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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.10.2007
Aktenzeichen: 27 U 179/06
Rechtsgebiete: InsO, BGB


Vorschriften:

InsO § 17 Abs. 2 S. 1
InsO § 17 Abs. 2 S. 2
InsO § 129
InsO § 130
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 130 Abs. 2
InsO § 143 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. August 2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.496,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Oktober 2005 sowie weitere 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der G GmbH mit Sitz in U Ansprüche auf Rückgewähr von 45.496,51 € aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung geltend. Die angefochtenen Zahlungen erfolgten im Zeitraum vom 05.10.2004 bis 23.11.2004. Das Insolvenzverfahren ist auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 14.12.2004 hin durch Beschluss des Amtsgerichts G am 03.02.2005 eröffnet worden.

Die Beklagte war wesentlicher Lieferant der Schuldnerin und stand in ständiger Geschäftsbeziehung zu ihr. Spätestens seit Mitte 2003 leistete die Schuldnerin Zahlungen im Wesentlichen nur noch mit einer Verzögerung von 3 bis 5 Monaten. Dadurch ergaben sich erhebliche Zahlungsrückstände, die bis zum Insolvenzantrag nicht mehr zurückgeführt werden konnten. Zur Insolvenztabelle meldete die Beklagte noch offene Verbindlichkeiten in Höhe von 102.802,68 € angemeldet. Wegen der Einzelheiten zum Verlauf der Verbindlichkeiten wird auf die Anlagen zu den jeweiligen Mahnungen (Anlagenkonvolut K 3) verwiesen. Als Fälligkeitszeitpunkte waren in diesen Forderungsaufstellungen entsprechend dem in allen Rechnungen enthaltenen Zahlungsziel durchweg 30 Tage nach Rechnungsstellung angesetzt. Die Mahnungen vom 09.08.2004 und 20.09.2004 enthielten eine zweiwöchige Fristsetzung zur Begleichung sämtlicher fälliger Posten und den Zusatz, dass andernfalls würden neue Aufträge nicht weiter bearbeitet und Anwälte mit dem Einzug der Forderungen beauftragt würden.

Mit Schreiben vom 17.05.2004 hatte die Schuldnerin u.a. mitgeteilt, dass die Rückführung des damaligen Negativsaldos in Höhe von ca. 73.000,- € im Zuge des aus neuen Aufträgen resultierenden Materialbedarfs nicht in der Größenordnung der Bestellungen gewährleistet werden könne. Sie unterbreitete daher einen Vorschlag, nach dem in den folgenden beiden Monaten bei Materiallieferungen im Wert von ca. 53.000,- € Zahlungen in Höhe von 29.000,- € erfolgen sollten und danach am Abbau des Saldos gearbeitet werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Schreibens (Anlage K 4) Bezug genommen.

Im August 2004 kam es zu einer Vereinbarung, nach der die Beklagte Materiallieferungen für ein Bauvorhaben in S im Wert von 30.000,- € gegen Vorauszahlung durch den Bauherrn oder Generalunternehmer erbringen werde.

Im Zeitraum vor den hier angefochtenen Zahlungen wies die Mitarbeiterin der Schuldnerin I den Sachbearbeiter der Beklagten K in Telefongesprächen immer wieder darauf hin, dass eine Begleichung sämtlicher Verbindlichkeiten nach wie vor nicht möglich sei. Sie teilte darüber hinaus mit, zu welchem Termin das Geschäftskonto zur Einlösung der jeweils gegebenen Schecks ausreichend gedeckt sein werde.

Mit Schreiben vom 04.11.2004 kündigte die E-Bank die Geschäftsbeziehung zur Schuldnerin und stellte Forderungen in Höhe von 531.090,58 € fällig.

Die Klägerin hat behauptet, dass Insolvenzforderungen in Höhe von 1.292.313,73 € zur Tabelle angemeldet worden seien. Ein erheblicher Teil davon sei bereits zu den jeweiligen Zeitpunkten der hier angefochtenen Zahlungen fällig gewesen. Wegen des im Einzelnen anhand der OPOS-Listen konkretisierten Vortrages zum jeweiligen Stand der Verbindlichkeiten sowie zum - bei der E-Bank überzogenen und bei der Sparkasse C nahezu ausgeschöpften Kontokorrentkreditrahmen der Schuldnerin wird auf den Schriftsatz vom 16.03.2006 verwiesen.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Schuldnerin bereits seit Oktober 2004 zahlungsunfähig gewesen sei. Zumindest habe sie die Beklagte keine Kenntnis davon gehabt. Es sei auch zuvor ständige Übung und der Regelfall gewesen, dass die Schuldnerin die Rechnungen erst mit einer Verzögerung von einigen Monaten beglichen habe, so dass ein Rückschluss auf die Zahlungsunfähigkeit daraus nicht habe gezogen werden können. Zudem habe die Schuldnerin im Zeitraum nach dem Schreiben vom 17.05.2004 noch erhebliche Beträge auf die ausstehenden Rechnungen geleistet. Auch die Vereinbarung der Vorauszahlung für ein bestimmtes Bauvorhaben sei in der Branche durchaus üblich, sofern der vorhandene Kreditrahmen zur Abwicklung des Geschäfts auf dem gängigen Wege nicht ausreiche. Im Übrigen sei ein Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit ausgeschlossen, weil die Schuldnerin noch bis zum 01.12.2004 Mietzahlungen für Software (841,42 € monatlich, Anlage B 3) an ein Schwesterunternehmen (T Service GmbH) geleistet habe.

Die Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld hat die Klage abgewiesen. Die Gemeinschuldnerin dürfte zwar in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag zahlungsunfähig gewesen sein. Die nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO weiter erforderliche Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit stehe aber nicht fest. Die Schuldnerin habe angesichts der langen Zeit, in dem die Beklagte stets erhebliche Stundungszeiträume gewährt habe, davon ausgehen dürfen, dass die Fristsetzungen und Drohungen in den Mahnschreiben nicht ernst gemeint gewesen seien. Die Beklagte habe daher aus der Missachtung der Fristen auch nicht zwangsläufig den Schluss auf eine Zahlungsunfähigkeit ziehen müssen, zumal die Situation sich nicht weiter verschärft habe. Im Hinblick auf die schwierige Situation im Baugewerbe sei das Vorbringen der Beklagten, dass sie vielen Kunden lange Zahlungsfristen einräume, nicht von der Hand zu weisen. Dem Schreiben vom 17.05.2004 sei zu entnehmen, dass die Schuldnerin über zahlreiche Aufträge verfügt habe, was einer künftigen Zahlungsunfähigkeit eher entgegen stehe.

Die Klägerin verfolgt ihren erstinstanzlichen Antrag auf Rückgewähr der im 3-Monats-Zeitraum vor dem Insolvenzantrag geleisteten Zahlungen in Höhe von 45.496,51 € mit der Berufung unter Wiederholung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiter.

Die Beklagte stellt weiterhin bereits die objektive Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Zeitpunkt der Zahlungen in Abrede. Eine Einstellung der Zahlungen habe es unstreitig nicht gegeben. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers könne jedenfalls vor der Kündigung durch die E-Bank aufgrund der noch bestehenden offenen Kreditlinie keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein. Ihre Unkenntnis von einer unterstellten Zahlungsunfähigkeit folge bereits daraus, dass sie vom 05.10. bis zum 15.12.2004 noch Lieferungen im Umfang von 36.461,62 € vorgenommen habe. Da die faktisch erfolgte Zahlungsweise den Absprachen mit der Schuldnerin entsprochen habe und zudem branchenüblich sei, könnten auch keine Umstände vorliegen, aus der sie, die Beklagte, eine Zahlungsunfähigkeit hätte schließen müssen. Bei den Mahnungen habe es sich demgegenüber ersichtlich um "schlichte Formschreiben" gehandelt. Der Grundgedanke der Insolvenzordnung, der auf die Fortführung von Unternehmen abziele, werde in sein Gegenteil verkehrt, wenn bereits die hier allein gegebene stockende Zahlungsweise zu einer Einstellung weiterer Lieferungen hätte führen müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin kann gem. § 143 Abs. 1 InsO die Rückgewähr der streitgegenständlichen Zahlungen beanspruchen. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO liegen vor, so dass die von der Klägerin erklärte Anfechtung durchgreift.

1)

Die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen nach §§ 129, 130 InsO sind gegeben, insbesondere betrifft die Anfechtung Zahlungen innerhalb des 3Monats-Zeitraums vor dem Insolvenzantrag der Schuldnerin vom 14.12.2004. Die Parteien streiten ausschließlich um die im Zeitpunkt der jeweiligen Leistungen bestehende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die entsprechende Kenntnis der Beklagten.

2)

Die Schuldnerin war im Zeitraum der streitgegenständlichen Zahlungen zahlungsunfähig (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO).

a) Die Zahlungsunfähigkeit setzt in Abgrenzung zur bloß vorübergehenden und rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung voraus, dass die binnen 3 Wochen nicht zu schließenden Liquiditätslücke zehn Prozent oder mehr betrug (BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062 = NZI 2005, 547). Sie kann durch eine Liquiditätsbilanz nachgewiesen werden, die alle im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und binnen drei Wochen zu erlangenden Mittel in Beziehung zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten setzt (BGH a.a.O.; BGH NZI 2007, 36, 38). Im Anfechtungsprozess lässt sich - rückblickend - aber auch ohne eine Liquiditätsbilanz feststellen, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen, wenn nicht aufgrund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals noch Anlass zur Annahme bestand, dass der Schuldner rechtzeitig zahlen könne (BGH NZI 2007, 36, 38). Die Vorlage von Listen über Verbindlichkeiten des Schuldners kann für eine substanziierte Darlegung der Zahlungsunfähigkeit in Verbindung mit ergänzenden Angaben genügen, wenn sich daraus ausreichende Informationen über den jeweiligen Anspruch und seine Fälligkeit ergeben (BGH, IX ZR 210/04; Beschluss v. 12.07.2007). Ob der Klägervortrag diesen Anforderungen angesichts der unstreitig über einen längeren Zeitraum bestehenden und nicht jeweils binnen 3 Wochen zurück geführten erheblichen Zahlungsrückstände bereits genügt, muss hier aber nicht abschließend entschieden werden.

b) Feststellungen zu den Gesamtverbindlichkeiten erübrigen sich nämlich, weil die Zahlungsunfähigkeit aufgrund einer Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO) allein aus dem Verhalten der Schuldnerin der Beklagten gegenüber abzuleiten ist (vgl. BGH NZI 2002, 91, 95). Die Vermutung des § 17 Abs. 2 S. 2 InsO gilt auch im Rahmen des § 130 InsO (BGHZ 149, 178, 184 = NJW 2002, 515).

Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt, sich also für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen muss, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGHZ 149, 178, 184; BGH NZI 2003, 322; NZI 2007, 36, 37; HK/Kirchhof, InsO, § 17 Rn. 25). Die Nichtzahlung gegenüber einem einzigen Gläubiger kann dafür ausreichen, wenn dessen Forderung von erheblicher Höhe ist (BGH NZI 2002, 88, 90). Einzelne - für sich genommen auch beträchtliche - Zahlungen stehen der Zahlungseinstellung nicht entgegen, wenn sie im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH NZI 203, 253; NZI 2002, 34; NZI 2001, 247; NZI 2000, 363). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH NZI 2007, 36, 37).

Auf dieser Grundlage lässt sich eine Zahlungseinstellung bereits nach dem unstreitigen Sachverhalt in Bezug auf die Geschäftsbeziehung der Schuldnerin zur Beklagten feststellen.

(1) Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind auf eine Zahlungseinstellung hin (BGH NZI 2007, 36, 27; BGH NJW-RR 2002, 261 = NZI 2002, 34; HK/Kirchhof, a.a.O., § 17 Rn. 30). Vorliegend verdeutlichte die Schuldnerin der Beklagten durch ihre Erklärungen und ihr Gesamtverhalten unmissverständlich verdeutlicht, dass sie erhebliche Teile ihrer fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen konnte.

(a) Das letztlich mit einer Bitte um weitere "Kreditierung" verbundene Schreiben der Schuldnerin vom 17.05.2004 bringt klar zum Ausdruck, dass die bei der Beklagten aufgelaufenen Verbindlichkeiten in Höhe von bereits ca. 73.000,- € bei Fortführung des Geschäftsbetriebes und den dazu erforderlichen (Neu)Bestellungen - innerhalb der nächsten 2 Monate nicht zurückgeführt geschweige denn beglichen werden könne. Nach dem vorgeschlagenen Zahlungsplan wäre der Negativsaldo im Gegenteil um weitere 24.000,- € angestiegen. Damit hat die Schuldnerin eingestanden, die damals bestehenden fälligen Verbindlichkeiten binnen einer überschaubaren Frist auch nicht ansatzweise erfüllen zu können. Dass eine Tilgung erst recht bei einer Einstellung des Geschäftsbetriebes - also ohne fortlaufend neue Bestellungen - nicht möglich gewesen sein würde, liegt auf der Hand.

(b) In den Telefonaten mit der Debitorenabteilung der Beklagten brachte die Buchhalterin der Schuldnerin I, was zwischen den Parteien unstreitig ist, immer zum Ausdruck, dass eine Begleichung sämtlicher Rechnungen nach wie vor nicht möglich sei. Sie erklärte damit unmissverständlich, dass die Schuldnerin ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen konnte und - trotz der jeweils an der Deckung des Geschäftskontos ausgerichteten vereinbarten (Teil)Zahlungen jedenfalls der Höhe nach erhebliche Rückstände verbleiben würden.

(2) Eine bloße Zahlungsstockung war nach den gesamten Umständen ersichtlich auszuschließen. Die Grenze zur Zahlungseinstellung ist überschritten, wenn die fälligen Schulden nicht im Wesentlichen zu 90 % binnen 3 Wochen bezahlt werden können (BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062 = NZI 2005, 547). Die Verbindlichkeiten der Schuldnerin bestanden, ohne dass sie nennenswert zurück geführt worden wären, in fünfstelliger Höhe über einen längeren Zeitraum von zumindest mehr als sechs Monaten. Die Mitteilungen der Zeugin I erstreckten sich gleichfalls über einen längeren Zeitraum, indem die "nach wie vor" mangelnde Fähigkeit zur Tilgung der Verbindlichkeiten immer wieder neu verdeutlicht wurde. Eine Zahlungsstockung scheidet zudem jedenfalls dann aus, wenn es dem Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung schon seit Monaten nicht gelungen war, seine fälligen Verbindlichkeiten jeweils binnen 3 Wochen auszugleichen und die rückständigen Beträge nicht lediglich geringfügig sind (vgl. BGH NZI 2003, 322, 323; BGHZ 149, 178, 186 = NZI 2002, 91; BGHZ 163, 134 = NJW 2005, 3062 = NZI 2005, 547). Genau das war vorliegend - unstreitig der Fall.

(3) Eine Zahlungseinstellung bestand aufgrund der o.g. Erklärungen der Schuldnerin und ihrem Zahlungsverhalten bereits im Mai, spätestens aber im Sommer 2004. Die einmal eingetretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort. Sie hätte nur dadurch wieder beseitigt werden können, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen hätte. Das muss derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH NZI 2007, 36, 37; BGHZ 149, 100, 101 = NZI 2002, 88; BGHZ 149, 178, 188 = NZI 2002, 91). Dafür hat die Beklagte indes keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen. Um die allgemeine Aufnahme der Zahlungen annehmen zu können, darf zudem allenfalls ein nicht wesentlicher Teil der Forderungen unerfüllt bleiben (BGH NZI 2002, 88, 90). Das war ersichtlich nicht der Fall.

(4) Die Zahlung von für sich betrachtet durchaus beträchtlichen Beträgen im Zeitraum vor Oktober 2004 steht der Feststellung der Zahlungseinstellung bereits aus den vorgenannten Gründen nicht entgegen. Unabhängig davon verblieben allerdings ohnehin - unstreitig stets Rückstände in erheblicher Höhe. In einer solchen Situation schließen auch beträchtliche Zahlungen die Zahlungseinstellung nicht aus (vgl. BGH NZI 2002, 34; NZI 2003, 322, 323). Auch der Umstand, dass die fälligen Verbindlichkeiten sich in der Zeit vom 14.07.2004 (70.408,97 €) bis zum 01.10.2004 (47.770,61 €) verringerten, ändert an dieser Beurteilung nichts. Werden die Gesamtrückstände - wie hier nicht einmal um die Hälfte reduziert, genügt das nicht, um die Zahlungseinstellung zu verneinen (vgl. BGH NZI 2002, 34).

(5) Entgegen der in der Berufungserwiderung vertretenen Auffassung scheidet eine Zahlungsunfähigkeit nicht aufgrund der bis zur Kündigung vom 03.11.2004 bestehenden offenen Kreditlinie bei der E-Bank aus. Denn die Kreditlinie war ausgeschöpft.

(6) Die Fälligkeit der jeweiligen Verbindlichkeiten ist nicht auf Grund einer im Verhältnis zur Beklagten bestehenden "Übung" auf den jeweils durch die Zeugin I mitgeteilten Termin, zu dem der jeweilige Scheck eingelöst werden konnte, oder pauschal auf 3 bis 5 Monate nach dem an sich bestehenden Zahlungsziel von 30 Tagen nach Rechnungsstellung hinausgeschoben worden.

Der Gesetzgeber hat in § 17 Abs. 2 S. 1 InsO auf das Merkmal des "ernsthaften Einforderns" verzichtet, so dass für die Frage, welche Verbindlichkeiten bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen sind, im Grundsatz ausschließlich auf die Fälligkeit abzustellen ist. Maßgebend dafür, ob die Fälligkeit zeitlich herausgeschoben ist, ist das Vorliegen einer zivilrechtlich wirksamen Stundungsvereinbarung (Schröder, in: Hamburger Kommentar zur InsO, 2. Aufl. § 17, Rn. 10). Eine solche Fälligkeitsbestimmung kann sich zwar auch aus den Umständen ergeben (§ 271 Abs. 1 BGB). Rein tatsächlich "erzwungene" Stundungen, die schlicht dadurch entstehen, dass der Schuldner seine an sich fälligen Verbindlichkeiten nicht zahlt, hindern den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach einhelliger Auffassung jedoch nicht (Hess, InsO, § 17, Rn. 10; Kübler/Prütting, InsO, § 17, Rn. 6; Uhlenbruck/Uhlenbruck, InsO, 12. Aufl., § 17, Rn. 8). Nur bei "echten", einvernehmlich und rechtlich verbindlich vereinbarten Stundungen können die davon betroffenen Forderungen außer Betracht bleiben (Jaeger/Müller, InsO, 1. Aufl., § 17, Rn. 9; Kübler/Prütting, a.a.O.). Soweit ausdrückliche Erklärungen dazu nicht vorliegen, ist bei der Annahme entsprechender stillschweigender Abreden Zurückhaltung geboten (Schröder, a.a.O., § 17, Rn. 10; Jaeger/Müller, a.a.O., § 17, Rn. 10; Uhlenbruck/Uhlenbruck, a.a.O., § 17, Rn. 8). Sie kommen nur in Betracht, wenn sich eine Stundungsvereinbarung - in Abgrenzung zur schlichten Hinnahme des Zahlungsverhaltens aus den gesamten Umständen klar und unmissverständlich ergibt (Jaeger/Müller a.a.O.; Uhlenbruck/Uhlenbruck, a.a.O., § 17, Rn. 8, der - insoweit unzutreffend - darüber hinaus sogar eine "ausdrückliche" Vereinbarung fordert).

Eine solche - stillschweigende - Stundungsvereinbarung war vorliegend nicht gegeben.

(a) Raum für die Annahme einer konkludenten Stundungsabrede besteht grundsätzlich erst und nur dann, wenn es an einer - stets vorgehenden ausdrücklichen Vereinbarung oder Regelung fehlt. Die Beklagte hat in ihren Aufstellungen und Mahnungen aber durchweg zum Ausdruck gebracht, dass sie an der Fälligkeit 30 Tage nach Rechnungsstellung festhält. In den Saldenübersichten sind die Fälligkeitszeitpunkte ausnahmslos mit den daraus folgenden Zeitpunkten angegeben. Daran hat sich auch durch die angeblich "ständige Übung" nichts geändert. In den Mahnungen werden ausdrücklich die auf der vorgenannten Grundlage "fälligen Posten" angemahnt. Für diese wird ausnahmslos, also auch für die noch nicht 35 Monate rückständigen Posten - eine weitere Frist von 2 Wochen gesetzt, verbunden mit der Androhung, bei Nichtzahlung der vollen Summe keine neuen Aufträge mehr anzunehmen. Vor dem Hintergrund dieser unmissverständlichen Erklärungen der Beklagten ist die Annahme einer diesen diametral entgegen gesetzten stillschweigenden Willenserklärung ausgeschlossen. Die Beklagte wollte vielmehr ersichtlich nicht mit rechtlich bindender Wirkung zu ihren Lasten die Fälligkeit hinausschieben. Sie trug schlicht dem Umstand Rechnung, dass die Schuldnerin zu weiteren Zahlungen nicht in der Lage war. Dass sie das nicht zum Anlass nahm, vehementer auf die Begleichung der Verbindlichkeiten zu drängen, rechtliche Maßnahme einzuleiten oder auch Insolvenzantrag zu stellen, kann eine Stundungsabrede weder begründen noch ersetzen.

(b) Dem Beklagtenvortrag ist darüber hinaus auch nicht konkret zu entnehmen, dass und auf welche Weise eine (konkludente) Stundungsabrede zustande gekommen sein sollte. In erster Instanz findet sich insoweit nur der Verweis auf die "Üblichkeit". Dass "Zahlungsabsprachen" getroffen worden sein sollen, ist lediglich im Zusammenhang mit den nicht in Abrede gestellten Telefongesprächen zwischen der Buchhalterin der Schuldnerin I und dem Sachbearbeiter der Beklagten K erwähnt. Danach gab es aber bereits keine "Absprachen" im Sinne rechtsverbindlicher Stundungsvereinbarungen. Vielmehr teilte die Frau I jeweils mit, wann welche Schecks eingelöst werden könnten. Daraus lässt sich in Bezug auf die weiter offenen Rechnungen nichts herleiten, insbesondere kann darin kein - dem übrigen Verhalten der Beklagten entgegen gesetztes - Angebot zu einer umfassenden Stundungsvereinbarung gesehen werden. Letztlich läuft die auch in der Berufung wiederholte Sichtweise der Beklagten darauf hinaus, dass der vorab von der Buchhalterin I "mitgeteilte" - Zahlungszeitpunkt mit dem Fälligkeitszeitpunkt gleichzusetzen sei. Die Fälligkeit würde danach einseitig durch den Gläubiger bestimmt. Ob und welche Grenze dem gesetzt ist und wann die Fälligkeit auch ohne die tatsächliche Zahlung eintreten würde, bliebe unklar. Eine dahin gehende Vereinbarung ist angesichts des Gesamtverhaltens der Beklagten (s.o.) nicht zu begründen.

(c) Die sich danach ergebenden Fälligkeitszeitpunkte werden für die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nicht dadurch unbeachtlich, dass die Beklagte die in den Mahnungen in Aussicht gestellten Maßnahmen nicht in die Tat umsetzte. Darauf, ob die Schuldnerin die Mahnungen deshalb, wie das Landgericht meint, "nicht erst nehmen" musste, kommt es nicht an. An der Fälligkeit der Verbindlichkeiten ändert ein bloßes "Stillhalten" der Gläubiger aus den o.g. Gründen nichts (s.o.; vgl. Uhlenbruck/Uhlenbruck, a.a.O., § 17, Rn. 8). Nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO, der mit dem Ziel einer rechtzeitigen Verfahrenseröffnung bewusst eng gefasst ist (vgl. Hess, a.a.O., § 17, Rn. 10), werden Verbindlichkeiten bereits berücksichtigt, wenn sie fällig sind, nicht erst, wenn der Gläubiger sie mit Druck- oder Zwangsmitteln beizutreiben versucht.

3)

Der Senat kann die Kenntnis der Beklagten von der objektiven Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auf der vorgenannten Grundlage ohne weiteres feststellen. Denn die Beklagte kannte alle o.g. Umstände, aus der sich die Zahlungseinstellung ergibt (§ 130 Abs. 2 InsO). Insbesondere war ihr durch die Buchhalterin I jeweils mitgeteilt worden, dass die Schuldnerin zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten nicht in der Lage sei. Die Beklagte kannte auch den jeweils in erheblicher Höhe gegebenen Stand der Verbindlichkeiten, die darauf jeweils erfolgten Teilzahlungen und das Schreiben vom 17.05.2004.

Darauf, dass die Beklagte eine größere Lieferung unmittelbar vor dem hier relevanten Zeitraum nur noch gegen Vorauskasse durch den Bauherrn oder Generalunternehmer ausführte, kommt es danach nicht mehr entscheidend an. Auch insoweit wäre allerdings der Klägerin darin zu folgen, dass in diesem Verhalten ein Beweiszeichen für die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu sehen ist. Die seitens der Beklagten behauptete Branchenüblichkeit solcher Vereinbarungen steht dem nicht entgegen. Denn in der Geschäftsbeziehung zur Schuldnerin kam die Forderung nach einer Vorauszahlung, soweit ersichtlich, zum ersten Mal vor.

Die seitens der Beklagten weiter gegen eine Kenntnis vorgebrachten Gesichtspunkte greifen nicht durch: Dass sie auch im streitgegenständlichen Zeitraum noch Lieferungen vornahm, mag der - nicht durch konkrete Tatsachen gestützten Hoffnung auf eine Genesung der Schuldnerin geschuldet gewesen sein. An der Kenntnis der vorgenannten, eine Zahlungseinstellung begründenden Umstände ändert das nichts. Ob die Beklagte aus dieser Kenntnis die rechtlich oder unternehmerisch richtigen Schlüsse zog hat, ist ohne Belang. Auch soweit die Beklagte subjektiv der Meinung gewesen sein sollte, dass die Nichtbegleichung eines wesentlichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin aufgrund der "Üblichkeit" dieses Umstandes rechtlich unerheblich sei, kann sie das nicht entlasten. § 130 Abs. 2 InsO verlangt lediglich, dass der Empfänger der Leistung die Tatsachen kennt, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ergibt. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann sich der in Anspruch genommene Anfechtungsgegner nicht darauf berufen, dass er selbst den sich zwingend ergebenden Schluss nicht gezogen habe (BGHZ 149, 178, 185 = NZI 2002, 91, 93; BGH NZI 2003, 322, 323). Die relevante Tatsachengrundlage war der Schuldnerin vollständig bekannt. Die an das Schwesterunternehmen (T Service GmbH) weiter geleisteten Mieten in Höhe von lediglich 841,42 € monatlich sind ersichtlich ohne Bedeutung. Eine Zahlungseinstellung ist nicht erst dann gegeben, wenn gar keine Zahlungen mehr erbracht werden. Selbst beträchtliche Zahlungen schließen ihre Annahme nicht aus (s.o.). Auch insoweit wäre also allenfalls eine unbeachtliche Falschbewertung der Rechtslage gegeben.

4)

Ein Anspruch auf die nicht anrechenbaren Rechtsanwaltskosten in der geltend gemachten Höhe (699,90 €) folgt aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB. Der Zinsanspruch ist gem. §§ 286, 288 BGB begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Insoweit war der Tenor aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit sprachlich zu korrigieren (§ 319 Abs. 1 ZPO).

IV.

Die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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