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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.10.2004
Aktenzeichen: 27 U 72/03
Rechtsgebiete: GWB, BGB, ZPO


Vorschriften:

GWB § 34 a.F.
BGB § 123
ZPO § 287
Die Anfechtung einer Ausscheidens- und Abfindungsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung durch Unterlassen kann nicht darauf gestützt werden, dass der Vertragspartner eine bereits bei Abschluss dieser Vereinbarung vorhandene Absicht verschwiegen hat, den anderen Vertragspartner demnächst in sittenwidriger Weise zu schädigen.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 9. April 2003 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A.

Der Beklagte, Herr S, Herr G und Herr Q waren Gesellschafter der 1990 gegründeten Klägerin, einer KG, sowie ihrer Komplementär-GmbH. Der Beklagte war zudem aufgrund eines Anstellungsvertrages Geschäftsführer der Klägerin mit einem Monatsgehalt von zuletzt 35.000,00 DM zuzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Bis zur Gründung der Klägerin waren die Mitgesellschafter des Beklagten als Handelsvertreter der jetzigen Hauptwettbewerberin der Klägerin, der F GmbH & Co. KG (im folgenden: Fa. F) tätig gewesen, der Beklagte selbst als deren leitender Angestellter. Sie hatten sich von der Fa. F im Streit getrennt. Herr S war und ist Inhaber einer Reihe von Patenten für Verschlußelemente, die die Fa. F während dessen Handelsvertretertätigkeit aufgrund eines mit ihm geschlossenen Lizenzvertrages nutzte. Mit seinem Ausscheiden als Handelsvertreter kündigte Herr S den Patentlizenzvertrag mit der Fa. F und räumte die Nutzungsrechte an den Patenten nunmehr der Klägerin ein. In der Folgezeit nahm Herr S in etwa 20 Patentrechtsverletzungsprozessen die Fa. F und/oder deren geschäftsführende Gesellschafter auf Schadensersatz in Anspruch. Zwischen Herrn S und der Klägerin war vereinbart, daß letzterer als Lizenznehmerin die erstrittenen Schadensersatzansprüche gebührten und die Prozesse wirtschaftlich auf deren Rechnung geführt würden. Diese Verfahren haben nach Behauptung der Klägerin zu klagezusprechenden Grundurteilen geführt und sind wegen der Höhe der Ansprüche des Herrn S noch anhängig. In einem weiteren Verfahren 4 O 99/91 Landgericht Düsseldorf verlangte Herr S von der Fa. F die Zahlung rückständiger Lizenzgebühren. Sowohl dort als auch in den Patentrechtsverletzungssachen war von Bedeutung, daß den Gerichten der zwischen Herrn S und der Fa. F geschlossene Patentlizenzvertrag nicht in einer gem. § 34 GWB a.F. formwirksamen Ausfertigung, nämlich der Vertragstext in fester Verbindung mit Patentlisten, vorgelegt wurde. Nach Darstellung des Herrn S existierte ein solcher formwirksamer Vertrag zu keiner Zeit. Nach Darstellung der Fa. F und ihres geschäftsführenden Gesellschafters verfügten sie nicht mehr über den Original-Vertragstext, seitdem zwischen September und November 1990 bei der Fa. F sechs Einbruchsdiebstähle verübt und angeblich eine Vielzahl von Unterlagen entwendet worden seien. Gegen Ende der 90er Jahre kam es zwischen Herrn S und dem Beklagten zu immer größeren Spannungen und Auseinandersetzungen, die zu wiederholten Gesellschafterbeschlüssen über die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer sowie über seinen Ausschluß aus der KG sowie zu einem im September 1999 erteilten Hausverbot und zu einer Reihe von gerichtlichen Prozessen führten. Im Anschluß an einen Gerichtstermin im Juli 2000 traten die Parteien in außergerichtliche Vergleichsgespräche ein, die am 29.03.2001 zu einem notariell beurkundeten "Geschäftsanteils- und Gesellschaftsanteilskaufvertrag mit Auseinandersetzungsvereinbarung" führten. In diesem Vertrag veräußerte der Beklagte an Herrn S seinen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH für 10.000,00 DM und seinen Kommanditanteil an der Klägerin zum Kaufpreis von 320.000,00 DM. Gleichzeitig mit der Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch den Beklagten und der Beendigung seines Anstellungsverhältnisses verpflichtete sich die Klägerin zwecks Abgeltung sämtlicher Vergütungsansprüche aus der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten, an diesen einen Betrag von 2.970.000,00 DM zu zahlen. Dieser Betrag sollte in Raten bis zum 15.09.2003 gezahlt werden. In § 9 des Vertrages unterwarf sich die Klägerin wegen der Zahlung der von ihr geschuldeten 2.970.000,00 DM der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Herr S beglich die Kaufpreise für die Gesellschaftsbeteiligungen. Die Klägerin zahlte an den Beklagten einen Teil der Raten, nämlich in Höhe von insgesamt 751.599,07 EUR. Am 16.09.2002 wurden Herrn S die ersten fünf von nach Behauptung der Klägerin insgesamt etwa 13 Restitutionsklagen der Fa. F und/oder ihrer Gesellschafter gegen die in den Patentrechtsverletzungssachen ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen zugestellt. Sie stützen sich auf eine den Restitutionsklägern angeblich durch den Beklagten zur Verfügung gestellten Vertragsurkunde, in der der Patentlizenzvertrag in formgültiger Form mit zwei maschinenschriftlichen Patentlisten verbunden ist. Nach einer in den Restitutionsprozessen vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Beklagten vom 16.09.2002 hatte dieser die Urkunde im Frühjahr 2000 bei Durchsicht von Korrespondenz als Anlage zu einem Schreiben der jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 09.04.1991 vorgefunden und am 10.08.2000 S2, Gesellschafter und Geschäftsführer der F, mit der schriftlich festgehaltenen Vereinbarung übergeben, daß von der Urkunde nur mit seiner - des Beklagten - Einwilligung Gebrauch gemacht werden dürfe, die er schließlich unter dem 15.08.2002 erteilt habe. Durch Anwaltsschreiben vom 14.10.2002 erklärte die Klägerin die Anfechtung der Vereinbarungen in § 7 des Vertrages vom 29.03.2001 wegen arglistiger Täuschung. Mit der hiesigen gegen die Zwangsvollstreckung aus § 9 i.V.m. § 8 der notariellen Urkunde gerichteten Vollstreckungsgegenklage und der Klage auf Rückgewähr der bislang gezahlten Abfindungsraten und auf Herausgabe der Urkunde macht die Klägerin in erster Linie geltend, daß der Zahlungsanspruch des Beklagten aus § 7 Nr. 3 des Vertrages durch wirksame Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erloschen sei. Im übrigen stehe ihr ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu, der ebenfalls ihre Befreiung von dieser Verbindlichkeit zur Folge habe. Hierzu hat sie behauptet, bei der jetzt in den Restitutionsprozessen von der Fa. F vorgelegten Urkunde handele es sich um eine böswillige Fälschung. In Wahrheit seien die einzelnen Teile der heute zusammengesetzten Urkunde erst nachträglich ohne Mitwirkung und Wissen des Herrn S durch Heftung fest miteinander verbunden worden. Diese Urkunde habe auch nicht dem Schreiben des klägerischen Bevollmächtigten vom 08. oder 09.04.1991 an den Beklagten beigelegen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und die Auffassung vertreten, die Richtigkeit der Behauptungen der Klägerin unterstellt bestehe kein Anfechtungsrecht. Gegenstand der Vereinbarung des Beklagten mit der Klägerin und ihrer Komplementär-GmbH sei die Aufhebung des Anstellungsverhältnisses und die Beendigung des Geschäftsführeramtes gewesen. Mit der Abfindung habe der Verlust der Geschäftsführerposition abgegolten werden sollen. Dieser Vertragszweck habe nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage gestanden, ob der Beklagte in der Vergangenheit seine Treuepflichten als Geschäftsführer und Gesellschafter verletzt habe. Ebensowenig wie der Beklagte verpflichtet gewesen sei, in einem fortdauernden Anstellungsverhältnis von sich aus Kündigungsgründe zu offenbaren, sei er gehalten gewesen, der Gesellschaft in dieser Situation Wege zur kostengünstigen Beendigung des Anstellungsvertrages aufzuzeigen. Mangels einer Offenbarungspflicht lasse sich deshalb weder eine arglistige Täuschung durch Verschweigen noch insoweit eine positive Vertragsverletzung oder ein Verschulden bei den Vertragsverhandlungen mit der Folge einer Schadensersatz- und Freistellungspflicht feststellen. Deshalb lasse sich der Abfindungsvereinbarung auch keine konkludente Erklärung des Beklagten dahin entnehmen, daß er die ihm als geschäftsführenden Gesellschafter obliegenden Vertragspflichten in der Vergangenheit ordnungsgemäß erfüllt habe. Auch aus der Sicherungsabtretung in § 10 des Vertrages, der die Schadensersatzansprüche gegen die Fa. F betrifft, könne man keine stillschweigende Erklärung des Beklagten dahin herleiten, daß die ihm abgetretenen Schadensersatzansprüche gegen die Fa. F aus Patentrechtsverletzungen werthaltig seien. Im übrigen sei der Beklagte im Rahmen seiner Schadensersatzpflicht aus unerlaubter Handlung - die Behauptungen der Klägerin als richtig unterstellt - nicht zu deren Freistellung von dieser im Vertrag vom 29.03.2001 eingegangenen Abfindungspflicht gehalten, denn der Vertragsabschluß stehe in keinem kausalen Zusammenhang zu den in Betracht kommenden Straftaten. Schließlich habe der Beklagte auch keine Auskunftspflicht als Beteiligungsverkäufer gegenüber Herrn S als Anteilskäufer gehabt, denn der durch die gefährdeten Schadensersatzansprüche gegen die F geminderte Wert der Gesellschaftsbeteiligungen betreffe nur den Kaufpreis für diese, nämlich den bereits gezahlten in Höhe von 330.000,00 DM, den Herr S geschuldet habe, und nicht die hier streitbefangene Abfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Inzwischen sind alle Restitutionsklagen der Fa. F abgewiesen worden. Diese abweisenden Urteile sind bis auf eines inzwischen alle rechtskräftig. In einem Verfahren ist noch eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig. Die Klägerin hat inzwischen Einsicht in die in den Restitutionsverfahren vorgelegte zusammengeheftete Urkunde genommen. Sie macht nähere Ausführungen dazu, warum die Urkunde - erkennbar - gefälscht sei. Die Klägerin behauptet weiter: Sie habe sich bei Abschluß des Vertrages mit dem Beklagten in einer außerordentlich angespannten Liquiditätslage befunden. Bei Banken habe sie keinen weiteren Kredit erhalten können. Vielmehr habe Herr S ihr im Februar 2000 ein Darlehen von 1,5 Mio. DM gewährt, hinsichtlich dessen er eine Rangrücktrittserklärung abgegeben habe; es stelle ein eigenkapitalersetzendes Darlehen dar. Angesichts unsicherer Ertragsaussichten habe sie nicht alleine darauf vertrauen können, die vereinbarten Zahlungen an den Beklagten aus den laufenden Gewinnen zahlen zu können, so daß sie den Vertrag nur habe abschließen können, wenn sie mit hoher Sicherheit davon habe ausgehen können, daß die Schadensersatzforderungen gegen die Fa. F kurzfristig würden realisiert werden können. Anderenfalls wäre sie das Risiko der Belastung mit den Ansprüchen des Beklagten nicht eingegangen (Beweis: Parteivernehmung des Geschäftsführers S). Die ausschlaggebende Bedeutung der Schadensersatzansprüche gegen die Fa. F für den Abschluß des Vertrages für die Klägerin ergebe sich auch daraus, daß bereits auf der Grundlage der von der Fa. F bereits (unvollständig) angegebenen Verletzerumsätze von mehr als 63,7 Mio. DM schon bei einer Lizenzanalogie bei einem durchschnittlichen Lizenzsatz von 6,6 % entsprechend einem vorgelegten Urteil des Landgerichts Düsseldorf, das nur einen kleinen Teil der gesamten Ansprüche betreffe, ein Betrag von 4,3 Mio. DM herauskomme. Dabei sei aber noch nicht berücksichtigt, daß nicht nur die Lizenzgebühren, sondern der sehr viel höhere Verletzergewinn gefordert werden könne. Diese ausschlaggebende Bedeutung sei auch dem Beklagten bekannt gewesen, weil die Liquiditätsprobleme und die zeitliche Streckung der Zahlungen in den Verhandlungen breiten Raum eingenommen hätten. Deswegen seien auch die Patentverletzungsansprüche als Sicherungsmittel in die vertraglichen Vereinbarungen miteinbezogen worden. Im übrigen hält die Klägerin den vorliegenden Sachverhalt für praktisch identisch mit demjenigen der Entscheidung BGH NJW 1998, S. 1315. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und begeht die Zurückweisung der Berufung. Wegen des weiteren Parteivorbringens zweiter Instanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen. B. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Bereits nach ihrem eigenen Vorbringen stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Sie kann weder Rückzahlung der bereits gezahlten Beträge noch die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde verlangen. Die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde ist auch nicht unzulässig. I. Das von der Klägerin behauptete Verhalten des Beklagten erfüllt weder den Tatbestand des § 123 BGB noch den einer culpa in contrahendo (c.i.c.) durch Täuschung. 1. Gegenstand einer Täuschung des Beklagten im Rahmen der Vertragsverhandlungen und beim Abschluß des Vertrages mit der Klägerin und Herrn S kann nur die nach der Behauptung der Klägerin vom Beklagten bereits vorbereitete und beabsichtigte zukünftige Mithilfe an der Vereitelung der Realisierung der berechtigten Ansprüche des Herrn S gegen die Fa. F und die dadurch möglicherweise drohende Gefährdung dieser Ansprüche sein. 2. Eine Täuschung durch aktives Tun des Beklagten ist nicht feststellbar und ersichtlich. Ausdrücklich hat der Beklagte weder erklärt, in Zukunft eine derartige Mithilfe nicht zu leisten, noch, in der Vergangenheit hierzu bisher keine Vorbereitungshandlungen geleistet zu haben, noch, daß die Ansprüche des Herrn S gegen die Fa. F nicht gefährdet wären. Auch eine entsprechende konkludente Erklärung des Beklagten ist nicht festzustellen. Es gibt kein Verhalten, dem dieser oben genannte Erklärungswert beigemessen werden könnte. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Tatsache, daß sich der Beklagte die Forderungen gegen die Fa. F zur Sicherheit hat abtreten lassen, nicht diesen Erklärungswert. Konkludente Erklärungen zur Werthaltigkeit einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung kann man möglicherweise dem Verhalten des Abtretenden, nicht jedoch dem des Empfängers entnehmen. Dies hat das Landgericht zutreffend gesehen. Dem schließt sich der Senat an. Es kommt hinzu, daß die Annahme der Sicherungsabtretungen durch den Beklagten auch in Kenntnis der beabsichtigten Restitutionsklagen noch einen Sinn machte: Da der Erfolg dieser Klagen keineswegs sicher, sondern höchst ungewiß war, könnte der Beklagte durchaus noch ein ernsthaftes Interesse an einer solchen Absicherung haben, selbst wenn man in Rechnung stellte, daß die Restitutionsklagen erhoben würden. Auch deshalb ist in der Entgegennahme dieser Absicherung keine konkludente Erklärung dahin zu verstehen, daß solche Restitutionsklagen nicht drohen würden. Daß der Beklagte in den Verhandlungen über den Unternehmenswert auf die Forderungen gegen die Fa. F hinwies, hat sich jedenfalls nicht nachweislich auf die hier streitgegenständliche Abfinderungsforderung des Beklagten gegen die Klägerin ausgewirkt. Denn zum einen ist Herr S dem mit der eigenen Bewertung dieser Ansprüche mit Null entgegen getreten, so daß die Forderung des Beklagten zur Berücksichtigung dieser Ansprüche bei der Bewertung seiner Anteile - wie die Klägerin selbst einräumt - im Ergebnis erfolglos blieb. Zum anderen konnte das nur Einfluss auf den von Herrn S geschuldeten Kaufpreis für die Unternehmensanteile haben, nicht auf die von der Klägerin geschuldete Abfindung für die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit. Schließlich liegt in einer solchen Verhandlungsführung schon deshalb keine stillschweigende Erklärung, derartige Ansprüche nicht gefährden zu wollen, weil an einen solchen Verlauf üblicherweise niemand denkt und einem Schweigen hierzu deshalb auch kein solcher Erklärungswert beigemessen werden kann, dies also in der Hinsicht kein "beredtes Schweigen" ist. In dem Abschluß einer endgültigen Abfindungsvereinbarung zur Beendigung einer Geschäftsführertätigkeit liegt auch keineswegs zugleich die Erklärung, in Zukunft dem Vertragspartner nicht schaden zu wollen, und auch nicht, zu einer solchen beabsichtigten Handlung nicht bereits vorbereitende Handlungen vorgenommen zu haben. Denn eine Erklärung zu derartigen - regelmäßig sich gar nicht stellenden - Fragen wird von einem Vertragspartner eines solchen Vertrages nicht erwartet, so daß ein Schweigen auch keinen Erklärungswert hierzu besitzen kann. 3. Ernsthaft in Betracht käme allenfalls eine Täuschung durch Unterlassen. Diese setzt eine nach Treu und Glauben zu beurteilende Aufklärungspflicht des Beklagten im Rahmen der Verhandlungen voraus. Auch eine solche verneint der Senat aus folgenden Gründen: a) Zwar trifft die Argumentation des Landgerichts nach Auffassung des Senats zu dieser Frage nicht den Kern des vorliegenden Streites. Denn es geht nicht darum, daß der Beklagte vergangene Verfehlungen aufdecken sollte, die bisher unentdeckt waren und bei Kenntnis zu einer ganz anderen Ausscheidens- und Abfindungsregelung geführt hätten. Insofern paßt auch der Vergleich mit der vom Landgericht zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (GmbHR 2000, 666) nicht. Es geht vielmehr um die Absicht des Beklagten, in der Zukunft Herrn S schaden zu wollen. Ansprüche hieraus konnten noch gar nicht entstanden sein. Dafür kommt es nicht darauf an, wann der Beklagte dem Geschäftsführer der Fa. F den gefälschten Vertrag übergeben hat. Denn einerseits konnte dieser den Vertrag erst mit der Freigabe durch den Beklagten verwenden, die dieser nach seiner eigenen Erklärung gerade erst geben wollte, wenn er mit seinen Ansprüchen gegen die Klägerin befriedigt war, es mit anderen Worten tatsächlich zu einer Abfindungsvereinbarung und deren Abwicklung gekommen war. Zum anderen nützte dem Geschäftsführer der Fa. F die Urkunde alleine gar nichts: Für einen Erfolg der Restitutionsklagen war zusätzlich die Erklärung des Beklagten zum Auffinden der Urkunde erforderlich. All dies lag in der Zukunft. Es geht also ausschließlich darum, ob der Beklagte die gefaßte Absicht und den Plan, Herrn S zu schädigen, offenbaren mußte. Eine Aufklärungspflicht hierüber bestand nach Auffassung des Senats nach Treu und Glauben nicht. Ein Vertragspartner ist nicht verpflichtet, unlautere Absichten gegenüber seinem Partner zu offenbaren, damit dieser deshalb von dem Geschäft absieht, weil er mit jemandem, der ihn demnächst schädigen will, keine Geschäfte tätigen will. Denn ein solches Verhalten hat nicht den notwendigen inneren Zusammenhang mit dem Geschäft, das gerade abgeschlossen werden soll. Nur Umstände, die mit diesem Vertrag zu tun haben, können geeigneter Gegenstand einer Aufklärungspflicht sein. Dies ist auch der entscheidende Unterschied des vorliegenden Falles zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung BGH NJW 1998, S. 1315 zugrunde lag. Dort ging es um nicht bekannte, bereits entstandene Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer, auf die mit der Abfindungs- und Ausscheidungsvereinbarung - weil diese umfassend war - verzichtet wurde. Das war dort der unmittelbare Zusammenhang des Themas der vom Bundesgerichtshof dort angenommenen und unterstellten Aufklärungspflicht (nämlich über die unberechtigten Entnahmen) mit dem abzuschließenden Vertrag. Ein derartiger Zusammenhang fehlt hier gerade, weil noch gar kein Schadensersatzanspruch entstanden war und auch nie entstanden wäre, wenn es nicht zu einem Ausscheiden mit einer Abfindung gekommen wäre. Bei dieser wertenden Entscheidung darüber, ob eine Aufklärungspflicht besteht, ist auch zu berücksichtigen, daß im Fall des vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalts die Klägerin wegen der umfassenden Abfindungsklausel durch den Vertrag ihre Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten verloren hätte, wenn sie diesen nicht anfechten könnte. Hier liegt es gerade anders. Selbst wenn die Klägerin an dem Vertrag mit dem Beklagten festgehalten wird, bleiben ihr sämtliche Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aufgrund dessen - später erst vollendeter - vorsätzlich sittenwidriger schädigender Handlung erhalten. Aus diesem Grunde trifft auch die Auffassung der Berufung nicht zu, das Ergebnis des Landgerichts könnte schlechterdings aus Gerechtigkeitsgründen nicht zutreffend sein. b) Den Beklagten traf auch nicht deshalb eine Pflicht zur Aufklärung darüber, daß die gegen die Fa. F geltend gemachten Ansprüche mindestens erheblich gefährdet und in ihrem Wert deutlich gemindert waren, weil das Bestehen dieser Ansprüche und ihrer Durchsetzbarkeit gegen die Fa. F einen Umstand dargestellt hätten, der für den Vertragsabschluß für die Klägerin von wesentlicher oder ausschlaggebender Bedeutung gewesen ist und dies dem Beklagten bekannt gewesen wäre oder mindestens hätte sein müssen. Trotz Hinweises des Senates hat die Klägerin ihre dahingehende Behauptung weder ausreichend substantiiert noch in geeigneter Weise unter Beweis gestellt. Ihre ursprünglich aufgestellte Behauptung, die Zahlungen an den Beklagten hätten nur aus den Erlösen dieser Ansprüche erfolgen sollen, hat die Klägerin zum Schluß selbst nicht mehr ernsthaft aufrechterhalten. Dem steht nämlich die vertragliche Gestaltung entgegen, nach der gerade die vereinbarten Raten unabhängig von den Zahlungen der Fa. F zu erfolgen hatten und letztere allenfalls eine frühere Fälligkeit der Raten hätten herbeiführen könne. Bei einer solchen Vertragsgestaltung konnte der Beklagte jedenfalls nicht davon ausgehen, daß die Klägerin aus Liquiditätsgesichtspunkten auf diese Ansprüche zwingend angewiesen war. Die zuletzt aufgestellte Behauptung der Klägerin, daß sie aus Sicherheitsgründen mehr Liquidität habe sichergestellt haben wollen als bei normalem Verlauf durch die Geschäftstätigkeit für die Befriedigung der Ansprüche des Beklagten erwirtschaftet worden sei, und dafür habe sie die Ansprüche gegen die Fa. F einkalkuliert, mag zutreffen. Es ist aber nicht ersichtlich, wieso der Beklagte das erkennen mußte. Denn es fehlt bereits an jeder konkreten Darlegung der Liquiditätslage und einer entsprechenden Planung durch die Klägerin. Da die Klägerin die Ansprüche gegen die Fa. F durchaus in den Vertrag miteinbezogen hatte, die normale Ratenzahlung aber hieran gerade nicht geknüpft hat, gab es für den Beklagten keinen Anlaß, davon auszugehen, daß die Klägerin die Ratenverpflichtung nur unter der Voraussetzung zu erwartender überschüssiger Liquidität durch Zahlungseingänge der Fa. F eingehen wollte. Ob eine solche Überlegung möglicherweise vernünftiger, kaufmännischer Vorsicht entsprochen hat, und der Beklagte deshalb derartige Überlegungen bei der Klägerin vermuten mußte, kann nicht beurteilt werden, weil es an jedem konkreten Vortrag der Klägerin zu ihrer wirtschaftlichen Lage unter Berücksichtigung der Ratenverpflichtungen aus dem Vertrag mit dem Beklagten fehlt. Darüber hinaus fehlt es auch an einer Darlegung, welche Zahlungen realistischerweise in welchem Zeitraum von der Fa. F ohne die Restitutionsklagen erwartet wurden und erwartet werden konnten. Schließlich kann auch nicht beurteilt werden, ob die Ansprüche gegen die Fa. F "existentielle Bedeutung" für die Klägerin hatten, da die Klägerin ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht offenlegt. Dagegen spricht zudem der eigene Standpunkt des Herrn S in den Vertragsverhandlungen, der bei der Bewertung der Geschäftsanteile diese Ansprüche mit Null bewerten wollte. Außerdem spricht dagegen, daß die Raten an den Beklagten bei normalem günstigen Verlauf aus den laufenden Gewinnen innerhalb der nächsten 2 1/2 Jahre gezahlt werden sollten und voraussichtlich auch konnten. Aus diesen Gründen ist nicht ersichtlich, daß der Beklagte, der immerhin seit 1999 bei der Klägerin Hausverbot hatte, Kenntnis von Umständen hatte, aufgrund derer er damit rechnen mußte, daß die Klägerin diesen Vertrag mit ihm nicht geschlossen hätte, wenn sie gewußt hätte, daß die Ansprüche gegen die Fa. F gefährdet waren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Klägerin ohne den abgeschlossenen Vertrag (Vergleich) immerhin Gefahr lief, in den rechtlichen Auseinandersetzungen mit dem Beklagten nicht (voll) mit ihrem Standpunkt durchzudringen, und auch in diesem Fall erheblichen (laufenden) Gehaltsansprüchen des Beklagten ausgesetzt gewesen wäre. II. Die von der Klägerin behauptete sittenwidrige Schädigung ist auch nicht kausal für den Abschluss des Abfindungsvertrages mit dem Beklagten geworden. Denn auch wenn er die Benutzung einer gefälschten Urkunde nebst seiner falschen eidesstattlichen Versicherung in den Restitutionsprozessen (hierin liegt eine sittenwidrige Handlung mit dem Vorsatz, die Klägerin zu schädigen) unterlassen hätte, hätte die Klägerin den Vertrag abgeschlossen. III. Sonstige Ansprüche, mit denen die Klägerin gegen den Anspruch aus dem Vertrag aufrechnen könnte, oder wegen derer sie ein Zurückbehaltungsrecht ausüben könnte, hat das Landgericht ebenfalls zutreffend verneint. Einen substanziiert bezifferten Schaden kann die Klägerin (jedenfalls bisher) nicht darlegen. Es ist sogar noch offen, ob ihr überhaupt ein materieller Schaden aufgrund der Restitutionsprozesse entstehen wird. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen erst zukünftig möglicherweise entstehender Schadensersatzansprüche gibt es nicht. Ebensowenig kennt das Gesetz einen Anspruch auf Herausgabe eines "Verletzergewinns" bei unerlaubten Handlungen. Auch dieses Ergebnis ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht "mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen schlechterdings nicht mehr vereinbar". Es führt entgegen ihrer Ansicht nicht dazu, daß die Klägerin einen "ihr zweifellos entstandenen wirtschaftlichen Nachteil" nicht ersetzt verlangen könnte, weil "der formale Schadensnachweis" fehlschlägt. Vielmehr kann ihr Schaden - sofern und soweit dieser tatsächlich eintritt - notfalls mit der Erleichterung des § 287 ZPO geltend gemacht und auch durchgesetzt werden. Notwendig ist nur seine ausreichende Darlegung durch Vergleich der tatsächlichen Entwicklung mit einem hypothetischen Verlauf ohne die inkriminierte Handlung des Beklagten. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) liegen nicht vor. Insbesondere weicht der Senat mit dieser Entscheidung aus den oben bereits dargelegten Gründen nicht von der Entscheidung BGH NJW 1998, 1315 ab.

Ende der Entscheidung

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