter, den Hauptmieter, hat (BGH a.a.O.). Aus denselben Gründen ist dann aber auch umgekehrt der Vermieter nicht in den Schutzbereich des Untermietvertrags einzubeziehen. Denn er hat bei Beschädigung der Mietsache im Rahmen des Mietgebrauchs ebenfalls vertragliche Ansprüche, wenn auch gegen einen anderen Schuldner, nämlich seinen Mieter.

2. Auch der vom Landgericht im Hinblick auf ein Fehlverhalten des Zeugen M erörterte Anspruch aus § 823 BGB scheidet aus, da die Beklagte als GmbH selbst nicht handeln kann und ein fehlerhaftes Handeln ihrer Organe (§ 31 BGB) ebenfalls nicht im Raume steht. Das Handeln des Zeugen M, der die Kabel verlegt und nach Behauptung der Klägerin auch versäumt hat, nachts die Stromzufuhr zu unterbrechen, ist der Beklagten als Geschäftsherrin lediglich gemäß § 831 BGB zurechenbar.

Gemäß dieser Vorschrift kann die Klägerin hier von der Beklagten Schadensersatz beanspruchen. Denn die Brandentstehung beruht u.a. auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Zeugen M beim Verlassen des Messestandes am Abend des 10. Januar 1999, für das die Beklagte nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB einzustehen hat. Den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB hat sie nicht geführt.

a) In tatsächlicher Hinsicht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der Brand als Folge einer Lichtbogenverschmelzung in den von der Beklagten verlegten Kabeln innerhalb ihres Standes ausbrach und dass dieses nur deshalb möglich war, weil der Zeuge M bei Verlassen des Standes weder den Sicherungsautomaten betätigte noch die mit den Halogenstrahlern verbundenen Kabel durch Ziehen der Stecker am Standverteiler vom Stromnetz trennte, sondern die Verbindung lediglich durch Ziehen einer Steckverbindung innerhalb des Standes trennte.

aa) Dass der Brand durch einen Kurzschluss in den von der Beklagten verlegten Kabeln ausgelöst wurde, hat bereits das Landgericht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen T festgestellt (UA S. 6 Mitte = Bl. 168 R GA). Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung bestehen nicht. Sie ist im Gegenteil überzeugend begründet und der Sachverständige T hat auch vor dem Senat nochmals bekundet, dass die von ihm untersuchten Leitungen von dem Standverteiler ausgingen; dies sei keine Schlussfolgerung, sondern seine Erinnerung. Der Senat schließt es aufgrund dieser eindeutigen Bekundungen des Sachverständigen aus, dass der Brand tatsächlich in Kabeln hinter der Standrückwand ausbrach.

Der Annahme, dass der Brand in den vom Zeuge M verlegten Kabeln entstand, stehen auch die Aussagen des Zeugen M über die Art und Weise der Kabelverlegung und des Zeugen C über seine Wahrnehmungen beim Eintreffen am Brandort nicht entgegen. Vielmehr kommt auch danach eine Brandentstehung insbesondere in den verlegten Lichtkabeln in Betracht.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Zeuge M entgegen seinen ersten Angaben in der Vernehmung vor dem Senat nicht alle Stecker am Verteiler herausgezogen hatte, um das Licht auszuschalten, als er den Stand verließ. Abgesehen davon, dass es ohne zusätzliche besondere Umstände ohnehin wenig plausibel ist, sich an einen derartigen Routinevorgang nach Jahren noch zu erinnern, wirkte der Zeuge bei seiner Vernehmung in diesem Punkt nicht sicher. Auf Vorhalt hat er dann erklärt, es könne auch sein, dass er beim Licht nur den Automaten betätigt habe. Sicher sei er sich nur, dass er für Kühlschrank und Kaffeemaschine den Stecker gezogen habe. Zudem steht seine Aussage in deutlichem Widerspruch zu seiner ersten Vernehmung beim Landgericht. Dort hatte er noch angegeben, er ziehe generell nicht die Stecker heraus. Er habe an jenem Abend das Licht ausgeschaltet, indem er den FI-Schalter oder, falls keiner vorhanden war, den Sicherungsautomaten heruntergedrückt habe. Auch diese alternative Angabe deutet bereits darauf hin, dass dem Zeugen - durchaus verständlich - eine konkrete Erinnerung gänzlich fehlt.

Da aber der Sachverständige T noch Steckerstifte von zwei Leitungen in den Steckdosen des Standverteilers gefunden hat, das Licht jedoch ausgeschaltet war, muss die Stromzufuhr für die Halogenstrahler auf andere Weise als durch Ziehen der Stecker am Standverteiler unterbrochen worden sein. Insoweit kommt neben dem Betätigen des Sicherungsautomaten als weitere Möglichkeit nur noch die nahe liegende Alternative in Betracht, dass der Zeuge zwar nicht die Stecker am Standverteiler trennte, aber innerhalb der nach oben führenden Verlängerung, die der Zeuge unter Einsatz von mit Mehrfachsteckdosen ausgerüsteten Verlängerungskabeln an der Aluminiumkonstruktion befestigt hatte, einen Stecker zog. Hierfür spricht, dass ein am Aluminiumgestänge etwa in Brust- oder Kopfhöhe befindlicher Stecker weitaus bequemer zu erreichen war als die Stecker am Boden in der Ecke des Standes und dass der Zeuge beim Landgericht noch eingeräumt hat, den Stand an dem fraglichen Abend ganz schnell verlassen zu haben. War die Verbindung durch Verlängerungskabel und Mehrfachsteckdosen jedoch in dieser Höhe an einer Stelle unterbrochen, so konnte ein durch Kurzschluss entstehender Kabelbrand ohne Weiteres die Kabelbinder durchschmelzen und dann dazu führen, dass der brennende Teil der Leitungen deshalb nach unten fiel, so dass sich der Brand nunmehr in der weiteren Folge vom Boden aus fortsetzte. Ebenso könnte es sein, dass eine ursprünglich oben befindliche, getrennte Mehrfachsteckdose am Boden abgelegt worden war. In beiden Fällen lassen sich die Beobachtungen des Zeugen C, der als erster den Brand bemerkte und von Flammen, die vom Boden aus in die Höhe schlugen, berichtete, zwanglos erklären.

bb) Von den beiden vorgenannten Möglichkeiten, nämlich Betätigen des Sicherungsautomaten sowie Ziehen eines Steckers innerhalb der Verlängerungskonstruktion, ist die erstere jedoch aus technischen Gründen auszuschließen, nachdem feststeht, dass der Brand durch eine Lichtbogenverschmelzung an Kabeln innerhalb des Standes ausgelöst wurde.

Denn ein derartiger Kurzschluss setzt voraus, dass an dem betroffenen Kabel noch Spannung angelegen hat. Dies kann aber nach Betätigen des Sicherungsautomaten, wie sich aus den Ausführungen des Sachverständigen E2 ergibt, - abgesehen von dem Fall eines insgesamt defekten und deshalb nicht funktionierenden Sicherungsautomaten, dessen Betätigung aber auch nicht zum Erlöschen der Halogenstrahler geführt hätte - nur dann der Fall sein, wenn infolge falscher Verdrahtung in dem Bereich vom Gruppenverteiler zum Standverteiler der Sicherungsautomat statt der Phase den Nullleiter unterbrochen hätte. Dies hätte ein Benutzer des Sicherungsautomaten nicht erkennen können, weil auch in diesem Falle der Stromfluss unterbrochen und somit das Licht erloschen wäre.

Eine solche falsche Verdrahtung am Gruppenverteiler hat indessen nicht vorgelegen. Davon ist der Senat aufgrund der glaubhaften Aussagen der Zeugen F2 und Q zweifelsfrei überzeugt. Diese haben in plausibler und nachvollziehbarer Weise bekundet, dass die Verbindung vom Gruppenverteiler zum Standverteiler durch genormte CEE-Steckverbindungen erfolgte, die ein verdrehtes Einstecken ausschließen. Ferner haben beide Zeugen bestätigt, dass die Verbindung nach der Installation jedes Mal mit Hilfe eines Messgerätes überprüft wurde. Auch hieran zu zweifeln, besteht für den Senat kein Anlass.

Nach alledem kann das Anliegen von Spannung an dem Kabel, das sich infolge einer Lichtbogenverschmelzung entzündete und den Brand auslöste, nur darauf beruhen, dass der Zeuge M den Strom durch Ziehen eines Steckers im Bereich der Verlängerungen innerhalb des Standes unterbrach.

cc) Ebenfalls auszuschließen ist die nur theoretisch denkbare Brandentstehung durch einen sich über Stunden hinziehenden Glimm- oder Schwelbrand (ausgelöst z.B. durch eine weggeworfene Zigarette), der erst später durch eine sekundäre Entzündung zu einem offenen Feuer führte. Zwar kann - allgemein betrachtet - ein Brand auch auf solche Weise entstehen; hier scheidet diese Brandursache jedoch aufgrund der vom Sachverständigen T festgestellten Lichtbogenverschmelzung aus. Dieser hat dazu schon bei seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht klar bekundet, dass eine Verschmelzung zwar grundsätzlich auch die Folge eines Brandes sein könne, dass vorliegend aber das von ihm vorgefundene Spurenbild eindeutig dagegen und die hier vorgefundene lediglich punktuelle Verschmelzung vielmehr - auch unter Berücksichtigung der Schilderungen des Zeugen C - für einen primären Kurzschluss spreche. Der Senat hat keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit dieser Einschätzung des äußerst erfahrenen Sachverständigen.

b) Indem der Zeuge M die Stromzufuhr bei Verlassen des Standes nur durch Ziehen eines Steckers an einer der von ihm verlegten Verlängerungsschnüre mit Mehrfachsteckdosen trennte, handelte er pflichtwidrig.

Hierfür kann es dahin stehen, ob es in jedem Falle als pflichtwidrig anzusehen ist, den Stromfluss zur Beleuchtung am Messestand nicht entweder durch Betätigen des Sicherungsautomaten oder Ziehen des Steckers am Standverteiler zu unterbrechen. Jedenfalls vorliegend ist dies der Fall, weil den Zeugen M eine gesteigerte Sorgfaltspflicht traf, da er das Fehlen eines FI-Schalters erkannt hatte.

Das Fehlen eines solchen Schalters am Standverteiler ergibt sich aus den Feststellungen der Sachverständigen und ist darüber hinaus unstreitig. Aus dem Gutachten des Sachverständigen E2 folgt, dass ein FI-Schalter, der auch 1999 bereits Stand der Technik war, im Falle eines Fehlerstroms so zeitig ausgelöst hätte, dass es zu keiner Entzündung der Kabel hätte kommen können. Somit ist das Fehlen eines FI-Schalters jedenfalls mitursächlich für die Brandentstehung.

Dass der Zeuge M das Nichtvorhandensein eines FI-Schalters bemerkte, steht aufgrund seiner eigenen Aussage zur Überzeugung des Senats fest. Der Zeuge ist nach seinem Bekunden gelernter Elektromeister und als solcher in der Lage, einen FI-Schalter zu erkennen. Er hat zudem ausdrücklich eingeräumt, dass ihm das Fehlen eines FI-Schalters, der üblicherweise in den Hallen vorhanden sei, "schon aufgefallen wäre". Auch seine weitere, ohne entsprechende Fragen provozierte Stellungnahme dazu, warum er das Fehlen des Schalters vor Anbringung der Verkabelung nicht monierte, zeigt, dass er dessen Fehlen nicht etwa übersehen hatte, sondern es ihm zu lästig oder umständlich war, sich um eine Änderung bei dem nicht sofort vor Ort befindlichen Elektriker zu bemühen.

Es mag dahin stehen, ob es bereits pflichtwidrig war, in Kenntnis dieses Umstandes die weitere Verkabelung vorzunehmen und den erkannten Mangel auf sich beruhen zu lassen. Immerhin hat der Zeuge selbst bekundet, er empfinde das Nichtvorhandensein eines FI-Schalters als "ganz grob fahrlässig". Von daher erscheint es bereits zweifelhaft, ob der Zeuge sich damit beruhigen durfte, dass es möglicherweise in Nordrhein-Westfalen keine ausdrücklichen einschlägigen Vorschriften gebe, und dass es nicht seine Sache sei, sich hierum zu kümmern, und spricht mehr dafür, dass er sich um eine Nachrüstung der Standverteiler hätte bemühen müssen. Zumindest aber hätte der Zeuge angesichts des von ihm erkannten und als grob fahrlässig eingestuften Mangels der Anlage bei Verlassen des Standes in keinem Falle das Licht nur durch Trennung einer Steckverbindung innerhalb der von ihm verlegten Verkabelung löschen dürfen, sondern hätte in jedem Falle die Stecker am Standverteiler ziehen oder den Sicherungsautomaten betätigen müssen, um so jeden Fehlerstrom in den Kabeln auszuschließen. Dieses Unterlassen ist letztlich (mit-)ursächlich für die Brandentstehung geworden.

Das Maß der vom Zeugen M zu beachtenden Sorgfaltspflichten richtete sich dabei auch nach seinen besonderen Kenntnissen. Zwar gilt im Rahmen des § 276 BGB grundsätzlich kein individueller, sondern ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiv-abstrakter Maßstab. Da dieser Maßstab aber gerade dem Vertrauens- und Verkehrsschutz dient, sind besondere Spezialkenntnisse auch zugunsten des Verkehrsschutzes einzusetzen (vgl. BGH NJW 1987, 1479, 1480 [für besondere medizinische Kenntnisse]; Palandt/Heinrichs, § 276 BGB Rn 15 m.w.N.).

c) Für das pflichtwidrige Verhalten des Zeugen M hat die Beklagte nach § 831 BGB einzustehen. Sie hat auch nach dem Hinweis auf § 831 BGB und die damit verbundenen Entlastungsmöglichkeiten im ersten Senatstermin nichts zur Auswahl und Überwachung des Zeugen M vorgetragen, sondern lediglich dargelegt, dass sie sich eine etwaige Pflichtverletzung des Elektro-Fachunternehmens, der Firma F, nicht zurechnen lassen müsse, weil dieses nicht als ihr Verrichtungsgehilfe anzusehen, darüber hinaus jedenfalls sorgfältig von ihr ausgewählt worden sei.

Damit ist die Haftung der Beklagten für die Schadensfolgen dem Grunde nach gegeben. Die Mitursächlichkeit der Pflichtwidrigkeit des Zeugen M reicht hierfür aus.

d) Der Anspruch ist schließlich nicht durch ein der Klägerin zuzurechnendes Mitverschulden gemindert. Zwar kommt nach obigen Ausführungen wegen des fehlenden FI-Schalters an der Standverteilung auch ein Fehler der Firma F, die die Elektroinstallation einschließlich des Standverteilers vornahm, in Betracht. Jedoch sind dieses Unternehmen und seine tätig gewordenen Mitarbeiter nicht deshalb Verrichtungsgehilfen der Klägerin, weil die Klägerin der Ausmusterungsleitung auch für die NRW Einkaufstage und diese dann wiederum ihren einzelnen Mietern dieses Unternehmen vorgab. Eine solche Annahme scheidet schon deshalb aus, weil der Auftrag an dieses Unternehmen eben nicht von der Klägerin, sondern von der Beklagten erteilt wurde. Ein eigenes Verschulden eines Organs der Klägerin (§ 31 BGB) ist nicht ersichtlich. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Geschäftsführung der Klägerin bei der Auswahl dieses Unternehmens unsorgfältig vorging, insbesondere hätte erkennen müssen, dass diese Firma nur ungenügend gesicherte Standverteiler zur Verfügung stellte.

II. Da der Rechtsstreit zur Schadenshöhe noch nicht entscheidungsreif ist, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, durch Grundurteil gemäß § 304 Abs. 1 ZPO zu entscheiden und das Betragsverfahren gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO auf den entsprechenden Antrag der Klägerin an das Landgericht zurückzuverweisen.

III. Die Kostenentscheidung ist dem Schlussurteil vorzubehalten. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück