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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.09.2001
Aktenzeichen: 27 U 54/01
Rechtsgebiete: ALB 86, BGB, InsO, ZPO


Vorschriften:

ALB 86 § 11
BGB § 808 Abs. 1
BGB § 1274
BGB § 1280
InsO § 171 Abs. 1
InsO § 170 Abs. 2
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 1 Nr. 1
Der Insolvenzverwalter hat gegen den Absonderungsberechtigten, dem die Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag unanfechtbar zur Sicherheit abgetreten worden sind, keinen Anspruch auf Zahlung der Feststellungspauschale nach §§ 170 Abs. 2, 171 Abs. 1 InsO, wenn der Absonderungsberechtigte unter Inanspruchnahme der Sicherheit den Lebensversicherungsvertrag zwar nach der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, aber noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigt, der Versicherer darauf die Überweisung des verfügbaren Betrages zum Kündigungstermin ankündigt, die Zahlung dann aber erst nach der Insolvenveröffnung nach eingeholter Zustimmung des (schon als vorläufigen darum vergeblich ersuchten) Insolvenzverwalters vornimmt.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 U 54/01 OLG Hamm

Verkündet am 20. September 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 20 September 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Januar 2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 DM abzuwenden, sofern diese vor der Vollstreckung nicht ihrerseits Sicherheit in der selben Höhe leistet.

Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheit auch durch Prozeßbürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem am 3. September beantragten und am 2. November 1999 eröffeneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma M Treuhandgesellschaft für Wohnungswesen und Denkmalpflege mbH und Co. KG, in B (künftig: Gemeinschuldnerin); er beansprucht von der Beklagten die Zahlung einer Feststellungspauschale gemäß §§ 170 Abs. 2, 171 Abs. 1 InsO in Höhe von 4 % des Rückkaufwertes der bei der K Lebensversicherung AG abgeschlossenen Lebensversicherung Nr., die die Gemeinschuldnerin zu Gunsten einer Stefanie G abgeschlossen hatte. Die Rechte aus dem Vertrag hatte sie der Beklagten zur Sicherung dortiger Kreditverbindlichkeiten abgetreten. Mit Schreiben vom 8. September 1999 - der Kläger war durch Beschluß vom 6. September 1999 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden - kündigte die Beklagte der Schuldnerin das Kreditangagement sowie die getroffenen Sicherungsabreden. Mit Schreiben vom 16. September kündigte sie die ihr abgetretene Lebensversicherung. Darauf teilte ihr der Versicherer unter dem 21. September 1999 mit, daß die Kündigung zum 31. Oktober 1999 wirksam und der verfügbare Betrag zum Kündigungstermin überwiesen werde. Mit Schreiben vom 19. Oktober forderte die K Lebensversicherungs AG den Kläger erfolglos auf, ihr mitzuteilen, ob die Auszahlung der Rückvergütung an die Beklagte vorgenommen werden könne. Nach mehrfachen Aufforderungen der Beklagten u.a. mit Schreiben vom 04. und 14. Januar 2000 stimmte der Kläger schließlich mit Schreiben vom 18. Januar 2000 der Auszahlung der Versicherungsleistung an die Beklagte zu. Diese fand in Höhe von 394.349,02 DM an die Beklagte im Februar 2000 statt.

Der Kläger hat sich auf den Standpunkt gestellt, ihm stehe die Feststellungspauschale zu, weil der Rückkaufwert der Lebensversicherung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Beklagte gezahlt worden sei. Darauf, ob er die Einziehung der Leistung selbst betrieben habe, komme es nicht an. Nach § 166 Abs. 2 InsO seien nämlich insoweit - und das sei entscheidend - sein Verwertungsrecht begründet gewesen. Die rechtliche Ungleichbehandlung von zur Sicherheit abgetretener Forderungen, deren Abtretung offengelegt sei, und diesen gleichstehenden rechtsgeschäftlich verpfändeten Forderungen, an denen der Insolvenzverwalter kein Verwertungsrecht habe, sei als Ergebnis der gesetzlichen Neuregelung der Insolvenzordnung hinzunehmen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.773,96 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 11. September 2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, im Fall einer wie hier bereits offengelegten Abtretung einer fälligen Forderung, die nur wegen des Hinweises nach § 23 Abs. 1 Satz 3 InsO in der Phase der vorläufigen Insolvenzverwaltung noch nicht an den Gläubiger ausgezahlt worden sei, habe kein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters bestanden. Daran vermöge die Zahlung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts zu ändern, wenn der Drittschuldner schon vorher während des Eröffnungsverfahrens leistungsbereit gewesen sei. Es könne nicht richtig sein, daß der Insolvenzverwalter die Freigabe der Sicherheit bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinauszögern könne, um einen Anspruch auf die Feststellungspauschale zu begründen. Da die offengelegte Sicherungsabtretung vergleichbar sei mit der Verpfändung einer Forderung, habe an dem Anspruch auf die Versicherungsleistung kein Verwertungsrecht des Klägers bestanden, ohne daß dergleichen im Gesetz habe ausdrücklich geregelt werden müssen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen aus im wesentlichen diesen Gründen:

Der Kläger habe aus §§ 170 Abs. 1 und 2, 171 Abs. 1 InsO keinen Anspruch auf die Feststellungspauschale in Höhe von 4 % des Rückkaufwertes der Lebensversicherung. Nach § 166 Abs. 2 InsO sei der Insolvenzverwalter zwar grundsätzlich zur Einziehung abgetretener Forderungen berechtigt, darauf, ob die Forderung offengelegt sei oder nicht, komme es nämlich nicht an. Hier gehe es indes um eine offengelegte und fällige Forderung, die wegen ihres Hinweises nach § 21 Abs. 1 Satz 3 InsO in der Phase der vorläufigen Insolvenzverwaltung nicht an die Gläubigerin ausgezahlt worden sei. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe aber kein Recht, die Verwertung der Zession zu stören, der Gläubiger könne auch nach der Verfahrenseröffnung erlöste Gelder für sich behalten, weil der Übergang der Einziehungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter durch die Insolvenzeröffnung reinen Wechsel der Forderungsinhaberschaft zur Folge habe. Da während der vorläufigen Insolvenzverwaltung keine Feststellungen zu treffen seien, sei der Tatbestand des § 170 InsO auch nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung des Klägers stehe dem die Entstehungsgeschichte von § 166 InsO nicht entgegen. Dieser sei nicht zu entnehmen, welche Folgen der Übergang des Verwertungsrechtes auf den Insolvenzverwalter für den Zessionar und den Drittschuldner habe. Die Erweiterung der Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters auf Forderungen, deren Abtretung offengelegt sei, habe nur Schwierigkeiten vorbeugen sollen, die andernfalls bei Unklarheit einer zeitlich nachzuholenden Anzeige der Abtretung bestanden hätten. Damit habe dieser Fall jedoch nichts zu tun, weil die Offenlegung der Abtretung konstitutiv gewesen sei. Auch Sinn und Zweck von § 170 InsO begründeten kein anderes Ergebnis. Aufgabe des Insolvenzverwalters sei es, die eingezogenen Beträge der Fortführung des Unternehmens zur Verfügung zu stellen und einer Massearmut vorzubeugen. Dergleichen finde im vorläufigen Insolvenzverfahren nicht statt. Der gegenteilige Standpunkt hätte zur Folge, daß der Insolvenzverwalter in dieser Phase Zahlungen von Drittschuldnern an absonderungsberechtigte Gläubiger blockieren könne, um nach der Eröffnung Insolvenzkostenpauschalen zur Masse ziehen zu können. Der hier gegebene Fall sei vergleichbar mit einer Forderungsverpfändung nach § 1280 BGB. Deshalb sei eine ungleiche Behandlung einer verpfändeten Forderung und einer offengelegten Sicherungszession hier nicht vertretbar.

Gegen dieses Urteil, auf das der Einzelheiten wegen verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Klägers. Er will seinen Standpunkt durchsetzen und wendet sich gegen die Rechtsverfassung des Landgerichts mit diesen Erwägungen:

Die Feststellungspauschale sei gesetzlich vorgesehen, weil die Überprüfung von Absonderungsrechten regelmäßig mit besonderem Aufwand verbunden sei. Tatsächlich habe er auch erhebliche Mühen aufwenden müssen, weil er sich einen Überblick über die Situation der Gemeinschuldnerin mit sechs großen und wertvollen gewerblichen Objekten in verschiedenen Städten habe verschaffen müssen. Erst danach habe er sich mit Absonderungsrechten von Gläubigern befassen können, die bei zehn Lebensversicherungsverträgen sorgfältiger Überprüfung bedurft hätten. Soweit das Landgericht für seine Begründung auf den Zweck der gesetzlichen Regelung abgestellt habe, hätten dieselben Überlegungen auch für das Eröffnungsverfahren zu gelten, das den vorläufigen Insolvenzverwalter verpflichte, die Insolvenzmasse zu sichern. In Wirklichkeit habe er auch noch nach der Insolvenzeröffnung Feststellungen zu dem Absonderungsrecht der Beklagten treffen müssen, weil der Lebensversicherer gezielt nach seiner Zustimmung zur Auszahlung der Versicherungsleistung gefragt habe. Darauf, ob die Einziehung schon im Eröffnungsverfahren habe erfolgen und er dies nicht habe verhindern können, komme es nicht an. Zumindest sei die analoge Anwendung von §§ 170, 171 InsO zu erwägen, weil er vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die abgetretene Forderung gar nicht habe freigeben dürfen, ohne sich womöglich schadensersatzpflichtig zu machen.

Der Kläger beantragt,

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.773,96 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 12. September 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und nimmt für ihren Standpunkt die Systematik des Gesetzes in Anspruch:

§§ 166 ff InsO beträfen das bereits eröffnete Verfahren und setzten ein Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters voraus. Daran fehle es, weil die Beklagte mit der Verwertung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag schon vorher begonnen habe. Eine analoge Anwendung der Bestimmungen habe auszuscheiden, weil eine gesetzliche Regelungslücke nicht erkennbar sei. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe kein Verwertungsrecht bezüglich der Rechte des Lebensversicherungsvertrages gehabt und könne deshalb auch keine Vergütung für die Feststellung von Absonderungsrechten beanspruchen. Auch der Sinn und Zweck der vorläufigen Insolvenzverwaltung, den das Landgericht und die Berufungsbegründung bemüht hätten, reichten nicht hin, einen materiellen Eingriff in die Sicherungsrechte des Gläubigers zu begründen, den die Belastung mit der Pauschale bedeute. Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei dergleichen hinzunehmen. Nach herrschender Meinung brauche der Gläubiger selbst keinen Kostenbeitrag zu leisten, wenn er das Sicherungsgut selbst verwerte. Der Anspruch des Insolvenzverwalters auf die Feststellungspauschale setze vielmehr voraus, daß er die Verwertung auch besorge. Wenn die Verwertung vor der Verfahrenseröffnung durch den Gläubiger stattgefunden habe, könne ein solcher Anspruch erst recht nicht in Frage kommen. Der Kläger habe schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwaige Absonderungsrechte prüfen müssen. Außerdem gehe nicht an, wie das Landgericht zutreffend erkannt habe, die zeitliche Verzögerung in geldwerte Vorteile für die Masse umzumünzen. Hilfsweise werde für den Fall, daß ein Anspruch des Klägers auf die Feststellungspauschale bestehen sollte, mit einem Schadensersatzanspruch gegen diesen in gleicher Höhe aufgerechnet, der sich aus einer unentschuldigten Verzögerung der Prüfung von Absonderungsrechten herleite. Weiter hilfsweise werde mit den erstinstanzlich verfolgten Anspruch auf Ersatz des Zinsschadens aufgerechnet.

In der Berufungsverhandlung hat die Beklagte die Aufrechnungen fallengelassen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung einer Feststellungspauschale nach § 170 Abs. 2, 171 Abs. 1 InsO nicht verlangen, weil er zur Einziehung und Verwertung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag nicht berechtigt gewesen ist; ein nach § 166 Abs. 2 InsO vorausgesetztes Verwertungsrecht hat nicht bestanden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet der Anspruch des Klägers indes nicht schon deshalb aus, weil er die abgetretenen Rechte nicht selbst verwertet hat. Dergleichen wird schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung nicht vorausgesetzt und wird - soweit ersichtlich - auch nirgends vertreten. Die von der Beklagten angeführte Zitatstelle bei Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 42 Rdnr. 136 stützt ihre Ansicht nicht, sie betrifft nämlich die Frage der Beteiligung des Gläubigers an Verwertungskosten. Zudem heißt es an anderer Stelle zu der hier kritischen Frage, daß der Gläubiger die Feststellungspauschale zu zahlen habe, (auch) wenn ihm ein Gegenstand zur Verwertung überlassen werde (Rdnr. 138).

Ob die Beklagte dem Kläger die Feststellungspauschale schuldet, hängt entscheidend davon ab, ob dem Kläger an den der Beklagten zur Sicherheit abgetretenen Rechten aus der Lebensversicherung das Einziehungs- und Verwertungsrecht nach § 166 Abs. 2 InsO zugestanden hat. Dafür streitet allerdings der Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Danach darf der Verwalter eine Forderung, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruches abgetreten hat, einziehen oder in anderer Weise verwerten. Von einer Beschränkung des Einziehungs- und Verwertungsrechtes auf bestimmte Forderungen ist keine Rede, so daß grundsätzlich sämtliche Sicherungsforderungen von § 166 Abs. 2 InsO erfaßt werden, zumal die ursprüngliche Absicht, Forderungen aus offengelegter Abtretung vom Einziehungs- und Verwertungsrecht des Verwalters auszuschließen, im Gesetzgebungsverfahren aufgegeben worden ist (vgl. Abschlußbericht zum Gesetzentwurf zu § 191 Abs. 2 abgedruckt bei Heß, Insolvenzordnung, § 166 Rdnr. 13; ferner Becker in Nerlich/Römermann, Insolvenzordnung, § 166, Rdnrn. 39 und 40). Allerdings wird der Regelungsinhalt einer gesetzlichen Norm nicht allein und ausschließlich aus dessen Wortlaut definiert; daneben kommt es maßgeblich auch auf den Sinn und Zweck der Regelung, mithin auf das gesetzgeberische Ziel an (vgl. dazu etwa BGH Versicherungsrecht 2001, 335 zur Auslegung von § 104 Abs. 1 SGB VII), zumal nach dem Abschlußbericht zu § 191 Abs. 2 des Gesetzentwurfes (aaO) "die Abgrenzung zwischen der angezeigten Forderungsabtretung und der Forderungsverpfändung, die nicht zu einem Verwertungsrecht des Verwalters führt (und darauf kommt es hier an), aus der Sicht des Ausschusses der Rechtsprechung überlassen" worden ist. Für einen davon abweichenden Willen des Gesetzgebers ist nichts ersichtlich. Der Gesetzgeber hat das Verwertungsrecht an beweglichen Sachen, an denen ein Absonderungsrecht besteht, im Fall seines Besitzes beim Insolvenzverwalter konzentriert (§ 166 Abs. 1 InsO), um Fortführungs- und Veräußerungschancen des insolventen Betriebes durch den Verwalter zu verbessern (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 191 des Entwurfes bei Heß aaO § 166 Rdnr. 3 ff). Demgegenüber war ein Verwertungsrecht des Verwalters an mit Absonderungsrechten belasteten Gegenständen, die sich nicht in seinem Besitz befinden, nicht vorgesehen und ist ein solches Recht auch nicht konstituiert worden. Das Einziehungs- und Verwertungsrecht an zur Sicherheit abgetretenen Forderungen sollte dagegen nach den Erwägungen des Regierungsentwurfes - daß noch andere Vorstellungen eine Rolle gespielt hätten, ist nicht zu erkennen - aus Gründen der Zweckmäßigkeit dem Verwalter zustehen, weil dieser nämlich im Besitz der entsprechenden Unterlagen des Schuldners sei, die ihm die Einziehung der Forderungen ermöglichten; dagegen wäre der gesicherte Gläubiger ohne Auskunftserteilung und Unterstützung durch den Verwalter meist nicht in der Lage, die zur Sicherung abgetretene Forderung festzustellen und mögliche Einwendungen des Drittschuldners auszuräumen (vgl. dazu Heß aaO § 166 Rdnr. 9, § 167 Abs. 2 InsO). Für Forderungen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches verpfändet worden sind, war hingegen nach der Begründung des Entwurfs (Heß aaO Rdnr. 10) kein Einziehungsrecht des Verwalters vorgesehen, weil mit Blick auf die Anzeige der Verpfändung nach § 1280 BGB und das Einziehungsrecht des Gläubigers bei Fälligkeit (§ 1282 Abs. 1 BGB) der Drittschuldner den gesicherten Gläubiger kenne und von vornherein damit rechnen müsse, von diesem in Anspruch genommen zu werden. Ein Einziehungsrecht des Verwalters würde hier die praktische Abwicklung nicht vereinfachen (Entwurf des Gesetzes bei Heß aaO).

Zusammengefaßt resultiert aus diesen Begründungen also, daß das Verwertungsrecht an im Besitz befindlichen und mit einem Absonderungsrecht belasteten beweglichen Gegenständen der Aufrechterhaltung und/oder der Verbesserung der Verkaufsschancen des insolventen Betriebes dienen soll, während das Verwertungsrecht an zur Sicherheit abgetretenen Forderungen aus Gründen der Zweckmäßigkeit dem Verwalter zustehen soll. Der hier gegebene Fall fügt sich in keine der beiden gesetzgeberischen Zielsetzungen ein. Eine Verwertung der abgetretenen Rechte durch den Kläger konnte dem mit § 166 Abs. 1 InsO verfolgten gesetzgeberischen Zweck schon deshalb nicht dienen, weil die Verwertung abgetretener und mit Absonderungsrechten belasteter Forderungen der Erhaltung der Fortführungs- und Veräußerungschancen des insolventen Betriebes regelmäßig nicht zugute kommt. Für Gegenteiliges ist auch hier nichts ersichtlich. Eine Verwertung der Rechte durch den Kläger war auch nicht zweckmäßig. Der Versicherungsschein der abgetretenen Lebensversicherung befand sich im Besitz der Beklagten, wie deren Kündigungsschreiben an den Versicherer vom 16. September 1999 offenbart. Diese Urkunde stellt sich nach § 11 ALB 86 wegen der Inhaberklausel als Legitimationspapier gemäß § 808 Abs. 1 BGB dar (BGH VersR 1999, 700; OLG Hamm VersR 1996, 615; Prölls/Martin, WG, 26. Auflage, § 11 Rdnr. 11) mit der Folge, daß der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit wird, wenn er an den Inhaber des Versicherungsscheins leistet, auch wenn dieser zum Empfang der Leistung nicht berechtigt ist. Zwar begründet der Besitz des Versicherungsscheins keinen Anspruch des Besitzers auf die Versicherungsleistung, der Versicherer kann aber seine Leistung von der Vorlage des Scheins abhängig machen, was regelmäßig auch geschieht. Die Einziehung der Versicherungsleistung durch den Kläger war unter diesen Umständen nicht zweckmäßig, weil er sich als Insolvenzverwalter die Unterlagen, die ihm die Einziehung der Forderung ermöglicht hätten, erst hätte verschaffen müssen, während der Gesetzgeber umgekehrt ein Verwertungsrecht des Verwalters deshalb für zweckmäßig erachtet hat, weil dieser nach der Insolvenzeröffnung über die zur Verwertung notwendigen Unterlagen verfügt. Hinzu kommt hier, daß die Beklagte die Verwertung der abgetretenen Rechte schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgenommen und auch im wesentlichen umgesetzt hatte. Nach Eintritt der Fälligkeit ihrer gesicherten Forderungen hat die Beklagte nämlich mit Schreiben vom 16. September 1999 den Versicherungsvertrag gekündigt, der Versicherer hat seinerseits unter dem 21. September den Rückvergütungsanspruch berechnet und dessen Überweisung zum Kündigungstermin angekündigt. Damit war das zur Einziehung der abgetretenen Forderung Notwendige geschehen, so daß nur noch die Zahlung an die Beklagte ausstand. Deshalb wird in Teilen der Literatur ein Verwertungsrecht des Verwalters abgelehnt, wenn der Gläubiger schon mit der Verwertung der Sicherungsforderung begonnen hat (vgl. Heß aaO § 166, Rdnr. 25; in der Tendenz ebenso Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, S. 839; im Ergebnis ebenso wohl Becker aaO § 166 Rdnr. 40). Zwar gehörte der Rückvergütungsanspruch aus der Lebensversicherung noch zur Masse, weil die Gemeinschuldnerin als Sicherungsgeber wirtschaftlicher Inhaber der abgetretenen Forderung blieb (vgl. BGH ZIP 2000, 885; ZIP 1996, 830, Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band III, § 35 III, 1 a; Jaeger/Lent KU, 8. Auflage, § 48 Rdnr. 18; Staudinger/Busche, Kommentar zum BGB, 13. Bearbeitung 1999, Einleitung zu § 398 Rdnr. 96), bis die Beklagte als Sicherungsnehmer den Erlös aus der abgetretenen Forderung erhielt (Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung, 8. Auflage, Rdnr. 281, 783; Serick aaO § 35 III 2), so daß der Verwertungsakt der Beklagten an der wirtschaftlichen Zuordnung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zunächst nichts änderte. Indes kann dies ein Verwertungsrecht des Klägers nicht begründen, weil sich die Rechtslage nicht von derjenigen im Falle eines rechtsgeschäftlich bestellten Pfandrechtes unterscheidet, in dem das Gesetz dem Insolvenzverwalter ein Verwertungsrecht vorenthält. Hinzu kommt, daß der Rückvergütungsanspruch nach der bereits herbeigeführten Verwertungsreife nur deshalb in die Masse gefallen ist, weil der Lebensversicherer als Schuldner vor Risiken wegen des inwischen eröffneten Insolvenzverfahrens gesichert sein wollte. Da - a) - außerdem die Abtretung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zum Besitz der Beklagten am Versicherungsschein als Legitimationspapier gemäß § 808 Abs. 1 BGB führte, so daß die Sicherungsabtretung eher in die Nähe eines rechtsgeschäftlichen Besitzpfandrechtes rückte, zumal infolge der konstitutiven Anzeige der Abtretung (BGH NJW 1997, 2747; 1991, 559; Versicherungsrecht 1992, 561) von vornherein die tatbestandlichen Voraussetzungen der rechtsgechäftlichen Bestellung eines Pfandrechtes nach § 1274, 1280 BGB erfüllt waren, und - b - diese Sachlage vergleichbar ist mit derjenigen eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstandes außerhalb des Besitzes des Konkursverwalters, an dem dieser kein Verwertungsrecht hat, und - c - schließlich auch kein praktisches Bedürfnis für die Einziehung und Verwertung der Versicherungsleistung durch den Kläger nach der Insolvenzeröffnung bestand, hält der Senat in der Gesamtschau der vorstehenden Erwägungen dafür, dem Kläger in diesem Fall ein Verwertungsrecht zu versagen.

Der Umstand, daß der Kläger womöglich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Absonderungsrecht der Beklagten an der Versicherungsleistung geprüft hat, weil er sich als vorläufiger Insolvenzverwalter auf die Sicherung der Masse zu beschränken hatte (vgl. BGH ZIP 2001, 296), steht dem nicht entgegen. Die Feststellungspauschale fällt nach der gesetzlichen Regelung nur an für im Besitz des Insolvenzverwalters befindliche Gegenstände, weil die Feststellung nicht in Besitz genommener Gegenstände keinen besonderen Aufwand erfordert (vgl. dazu Heß aaO § 170 Rdnr. 7 und 22; Becker aaO § 170 Rdnr. 3; Gottwald aaO Rdnr. 123, 101); dagegen ist ein solcher Vergütungsanspruch der Masse nicht begründet für eine Prüfung von Absonderungsrechten an Gegenständen außerhalb der Masse. Soweit abgetretene Forderungen in die Masse fallen, soll die Pauschale den beachtlichen Aufwand des Verwalters decken, der für die Feststellung des Umfanges der von einer Abtretung erfaßten Forderung und daran bestehender Absonderungsrechte häufig erforderlich ist (vgl. dazu Heß aaO § 170, Rdnr. 4 und 16). Hier entsprach die Lage bei Insolvenzeröffnung derjenigen im Falle von Absonderungsrechten an Gegenständen außerhalb des Besitzes der Masse. Mit Blick auf den Besitz des Versicherungsscheins der Beklagten war die Feststellung ihres Absonderungsrechtes auch nicht mit besonderem Aufwand verbunden, so daß die Masse nicht mit kostenträchtiger Tätigkeit des Klägers belastet wurde. Dessen gegenteilige pauschale Behauptung fehlt die sachliche Substanz.

Im Ergebnis ist danach der Tatbestand des § 170 Abs. 2 InsO jenseits formaler Betrachtung materiell nicht erfüllt, so daß dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zuzuerkennen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Der Senat hat die Revision gemäß § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen, weil die hier behandelte Rechtsfrage höchstrichterlich nicht entschieden ist und grundsätzliche Bedeutung hat.

Ende der Entscheidung

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