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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.06.2007
Aktenzeichen: 27 U 178/06
Rechtsgebiete: ZPO, BetrAVG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 531 Abs. 2
BetrAVG § 1
BetrAVG § 1 b
BetrAVG § 1 b Abs. 1 S. 1
BetrAVG § 2
BetrAVG § 2 Abs. 1
BetrAVG § 2 Abs. 1 S. 1
BetrAVG § 2 Abs. 5
BetrAVG § 3
BetrAVG § 4
BetrAVG § 5
BetrAVG § 6
BetrAVG § 6 Abs. 1
BetrAVG § 6 S. 1
BetrAVG § 7
BetrAVG § 8
BetrAVG § 9
BetrAVG § 10
BetrAVG § 11
BetrAVG § 12
BetrAVG § 13
BetrAVG § 14
BetrAVG § 15
BetrAVG § 16
BetrAVG § 17 Abs. 1 S. 2
BetrAVG § 17 Abs. 3 S. 3
BetrAVG § 30 f
BGB § 288
BGB § 286
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Berufung - das am 15. August 2006 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Siegen teilweise abgeändert.

Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger 85.612,54 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 1.451,06 € seit dem 1. August 2002 sowie von jeweils weiteren 1.451,06 € seit dem jeweils 1. der (bis einschließlich Juni 2007) nachfolgenden Monate zu zahlen.

Die Beklagte bleibt weiter verurteilt, an den Kläger ab Juni 2007 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.451,06 € brutto - fällig jeweils zum Monatsende - zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 44% und die Beklagte 56%.

Die Kosten des ersten Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Kosten des zweiten Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des von der Gegenseite auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Der am 8. Juni 1939 geborene Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung eines Ruhegeldes ("Betriebsrente") aufgrund eines Pensionsvertrages vom 18. Dezember 1979. Seit dem 1. Januar 1972 war der Kläger aufgrund eines Arbeitsvertrages als Ingenieur bei der Beklagten tätig. Seit dem 1. Januar 1980 war er zum Mitglied des Vorstands der Beklagten berufen. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs vom 4. Mai 1992 (8 U 182/91 OLG Hamm) schied er vorzeitig zum 31. Dezember 1990 aus, wobei die Beklagte sich jedoch verpflichtete, ihn hinsichtlich der Pensionszusage so zu stellen, als wäre er 12 Jahre lang Vorstandsmitglied gewesen.

Seit dem 1. Juli 2002 (Vollendung seines 63. Lebensjahres) bezieht der Kläger eine vorgezogene Rente der BfA. Er macht geltend, die Beklagte sei zum selben Zeitpunkt verpflichtet, ihm das zugesagte Ruhegeld zu zahlen. Die Beklagte meint dagegen, zur Zahlung allenfalls ab dem vollendeten 65. Lebensjahr des Klägers verpflichtet zu sein; sie hat zudem Einwände zur vom Kläger geltend gemachten Höhe der monatlichen Zahlungen.

Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz im Einzelnen sowie auf die dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen sowie wegen der vorausgegangenen Prozessgeschichte wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat dem Kläger eine Rente ab dem 63. Lebensjahr in gestaffelter Höhe zugesprochen und die Klage wegen der Rentenhöhe zum Teil abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tenor und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien. Der Kläger begehrt höhere Rentenzahlungen als bisher zugesprochen, und zwar ab Juli 2002. Die Beklagte möchte weiterhin Klageabweisung hinsichtlich der Rente bis zum 65. Lebensjahr und meint, sowohl ab diesem Zeitpunkt als auch jedenfalls insgesamt geringere monatliche Rentenzahlungen als zugesprochen zu schulden.

Der Kläger beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn über die erstinstanzlich zuerkannten 111.739,58 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz von jeweils 2.223,31 € seit dem 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2002 und 01.01.2003, 2.271,31 € seit dem 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2003 und 01.01.2004; sowie von 2.294,96 € seit dem 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2004; und seit dem 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11. und 01.12.2005, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08.2006 hinaus, weitere 7.357,38 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von jeweils 149,46 € seit dem 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2002 und 01.01.2003, 152,71 € seit dem 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2003 und 01.01.2004, 154,27 € seit dem 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2004 und seit dem 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2005 und seit dem 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07., 01.08.2006, zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, über die erstinstanzlich ab dem 01.08.2006 zuerkannte monatliche Betriebsrente in Höhe von 2.294,96 € brutto fällig jeweils zum Monatsende eine weitere monatliche Betriebsrente in Höhe von 154,27 € brutto ab dem 01.08.2006 fällig jeweils zum Monatsende zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte zu einer Zahlung

1. von insgesamt mehr als 26.406,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 1.056,25 € seit dem 01.08.2004 sowie jeweils weiteren monatlich 1.056,25 € seit dem jeweils 01. der nachfolgenden Monate bis einschließlich August 2006,

2. für die Zeit ab August 2006 von monatlich mehr als 1.056,25 € verurteilt worden ist,

hilfsweise,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit der Beklagte zu einer Zahlung

1. von insgesamt mehr als 46.187,89 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 942,61 € seit dem 01.08.2002 sowie jeweils weiteren monatlich 942,61 € seit dem jeweils 01. der nachfolgenden Monate bis einschließlich August 2006.

2. für die Zeit ab August 2006 von monatlich mehr als 942,61 €

verurteilt worden ist.

Beide Parteien beantragen außerdem,

die Berufungen der jeweiligen Gegenseite zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet nunmehr, die Pensionsvereinbarung sei rückdatiert und erst am 27. November 1980 unterschrieben worden und beruft sich hierzu auf das Zeugnis des Zeugen G. Wegen des weiteren Parteivorbringens zweiter Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, die Berufung der Beklagten dagegen teilweise begründet.

Die Beklagte schuldet dem Kläger die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente seit dem 1. Juli 2002, allerdings nur in geringerer Höhe als vom Landgericht zugesprochen.

I.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass zwischen den Parteien ein wirksamer Pensionsvertrag geschlossen wurde.

1.

Es bestehen keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Landgerichts, dass der von ihm vernommene Zeuge T beim Abschluss der Pensionsvereinbarung aufgrund eines entsprechenden Beschlusses des Aufsichtsrates der Beklagten handelte. Neue Feststellungen durch den Senat sind daher nicht geboten.

a)

Derartige Zweifel können sich nicht daraus ergeben, dass die Pensionsvereinbarung nach Behauptung der Beklagten rückdatiert und erst am 27.11.1980 unterschrieben worden sei. Denn diese Behauptung kann nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht berücksichtigt werden. Sie ist erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgetragen worden und damit ein neues Verteidigungsmittel i.S.v. § 531 Abs. 2 ZPO in der zweiten Instanz. Es beruht auf einer Nachlässigkeit der Beklagten, dass sie dieses nicht bereits im ersten Rechtszug (vor Schluss der mündlichen Verhandlung) geltend gemacht hat. Denn es ist weder dargelegt noch ersichtlich, warum der Vortrag nicht früher hätte erfolgen können.

b)

Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger zu den Umständen des Zustandekommens des Beschlusses des Aufsichtsrates der Beklagten nicht näher vorgetragen hat. Denn dass er dies nicht konnte, liegt nahe: Er war hieran nicht selbst unmittelbar beteiligt und es handelt sich um Vorgänge, die eine sehr lange Zeit zurückliegen. Aus dem letztgenannten Grund ist es auch nicht überraschend, sondern erwartungsgemäß, dass auch der Zeuge T keine konkreteren Erinnerungen mehr an den genauen Vorgang hatte. Dies ist deshalb kein Anhaltspunkt dafür, dass er eigenmächtig ohne den entsprechenden Aufsichtsratsbeschluss der Beklagten den Pensionsvertrag unterzeichnet hätte. Für den Anstellungsvertrag, der nach seiner Aussage ganz vergleichbar geschlossen wurde, ist es unstreitig, dass ihm ein Aufsichtsratsbeschluss zugrunde lag. Dort wurde zudem bereits auf die Pensionsregelung hingewiesen. Es handelte sich um ein Familienunternehmen mit insgesamt nur drei Aufsichtsratsmitgliedern (außer dem Vorsitzenden, dem Zeugen T, hatte er nur zwei weitere Mitglieder). Zu keiner Zeit hat irgendjemand Unregelmäßigkeiten beanstandet. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge T seine Befugnisse falsch eingeschätzt oder gar bewusst überschritten hätte. Auch bei der Verlängerung des Anstellungsvertrages hat der Aufsichtsrat keine Nachfrage zu der dort in Bezug genommenen Vereinbarung zur Pension gehalten. Auch das spricht dafür, dass er sie selbst beschlossen hatte.

Es gibt auch keine konkreten Indizien für einen fehlenden Beschluss: Es liegen weder die Aufsichtsratsprotokolle lückenlos vor; zudem gab es ohnehin Umlaufbeschlüsse außerhalb protokollierter Sitzungen.

2.

Eine besondere Vollmacht zur Erklärung des Willens des Aufsichtsrates musste der Aufsichtsrat entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erteilen. Denn diese ist bereits in der Satzung der Beklagten in § 12 Abs. 2 (Bl. 165 d.A.) enthalten.

II.

Der Anspruch auf Zahlung des Ruhegeldes ist unbeschadet der Tatsache entstanden, dass der Kläger vorzeitig aus den Diensten der Beklagten ausschied.

1.

Zwar sind damit die Voraussetzungen von § 1 II. des Pensionsvertrages nicht erfüllt, weil der Anstellungsvertrag des Klägers weder wegen dauernder Dienstunfähigkeit noch mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres endete. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt ein solcher Anspruch auch nicht bereits aus dem gerichtlichen Vergleich vom 4. Mai 1992. Denn dort ist nicht abweichend von dem Pensionsvertrag rechtsbegründend vereinbart worden, dass der Kläger auch bei vorzeitigem Ausscheiden einen Ruhegeldanspruch hat. Vielmehr ist dort nur geregelt, von welchen Grundlagen hinsichtlich der Dauer der Betriebszugehörigkeit und der Vorstandstätigkeit bei der Berechnung eines etwaigen Pensionsanspruches auszugehen ist. Das bedeutet nur, dass man von dem Bestehen eines solchen Anspruchs oder mindestens dieser Möglichkeit ausgegangen ist. Das war wegen der Regelungen des BetrAVG auch zutreffend.

2.

Dem Kläger ist bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten jedoch seine Anwartschaft auf Zahlung des Ruhegeldes gem. § 1 b Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 30 f BetrAVG erhalten geblieben. Die abweichende Regelung im Pensionsvertrag ist gem. § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG unwirksam. Der Kläger ist Arbeitnehmer im Sinn dieser Vorschrift. Denn nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG gelten die §§ 1 - 16 BetrAVG entsprechend für den Kläger als Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft, das nicht Mehrheitsgesellschafter ist (vgl. Erfurter Kommentar/Steinmeier, 7. Aufl., § 17 BetrAVG Rdn. 10 ff.; Blomeyer/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Aufl., § 17 Rdn. 27, 90). Soweit in § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG nur noch von Arbeitnehmern die Rede ist, so handelt es sich um eine ungenaue Bezeichnung (Blomeyer/Otto a.a.O. Rdn. 210 spricht von einem Redaktionsversehen); die nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG gleichgestellten Personen fallen nach dem Sinn und Zweck auch unter diese Vorschrift (ganz herrschende Meinung, vgl. Erfurter Kommentar/Steinmeier a.a.O. Rdn. 32; Blomeyer/Otto, a.a.O., Rdn. 210, jeweils m.w.N.).

Der Kläger konnte deshalb trotz seines Ausscheidens aus dem Betrieb der Beklagten vor Eintritt eines Pensionsfalls noch einen Ruhegeldanspruch erwerben.

III.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Zahlung des Ruhegeldes bereits ab Vollendung seines 63. Lebensjahres, mithin seit dem 1. Juli 2002. Zwar ist auch dieses Datum nicht als Pensionsfall in dem Pensionsvertrag der Parteien vereinbart worden. Der Anspruch folgt jedoch aus § 6 S. 1 BetrAVG. Nach § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG gilt § 6 entsprechend für den Kläger; nach § 17 Abs. 3 S. 3 BetrAVG ist § 6 BetrAVG zwingendes Recht, so dass die abweichende Regelung in der Pensionsvereinbarung unerheblich ist.

Die Voraussetzungen des § 6 S. 1 BetrAVG liegen vor. Denn der Kläger bezieht eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres als Vollrente. Er hat außerdem die sonstigen Leistungsvoraussetzungen der Pensionszusage erfüllt; eine Wartezeit ist nicht vereinbart.

Die nach dem Vertrag vorausgesetzte Vollendung des 65. Lebensjahres ist weder eine sonstige Leistungsvoraussetzung noch eine Wartezeit im Sinne dieser Vorschrift. Vielmehr handelt es sich um die nach dem Vertrag vorausgesetzte Altersgrenze, die gerade durch die zwingende Regelung des § 6 S. 1 BetrAVG ersetzt wird (vgl. Blomeyer/Otto a.a.O. § 6 Rdn. 1).

Das ergibt die Auslegung der Pensionsvereinbarung. Denn wenn die Erwähnung des 65. Lebensjahres nicht die Bestimmung des Zeitpunkts des Eintritts des Versorgungsfalles "Alter" wäre, gäbe es als Voraussetzung für den Pensionsfall im Vertrag überhaupt keine Altersgrenze, sondern neben der hier nicht vorliegenden Alternative der dauernden Dienstunfähigkeit nur das "Ende des Anstellungsvertrages" mit der zusätzlichen "Wartezeit" oder "Leistungsvoraussetzung" der Vollendung des 65. Lebensjahres. Das widerspricht einem normalen Verständnis einer Rentenzusage. Die Altersrente ist der typische Hauptfall der Versorgung, der mit einer bestimmten nicht notwendig vollkommen festen Altersgrenze eintritt. Deshalb entspricht es dem normalen Verständnis, umgekehrt das Merkmal "Ende des Anstellungsvertrages" als zusätzliche Leistungsvoraussetzung anzusehen, die hier vorliegt. Eine Wartezeit ist demgegenüber nach dem Vertrag gar nicht vorgesehen. Die Erwähnung des 65. Lebensjahres hat auch keine Doppelfunktion. Denn es macht keinen Sinn, eine Wartezeit zu vereinbaren, die mit der vereinbarten regelmäßigen Altersgrenze übereinstimmt. Soweit das Bundesarbeitsgericht etwa in seinem Urteil vom 13. Juli 1978 3 AZR 278/77 (AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Wartezeit) die Auslegungsregel aufgestellt hat, es handele sich um eine Wartezeit, wenn die Versorgungsordnung die zugesagten Leistungen von dem Erreichen eines Mindestalters abhängig mache, so betrifft dies anders gelagerte Fälle. Dort ging es etwa um eine Regelung, die sämtliche Versorgungsleistungen erst von der Vollendung des 50. Lebensjahres an vorsah. Hieran ist erkennbar, dass es sich um zusätzliche Grenzen handelt, die nichts mit der regelmäßigen Altersgrenze zu tun haben, sondern weit davor liegen und Bedeutung vor allem für Berufsunfähigkeitsrenten haben.

Selbst wenn man aber die Erwähnung des 65. Lebensjahres zugleich als eine Vereinbarung einer Wartezeit verstehen müsste, so wäre diese Vereinbarung dann wegen Verstoßes gegen den Sinn und Zweck von § 6 Abs. 1 (Umgehung) unzulässig und damit unwirksam (vgl. Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, 3.A., Rdn. 4143 - 4145).

Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob wie die Beklagte behauptet die Parteien beim Abschluss der Pensionsvereinbarung übereinstimmend davon ausgegangen waren, eine Rente könne erst ab dem 65. Lebensjahr verlangt werden.

IV.

Die Höhe der Rente des Klägers errechnet sich wie folgt:

1.

Sie bestimmt sich zunächst nach § 2 Abs. 1 S. 1 BetrAVG. Denn beim Kläger handelt es sich um einen vorher ausgeschiedenen "Arbeitnehmer" (s.o. II.2.), dessen Anwartschaft nach § 1 b BetrAVG fortbesteht. Danach ist zu ermitteln, welche Leistung dem Kläger ohne das vorherige Ausscheiden zustehen würde. Hiervon ist ein Bruchteil zu errechnen, den dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs entspricht.

a)

Eine von § 2 Abs. 1 BetrAVG (zu Gunsten des Klägers) abweichende Vereinbarung (vgl. Blomeyer a.a.O. § 2 Rdn. 27) liegt nicht vor.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts haben die Parteien in der Pensionsvereinbarung einem durch das vorzeitige Ausscheiden des Klägers bedingten Eingriff in das Äquivalenzverhältnis zwischen der Gegenleistung des Arbeitnehmers und der Betriebsrente keine Rechnung getragen. Denn bei der Vereinbarung der jährlichen Steigerungen des vereinbarten Grundrentenbetrages maximal für 20 Jahre hatten die Vertragsparteien ersichtlich nicht den Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers aus dem Betrieb der Beklagten im Blick. Das ergibt sich daraus, dass bei einem solchen vorzeitigen Ausscheiden nach dem Vertrag überhaupt keine Rentenzahlung geschuldet war. Vielmehr waren die jährlichen Steigerungen geeignet, eine als angemessen erachtete Rentenhöhe im Pensionsfall der vorzeitigen dauernden Dienstunfähigkeit und für die Hinterbliebenenversorgung sowie für die Fälle, in denen der Kläger zwar weiter im Betrieb der Beklagten tätig, jedoch kein Vorstandsamt bekleidet hätte, festzulegen.

b)

Zur Berechnung des Kürzungsfaktors ist die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers heranzuziehen. Denn das Gesetz stellt ausdrücklich auf die Betriebszugehörigkeit und nicht auf den Zeitpunkt der Versorgungszusage ab (vgl. Blomeyer/Otto § 2 Rdn. 2, 43 ff.; Höfer a.a.O. Rdn. 3130 f.). Damit ist es auch ausgeschlossen, den Anlass der Versorgungszusage zu berücksichtigen und nur auf die Dauer der Vorstandstätigkeit des Klägers abzustellen.

Der Kläger hätte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Betriebszugehörigkeit von 390 Monaten erreichen können. Zugrunde zu legen ist außerdem eine tatsächliche Betriebszugehörigkeit von 240 Monaten. Diese ergibt sich aus dem Vergleich der Parteien vom 4. Mai 1992. Darin hat sich die Beklagte verpflichtet, den Kläger hinsichtlich der Pensionsvereinbarung so zu behandeln, als wäre er 12 Jahre lang Vorstandsmitglied gewesen, mithin bis zum 31.12.1991. Damit ist zugleich eine Betriebszugehörigkeit bis zu diesem Zeitpunkt zum Zwecke der Berechnungen der Pension zugrunde zu legen, weil ein Vorstandsmitglied auch Betriebsangehöriger ist. Dieser Vergleich ist wirksam. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts zu diesem Punkt ergeben könnten, liegen nicht vor. Der Senat schließt sich vielmehr in vollem Umfang den Ausführungen des Landgerichts hierzu (S. 9 f. des Urteils) an.

Dem Kläger steht damit 240 : 390 = 0,6154 der Rente zu, die er ohne das vorherige Ausscheiden erworben hätte.

c)

Ohne das vorherige Ausscheiden hätte sich der Rentenanspruch des Klägers zusammengesetzt aus dem Grundbetrag von 1.191,00 DM sowie 20 Steigerungsraten zu je 120,00 DM. Diese Beträge sind um die von den Parteien vereinbarte Anpassungsklausel zu erhöhen, wobei jedoch nach § 2 Abs. 5 BetrAVG die Erhöhungen nach dem vereinbarten Zeitpunkt des Ausscheidens nicht mehr zu berücksichtigen sind. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG müssen nämlich variable Erhöhungen nach dem Ausscheiden unberücksichtigt bleiben, feste, bereits absehbare Erhöhungen dagegen nicht. Die vom Landgericht auf Seite 11 oben des Urteils vorgenommene dynamische Erhöhung der bis zum Ausscheiden erworbenen Anwartschaft ist deshalb unzulässig.

Soweit danach die Anpassungsklausel anzuwenden ist, folgt der Senat der Auslegung des Landgerichts, dass auch die nachträglich erworbenen Steigerungsbeträge nicht erst ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Steigerung, sondern ab dem 01.01.1981 an der vereinbarten Erhöhung wie die Steigerungen der gesetzlichen Renten teilnehmen. Der Senat nimmt auf die Ausführungen des Landgerichts hierzu (S. 10 des Urteils) Bezug. Es ist nicht ersichtlich, dass die Parteien die Dienstjahre mit einem unterschiedlichen tatsächlichen Wert bemessen wollten. Vielmehr zeigt der Vertrag mit seiner Dynamisierungsklausel, dass die im Vertragsschluss zugrunde gelegten Werte gesichert werden sollten und deshalb anzupassen sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Berechnung des Landgerichts zur allgemeinen Rentensteigerung im Zeitraum vom 01.01.1981 bis zum 31.12.1991 richtig: Die Renten haben sich insgesamt um 50,28 % erhöht. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Kläger daher eine Rentenanwartschaft in Höhe von 3.953,87 DM erwerben ((1.191,00 DM + 12 x 120,00 DM) x 1,5028). Hinzurechnen sind weitere 8 x 120,00 DM = 960,00 DM. Das ergibt einen Gesamtbetrag von 4.913,87 DM. 0,6154 hiervon sind 3024,00 DM.

2.

Wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Betriebsrente ab dem 63. Lebensjahr ist diese zusätzlich angemessen zu kürzen. Das ergibt sich aus der Natur der Sache, weil auch hierdurch in das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aus der Versorgungszusage eingegriffen wird: Der Arbeitsgeber muss die Rente mit höherer Wahrscheinlichkeit sowie früher und länger zahlen. § 6 BetrAVG regelt die Höhe dieser Kürzung nicht. Auch der Pensionsvertrag der Parteien, der eine solche vorzeitige Inanspruchnahme selbst gar nicht vorsieht, schweigt hierzu.

Sieht eine Versorgungsordnung keinen versicherungsmathematischen Abschlag vor, finden die in der früheren Rechtsprechung des BAG aufgestellten Berechnungsregeln nach wie vor Anwendung (BAG AP Nr. 27 zu § 6 BetrAVG unter B. II. 4.). In solchen Fällen ist in aller Regel eine zweite mindernde Berücksichtigung der fehlenden Betriebstreue zwischen der vorgezogenen Inanspruchnahme und dem Erreichen der festen Altersgrenze zulässig - dies allerdings nicht im Hinblick auf die fehlende Betriebstreue des Arbeitnehmers, sondern als Ausgleich für den wahrscheinlicheren, früheren und längeren Bezug der Betriebsrente; dieser Rechenschritt ist als "untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag" anzusehen. Das ergibt sich in aller Regel aus einer ergänzenden Auslegung solcher Versorgungsregelungen (BAG aaO.).

Danach ist hier ein weiterer Abschlag von 6,15% (24/390 Monate) zu machen. Mit diesem Abzug ergibt sich ein Betrag von nur noch 2.838,02 DM = 1.451,06 €. Er war ab dem 1.7.2002 monatlich geschuldet.

3.

Dieser Betrag unterliegt entgegen der Auffassung des Landgerichts keinen weiteren dynamischen Erhöhungen. Solche zum Zeitpunkt eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb noch nicht bezifferbare Veränderungen unterliegen gem. § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht der Unverfallbarkeit. Zwar ist es den Parteien unbenommen, hiervon abweichende, für den Rentenempfänger günstigere Regelungen zu vereinbaren (vgl. BAG AP Nr. 92 zu § 7 BetrAVG unter III.). Das ist aber vorliegend nicht der Fall. Denn hierzu wäre erforderlich, dass die Parteien eine Dynamisierung der zu zahlenden Rente trotz vorzeitigen Ausscheidens vereinbaren (BAG aaO.). Das ist hier nicht geschehen, weil der Vertrag überhaupt keine Zahlungen und damit naturgemäß auch keine Dynamisierungen für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens des Klägers bei der Beklagten vorsah. Es reicht nicht aus, dass der Vertrag die Dynamisierung der zu zahlenden Rente vorsah, die versprochen war, wenn der Anstellungsvertrag des Klägers erst mit oder nach der Vollendung des 65. Lebensjahres endete (vgl. BAG aaO. unter III. 2.). Vielmehr muss eine solche auch für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens vereinbart sein (BAG aaO. unter III. 3. und BAG AP Nr. 32 zu § 2 BetrAVG unter I.).

V.

Der zuerkannte Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 und 2 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Grundsätzliche Rechtsfragen sind nicht berührt. Die Entscheidung betrifft die Auslegung eines Einzelvertrages.

Ende der Entscheidung

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