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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 16.01.2007
Aktenzeichen: 27 W 86/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 66
Der Streitwert für eine Nebenintervention ist jedenfalls dann, wenn sich der Nebenintervenient den Anträgen der von ihm unterstützten Partei anschließt, derselbe wie der Streitwert des Rechtsstreits.
Tenor:

In dem Rechtsstreit

wird auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. C2 der Nebenintervenientin C der Beschluss der VI. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 09. März 2006 teilweise abgeändert.

Der Gebührenstreitwert für die Nebenintervention der C wird auf 400.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kläger waren Minderheitsaktionäre der Beklagten, einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Auf Verlangen ihrer Hauptaktionärin beschloss die Hauptversammlung der Beklagten im Juli 2005, die Stückaktien aller Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung auf die Hauptaktionärin zu übertragen. Hiergegen haben die Kläger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen die Beklagte erhoben, die im vorliegenden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.

Dem Rechtsstreit ist Frau C, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C2, auf Seiten der Kläger mit Schriftsatz vom 2.9.2005 als Nebenintervenientin beigetreten. Sie hat angekündigt, ebenfalls zu beantragen, den Übertragungsbeschluss für nichtig zu erklären oder hilfsweise dessen Nichtigkeit festzustellen. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 03.02.2006, an dem die Nebenintervenientin nicht beteiligt war. Auf deren Antrag hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss der Beklagten die durch diese Nebenintervention verursachten Kosten "nach einem Wert von 50.000,00 €" auferlegt; durch Beschluss vom gleichen Tag hat es den Streitwert für den Rechtsstreit (nach Klägern und Zeiträumen differenziert) auf 400.000,00 € bzw. 500.000,00 € festgesetzt (Bl. 1020 d.A.).

Mit Schriftsatz vom 28.03.2006 hat Rechtsanwalt Dr. C2 in eigenem Namen gegen die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Wertfestsetzung für die Nebenintervention Streitwertbeschwerde erhoben mit dem Antrag, den Wert auf 400.000,00 € festzusetzen. Dem hat das Landgericht nicht abgeholfen. Die Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde, die sich ausdrücklich nur gegen die festgesetzte Höhe des Wertes und nicht gegen die damit äußerlich verbundene Kostenentscheidung richtet, ist nach §§ 68 Abs. 1 S. 1, 3 GKG, 32 Abs. 2 S. 1 RVG zulässig. Sie ist auch begründet.

1.

Der Streitwert für eine Nebenintervention ist jedenfalls dann, wenn sich der Nebenintervenient den Anträgen der von ihm unterstützten Partei anschließt, derselbe wie der Streitwert des Rechtsstreits.

Dieser nur in Teilen der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung steht zwar eine von einem beachtlich großen Teil insbesondere der Oberlandesgerichte und der Literatur vertretene Meinung gegenüber, nach der sich der Streitwert einer Nebenintervention nach dem wirtschaftlichen Interesse des Nebenintervenienten richte, nach oben begrenzt durch den Streitwert des Rechtsstreits (umfassende Nachweise für beide Auffassungen bei OLG Düsseldorf, OLGR 2006, 243f., Rn. 7f. und bei Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. A. 2007, Rn. 4116-4118). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Vielmehr sprechen die überzeugenderen Gründe für die erstgenannte Lösung:

Der Nebenintervenient agiert in einem fremden Prozess, in dem er nicht eigene Parteirechte hat, sondern das Interesse der Prozesspartei unterstützt, auf deren Seite er dem Rechtsstreit beigetreten ist ( § 67 ZPO ). Ist er wie im vorliegenden Rechtsstreit Nebenintervenient der klagenden Partei, liegt es auf der Hand, dass sein Interesse an der beantragten Verurteilung der beklagten Partei besteht. Deutlich wird das im Falle der Klageabweisung. Der Nebenintervenient kann selbst ein Rechtsmittel einlegen. Der Wert der Beschwer richtet sich gemäß § 3 ZPO deshalb nach der von der klagenden Partei erlittenen Beschwer und nicht nach dem eigenen (möglicherweise geringeren) Interesse des Nebenintervenienten (so zutreffend OLG Düsseldorf, OLGR 2006, 243f., Rn. 9).

Auch für die Art der Prozessführung des Nebenintervenienten macht es keinen Unterschied, ob er ein wirtschaftliches Interesse hat, das dem der Hauptpartei gleichkommt, oder ob es geringer oder gar höher ist. Während des Prozesses und im Verhältnis zur Gegenpartei steht der Nebenintervenient nicht anders als die Hauptpartei. Sein prozessuales Verhalten bezieht sich auf denselben Streitgegenstand wie dasjenige der Parteien selbst (so schon mit Recht BGHZ 31, 144, 146f; ihm folgend etwa aus neuerer Zeit OLG Karlsruhe, NJW-RR 2003, 1007, 1008). Auch der Auftrag des Rechtsanwalts des Nebenintervenienten bezieht sich deshalb auf denselben Gegenstand wie derjenige des Rechtsanwalts der Hauptpartei; er muss denselben Streitstoff mit demselben Ziel bearbeiten. Anders ist es nur in einem Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Nebenintervention; in diesem Zwischenstreit ist gerade die Nebenintervention selbst Streitgegenstand und der Streitwert für dieses Verfahren deshalb am Interesse des Nebenintervenienten zu bemessen (BGHZ 31, 144, 145).

Zudem würde ein Abstellen auf die wirtschaftlichen Belange des Nebenintervenienten, die hinter seinem Beitritt stehen, erhebliche Unsicherheiten in das Wertfestsetzungsverfahren hineintragen, und hätte das Gericht zur Ermittlung des Interesses des Nebenintervenienten für die Streitwertfestsetzung Rechtsbeziehungen zu untersuchen, die nicht Gegenstand des Rechtsstreits sind (BGHZ 31, 144, 147; aus neuerer Zeit etwa OLG München, NJW-RR 1998, 420, 421).

Unzumutbare oder unbillige Kostenrisiken sind mit der hier vertretenen Auffassung nicht verbunden. Ein Nebenintervenient kann und muss sich vor einem Beitritt zu einem fremden Rechtsstreit über dessen Gegenstand und damit über das mit einem Beitritt verbundene Kostenrisiko informieren. Es nicht zu erkennen, warum er ein geringeres Kostenrisiko (hinsichtlich eigener Anwaltskosten) tragen sollte als die von ihm unterstützte Partei oder deren Gegner, wenn er doch dasselbe Ziel erreichen will. Zwar ist nicht zu verkennen, dass der Gegner der unterstützten Partei höheren Kostenrisiken ausgesetzt wird, wenn der Streitwert der Nebenintervention in jedem Fall den Hauptsachestreitwert erreicht. Das ist aber Folge der im Gesetz vorgesehenen Nebenintervention und der Kostenregelungen. Selbst bei einem Abstellen auf das wirtschaftliche Interesse des Nebenintervenienten wäre es allenfalls ein zufälliges, den Gegner begünstigendes Ergebnis, dass dieser im Einzelfall geringere außergerichtliche Kosten des Nebenintervenienten tragen müsste, ohne dass dieses Ergebnis überhaupt in seinem Verhältnis zum Nebenintervenienten oder durch seine Position im Rechtsstreit begründet wäre. Ein solches Interesse des Gegners an einer Minimierung seiner Kostenrisiken ist deshalb nicht zu berücksichtigen.

2.

Die Nebenintervenientin ist mit ihrem Schriftsatz vom 2.9.2005 auf Seiten der Kläger, die nur den Übertragungsbeschluss angefochten haben, beigetreten und hat angekündigt, ebenfalls zu beantragen, den Übertragungsbeschluss für nichtig zu erklären oder hilfsweise dessen Nichtigkeit festzustellen. Den Hauptsachestreitwert hat das Landgericht bezüglich dieser Kläger auf 400.000,00 € festgesetzt. Rechtsfehler sind dabei nicht ersichtlich. Der Streitwert der Nebenintervention ist deshalb ebenfalls - antragsgemäß - auf 400.000,00 € festzusetzen.

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG); die Zulassung einer Rechtsbeschwerde ist nicht möglich (§§ 68 Abs. 2 S. 6, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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