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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.09.2000
Aktenzeichen: 27 U 176/99
Rechtsgebiete: AnfG, BGB, ZPO, ZVG, StGB


Vorschriften:

AnfG § 4
AnfG § 15
AnfG § 7 a.F.
AnfG § 3 I Nr. 4
AnfG § 3 I Nr. 1 a.F.
AnfG § 3 I
AnfG § 3 I Ziffer 3 a.F.
AnfG § 3 I Ziffer 2 a.F.
AnfG § 3 Ziffer 4 a.F.
AnfG § 15 II
AnfG § 3 a.F.
AnfG § 11 a.F.
AnfG § 15 Abs. 2
AnfG § 11 Abs. 1
AnfG § 2
AnfG § 20 I
AnfG § 7
BGB § 181
BGB § 117
BGB § 826
BGB § 886
BGB §§ 823 II
BGB § 249 S. 1
BGB § 393
ZPO § 139
ZPO § 139 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 710
ZVG § 59
StGB § 288
Leitsatz:

1.

Der Übergang von der Anfechtung aus § 4 AnfG zur Anfechtung aus § 15 AnfG (gegen den Rechtsnachfolger des ursprünglichen Anfechtungsschuldners) stellt nicht ohne weiteres eine Klageänderung dar.

2.

Ein Fall der (anfechtbaren) Sonderrechtsnachfolge liegt auch dann vor, wenn das aus dem anfechtbar Erworbenen geschaffene neue beschränkte Recht (hier: Wohnrecht) noch nicht bestellt worden ist, sondern nur durch eine entsprechende Vormerkung gesichert worden ist.

3.

Der begründete Rückgewähranspruch hinsichtlich der Vormerkung eines solchen Rechts führt nicht, auch nicht aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung, zur Löschung der Vormerkung; der Anfechtungsgläubiger kann nur verlangen, dass der Anfechtungsgegner im Zwangsvollstreckungsverfahren davon keinen Gebrauch macht.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 U 176/99 OLG Hamm 6 O 75/99 LG Bochum

Verkündet am 28. September 2000

Bay, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das am 18. Oktober 1999 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, von den im Grundbuch von I Blatt II. Abteilung, laufende Nummern und hingetragenen Rechten, nämlich einer Vormerkung für einen bedingten Anspruch auf Einräumung eines Wohnrechts sowie einer Auflassungsvormerkung für einen bedingten Rückübertragungsanspruch in einer von dem Kläger betriebenen Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Bochum vom 12.2.1997 (Az.: 4 O 254/95) in das Grundstück keinen Gebrauch zu machen.

Mit dem Hauptantrag bleibt die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120.000,00 DM abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Sicherheiten können auch durch Prozessbürgschaft eines in Deutschland als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts geleistet werden.

Die Urteilsbeschwer für die Beklagte übersteigt 60.000,00 DM.

Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber eines Zahlungstitels gegen den zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann der Beklagten i.H.v. 348.327,93 DM in Form eines Urteils des Landgerichts Bochum vom 12.2.1997 (4 O 254/95). Im Wege der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil wurde für den Kläger am 19.11.1997 eine Sicherungshypothek an dem vormaligen Grundbesitz des Schuldners in Str. 661 eingetragen, aus der der Kläger die Zwangsversteigerung betreibt. Die gesetzlichen Erben des Schuldners - soweit bekannt - haben die Erbschaft ausgeschlagen.

Bereits mit notariellem Vertrag vom 19.1.1995 hatte der Schuldner seinen damals minderjährigen Söhnen Danny und Christian den genannten Grundbesitz übertragen. Bei Vertragsabschluss wurden die Söhne von dem Schuldner und ihrer Mutter, der Beklagten, gesetzlich vertreten. Ihre Eintragung im Grundbuch als neue Eigentümer erfolgte am 27.3.1995. In § 1 des genannten notariellen Vertrags räumten die Söhne dem Schuldner ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht am gesamten Haus unter Bestellung einer entsprechenden persönlichen Dienstbarkeit ein. Für den Fall des Vorversterbens des Schuldners verpflichteten sich die Söhne in § 2, der Beklagten ein Wohnungsrecht in gleichem Umfang einzuräumen. Der Anspruch der Beklagten daraus wurde durch eine gleichzeitig bewilligte, am 27.3.95 im Grundbuch eingetragene Vormerkung gesichert. In § 3 des Vertrags würde für den jeweiligen Wohnungsberechtigten ein Anspruch auf (Rück-)Übertragung des Grundstücks unter bestimmten Bedingungen (Veräußerung, Belastung, Vermögensverfall) vereinbart, eine gleichzeitig bewilligte Vormerkung zur Sicherung dieses Übereignungsanspruchs wurde ebenfalls am 27.3.1995 für die Beklagte im Grundbuch eingetragen.

Durch - nach Rücknahme der Berufung rechtskräftiges - Urteil des Landgerichts Bochum vom 14.5.1997 wurden die Söhne des Schuldners zur Duldung der Zwangsvollstreckung des Klägers in den übertragenen Grundbesitz gemäß § 7 AnfG a.F. verurteilt. Nunmehr hindern noch die zugunsten der Beklagten eingetragenen beiden Vormerkungen die Erzielung eines Zwangsversteigerungserlöses für den Kläger. Dieser begehrt deshalb mit der am 8.4.1999 verbunden mit einem Prozesskostenhilfegesuch anhängig gemachten und nach Prozesskostenhilfebewilligung am 25.8.1999 zugestellten Klage die Bewilligung der Löschung der beiden Vormerkungen. Er hat geltend gemacht, der Übertragungsvertrag sei wegen Verstosses der gesetzlichen Vertreter der Söhne gegen das Verbot des Selbstkontrahierens gemäß § 181 BGB unwirksam, im übrigen habe die Beklagte die Vormerkungen "rechtsmissbräuchlich", nämlich in Erwartung der Verurteilung des Schuldners zur Zahlung an den Kläger, erworben.

Das Landgericht hat die Klage als Anfechtungsklage gemäß § 7 AnfG a.F. ausgelegt und als unbegründet abgewiesen mit im wesentlichen dieser Begründung: Der notarielle Vertrag vom 19.1.95 sei wirksam geschlossen, jedenfalls durch Genehmigung seitens der Grundstückserwerber mit Eintritt ihrer Volljährigkeit (beide am 10.7.1997) gemäß § 108 III wirksam geworden. Für eine Gläubigeranfechtung nach § 3 I Nr. 4 AnfG sei die Frist von zwei Jahren versäumt. Diese sei zwei Jahre nach Eintragung des Rechtserwerbs im Grundbuch, mithin am 27.3.1997 abgelaufen gewesen. Die Anfechtung nach § 3 I Nr. 1 AnfG a.F. scheitere daran, dass der Kläger Umstände, die eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners und die Kenntnis der Beklagten davon erweisen könnten, nicht dargelegt habe. An solchen Indiztatsachen fehle es insbesondere, weil die angefochtene Übertragung zeitlich vor dem Beginn des Prozesses, der zum Zahlungstitel des Klägers geführt habe, und auch noch vor der diesbezüglichen Mahnung des Klägers an den Schuldner vom 14.2.1995 vorgenommen worden sei. Der Zahlungsprozess sei darüber hinaus erst nach umfänglicher Beweisaufnahme gegen den Schuldner entschieden worden, so dass die Beklagte Kenntnis von den letztlich zur Verurteilung ihres Ehemannes führenden Umständen nicht gehabt haben müsse.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag, erweitert um den Hilfsantrag, nach dem der Senat erkannt hat, weiter.

Er rügt, die Klageabweisung als unschlüssig durch das Landgericht stelle nach vorausgegangener Prozesskostenhilfebewilligung eine Überraschungsentscheidung, mithin das Unterlassen eines Hinweises nach § 139 ZPO einen Verfahrensmangel dar, der die Aufhebung und Zurückverweisung rechtfertige.

In der Sache hält der Kläger die Voraussetzungen der Gläubigeranfechtung für gegeben.

Eine Zwangsvollstreckung in das Schuldnervermögen bzw. den Nachlass bliebe erfolglos, da andere Vermögensgegenstände als das Grundstück nicht vorhanden seien.

Die Bewilligung der Vormerkungen sei gemäß § 3 I AnfG anfechtbar. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners erweise sich aus dessen Verhalten. So habe der Schuldner bereits am 9.2.1995 telefonisch gegenüber dem Kläger erklärt, dieser müsse noch zehn Jahre auf sein Geld warten. Er, der Schuldner, werde kein Darlehn aufnehmen und sich krumm legen, um den Kläger zu befriedigen; Beweis: Zeugnis W. Bereits im Oktober 1994 habe der Schuldner eine gleichlautende Erklärung gegenüber der Ehefrau des Klägers abgegeben und die Absicht, das Haus umzuschreiben, damit der Kläger nicht an sein Geld komme, angekündigt; Beweis: Zeugin H. Zusätzlich werde der Benachteiligungsvorsatz durch das Fehlen eines plausiblen Motivs für die Übertragung und durch die Ausgestaltung des Übertragungsvertrags belegt. Ersichtlich liege sogar nur ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB vor, das aber trotz seiner Nichtigkeit der Anfechtung unterliege.

Die Beklagte habe den Benachteiligungsvorsatz gekannt, denn sie habe um die desolate Vermögenssituation des Schuldners und darum gewusst, dass der Kläger gegen diesen eine Forderung i.H.v. mehreren 100.000,00 DM geltend machte. Daran ändere es nichts, dass die Zahlungsklage gegen den Schuldner noch nicht erhoben war und die Beklagte gehofft haben mag, dass der Kläger mit einer Durchsetzung seines Anspruchs keinen Erfolg haben werde. Das Wissen der Beklagten um die Verbindlichkeit des Schuldners ergebe sich mittelbar auch aus der - im einzelnen dargelegten - Vorgeschichte des Zahlungstitels.

Daneben sei die Bewilligung der Vormerkung auch nach § 4 AnfG in den engeren Fristgrenzen des § 3 I Ziffer 3 AnfG a.F. anfechtbar. Die Jahresfrist sei deshalb nicht abgelaufen, weil die Eintragung einer Vormerkung nach altem Recht die angefochtene Verfügung noch nicht vollendet habe.

Bei Unterstellung einer Entgeltlichkeit der Verfügung des Schuldners sei diese nach § 3 I Ziffer 2 AnfG a.F. anfechtbar, ansonsten auch nach § 3 Ziffer 4 AnfG a.F.

Schließlich stützt der Kläger die Klage weiterhin auf § 826 BGB.

Der Kläger beantragt, abändernd die Beklagte zu verurteilen,

die Löschung der im Grundbuch von L Blatt, II. Abteilung, laufende Nummern und zu ihren Gunsten eingetragenen Vormerkungen für einen bedingten Anspruch auf Einräumung eines Wohnrechts sowie für einen bedingten Rückübertragungsanspruch zu bewilligen,

hilfsweise,

von den vorgenannten Vormerkungen keinen Gebrauch zu machen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und stellt eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht ihres damaligen Ehemannes, erst Recht eigene Kenntnis davon weiter in Abrede. Grund für die Grundstücksübertragung sei vielmehr eine bereits 20 Jahr währende, schwere Diabeteserkrankung des Schuldners gewesen, der deshalb und im Hinblick auf eine befürchtete Änderung der steuerlichen Bewertung das Grundstück zu Lebzeiten und zu dem konkreten Zeitpunkt habe übertragen wollen; Beweis: Zeugnis des Notars B. Sie selbst habe stets auf die auskömmliche Regelung aller finanziellen Angelegenheiten durch ihren Ehemann vertraut und sich für dessen diverse Geschäfte nicht näher interessiert. Die Vermögensverhältnisse des Schuldners seien zur Zeit der Grundstücksübertragung nicht schlecht gewesen, zumal der - zwar rechtskräftig aber fehlerhaft titulierte - Zahlungsanspruch des Klägers nicht mehr bestanden habe. Demgemäß sei die Beklagte durch die Verurteilung ihres Ehemannes überrascht worden.

§ 15 II AnfG hält die Beklagte nicht für anwendbar, denn sie habe - so meint sie - die streitgegenständlichen Vormerkungen nicht als Rechtsnachfolger ihrer Söhne, sondern unmittelbar von ihrem Ehemann, dem Schuldner, erworben. Darüber hinaus seien die im Rahmen von § 15 II AnfG nach ihrer Auffassung ebenfalls zu beachtenden Anfechtungsfristen des § 3 AnfG a.F. nicht gewahrt. Schließlich stelle die Berufung auf § 15 AnfG bzw. § 11 AnfG a.F. eine nicht sachdienliche Klageänderung dar, der die Beklagte widerspricht.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der Kläger kann die Anfechtbarkeit der Grundstücksübertragung durch den Schuldner auf seine Söhne gemäß § 15 Abs. 2 AnfG auch gegen die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin mit der Wirkung geltend machen, dass sie die zu ihren Gunsten bestellten streitgegenständlichen Vormerkungen dem Kläger für dessen Zwangsvollstreckung im Sinne von § 11 Abs. 1 AnfG "zurückzugewähren" hat (I.). Dieser Rückgewähranspruch ist aber nicht auf die vom Kläger in erster Linie begehrte Löschung der Grundbucheintragungen gerichtet, sondern auf Unterlassen des Gebrauchmachens davon in der Zwangsvollstreckung des Klägers (II.).

I.

1. Entgegen der von der Beklagten herangezogenen Ansicht von Huber, AnfG, 9. Aufl. § 15 Rz. 23 liegt jedenfalls im vorliegenden Fall in einem Übergang der Anfechtung von § 4 auf § 15 AnfG keine Klageänderung. Mögen auch die Erfordernisse beider Vorschriften zwar "wesentlich verschieden" (so noch Huber in der Vorauflage Anm. II 8) sein, so ändert das nichts daran, dass der Kläger alle tatbestandlichen Erfordernisse auch des § 15 AnfG von Anfang an vorgetragen hat. Eine dahingehende Gestaltungserklärung setzt die Geltendmachung der Anfechtung nicht voraus (BGH NJW 1997, 1857). Das Landgericht konnte und musste seinen Antrag umfassend auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt prüfen und auf dessen sachdienliche Anpassung im Sinne des späteren Hilfsantrags hinwirken, § 139 Abs. 1 ZPO. Der Fall ist insoweit der Anspruchskonkurrenz aus ein und demselben Sachverhalt, bei der der Kläger nur eine Anspruchsgrundlage bezeichnet, vergleichbar.

Jedenfalls wäre die Klageänderung im Hinblick auf die völlige Beibehaltung des Streitstoffs sachdienlich.

2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 AnfG (alte wie neue Fassung) sind weder streitig noch zweifelhaft.

3. Die Beklagte ist Sonderrechtsnachfolgerin ihrer Söhne als den bezüglich der Eigentumsübertragung eigentlichen Anfechtungsschuldnern. Sonderrechtsnachfolge im Sinne dieser Vorschrift setzt nicht die Vollübertragung des anfechtbar Erlangten voraus, sondern kann schon vorliegen, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befugnis abgezweigt wird. Insbesondere ist das der Fall bei einer anfechtbaren Übertragung eines Grundstücks und anschließender Begründung einer Dienstbarkeit daran; BGH in NJW 1995, 2846 ff.

Vorliegend ist zwar das Wohnrecht selbst noch nicht bestellt, sondern nur eine dahingehende Vormerkung sowie die Auflassungsvormerkung für den bedingten Übereignungsanspruch der Beklagten. Beide Vormerkungen sind aber - zumindest auch - von den Kindern des Schuldners als den Ersterwerbern des belasteten Grundstücks bestellt worden, weil es in § 2 und § 3 des notariellen Vertrags vom 19.1.1995 heißt: "Die Erschienen bewilligen und beantragen...". Zwar lässt die Präambel des Vertrags noch die Möglichkeiten offen, dass die Erschienenen hier im eigenen Namen, aber auch im Namen der von ihnen vertretenen Söhne handelten. Hätte jedoch allein der Schuldner die Vormerkungen bestellen wollen, hätte sich die Formulierung angeboten, "Der Übertraggeber - als der er an anderen Stellen des Vertrags bezeichnet wird, wenn nur er gemeint ist - bewilligt und beantragt...". Die Beklagte als weitere "Erschienene" handelte bei Vertragsabschluss ohnehin nur als gesetzliche Vertreterin ihrer Söhne. Darüber hinaus richteten sich die bedingten Ansprüche der Beklagten allein gegen die Grundstückserwerber, so dass die Bewilligung der akzessorischen Vormerkungen gleichfalls als deren Geschäft angesehen werden muss.

Selbst wenn die Vormerkungen noch als vom Schuldner selbst bewilligt angesehen werden könnten, wäre die Beklagte zu deren "Rückgewähr" verpflichtet, denn jedenfalls hinsichtlich der vorgemerkten materiellen Ansprüche ist sie Einzelrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Anfechtungsschuldner im Sinne von § 15 Abs. 2 AnfG. Allein diese sind nämlich durch den Übertragungsvertrag zur Einräumung des Wohnrechts verpflichtet worden. Darf die Beklagte aufgrund einer Rückgewährpflicht aus § 11 AnfG die materiellen Ansprüche im Verhältnis zum Kläger nicht geltend machen, so kann sie dem Rechtsgedanken des § 886 BGB entsprechend diesem auch nicht die die Ansprüche lediglich akzessorisch sichernden Vormerkungen entgegenhalten.

4. Der Kläger kann die Anfechtbarkeit nach allen drei Ziffern des § 15 II AnfG geltend machen; Ziffer 2 beinhaltet insoweit nur eine - vorliegend nicht zum Tragen kommende - Beweislastumkehr gegenüber Ziffer 1. Die Beklagte wusste bei Übertragung des Grundstücks um die tatsächlichen Umstände, die deren Anfechtbarkeit gegenüber den Kindern gemäß § 3 I Ziffer 3. AnfG a.F. begründeten, nämlich deren Unentgeltlichkeit und die Verschlechterung der Vollstreckungsmöglichkeiten für die Gläubiger ihres Ehemannes, außerdem hat sie die Ansprüche auf das Wohnrecht und den bedingten Übereignungsanspruch sowie die entsprechenden Vormerkungen unentgeltlich erhalten.

5. Anfechtbarkeit der Grundstücksübertragung gegenüber den Ersterwerbern, hier den gemeinsamen Söhnen des Schuldners und der Beklagten, die Voraussetzung ihrer Geltendmachung gegenüber dem Sonderrechtsnachfolger ist, liegt vor. Sie ist durch das Urteil des Landgerichts Bochum vom 14.5.1997 (4 O 34/96) zwar nur im Verhältnis des Klägers zu den Söhnen rechtskräftig festgestellt, die Voraussetzungen dieser Anfechtung sind mithin für den vorliegenden Rechtsstreit grundsätzlich erneut zu prüfen (vgl. hierzu schon RGZ 103, 120 f.).

Gleichwohl kann insoweit auf jenes den Parteien bekannte Urteil verwiesen werden, denn die Beklagte zieht die dort festgestellte Anfechtbarkeit nicht in Zweifel. Der Senat trifft dazu die gleichen Feststellungen.

6. Jegliche Anfechtungsfrist ist schon mit der fristgerechten Anfechtungsklage gegen die Söhne als Rechtsvorgänger der Beklagten gewahrt; RG Z 103, 119; Kilger/Huber, Anfechtungsgesetz, 8. Aufl., Anm. II. 4) zu § 11 (a.F.) = 9. Aufl. § 15 n.F. Rz. 15. Soweit die Beklagte die genannte Kommentarstelle für ihre gegenteilige Ansicht in Anspruch nimmt, zitiert sie unvollständig. Erforderlich ist die Einhaltung der für die Erstveräußerung nach §§ 3 ff. geltenden Anfechtungsfristen gegenüber dem Rechtsnachfolger nur, "sofern nicht schon innerhalb der Frist der Anspruch gegenüber dem Ersterwerber gerichtlich geltend gemacht ist." Ist - wie hier - gegenüber dem Ersterwerber, den Söhnen, fristgemäß und sogar mit Erfolg die Anfechtungsklage erhoben worden, besteht für eine Geltendmachung dieser gegenüber dem Ersterwerber begründeten Anfechtbarkeit auch gegenüber dem Rechtsnachfolger nach § 15 AnfG - unter dessen sonstigen Voraussetzungen - keine Frist mehr.

7. § 20 I AnfG führt vorliegend nicht zu einer Einschränkung der Anfechtbarkeit, da § 15 II AnfG dem § 11 II AnfG a.F. in den hier maßgeblichen Voraussetzungen inhaltsgleich ist.

II.

Allerdings kann der Kläger aus § 11 I AnfG nicht die Löschung der Vormerkungen beanspruchen, sondern nur Unterlassung des Gebrauchmachens davon im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens. Die Rückgewähr darf ihrer Art und ihrem Umfang nach nämlich nicht weiter gehen, als zur Befriedigung gerade des anfechtenden Gläubigers nötig; eine Begünstigung anderer ist regelmäßig zu vermeiden; BGH in NJW 1995, 2846/8 f. unter II.. Schon mit dem Unterlassen des Gebrauchmachens von den für die Beklagte eingetragenen Rechten ist dem Kläger eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung möglich. Fallen die Vormerkungen nicht in das geringste Gebot, wird der Kläger bei der Erlösverteilung vor der Beklagten berücksichtigt. Fallen sie in das geringste Gebot, so kann er gemäß § 59 ZVG eine Änderung der Versteigerungsbedingungen verlangen.

Der weitergehende Löschungsantrag wäre nur gerechtfertigt, wenn dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB oder §§ 823 II BGB i.V.m. 288 StGB zustände, weil dieser gemäß § 249 S. 1 BGB auf Naturalrestitution gerichtet ist; BGH a.a.O. S. 2849 unter III.. Derartige Ansprüche scheiden hier schon aufgrund Gesetzeskonkurrenz aus; vgl. hierzu ebenfalls BGH a.a.O. S. 2849 f.:

"... a) § 288 StGB erfasst einen Tatbestand, der als solcher eine anfechtbare Handlung darstellen kann. Da das Gesetz hieran andere, regelmäßig weniger einschneidende Rechtsfolgen knüpft, setzt ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 II BGB i.V. mit § 288 StGB besondere, erschwerende Umstände im Vergleich insbesondere mit § 3 I Nr. 1 AnfG voraus (BGH, NJW 1972, 719 (721) = LM § 419 BGB Nr. 25; vgl. auch BGH, NJW 1993, 2041 = LM...

b) Dasselbe Konkurrenzverhältnis gilt zwischen § 7 AnfG und § 826 BGB (vgl. hierzu RG, NJW 1910, 38 (39); LZ 1920, Sp. 642 f.; BGH, LM § 393 BGB Nr. 1; KTS 1958, 184; Kilger/Huber, § 1 Anm. VII 2)...."

Diesen Grundsatz der Subsidiarität von Schadensersatzansprüchen, die nicht durch besondere, über den Anfechtungstatbestand hinausreichende Umstände qualifiziert sind, gegenüber dem Anfechtungsanspruch hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 4.7.2000, Az.: IX ZR 192/99 bestätigt.

Erschwerende Umstände, die über den spezielleren Tatbestand der Absichtsanfechtung hinausgehen, hat der Kläger nicht dargetan.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO. Das Unterliegen des Klägers mit dem Hauptantrag fällt bei wirtschaftlicher Betrachtung seines Interesses gegenüber dem Obsiegen mit dem Hilfsantrag nicht ins Gewicht. Der Hauptantrag hat keinen höheren Streitwert als der Hilfsantrag, seine Verfolgung hat deshalb keine höheren Kosten verursacht.

Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 710 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Ende der Entscheidung

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