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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: 27 U 214/06
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 17
InsO § 130
InsO § 131
InsO § 133
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1 S. 2
InsO § 143 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 24. August 2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 85.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 30.09.2005 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger macht in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der E GmbH Anfechtungsansprüche gegenüber der beklagten Stadt geltend.

Die Schuldnerin schloss am 09.09.1999 mit der Beklagten einen Erbbaurechtsvertrag, der sie u.a. verpflichtete, auf dem zur Verfügung gestellten Grundstück eine Freizeitbadanlage zu errichten und zu betreiben. Die Baukosten wurden letztlich durch jährliche Zuschüsse der Beklagten in Höhe von 2 Mio. DM aufgebracht, die die Beklagte über 30 Jahre lang - unabhängig vom Fortbestand der Schuldnerin unmittelbar an die finanzierende Landesbank X zu zahlen hatte. Die Schuldnerin schuldete nach § 21 des Vertrages einen jährlichen Erbbauzins in Höhe von 21.290,20 €. Gemäß § 12 konnte die Beklagte u.a. dann die Rückübertragung verlangen, wenn über das Vermögen der Erbbauberechtigten das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt wurde, wenn die Erbbauberechtigte ihre Zahlungen einstellte und Zwangsmaßnahmen nicht binnen 4 Wochen abgewendet wurden oder wenn sie mit zwei Jahresbeiträgen des Erbbauzinses in Verzug geriet (sog. "Heimfall").

Die Schuldnerin geriet nach Eröffnung des Freizeitbades Ende 2001 spätestens Mitte 2003 in finanzielle Schwierigkeiten, die u.a. dazu führten, dass der Wärmeversorger der Schuldnerin (Stadtwerke V) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragte. Die Durchführung des Verfahrens konnte durch den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung abgewendet werden. Auch bei der Beklagten, die Kenntnis vom Insolvenzantrag der Stadtwerke V hatte, waren erhebliche Rückstände aufgelaufen. Insoweit kam es im Oktober 2003 zu einer Vereinbarung, nach der die Schuldnerin im Zeitraum vom 17.10.2003 bis zum 02.03.2004 in 13 Raten insgesamt 395.000,- € zu zahlen hatte. Mit Ratsbeschluss vom 15.10.2003 wurde der Bürgermeister der Beklagten beauftragt, Insolvenzantrag zu stellen, wenn eine nach dem Zahlungsplan vorgesehene Rate nicht rechtzeitig eingehen würde. Zur Absicherung der ersten Rate (35.000, € am 17.10.2003) sollte der Geschäftsführer der Schuldnerin, der erstinstanzlich vernommene Zeuge T, die Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung abtreten. Nach Erhalt der Rate sollte die Forderung nach dem Ratsbeschluss zurück abgetreten werden.

Die Beklagte hielt den Zahlungsplan mangels Liquidität in der Folgezeit nicht ein. Sie erbrachte im Zeitraum vom 08.12.2003 bis zum 10.03.2004, in dem nach dem Zahlungsplan Verpflichtungen in Höhe von 215.000,- € bestanden, in 5 Teilbeträgen durch Bareinzahlungen auf das Konto der Beklagten bei der Kreissparkasse S lediglich die vorliegend angefochtenen Zahlungen in Höhe von insgesamt 85.000,- €. Ob zuvor erhebliche Beträge geleistet wurden, ist zwischen den Parteien streitig.

Auf einen Eigenantrag der Schuldnerin vom 16.07.2004 hin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 01.10.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat unter näherer Darlegung behauptet, dass die Beklagte seit Juni 2003 zahlungsunfähig gewesen sei. Die Schuldnerin habe deshalb nur noch an besonders "lästige" Gläubiger gezahlt. Dazu habe insbesondere die Beklagte gezählt, die seit September 2003 durchweg mit der Ausübung ihres Heimfallrechts gedroht habe. Sie habe daher auch Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt. Auf den hier vorliegenden Fall der Zahlung auf den angedrohten Heimfall - so die Rechtsauffassung des Klägers - sei die Rechtsprechung zu Zahlungen auf angedrohte Zwangsvollstreckungen zu übertragen. Die in der Drucksituation vorgenommene Zahlung sei nach der obergerichtlichen Rechtsprechung stets inkongruent.

Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass ein Heimfallanspruch nicht bestanden habe, so dass es keine Grundlage für die - im Übrigen bestrittenen - "Drohungen" gebe. Des weiteren hat sie eine drohende oder bestehende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin seit Juni 2003 bestritten. Jedenfalls habe sie keine Kenntnis davon gehabt.

Der Einzelrichter der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen T und C, des ersten Beigeordneten der Beklagten, abgewiesen. Zwar spreche die Aussage des Zeugen T für einen bedingten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die nach § 133 InsO weiter erforderliche positive Kenntnis der Beklagten davon sei aber nicht feststellbar. Die Kenntnis von der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin sowie vom Insolvenzantrag der Stadtwerke V genüge dafür nicht. Nach Aussage des Zeugen C sei der Beklagten die Situation der Schuldnerin nur in Teilen, nicht aber für das Unternehmen insgesamt bekannt gewesen. Insbesondere sei nicht feststellbar gewesen, dass sie über die Anzahl der Gläubiger, die Höhe der Verbindlichkeiten und die Höhe des liquiden Vermögens im Einzelnen unterrichtet gewesen sei. Der Umstand, dass der mögliche Heimfallanspruch der Beklagten Gegenstand der Gespräche gewesen sei, rechtfertige die Annahme einer inkongruenten Deckung als Beweiszeichen für die Gläubigerkenntnis vom Benachteiligungsvorsatz nicht. Dass die Beklagte die Schuldnerin gezielt unter Druck gesetzt habe, habe die Beweisaufnahme nicht ergeben.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlich gestellten Antrag auf Zahlung von 85.000,- € nebst gesetzlicher Zinsen ab Klagezustellung weiter. Die Kenntnis der Beklagten vom - zutreffend festgestellten - Benachteiligungsvorsatz ergebe sich bereits aus der Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte nicht nur die drohende, sondern die tatsächliche Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gekannt habe. Unabhängig davon ergebe sich die positive Kenntnis der Beklagten allein daraus, dass der Zeuge C nach seinem eigenen Bekunden genau gewusst habe, dass es unbezahlte weitere Verbindlichkeiten, erfolglose weitere Vollstreckungsversuche und sogar einen Insolvenzantrag gegeben habe. Entgegen der unzutreffenden Beweiswürdigung des Landgerichts habe die Beweisaufnahme zudem ergeben, dass die Beklagte die Ausübung des Heimfallrechts als Druckmittel dafür ausgenutzt habe, Zahlungen von der Schuldnerin zu erhalten.

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung ihres Antrags auf Zurückweisung der Berufung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und weist ergänzend darauf hin, dass es bereits an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, die lediglich ihre Rechtspflicht aus der im Oktober 2003 getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung habe erfüllen wollen, fehle. Sie, die Beklagte, sei davon ausgegangen, dass die Krise der Insolvenzschuldnerin auch und gerade aufgrund des Abschlusses dieser Vereinbarung überwunden werden würde. Nur deshalb habe sie die abgetretene Lebensversicherung des Zeugen T, wozu sie ausweislich des Ratsbeschlusses nicht verpflichtet gewesen sei, nach Begleichung der ersten Rate wieder zurück übertragen. Entgegen der Darstellung des Klägers habe sie auch keine Kenntnis von der Erfolglosigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger gehabt. Der Zeuge C habe seinen Bekundungen nach vielmehr lediglich von der Durchführung solcher Maßnahmen, nicht aber von deren Ergebnis gewusst. Im Übrigen bestehe auch auf Grundlage des - insoweit hilfsweise zu eigen gemachten Klägervortrags kein Rückgewähranspruch, weil es danach allein aufgrund der wiederholt angedrohten Ausübung des Heimfallrechts, das die Existenz der Schuldnerin sofort vernichtet hätte, zu den streitgegenständlichen Zahlungen gekommen sei, so dass es an einem selbstbestimmten Handeln und damit an einer Rechtshandlung der Schuldnerin im Sinne des § 133 InsO fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf desn Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger kann gemäß §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO die Rückgewähr der in das Vermögen der beklagten Stadt gelangten 85.000, € verlangen.

1) Eine Rechtshandlung der Schuldnerin im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO liegt entgegen der Auffassung der Beklagten auch auf Grundlage des Klägervortrags, den sie sich insoweit hilfsweise zu eigen gemacht hat, unzweifelhaft vor. An einer Rechtshandlung fehlt es nur, wenn dem Schuldner - insbesondere aufgrund einer bereits anwesenden Vollstreckungsperson jede Möglichkeit zu einem willensgeleiteten, selbstbestimmten Handeln genommen ist (BGH NZI 2005, 215, 217 = NJW 2005, 1121; BGH NZI 2006, 159, 162 = NJW 2006, 1348, 1351). Demgegenüber sind die Voraussetzungen einer Rechtshandlung zu bejahen, wenn der Schuldner noch in der Lage ist, über den angeforderten Betrag nach eigenem Belieben zu entscheiden und ihn beispielsweise an andere Gläubiger zu zahlen oder selbst zu verbrauchen. Entscheidet er sich in einem solchen Fall aufgrund eines durch den späteren Anfechtungsgegner ausgeübten Drucks zur Zahlung an diesen, fehlt es nicht an einer selbstbestimmten Handlung (BGH a.a.O.). Das gilt insbesondere für Zahlungen zur Abwendung einer angedrohten Zwangsvollstreckung oder eines angedrohten Insolvenzantrages (BGH NJW 2003, 3347 = NZI 2003, 533; NZI 2005, 1512, 1513; NZI 2006, 159, 162). Nichts anderes gilt für die vorliegend auf Druck der Beklagten mit der Ausübung des Heimfallrechts erreichten Barzahlungen auf deren Sparkassenkonto.

2) Die angefochtenen Zahlungen benachteiligen die Insolvenzgläubiger (§ 129 Abs.1 InsO), weil die Aktivmasse dadurch verkleinert wurde und die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger dementsprechend verkürzt sind.

3) Die Schuldnerin handelte mit zumindest bedingten Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung. Insoweit reicht es aus, dass der Schuldner sich die Benachteiligung nur als möglich vorstellt, sie aber in Kauf nimmt, ohne sich dadurch von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH NJW 2003, 3347; NZI 2006, 159, 161; NZI 2007, 512, 513). Ein unlauteres Verhalten ist nicht erforderlich (BGH NZI 2005, 692, 693).

a) Entgegen der Auffassung des Klägers kann ein Beweiszeichen für den Benachteiligungsvorsatz allerdings nicht aus einer Inkongruenz der erlangten Deckung hergeleitet werden. Allein die angedrohte Ausübung des Heimfallrechts trägt die Annahme der Inkongruenz nicht. Der rechtliche Ansatz des Klägers, die Inkongruenz aus diesem Gesichtspunkt in Anknüpfung an die Rechtsprechung zu Zahlungen zur Abwendung einer angedrohten Zwangsvollstreckung zu begründen, geht fehl. Eine solche "Druckzahlung" ist lediglich innerhalb des nach §§ 130, 131 InsO besonders geschützten 3 Monats-Zeitraums vor dem Eröffnungsantrag als inkongruent anzusehen. In diesem Zeitraum wird das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip (§ 804 Abs. 3 ZPO) zu Gunsten der Gleichbehandlung aller Gläubiger verdrängt (BGH NJW 2003, 3347 = NZI 2003, 533, 534; NJW 2004, 1444; NZI 2005, 215). Demgegenüber unterliegt der Gläubiger bei der Verfolgung seiner Rechte außerhalb dieses Zeitraums keinen vom Anfechtungsrecht ausgehenden Beschränkungen (BGH NZI 2005, 215, 216). Da das Prioritätsprinzip hier uneingeschränkt gilt, begründet die Durchsetzung einer Forderung mit dem dafür vorgesehenen Mittel der Einzelzwangsvollstreckung keine Inkongruenz (BGH NZI 2003, 533, 535). Das Gleiche gilt - erst recht für andere aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis folgende "Druckmittel". Die Ausübung des Heimfallrechts stand der Beklagten unter den im Erbbaurechtsvertrag aufgeführten Voraussetzungen rechtlich genauso zu wie die Möglichkeit, aufgelaufene Forderungen nach Titulierung im Wege der Zwangsvollstreckung bzw. durch bloße Ankündigung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchzusetzen.

b) Bei Gewährung einer kongruenten Deckung sind an den Nachweis des Benachteiligungsvorsatzes zwar erhöhte Anforderungen zu stellen, weil der Schuldner im Zweifel lediglich seine Verbindlichkeiten erfüllen will (BGH NZI 2007, 512, 513; NJW 2003, 3560; MüKo/Kirchhof, InsO, 1. Aufl., § 133, Rn. 33). Der Bundesgerichtshof geht allerdings in ständiger Rechtssprechung davon aus, dass die angefochtene Rechtshandlung regelmäßig mit Benachteiligungsvorsatz vorgenommen wird, wenn der Schuldner bereits zahlungsunfähig und sich dessen auch bewusst ist (BGH NZI 2007, 512, 513; NJW 2003, 3347; NZI 2005, 692). Zudem ist die Annahme des Benachteiligungsvorsatzes in aller Regel gerechtfertigt, wenn der Schuldner, der weiß, dass er möglicherweise nicht mehr alle Gläubiger befriedigen kann, vorwiegend (Teil)Zahlungen an die Gläubiger leistet, von denen er die Stellung eines Insolvenzantrages befürchtet (BGH NZI 2003, 533, 535). Denn dann kommt es ihm regelmäßig nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner vertraglichen Pflicht an. Er nimmt vielmehr die erkannte Bevorzugung des einzelnen Gläubigers in Kauf (BGH NZI 2005, 692, 693; NZI 2004, 87, 88). Vorliegend kann der Benachteiligungsvorsatz unter beiden vorgenannten Gesichtspunkten festgestellt werden. Erst recht ist in der Zusammenschau von einem bedingten Vorsatz auszugehen.

(1) Die Schuldnerin war im Zeitraum der angefochtenen Rechtshandlungen zahlungsunfähig (§ 17 Abs. 2 InsO). Der Kläger hat im einzelnen dargelegt, dass bereits zum 30.06.2003 lediglich noch liquide Mittel im Umfang von ca. 1 % der fälligen Verbindlichkeiten zur Verfügung standen. Dem ist die Beklagte nicht mehr, schon gar nicht substanziiert, entgegen getreten. Eine einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit wird erst beseitigt, wenn die geschuldeten Zahlungen in ihrer Gesamtheit wieder aufgenommen werden (BGH NJW 2002, 512 = NZI 2002, 88; NJW 2006, 1538 = NZI 2006, 159). Das war hier ersichtlich nicht der Fall. Jedenfalls hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH a.a.O.) keine dafür sprechenden Anhaltspunkte vorgetragen. Aufgrund der ihm bekannten Umstände war die Zahlungsunfähigkeit dem Geschäftsführer der Schuldnerin auch ohne weiteres bewusst. Der Zeuge T hat ausdrücklich bekundet, dass seit Mitte 2003 ausreichende liquide Mittel zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen nicht mehr vorhanden gewesen seien.

(2) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht ferner fest, dass die Schuldnerin seit Mitte 2003 in Kenntnis dessen, dass ihre liquiden Mittel nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichen, bemüht war, Zahlungsverpflichtungen je nach Dringlichkeit zu erfüllen. Im Vordergrund standen nach den weiteren Bekundungen des Zeugen T dabei die Wärme- und Stromversorger (Stadtwerke V) sowie die Beklagte. Denn diese habe für den Fall, dass die Zahlungsverpflichtungen weiterhin nicht erfüllt würden, die Ausübung ihres Heimfallrechts angekündigt. Das hätte der wirtschaftlichen Existenz der Schuldnerin jede Grundlage entzogen. Mit diesem Verhalten, Forderungen immer dort zu bezahlen, wo es am dringendsten ist, also vorwiegend an die Gläubiger zu leisten, von denen im Falle der Nichtleistung die größten Nachteile zu befürchten sind, nahm die Schuldnerin zumindest in Kauf, dass durch die Bedienung der für sie besonders "gefährlichen" Beklagten andere Gläubiger benachteiligt wurden.

4) Die Beklagte hatte Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO wird die Kenntnis vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligt. Das ist in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und ihm den Umständen nach bekannt ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH NJW 2003, 3347 = NZI 2003, 533; NZI 2005, 690; NZI 2005, 692, 693; NZI 2007, 512, 514). Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Beklagte kannte zumindest Umstände, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hindeuteten, so dass ihre Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit vermutet wird (vgl. BGH NJW 2003, 3560 = NZI 2003, 597, 599; NZI 2007, 512, 514).

Bei der Beklagten selbst waren bis Oktober 2003 Verbindlichkeiten der Schuldnerin in Höhe von mindestens 395.000,- € aufgelaufen. Auch die in der Folgezeit (Mitte Oktober bis Mitte Dezember 2003) nach der Ratenzahlungsvereinbarung geschuldeten Zahlungen wurden - abgesehen von der möglicherweise geleisteten ersten Rate, wie die Rückabtretung der Lebensversicherung an den Zeugen T nahe legt nicht annähernd vollständig erbracht. Davon muss der Senat nach § 138 Abs. 2 und 3 ZPO ausgehen, weil der Kläger behauptet, dass in dieser Zeit keine Zahlungen erbracht worden seien, und die Beklagte insoweit nichts Konkretes vorträgt. Die Beklagte trifft aber, da der Kläger eine negative Tatsache behauptet, eine sekundäre Behauptungslast.

Die Beklagte hatte unabhängig davon bereits deshalb Kenntnis von weiteren Gläubigern mit ungedeckten Forderungen, weil sie den zwischenzeitlich durch die Stadtwerke V gestellten Insolvenzantrag kannte. Der Zeuge C hat des Weiteren unumwunden zugestanden, dass er neben dem Insolvenzantrag der Stadtwerke auch Kenntnis davon hatte, dass es Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anderer Gläubiger gab. Da dies entsprechende Titel auf Grundlage fälliger Forderungen voraussetzt, wusste er von weiteren Gläubigern, deren fällige Forderungen nicht beglichen worden waren. Dass er über den jeweiligen Ausgang der Vollstreckungsverfahren nicht informiert war, ändert daran - entgegen der in der Berufungserwiderung vertretenen Auffassung - nichts.

Zudem belegt auch der Ratsbeschluss vom 15.10.2003, dass der Beklagten die zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bewusst war. Denn danach sollte bereits bei Ausbleiben auch nur einer Rate Insolvenzantrag gestellt werden. Das bedingt nach § 17 InsO die dann bereits eingetretene, unmittelbar zuvor also jedenfalls drohende Zahlungsunfähigkeit.

Die Kenntnis der objektiv aus den streitgegenständlichen Zahlungen folgenden Gläubigerbenachteiligung ergibt sich ohne weiteres daraus, dass der Beklagten nach den gesamten ihr bekannten Umständen klar war, dass die Zahlungen der Schuldnerin insbesondere auch zur Abwendung des sonst drohenden Heimfalls des Erbbaurechts erfolgten. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge C genau das für den Fall, dass die Zahlungen weiter ausblieben, konkret in Aussicht gestellt hatte. Damit lag die Benachteiligung anderer Gläubiger, die nicht über vergleichbare Druckmittel verfügten, auf der Hand (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BGH NZI 2007, 512, 514).

Die Beklagte hat die Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO nicht widerlegt. Dass sie tatsächlich keine greifbaren Anhaltspunkte dafür hatte, dass und warum die Schuldnerin ihre Krise würde überwinden können, zeigt bereits der Ratsbeschluss, nach dem beim Ausbleiben einer Rate an sich unmittelbar Insolvenzantrag gestellt werden sollte. Aber auch sonst fehlt jeder Vortrag dazu, aufgrund welcher konkreter Umstände realistischerweise mit der baldigen Überwindung der Krise gerechnet werden konnte. An die Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO durch den Anfechtungsgegner sind insoweit ähnliche Substanziierungsanforderungen zu stellen wie dies für die Widerlegung des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners anerkannt ist (BGH NZI 2007, 512). Der Gläubiger muss also konkrete Umstände darlegen und beweisen, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm die Gläubigerbenachteiligungsabsicht trotz Kenntnis der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit ausnahmsweise nicht bekannt gewesen sein soll (BGH a.a.O.). Eine nicht weiter durch Fakten untermauerte Hoffnung, über die der Beklagtenvortrag nicht hinaus geht, genügt insoweit nicht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch aus der Rückgewähr der zwischenzeitlich zur Sicherheit abgetretenen Lebensversicherung des Zeugen T nicht hergeleitet werden, dass sie tatsächlich von einer wirtschaftlichen Genesung der Schuldnerin überzeugt war. Entgegen ihrer Darstellung war sie, wie der Zeuge T bekundet hat, nach den getroffenen Vereinbarungen nämlich rechtlich zur Rückübertragung nach Erhalt der ersten Rate verpflichtet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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