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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.01.2008
Aktenzeichen: 27 W 48/07
Rechtsgebiete: AnfG, ZPO


Vorschriften:

AnfG § 3
ZPO § 93
Im Falle der Vorsatzanfechtung stellt das Verhalten des Anfechtungsgegners jedenfalls bei eindeutiger Konstellation, z.B. wenn er mithalf, gezielt die Vollstreckungsmöglichkeiten gerade des Klägers zu vereiteln, eine ausreichende Klageveranlassung dar. Dieser braucht ihn nicht vor Klageerhebung zur freiwilligen Erfüllung des Anfechtungsanspruchs aufzufordern.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 6.000 €.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten darüber, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, nachdem der Beklagte die auf Duldung der Zwangsvollstreckung in einen Gesellschaftsanteil gerichtete Anfechtungsklage anerkannt hat.

Die Klägerin ist die Schwiegertochter des Beklagten. Ihre Ehe mit Q, dem Sohn des Beklagten, ist geschieden. Sie hat gegen diesen eine durch gerichtlichen Vergleich vom 16. Dezember 2005 - 7 UF 30/04 OLG Hamm - titulierte Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 120.000 € nebst Zinsen. Der geschiedene Ehemann der Klägerin hielt zu diesem Zeitpunkt 55 % der Gesellschaftsanteile an der I oHG, während auf den Beklagten 45 % entfielen. Am 13. Februar 2006 übertrug Q rückwirkend zum 1. Januar 2006 dem Beklagten einen Teil seines Anteils - 49 % bezogen auf das gesamte Gesellschaftsvermögen -, ob entgeltlich oder unentgeltlich, ist ungeklärt, und trat diesen an ihn ab. Die nachfolgende Zwangsvollstreckung der Klägerin wegen ihres Zugewinns blieb erfolglos. Am 17. Mai 2006 gab Q die eidesstattliche Versicherung ab, in der er u. a. erklärte, Ende Dezember 2005 " 50 % Punkten an der I OHG an seine Eltern" veräußert zu haben.

Mit getrennten Anwaltschreiben vom 11. September 2006 kündigte die Klägerin dem Beklagten und dessen Ehefrau eine Anfechtungsklage nach dem Anfechtungsgesetz auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil an, die durch Erfüllung der titulierten Forderung abgewendet werden könne. Diese Schreiben wurden dem Beklagten und seiner Ehefrau per Einschreiben mit Rückschein zugestellt, die der Schwiegersohn des Beklagten X am 12. September 2006 entgegennahm. Unter dem 18. September 2006 stellte der Schuldner Q den genannten Punkt seiner eidesstattlichen Versicherung schriftlich gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klägerin richtig und teilte mit, dass die Geschäftsanteile ausschließlich an den Vater veräußert worden seien. Die in dem Schreiben vom 11. September 2006 bis zum 25. September 2006 gesetzte Erklärungsfrist ließ der Beklagte verstreichen, weil er sich - wie er behauptet - vom 11. September bis zum 11. Dezember 2006 in Australien aufhielt und das Schreiben anschließend nicht ausgehändigt bekam.

Die zunächst auf Duldung der Zwangsvollstreckung in einen Gesellschaftsanteil von 27,5 % gerichtete Klage, die dem Beklagten am 31. Juli 2007 zugestellt worden ist, hat dieser binnen der im schriftlichen Vorverfahren gesetzten Sechswochenfrist mit am 13. August 2007 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz- unter Protest gegen die Kostenlast - anerkannt, ferner mit Schriftsatz vom 30. August 2007 die Duldung in einen Gesellschaftsanteil von 49 %. Dieses zweite Anerkenntnis ist die Reaktion auf die Klageerweiterung vom 14. August 2007 gewesen, mit der die Klägerin die Duldung der Vollstreckung in einen Gesellschaftsanteil von 50 % beansprucht hat und die dem Beklagten am 27. August 2008 mit einer Stellungnahmefrist von zwei Wochen zugestellt worden ist.

Nach teilweiser Klagerücknahme durch die Klägerin hat das Landgericht im schriftlichen Verfahren den Beklagten durch Urteil vom 7. September 2007 gemäß seinem Anerkenntnis verurteilt und ihm 98 % und der Klägerin wegen der teilweisen Klagerücknahme 2 % der Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Es hat gemeint, die Kostenregelung des § 93 ZPO greife nicht zugunsten des Beklagten ein, weil dieser nicht auf die Klageandrohung vom 11. September 2006 reagiert und demnach Anlass zur Klageerhebung gegeben habe.

Gegen dieses am 13. September 2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 25. September 2007 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung eingelegt und beantragt, der Klägerin sämtliche Kosten aufzuerlegen.

Er behauptet, er habe seinen Schwiegersohn nicht mit der Empfangnahme von Post beauftragt, dieser sei deshalb allenfalls Erklärungsbote, die unterlassene Weiterleitung des Schreibens vom 11. September 2006 gehe deshalb zu Lasten der Klägerin. § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, mit dem das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 2. Oktober 2007 die Wirksamkeit der Zustellung begründet hat, komme nicht zum Zuge, weil sein Schwiegersohn nicht seinem, sondern im Nachbarhaus wohne (Beweis für alles: Zeugnis X). Darüber hinaus hätte er selbst dann, wenn er Kenntnis von diesem Schreiben gehabt hätte, keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben, weil er darin von der Klägerin nicht zur Beschaffung einer vollstreckbaren Urkunde aufgefordert worden sei.

Die Klägerin hat sich zu der sofortigen Beschwerde nicht geäußert.

II.

Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist gemäß § 99 Abs. 2 ZPO zulässig, aber unbegründet.

Das Landgericht hat dem Beklagten zu Recht nach dem allgemeinen Grundsatz des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach der Unterliegende die Kosten zu tragen hat, gemäß § 92 Abs. 1 ZPO quotal die Kosten auferlegt, die auf den anerkannten Teil des Klageanspruchs entfallen. Die in § 93 ZPO für das sofortige Anerkenntnis vorgesehene Ausnahme von dieser Regel liegt hier nicht vor.

Zwar hat der Beklagte den auf §§ 11, 3 Abs. 2 oder 4 Abs. 1 AnfG gestützten Anspruch der Klägerin auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den übertragenen Gesellschaftsanteil sofort anerkannt. Denn er hat noch innerhalb der im schriftlichen Verfahren geltenden zweiwöchigen Notfrist des § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO die entsprechenden Erklärungen abgegeben, so dass es auf die weitere Frage, ob er dazu auch noch den Ablauf der Klagerwiderungsfristen hätte nutzen können (vgl. dazu Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl. § 93 Rn. 4; BGH-NJW 2006, S. 2490), nicht ankommt.

Jedoch lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass er durch sein Verhalten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 93 ZPO liegen beim Beklagten (vgl. nur BGH Urt. v. 21. 12. 2006, AZ: I ZB 17/06; Zöller-Herget aaO § 93 Rn. 6 Stichwort "Beweislast).

Der Beklagte hat nichts dafür vorgetragen, was die Klägerin hätte glauben lassen können, ohne Gerichtsverfahren zu ihrem Recht zu kommen.

Dies gilt unabhängig davon, ob den Beklagten die Abmahnung vom 11. September 2006 erreicht hat oder nicht. Deshalb kann ungeklärt bleiben, ob dessen Vorbringen zum Zugang des Schreibens ohne Erläuterung dazu, wer während seiner 3monatigen Abwesenheit berechtigt war, seine Post entgegen zu nehmen, und wie und unter welchen Umständen der Postbote dazu kam, das Einschreiben seinem Schwiegersohn auszuhändigen, so substantiiert ist, dass an eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen X zu denken wäre.

Vielmehr brauchte die Klägerin den Beklagten vor Klageerhebung nicht zur freiwilligen Erfüllung ihres Anfechtungsanspruchs aufzufordern, weil es sich unwidersprochen jedenfalls bei dem Erfüllungsgeschäft, der Abtretung, um einen Fall der Vorsatzanfechtung handelt. Zwar gilt § 93 ZPO im Grundsatz auch für Anfechtungsklagen (vgl. z. B. Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl., § 93 Rn. 5 Stichwort Anfechtung m. w. Nachw., OLG Saarbrücken - NJW RR 2000, 1667). Jedoch ist im Einzelfall zu prüfen, ob das die Klage begründende Verhalten des Anfechtungsgegners für sich allein betrachtet nicht bereits ausreichend Grund für die Klage, d. h. die Klageveranlassung darstellt. Im Fall der Vorsatzanfechtung darf der Anfechtende jedenfalls bei einer eindeutigen Konstellation sofort klagen, ohne sich dem Kostenrisiko nach § 93 ZPO auszusetzen (vgl. Huber, AnfG, 10. Auf. § 13 Rn. 42). Dass der Anfechtungsgegner den Schuldner bei der Gläubigerbenachteiligung unterstützt, lässt nämlich erkennen, dass er sich gegenüber den Gläubigern kompromisslos verhält und nicht bereit ist, deren berechtigte Vollstreckungsinteressen zu respektieren. Ein solches Verhalten indiziert in aller Regel, dass er allein auf deren außergerichtliche Aufforderungen nicht reagieren wird. Jedenfalls lässt sich bei einem solchen (auch) auf Vereitelung von Vollstreckungsmöglichkeiten angelegten Verhalten nur in Ausnahmefällen positiv feststellen, dass sich der Anfechtungsgegner wie jeder vernünftige andere Schuldner durch vorgerichtliche Abmahnung bereit findet, berechtigte Anfechtungsansprüche freiwillig zu erfüllen. Um eine solche Grundkonstellation ohne Ausnahmecharakter handelt es sich hier. Anfechtungsgrund ist unzweideutig eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung, noch dazu unter nahestehenden Personen. Nach Titulierung der Zugewinnausgleichsforderung am 16. Dezember 2005 übernahm der Beklagte umgehend am 13. Februar 2006 mit Wirkung ab 1. Januar 2006 die in Rede stehenden Gesellschaftsanteile und führte damit die Unpfändbarkeit des Schuldners herbei. Der Beklagte zeigt nicht auf, warum die Klägerin trotz dieser klaren Parteinahme für den Sohn, ihren geschiedenen Ehemann, annehmen musste, sie werde ihn - den Beklagten - ohne gerichtliche Hilfe umstimmen können. Im Übrigen zeigt auch dessen Reaktion auf das ihm jedenfalls jetzt bekannte Schreiben vom 11. September 2006, dass eine Abmahnung wirkungslos gewesen wäre. Denn er beruft sich darauf, dass er auch bei deren Kenntnis die Klägerin nicht hätte klaglos stellen müssen, weil er darin nicht aufgefordert werde, außergerichtlich in notarieller Form eine Erklärung abzugeben, die Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil zu dulden. Es ist nicht Aufgabe des Anfechtenden, den Anfechtungsgegner rechtlich zu beraten, wie er einer Anfechtungsklage entgehen kann. Deshalb zeigt diese Argumentation, dass der Beklagte gar nicht ernsthaft geltend machen will, wenn er vorgerichtlich von der beabsichtigten Anfechtungsklage erfahren hätte, hätte er den Anspruch erfüllt, sondern dass er ein solches Schreiben der Klägerin nur zum Anlass genommen hätte, nach Gründen zu suchen, die Titulierung ihres Duldungsanspruchs hinauszuschieben, er auch bei dessen Kenntnis die Klage abgewartet und erst unter dem Eindruck des Gerichtsverfahrens anerkannt hätte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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