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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 28 U 139/07
Rechtsgebiete: VVG, B-BUZ, SGB VI, BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

VVG § 12 Abs. 3
VVG § 16 Abs. 2
VVG § 17 Abs. 1
B-BUZ § 1 Nr. 1
B-BUZ § 2 Abs. 1
B-BUZ § 2 Abs. 2
B-BUZ § 2 Abs. 3
B-BUZ § 2 Nr. 1
B-BUZ § 6 Abs. 1
SGB VI § 43
BGB § 31
BGB § 276 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 S. 2
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 611
BGB § 675
BGB § 675 Abs. 1
HGB §§ 128 ff.
ZPO §§ 114 ff.
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 287
ZPO § 412 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 08.08.2007 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin legt den Beklagten, die gemeinsam als Rechtsanwälte in J tätig sind, fehlerhafte Sachbearbeitung zur Last.

Die heute 38-jährige Klägerin hatte nach dem Ende ihrer Schullaufbahn ein Studium für Schnitt und Entwurfstechnik in B2 (Baden-Württemberg) absolviert. In dieser Branche war sie einige Jahre lang als Modedirectrice tätig, wechselte dann jedoch und ließ sich in J zur Bürokauffrau ausbilden. Im weiteren Verlauf nahm die Klägerin an Schulungen und Prüfungen beim B4 (B4) teil und war schließlich ab 01.03.1999 als selbständige Wirtschaftsberaterin im Raum L4 tätig. Im März 2002 meldete sie das Gewerbe wieder ab. Die Klägerin versuchte dann, durch Besuch der Abendschule das Abitur nachzuholen, gab dies jedoch Ende des Jahres 2002 wieder auf.

Die Klägerin befand sich seit März 1998 in hausärztlicher Behandlung bei den Fachärzten für Allgemeinmedizin Dr. Y2 und Dr. L2 in J. U.a. hatte sie diese am 05.05.1999 konsultiert. Nach Angaben von Dr. Y2 (Bericht vom 30.04.2002 an die M AG; vgl. die Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006) sei die Vorstellung zum Ausschluss von Essstörungen erfolgt. Die Klägerin habe mitgeteilt, Abführmittel genommen und erbrochen zu haben. Aus ärztlicher Sicht habe sich jedoch eine Behandlungsnotwendigkeit nicht ergeben. In den vorausgegangenen und den weiteren Kontakten sei diese Problematik nicht mehr weiter thematisiert worden.

Am 23.06.2000 stellte die Klägerin bei der M AG einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 222 GA). In der Rubrik "Erklärungen zur versicherten Person" beantwortete sie die Frage Nr. 1 "Leiden oder litten Sie in den letzten 10 Jahren an Krankheiten, Störungen od. Beschwerden (z.B. ... Verdauungsorgane, ... Nerven, ... des Gehirns, ... Gemüts, ... Fettstoffwechsels ...)? ..." mit "nein" (Anlagen zur Klageschrift).

Die M erteilte der Klägerin unter dem 17.07.2000 den Versicherungsschein über eine fondsgebundene Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung für die Zeit ab dem 01.09.2000. Darin war für den Fall der Berufsunfähigkeit eine monatliche Rente von 3.000,00 DM (= 1.533,88 €) vorgesehen. In den Versicherungsvertrag waren die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ2000) einbezogen (Anlagen zum Klageentwurf).

Am 13.02.2001 unternahm die Klägerin einen Suizidversuch.

Ab 01.03.2001 erbrachte die M AG für die Klägerin zunächst Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Höhe von jeweils 3.000,00 DM monatlich.

Am 10.08.2001 wurde die Klägerin hinsichtlich ihrer Arbeitsfähigkeit durch den Neurologen und Psychiater Dr. S aus E2 im Auftrag der W-Versicherung untersucht. Ihm gegenüber erklärte sie, dass seit anderthalb Jahren eine Bulimie bestehe und sie im Übrigen magersüchtig sei - allerdings sei sie vor ihrem Suizidversuch vom 13.02.2001 noch nie psychiatrisch oder psychotherapeutisch behandelt worden. In seiner neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme gelangte Dr. S auszugsweise zu folgender Bewertung (Bl. 51-55 GA):

" ... Diagnostisch ist am ehesten von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung auszugehen, die offenbar im Februar dekompensiert ist. ... Die Situation ist insgesamt schwierig und es dürfte angesichts des Zustandsbildes nicht einfach sein, die Arbeitsfähigkeit überhaupt wieder zu erreichen. Es sollte derzeit weiter von Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden, auch für aufsichtsführende und leitende Tätigkeiten. Letztendlich wird sich die Frage der Berufsunfähigkeit stellen. Angesichts der derzeit bestehenden psychotherapeutischen Behandlung ist grundsätzlich noch davon auszugehen, dass Arbeitsfähigkeit wieder erreichbar erscheint. Sollte sich jedoch binnen zwei Monaten keine richtungsgebende Veränderung einstellen, wäre zum jetzigen Zeitpunkt die Frage der Berufsunfähigkeit naheliegend und mutmaßlich dann auch positiv zu beantworten. ..."

Am 28.09.2001 diagnostizierte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. X aus J, der behandelnde Psychotherapeut der Klägerin, eine ICD 10 F34.1 Dysthymie bei narzisstischer Persönlichkeitsstruktur (F 50.2) und eine Bulimia nervosa. Angesichts akuter Enttäuschungen sei es in den letzten acht Monaten zur erheblichen Reduktion der Leistungsfähigkeit der Klägerin sowie beruflichen und privaten Ausfällen bis hin zur Suizidalität gekommen (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006).

Am 19.12.2001 trat die Klägerin aufgrund einer Einweisung durch Dr. X einen stationären Aufenthalt in der Fachklinik I4 in C an. Sie teilte dort mit, seit drei Jahren unter einer zunehmenden Essstörung mit Laxantienabusus, provoziertem Erbrechen und Essanfällen zu leiden (vgl. den ersten Verlängerungsantrag der Klinik vom 18.01.2002 an die Krankenversicherung der Klägerin - Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006).

Am 25.02.2002 nahmen Dr. L2 bzw. Dr. Y2, die Hausärzte der Klägerin, gegenüber der M AG zur Anamnese und zur aktuellen Erkrankung der Klägerin Stellung (Bl. 226/227 GA).

Mit Ablauf des 28.02.2002 stellte die M AG die monatlichen Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ein.

Insgesamt wurde die Klägerin in der Zeit vom 19.12.2001 bis 01.03.2002 stationär in der Fachklinik I4 in C betreut. In dem dortigen Abschlussbericht vom 14.03.2002 wird die psychische Diagnose einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (F 60.31) mit Zustand nach Suizidversuch 2/01 und Bulimia nervosa (F 50.4) genannt (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006). In der Rubrik "Sozialmedizinische Beurteilung" hieß es:

" ... Die Entlassung erfolgte arbeitsunfähig. Langfristig halten wir Frau L wieder für vollständig arbeitsfähig, aufgrund der Schwere der strukturellen Ich-Störung ist es jedoch notwendig, dass sich Frau K. zunächst ein stabiles soziales Umfeld schafft und dann eine neue berufliche Perspektive findet. Für eine selbständige Arbeit als Wirtschaftsberaterin halten wir sie nicht geeignet. Aus jetziger Sicht können wir von einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit frühestens Ende 2002 ausgehen. ..."

Im Übrigen fertigte die Fachklinik I4 am 21.03.2002 für die M AG einen Arztbericht zur Prüfung der Berufsunfähigkeit an, in dem die wesentlichen Angaben über den Zustand der Klägerin im Rahmen eines Fragebogens erläutert wurden (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006).

Am 05.09.2002 erstellte Prof. Dr. Q, emeritierter Direktor der Klinik für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie der Universität L4, für die M AG ein nervenärztliches Gutachten über die Klägerin. Er gelangte darin zu dem Ergebnis, dass kein Berufsunfähigkeitsgrad vorliege. Die Klägerin sei nicht aus gesundheitlichen Gründen ununterbrochen über sechs Monate mindestens zu 50% außerstande gewesen, ihren Beruf oder eine andere zumutbare berufliche Tätigkeit auszuüben und werde es auch in Zukunft nicht sein. Die Klägerin sei in eine vorübergehende Beziehungs-, Berufs- und Lebenskrise geraten. Man könne aber sagen, dass sich "derartige hysterische Persönlichkeitsstrukturen" nach psychiatrischer Erfahrung auf lange Sicht als sehr lebensfähig und zäh erweisen. Berufsunfähigkeit müsse auf medizinischen Gründen beruhen, die man mit ärztlicher Kunst heilen oder lindern könne. Eine Persönlichkeitsstörung sei aber keine Krankheit (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.08.2005; dort Seite 40-42).

Mit Schreiben vom 12.11.2002 nahm die M AG gegenüber der Klägerin Bezug auf das nervenärztliche Gutachten des Prof. Dr. Q. Man gehe davon aus, dass sich der Gesundheitszustand inzwischen gebessert habe und die Klägerin wieder mehr als halbschichtig beruflich tätig sein könne (Anlagen zum Klageentwurf).

Vom 18.12.2002 bis 20.12.2002 verbrachte die Klägerin einen stationären Aufenthalt in der I-Klinik in I2. Hier wurden eine rezidivierende depressive Episode und eine Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Nach Einschätzung der behandelnden Ärzte sei die gutachterliche Ablehnung des Berufsunfähigkeitsantrags der Auslöser für die suizidale Krise gewesen (Seite 3 des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. S vom 27.02.2003 - Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 08.08.2005).

Am 21.01.2003 und 24.04.2003 erstellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung X2 in J ein sozialmedizinisches Gutachten bzw. eine sozialmedizinische Stellungnahme über die Klägerin für die Allgemeine Ortskrankenkasse. Dort wurde eine (F 60.9) wahrscheinliche Borderline-Persönlichkeitsstörung mit ausgeprägter emotionaler Instabilität diagnostiziert. Nach dem aktuellen Eindruck bestehe keine Belastbarkeit auf dem Arbeitsmarkt, damit kein positives Leistungsbild und weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Sicherlich könne die Klägerin nicht als Wirtschaftberaterin tätig sein. Der weitere Verlauf sei unklar. Eine Stabilisierung der Klägerin bei adäquater Therapie bis hin zur Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit sei ebenso möglich wie eine Chronifizierung der Persönlichkeitsstörung.

Mit Schreiben vom 26.02.2003 trat die M AG von dem Versicherungsvertrag mit der Klägerin zurück, weil bei Vertragsschluss im Sommer 2000 keine pflichtgemäßen Informationen über den tatsächlichen Gesundheitszustand bzw. über frühere Erkrankungen erteilt worden seien. Zur Begründung wurde auf die nervenärztliche Stellungnahme von Dr. S verwiesen, wonach die Klägerin ihm gegenüber am 10.08.2001 erklärt habe, bereits seit anderthalb Jahren - also seit Anfang 2000 - unter Bulimie und Magersucht zu leiden (Anlagen zum Klageentwurf).

Zwischenzeitlich hatte die M AG bei Dr. S ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten über die Klägerin in Auftrag gegeben, das dieser am 27.02.2003 vorlegte. Er meinte darin, dass einzelne Testergebnisse einen erheblichen Verdacht auf Simulation bzw. Aggravation von Beschwerden nahe legen (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.08.2003, dort Seiten 14/15). Insgesamt jedoch gelangte Dr. S auszugsweise zu folgenden Wertungen (Seiten 18/19):

" ... Selbst wenn man einen gewissen Grad an Aggravation unterstellt, ist angesichts der zur Verfügung stehenden Fakten noch von einem eindrucksvollen Störungsbild auszugehen, welches die Probandin im Alltag in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit derzeit zumindest erheblich beeinträchtigen dürfte. Die Beeinträchtigungen dürften grundlegend im Hinblick auf ihren ausgeübten Beruf die Konzentration, die Aufmerksamkeit, die Kontaktaufnahme, aber auch die Strukturierung ihrer Tätigkeit betreffen. ..."

Die Klägerin beauftragte mit Schreiben vom 03.03.2003 die Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der M AG. Anwaltlicher Sachbearbeiter war der Beklagte zu 2. Er wandte sich mit einem Schreiben vom 06.03.2003 an die M AG und forderte diese auf, den Rücktritt vom Vertrag zurückzunehmen und vertragsgemäße Leistungen zu erbringen. Die Klägerin habe nicht bereits seit Anfang des Jahres 2000 an Bulimie gelitten. Die entsprechende Zeitangabe gegenüber Dr. S sei falsch gewesen. Essstörungen seien erst nach dem Suizidversuch im Februar 2001 aufgetreten, als solche aber nicht ärztlich behandelt worden (Anlagen zum Klageentwurf). Die M AG antwortete am 12.05.2003, wobei der Standpunkt zum Rücktritt vom Vertrag aufrechterhalten und der Widerspruch der Klägerin gegen die Einstellungen der Leistungen zurückgewiesen wurde. Allerdings unterbreitete die M AG das Angebot, alle Ansprüche aus dem Vertrag durch eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 € abzugelten (Bl. 223-225 GA).

Am 14.08.2003 verfasste der Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. C3 aus J im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ein neurologisches und psychiatrisches Gutachten über die Klägerin. Er stellte die Diagnose eines Verdachts auf emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ (F 60.3). Aus nervenärztlicher Sicht sei zusammenfassend zu urteilen, dass der psychopathologische Befund und das Auftreten der Klägerin deutlich darauf hinweisen, dass sowohl beruflich als auch im Alltag erhebliche Einbußen in der psychischen Belastbarkeit vorliegen und Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit derzeit erheblich beeinträchtigt seien. Eine Überprüfung der Leistungsfähigkeit sollte bei laufender Therapie nach einem weiteren Jahr erfolgen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006).

Mit Schreiben vom 30.01.2004, den Beklagten zugegangen am 07.02.2004, erinnerte die M AG an die Beantwortung ihrer Ausführungen nebst Vergleichsvorschlag vom 12.05.2003 und wies im Übrigen auf die Rechtsfolgen des § 12 III VVG hin (Anlagen zum Klageentwurf). Eine Reaktion der Beklagten blieb aus. Insbesondere wurden die von der Klägerin begehrten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht im Klagewege geltend gemacht.

Am 14.09.2004 erstellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Y3 aus B3 ein Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung. Darin führte er aus, eine ausgesprochene labile Persönlichkeitsstruktur mit teilweise infartilem Verhalten angetroffen zu haben. Von einer hinreichenden Belastbarkeit für die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit könne nicht gesprochen werden. Sollte es dazu kommen, müsse eine erneute Dekompensation befürchtet werden. In der als Fragebogen beigefügten sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung führte DY3 weiterhin aus, dass die geistig-psychische Belastbarkeit der Klägerin erheblich herabgesetzt sei, insbesondere was den Publikumsverkehr und die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge betreffe (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006).

Durch Bescheide der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 12.10.2004 (Bl. 56 GA) bzw. Deutschen Rentenversicherung Bund vom 17.07.2006 (Bl. 133/134 GA) wurde der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis einschließlich Oktober 2008 zugesprochen.

Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 08.12.2004 ließ die Klägerin den Beklagten mitteilen, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen geprüft werde. Am 17.12.2004 leistete der Beklagte zu 2. eine Zahlung in Höhe von 500,00 € an die Klägerin.

Unter dem 28.03.2006 übersandte das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie der Klägerin einen ihr bereits am 11.03.2003 durch das Versorgungsamt T ausgestellten Schwerbehindertenausweis und teilte mit, dass dieser nunmehr unbefristet gültig sei (Bl. 107 GA).

Im vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin von den Beklagten Schadensersatz. Sie legt ihnen zur Last, die Klagefrist des § 12 III VVG gegenüber der M AG nicht gewahrt zu haben.

Die Klägerin hat behauptet, dass für sie zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der M AG kein erkennbarer Anlass für die Annahme bestanden habe, dass sie unter psychischen Problemen leide. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sie damals völlig gesund gewesen sei. Sofern die Klägerin im weiteren Verlauf gegenüber Sachverständigen und Ärzten angegeben haben sollte, bereits seit mehreren Jahren unter krankhaften Essstörungen - insbesondere in Form einer Bulimie - gelitten zu haben, so könne dies nur darauf zurückzuführen sein, dass sie zum Zeitpunkt der Untersuchungen psychisch stark angeschlagen gewesen sei und sich nicht völlig verständlich habe ausdrücken können. Allenfalls sei ihre Darstellung dahingehend zu verstehen gewesen, dass sie in ihrem früheren hektischen Berufsalltag beim B4 selten dazu gekommen sei, eine ordentliche Mahlzeit zu sich zu nehmen. Erst seit ihrem Selbstmordversuch vom 13.02.2001 sei sie wegen psychischer Probleme arbeitsunfähig. Sie leide an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung vom Typ Borderline. Zudem habe sie eine schizophrene Störung entwickelt. So könne es passieren, dass die Klägerin, wenn ihr Leidensdruck zu groß werde, ihr Verhalten nicht mehr selbst steuere, sondern quasi von einer anderen Persönlichkeit, z.B. einem ca. fünfjährigen Mädchen oder einem frechen Teenager, "übernommen" werde. Es müsse von einem Zustand fortdauernder Berufsunfähigkeit ausgegangen werden.

Der Beklagte haben die Ansicht vertreten, dass die M AG zu Recht von dem Versicherungsvertrag zurückgetreten sei, da die Klägerin bei Abschluss keine pflichtgemäßen Informationen über ihren Gesundheitszustand abgegeben habe. Insofern haben die Beklagten behauptet, dass die Klägerin bereits bei der Antragstellung unter psychischen Problemen gelitten habe. Wären die Fragen von ihr seinerzeit richtig beantwortet worden, hätte die M AG den Antrag zurückgewiesen oder zumindest weitere Nachforschungen angestellt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben über durch Einholung eines Sachverständigengutachtens (Beweisbeschluss vom 04.10.2005 - Bl. 65/66 GA, ergänzt durch weiteren Beschluss vom 01.12.2005 - Bl. 76 GA). Dieses hat Prof. Dr. Y aus F am 08.01.2007 erstellt. Sodann hat das Landgericht - unter teilweiser Klageabweisung wegen einer geringfügigen Mehrforderung - die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 97.668,32 € nebst gesetzlicher Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet seien, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihr ab 01.07.2007 dadurch entstehe, dass ihr vertraglicher Anspruch gegenüber der M AG nicht mehr durchsetzbar sei. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagten ihre anwaltliche Pflicht verletzt hätten, den Anspruch der Klägerin gegen die M AG innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 12 III VVG gerichtlich geltend zu machen. Ein solches Vorgehen hätte Erfolg gehabt. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Y folge zur sicheren Überzeugung des Gerichts, dass die Klägerin seit ihrem Suizidversuch im Februar 2001 bis heute und darüber hinaus auf nicht absehbare Zeit berufsunfähig sei. Diese Einschätzungen seien auch in Einklang zu bringen mit den Ergebnissen der Gutachten von Dr. S und Dr. C3 sowie den Bescheiden der BfA. Sie werden nicht durch die Beurteilung des Prof. Dr. Q widerlegt. Dieser sehe, wie der Sachverständige Prof. Dr. Y überzeugend erläutert habe, Persönlichkeitsstörungen grundsätzlich nicht als Krankheiten im engeren Sinne an. Eine derartige Sichtweise entspreche jedoch nicht mehr dem aktuellen psychiatrischen Wissen. Der Rücktritt der M AG von dem Vertrag mit der Klägerin sei zu Unrecht erfolgt. Bei der Antragstellung am 23.06.2000 seien keine Fragen falsch beantwortet worden. Damals sei die Klägerin noch gesund gewesen. Der gegenteilige Beweis sei den insofern darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht gelungen. Zwar lägen verschiedene Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin bei der Antragstellung am 23.06.2000 schon nicht mehr gesund gewesen sein könnte. Diese reichten aber weder für sich allein genommen noch in der Gesamtschau aus, um die erforderliche Überzeugungsbildung zu Gunsten der Beklagten zu ermöglichen. Vielmehr sei der von dem Gericht bestellte Sachverständige Prof. Dr. Y zu dem Resultat gelangt, dass zwar die Persönlichkeitsstörungen der Klägerin schon vor dem Jahr 2000 vorgelegen haben könnten, jedoch nicht zu gravierenden Funktionsbeeinträchtigungen geführt haben. Zuvor seien auch keine psychiatrischen Diagnosen gestellt und auch keine entsprechenden Behandlungen empfohlen oder gar durchgeführt worden. Nach allem stehe der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente vom 01.03.2002 bis 30.06.2007 in Höhe von insgesamt 98.168,32 € zu (64 Monate x 1.533,88 €). Davon seien 500,00 € wegen der am 17.12.2004 geleisteten Zahlung des Beklagten zu 1. abzuziehen. Wegen der Einzelheiten einschließlich der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 167-172 GA).

Die Beklagten wenden sich mit der Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen Folgendes aus:

I.

Das Landgericht habe die Voraussetzungen für das Vorliegen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkannt. Zur Schlüssigkeit einer Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gehöre die Darlegung, dass der Versicherte in Folge von Krankheiten seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben könne, und darüber hinaus auch der mindestens summarische Vortrag, dass auch keine andere Tätigkeit i.S.d. § 2 Nr. 1 B-BUZ mehr wahrgenommen werden könne. Beruf im Sinne der Bedingungen sei dabei weder der erlernte noch der im Versicherungsvertrag angegebene, sondern der zuletzt tatsächlich ausgeübte. Maßgeblich seien die prägenden wesentlichen Einzelverrichtungen dieser Tätigkeit. Stehen - wie im Fall der Klägerin - psychische Beeinträchtigungen in Rede, so reiche es zu einer substantiierten Darlegung der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht aus zu behaupten, dass "alle" Tätigkeiten "nicht mehr drin" seien. Das Landgericht habe jedoch weder Feststellungen zu der Frage der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit getroffen, noch geprüft, zu welchen in diesem Zusammenhang erforderlichen wesentlichen Einzelvorrichtungen die Klägerin aufgrund ihrer geltend gemachten Beeinträchtigungen außer Stande sei. Vor diesem Hintergrund hätte sich die erstinstanzliche Entscheidung nicht pauschal auf das Gutachten des Prof. Dr. Y stützen dürfen. Insbesondere die Auseinandersetzung mit den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Q seien unzureichend. Mit Blick auf die erheblichen medizinischen Widersprüche zwischen diesen beiden Gutachtern wäre das Landgericht in prozessualer Hinsicht gehalten gewesen, ein Obergutachten einzuholen.

II.

Auch für die Feststellungen, ob die M AG zum Rücktritt berechtigt war, sei erstinstanzlich ein unrichtiger Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt worden. Insofern sei - entgegen der Formulierung in dem grundlegenden Beweisbeschluss - nicht entscheidend, ob der festgestellte Zustand bereits bei der Antragstellung vorgelegen habe. Vielmehr komme es allein darauf an, ob die Klägerin seinerzeit falsche Angaben gemacht bzw. gefahrerhebliche Umstände verschwiegen habe. Tatsächlich habe sie aber die Frage "Leiden oder litten Sie in den letzten 10 Jahren an Krankheiten, Störungen oder Beschwerden" wahrheitswidrig mit "nein" beantwortet. Ausweislich des ärztlichen Berichts von Dr. Y2 und Dr. L2 vom 25.02.2002 habe sie sich dort bereits am 05.05.1999 wegen Essstörungen vorgestellt. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. S habe sie am 10.08.2001 angegeben, seit anderthalb Jahren unter Bulimie zu leiden und magersüchtig zu sein. In dem Abschlussbericht der Fachklinik I4 vom 14.03.2002 heiße es zur psychiatrischen Anamnese, dass bereits seit drei Jahren Bulimia nervosa vorliege. Dahingehende Feststellungen habe auch der Sachverständige Prof. Dr. Q getroffen. Insgesamt sei davon auszugehen, dass bei der Klägerin jedenfalls schon seit 1999 Essstörungen in Form von Bulimie vorlagen und sie hiervon auch Kenntnis hatte, wie ihre eigenen anamnestischen Angaben verdeutlichen. Damit liege eine objektive Anzeigepflichtverletzung der Klägerin vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Rechtsanwälte C2 pp. in L4 vom 28.11.2007 (Bl. 212 ff. GA) Bezug genommen.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Hagen vom 08.08.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und wiederholt bzw. vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen:

I.

Es sei unerheblich, von welcher Definition der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit vorliegend auszugehen sei, da die Voraussetzungen in jedem Fall erfüllt seien. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung beziehe. Eine solche werde gem. § 43 SGB VI aber nur demjenigen gewährt, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Auch aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Y ergebe sich, dass die Klägerin keine - wie auch immer geartete - Tätigkeit mehr ausüben könne.

II.

Im Hinblick auf die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Rücktritt der M AG sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass hier die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast treffe. Dabei habe aber die Formulierung des landgerichtlichen Beweisbeschlusses durchaus mit deren Vortrag übereingestimmt. So sei in der erstinstanzlichen Klageerwiderung lediglich behauptet worden, dass die Klägerin bereits bei der Antragstellung unter psychischen Problemen gelitten habe. Im Hinblick auf die bereits 1999 geäußerten Essstörungen stehe nach dem gerichtlichen Gutachten fest, dass die Klägerin das Symptom lediglich als adäquate Reaktion auf äußere Belastungen habe ansehen müssen. Hingegen habe sie nicht davon ausgehen können, dass es sich um einen gefahrerheblichen Umstand handele. Ins Leere gehe der Verweis der Beklagten auf das Gutachten des Dr. S. Dieses sei kurz nach dem Zusammenbruch der Klägerin erstellt worden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt zu einer Unterscheidung in der Lage gewesen sei, ob eine etwaige Magersucht bereits vor dem Abschluss des Vertrages oder erst bei Befragung durch den Sachverständigen vorgelegen habe.

Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Berufungserwiderung der Rechtsanwälte X2 pp. in J vom 29.01.2008 (Bl. 260-265 GA) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 01.04.2008 und der Klägerin vom 23.04.2008 haben dem Senat vorgelegen und sind berücksichtigt worden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. Y. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berichterstattervermerk zur mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008 (Bl. 278/279 GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel der Beklagten hat keinen Erfolg. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben.

A. Schadensersatz

Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 675, 611 BGB zu.

I. Anwaltsvertrag

Zwischen der Klägerin und den Beklagten ist ein Anwaltsvertrag gem. §§ 675 I, 611 BGB zustande gekommen. Dessen Gegenstand war die Wahrnehmung der Rechte der Klägerin gegenüber der M AG. Dieser Ansatz ist zwischen den Parteien in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht nicht umstritten.

II. Pflichtverletzung

In diesem Rahmen ist dem Beklagten zu 2. eine Pflichtverletzung zum Nachteil der Klägerin unterlaufen.

1.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages verpflichtet, innerhalb der Grenzen des (auch beschränkten) Mandats (vgl. BGH NJW 2002, 1147 ff.; BGH NJW 1997, 2168, 2169) die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH NJW-RR 2000, 791 ff.; BGH NJW 1998, 900, 901; BGH NJW 1988, 1079, 1080; BGH NJW 1988, 486, 487). Dem Auftraggeber hat der Anwalt diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dabei muss er den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Deshalb hat der Anwalt insbesondere auch darauf zu achten, ob dem Mandanten zwischenzeitlich wegen eines materiellrechtlichen oder prozessualen Fristablaufs ein Rechtsverlust droht, und dem durch geeignete Maßnahmen entgegenzuwirken (BGH NJW 2002, 1117, 1119; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Auflage, Rdz. 1749 ff.).

2. Insofern ist es dem Beklagten zu 2. vorzuwerfen, dass er namens der Klägerin nicht rechtzeitig gerichtlich gegen die M AG vorgegangen ist. Nachdem diese spätestens mit Schreiben vom 30.01.2004, den Beklagten zugegangen am 07.02.2004, ihre Einstandspflicht gegenüber der Klägerin abgelehnt hatte, wäre entsprechend § 12 III VVG i.V.m. § 6 I B-BUZ 2000 binnen sechs Monaten Klage auf die Leistung aus dem Versicherungsvertrag zu erheben gewesen. Dies hätte mithin bis spätestens 07.08.2004 geschehen müssen. Tatsächlich aber ist der Anspruch der Klägerin aus dem Versicherungsvertrag mit der M AG niemals gerichtlich geltend gemacht worden. Eine Erklärung für die unterbliebene Klageerhebung haben die Beklagten nicht vorgebracht.

3.

Zwar ist wohl nur der Beklagte zu 2. im Verhältnis zu der Klägerin tätig geworden. Jedoch haftet auch der Beklagte zu 1. ihr gegenüber. Passivlegitimiert im Anwaltsregressverfahren sind auch die Sozien des fehlerhaft handelnden Rechtsanwalts. Dies folgt als Konsequenz aus der Anerkennung der beschränkten Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGH NJW 2001, 1056 ff.) aufgrund der akzessorischen Verknüpfung zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterhaftung analog §§ 128 f. HGB (Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Auflage, § 714 Rdz. 11 ff.). Verschulden ist ihnen analog § 31 BGB zuzurechnen. Die Vorschrift gilt für alle juristische Personen und ist auch auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzuwenden (Palandt-Heinrichs/Ellenbeger, § 31 Rdz. 3; für die Anwalts-GbR vgl. BGH NJW 2007, 2490 - auch für die Scheinsozietät; BGH NJW 2003, 1445).

III. Verschulden

Die Pflichtverletzung der unterbliebenen Klageerhebung gegen die M AG ist dem Beklagten zu 2. fahrlässig i.S.d. § 276 II BGB unterlaufen. Anhaltspunkte dafür, dass er sich etwa gem. § 280 I 2 BGB entlasten könnte, liegen nicht vor.

IV. Kausalität

Die Pflichtverletzung des Beklagten zu 2. ist auch kausal für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden geworden. Eine rechtzeitig eingereichte Klage gegen die M AG hätte zu einem Erfolg im Sinne der nunmehr im vorliegenden Regressverfahren gestellten Klageanträge geführt.

1.

Dass die Klägerin bei entsprechender pflichtgemäßer Beratung durch den Beklagten zu 2. Klage gegen die M AG erhoben hätte, kann zu ihren Gunsten vermutet werden. Es besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass derjenige, der einen anderen wegen seiner besonderen Sachkunde um Rat fragt, sich beratungsgemäß verhalten hätte, wenn er von diesem zutreffend aufgeklärt und beraten worden wäre (BGH NJW 2000, 2814, 2815; BGH NJW-RR 1999, 641, 642; BGH NJW 1998, 749, 750; BGH NJW 1993, 3259). Sie greift dann ein, wenn bei sachgerechter Aufklärung im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Menschen eindeutig eine bestimmte Reaktion nahegelegen hätte (vgl. BGH NJW 1994, 3295, 3298; BGH NJW 1993, 3259). Eine erfolgversprechende Alternative zur gerichtlichen Geltendmachung der Forderung bestand für die Klägerin nicht mehr, nachdem die M AG in dem Schreiben vom 30.01.2004 eine endgültig ablehnende Haltung eingenommen und auf die Klagefrist des § 12 III VVG hingewiesen hatte. Eine Kostenproblematik hätte sich bei dem gerichtlichen Vorgehen für die Klägerin nicht gestellt, da ihr angesichts ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (damals verfügte sie über keine nennenswerten regelmäßigen Einkünfte) und der Erfolgsaussicht (bereits im Vorfeld des Verfahrens war erkennbar, dass eine Beweisaufnahme hätte durchgeführt werden müssen) Prozesskostenhilfe gem. § 114 ff. ZPO bewilligt worden wäre.

2.

In einem Rechtsstreit gegen die M AG hätte die Klägerin mit den Anträgen, wie sie nunmehr Gegenstand des vorliegenden Regressverfahrens sind, obsiegt. Hängt im zu entscheidenden Fall die Haftung des Rechtsanwalts vom Ausgang eines Vorprozesses ab, ist nicht darauf abzustellen, wie dieser voraussichtlich geendet hätte, sondern welche Entscheidung - nach Auffassung des Regressgerichts - richtigerweise hätte ergehen müssen (st. Rspr.; vgl. nur BGH NJW 1996, 2501; BGH NJW 1988, 3013). Die Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist zu beachten (BGH NJW 2001, 146, 148; BGH NJW-RR 2006, 1070, 1071 - Steuerberater).

3.

Eine rechtzeitig erhobene Klage gegen die M AG hätte deshalb zu einem Erfolg der Klägerin geführt, weil ein Versicherungsfall eingetreten war und dafür auch Deckungsschutz bestand.

a)

Der Eintritt des Versicherungsfalles als solchem ergibt sich daraus, dass die Klägerin berufsunfähig geworden ist.

Berufsunfähigkeit i.S.d. einschlägigen §§ 1 Nr. 1, 2 I-III B-BUZ 2000 liegt dann vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen mindestens zu 50% außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer Lebensstellung entspricht. Ob der Versicherte wegen seiner Gesundheitsbeeinträchtigung außerstande ist, seinen Beruf weiter auszuüben, ist nach Klärung des konkreten Tätigkeitsbildes nötigenfalls mit Hilfe eines dafür kompetenten Sachverständigen zu entscheiden, wobei es darauf ankommt, ob der Versicherte prägende wesentliche Einzelverrichtungen seiner Tätigkeit nicht mehr ausüben kann (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage, § 2 BUZ90, Rdz. 15 mwN).

aa)

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die dafür grundlegende Überzeugung ergibt sich für den Senat aus den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y. Er ist in seinem bereits erstinstanzlich vorgelegten Gutachten vom 08.01.2007 auszugsweise zu folgenden Resultaten gelangt:

Bei der Untersuchung zeige sich das Bild einer jungen Frau mit einem ausgesprochen instabilen Selbstwertgefühl, mit einer Neigung zur Dramatisierung sowie einer emotionalen Instabilität, so dass sich zusammenfassend auch hier die Diagnose einer kombinierten Persönlichkeitsstörung ergebe, die sowohl Elemente einer histrionischen, einer narzisstischen und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung beinhaltet (Seite 37 des Gutachtens). Aufgrund des jetzigen Befundes sowie der Kenntnis der bisherigen Entwicklung bestehe kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Klägerin keine Tätigkeit als selbständige Wirtschaftsberaterin oder als Modedirectrice und Bürokauffrau regelmäßig ausüben könne. Kein Zweifel bestehe auch daran, dass dieser Zustand ununterbrochen seit dem Suizidversuch im Februar 2001 vorliege. Trotz anschließender ambulanter und stationärer psychotherapeutischer Behandlung sei es nicht gelungen, einen bis heute befriedigenden Zustand zu erreichen, der es der Klägerin ermöglichen würde, stabile zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen oder gar einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen (Seite 38/39 des Gutachtens).

bb)

Die Würdigung des Landgerichts, den gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y folgen zu wollen, entspricht auch der eigenen Überzeugungsbildung des Senats aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008. Der Sachverständige hat noch einmal nachvollziehbar ausgeführt, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit erfüllt seien. Bei ihr liege eine als Krankheit anzusehende Persönlichkeitsstörung vor. Borderline sei eine Krankheit im klassischen Sinne. So bestehe bei der Klägerin eine ausgeprägte emotionale Instabilität. Sie könne ihre Affekte nicht regulieren. Der Borderline-Typ zeichne sich durch ein ganz fragiles Selbstbild aus. Je größer das Gefühlschaos werde, desto mehr sei auch die cognitive Fähigkeit des Betroffenen eingeschränkt. Die gesamte Krankheitsproblematik der Klägerin würde sich nicht nur bei ihrer zuletzt ausgeübten Arbeit als Wirtschaftsberaterin, sondern bei jeder anderen Tätigkeit ergeben (vgl. den Berichterstattervermerk zu der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008; Bl. 278/279 GA).

cc) Entgegen den Einwendungen der Berufungsbegründung ist der Sachverständige Prof. Dr. Y bei seinem Überlegungen auch von einem hinreichend präzisen Ansatz für die gutachterliche Fragestellung ausgegangen.

(1)

Bei der hier maßgeblichen Berufsunfähigkeit im privatversicherungsrechtlichen Sinn handelt es sich um einen eigenständigen Rechtsbegriff, der nicht mit Berufsunfähigkeit oder gar der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des gesetzlichen Rentenversicherungsrechts gleichgesetzt werden kann (BGH VersR 2005, 676, 677; BGH VersR 1996, 959; BGH VersR 1992, 1386, 1387). Für die Berufsunfähigkeit kommt es weder auf die Berufsbezeichnung im Versicherungsantrag oder im Versicherungsschein noch auf das allgemeine Berufsbild an, sondern auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (BGH VersR 1996, 830; BGH VersR 1992, 1386, 1387) an, und zwar so wie sie noch in gesunden Tagen ausgestaltet war, als die Leistungsfähigkeit des Versicherten noch nicht beeinträchtigt war (BGH VersR 2003, 631, 632; BGH VersR 1993, 1470). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bei der Beurteilung, ob ein Versicherter bedingungsgemäß berufsunfähig geworden sei, zunächst darauf abzustellen, wie sich seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen in seiner konkreten Berufsausübung auswirken. Deshalb muss bekannt sein, wie das Arbeitsfeld des Versicherten tatsächlich beschaffen ist und welche Anforderungen es an ihn stellt. Insoweit ist es Sache desjenigen, der den Eintritt von Berufsunfähigkeit geltend machen will, hierzu substantiiert vorzutragen und im Fall des Bestreitens Beweis für sein Vorbringen anzutreten. Als Sachvortrag genügt dazu nicht die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit, vielmehr muss eine ganz konkrete Arbeitsbeschreibung verlangt werden, mit der die anfallenden Tätigkeiten ihrer Art, ihres Umfangs wie ihrer Häufigkeit nach für einen Außenstehenden nachvollziehbar werden. Ein vom Gericht eingeschalteter Sachverständiger muss wissen, welchen - für ihn unverrückbaren - Sachverhalt er zugrunde zu legen hat. Erst dann erscheint es unbedenklich, ihn auch zu Frage und Ausmaß einer gesundheitsbedingten Einschränkung der Fähigkeit des Versicherten, den vorgegebenen Anforderungen gerecht zu werden, Stellung nehmen zu lassen (BGH VersR 2005, 676, 677 - Latexallergie einer Krankenschwester; BGH VersR 1996, 830, 831 - Knieverletzung eines Tennislehrers; BGH VersR 1992, 1366, 1367 - Chronische Darmerkrankung, Migräne und belastungsabhängige Schulterschmerzen bei einem Zimmermann).

(2)

Insofern ist der Berufungsbegründung durchaus zuzubilligen, dass eine derartige detaillierte Schilderung des zuletzt ausgeübten Tätigkeitsfeldes in den eigenen Schriftsätzen der Klägerin nicht erfolgt ist. Darauf kommt es hier jedoch nicht an.

(a)

Eine substantiierte Darstellung des Arbeitsfeldes einer selbständigen Wirtschaftsberaterin stammt nämlich von den Beklagten selbst. In der von ihnen zu den Akten gereichten gutachterlichen Stellungnahme von Dr. S gegenüber der M AG wird ausgeführt (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.08.2005; dort Seite 18), dass die Beeinträchtigungen im Hinblick auf den ausgeübten Beruf der Klägerin grundlegend die Konzentration, die Aufmerksamkeit, die Kontaktaufnahme, aber auch die Strukturierung ihrer Tätigkeit betreffen dürften. Im Anhang zu diesem Privatgutachten findet sich ein von der M AG vorgegebener Fragebogen u.a. mit der Aufgabenstellung

"Folgende Tätigkeiten hat die Versicherte in einer normalen Arbeitswoche in dem angegebenen Umfang verrichtet. Zu wie viel Prozent ist aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörung die Ausübung der jeweiligen Teiltätigkeit eingeschränkt?"

Die darin aufgeführten Tätigkeiten und Stundenzahlen müssen von der Klägerin stammen und irgendwann einmal der M AG unterbreitet worden sein. Jedenfalls ist der Inhalt dieser Aufstellung von keiner Partei in Zweifel gezogen worden. Prozessual bedeutet dies: Es fehlt zwar an einem ausdrücklichen eigenen schriftsätzlichen Vorbringen der Klägerin zu dem Arbeitsfeld einer selbständigen Wirtschaftsberaterin. Jedoch haben die Beklagten hierzu vorgetragen. Der Inhalt von zu den Akten gereichten Privatgutachten ist als Parteivorbringen zu werten. Dies umfasst mithin auch die einzelnen in dem Anhang zu dem Gutachten von Dr. S aufgelisteten Tätigkeiten. Da die Klägerin ihrerseits diese Ansätze nicht bestritten hat, kann prozessual davon ausgegangen werden, dass hierdurch das Arbeitsfeld einer selbständigen Wirtschaftsberaterin sachgerecht umschrieben wird.

(b)

Der Senat hat dem Sachverständigen die Aufstellung berufsspezifischer Tätigkeiten, wie sie sich auf der letzten Seite des für die M AG erstellten Gutachtens von Dr. S mit dem handschriftlichen Datum des 25.02.2003 ergibt, in ihren Einzelheiten vorgehalten. Daraufhin hat Prof. Dr. Y auch unter ausdrücklicher Berücksichtigung der dort im Einzelnen genannten Tätigkeiten seine Einschätzung bestätigt, dass bei der Klägerin Berufsunfähigkeit vorliege. Als prägendes Merkmal ihrer Tätigkeit sei nicht das "stille Kämmerlein", sondern der unmittelbare Kontakt zu fremden Menschen anzusehen. Hierzu aber sei die Klägerin außer Stande. Krankheitsbedingt fehle ihr die Fähigkeit, über einen gewissen Zeitraum ein vernünftiges Gespräch mit Kunden zu führen, ohne dass es zu emotionalen Ausfällen komme. Insofern könnten bereits belanglose alltägliche Kleinigkeiten wie z.B. ein fragender Blick des Kunden ausreichen, um eine Dekompensation hervorzurufen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung sei die Klägerin nicht dazu in der Lage gewesen, über zwei Stunden hinweg eine emotionale Stabilität aufrecht zu erhalten. Sie sei nicht fähig gewesen, ein zielgerichtetes Gespräch zu führen, und sei auch nicht dazu in der Lage, aus dieser Situation herauszufinden. Mit einer Besserung dieses Zustands der Klägerin sei ausgehend von den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen bei vernünftigen Erwägungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu rechnen (vgl. Berichterstattervermerk zu der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008; Bl. 278/279 GA).

dd)

Nach allem ist der Senat davon überzeugt, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen von Berufsunfähigkeit - gerade auch unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Anforderungen an eine konkrete Arbeitsbeschreibung der anfallenden Tätigkeiten nach Art, Umfang und Häufigkeit - seit ihrem Suizidversuch im Februar 2001, also auch zur Zeit der Beratung durch die Beklagten, ununterbrochen fortbestehen. Den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y wird in allen Punkten gefolgt. Sie sind jeweils von zutreffenden Anknüpfungspunkten ausgegangen und werden von hoher Sachkunde sowie uneingeschränkter Objektivität getragen. Der Sachverständige war stets dazu in der Lage, seine Ergebnisse auf Fragen der Parteien oder des Senats anschaulich zu erläutern und neue Informationen plausibel in die Gesamtstruktur seiner Ausführungen einzufügen. Die Resultate sind auch dem medizinischen Laien gut verständlich. So ergibt sich, dass die Klägerin aufgrund ihrer Persönlichkeitsstörung zu einer Steuerung komplexer Arbeitsvorgängen und einem adäquaten Umgang mit anderen - zumal ihr fremden - Menschen außerstande ist (vgl. hierzu auch die Stellungnahme von Dr. Y3 vom 14.09.2004 - Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006).

ee)

Das von dem Sachverständigen überzeugend vertretene Ergebnis, wonach der Beruf einer Wirtschaftsberaterin nicht bei Bestehen einer Borderline-Krankheit mit den bei der Klägerin beschriebenen konkreten Erscheinungsformen ausgeübt werden kann, lässt sich ohne weiteres mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang bringen. Er wird in seinen prägenden wesentlichen Einzelvorrichtungen (s.o.; vgl. Prölss/Martin, § 2 BUZ90, Rdz. 15, 20, 61) ersichtlich von Komponenten der Dienstleistung gegenüber fremden Menschen geprägt. Dabei ist das Stundenausmaß der konkreten Arbeitszeit, die im beruflichen Alltag der Klägerin unmittelbar auf diese Kundenkontakte entfiel, gar nicht das maßgebliche Kriterium. Insoweit ist anerkannt, dass ein einheitlicher Lebensvorgang nicht in seine Elemente aufgespaltet werden darf und diese dann isoliert quantifizierend nach ihrem Anteil an der beruflichen Tätigkeit bemessen werden können (BGH VersR 2003, 631, 632; OLG Hamm VersR 2006, 1481). Vielmehr ist dem Gewicht der Einzelvorrichtungen, die wegen der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht mehr ausgeführt werden können, Rechnung zu tragen (OLG Karlsruhe NVersZ 2000, 564, 565; Prölss/Martin, § 2 BUZ90, Rdz. 61). Ohne den unmittelbaren persönlichen Kontakt zu den Kunden, die beraten werden sollen, macht aber die Tätigkeit, wie sie von der Klägerin in gesunden Tagen verrichtet worden ist, keinen Sinn (vgl. zu ähnlichen Konstellationen: BGH VersR 2006, 1481, 1482 - technische Angestellte; BGH VersR 2003, 631, 632 - Automatenaufsteller).

ff)

Die Überzeugungskraft der gutachterlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y wird auch durch die Auseinandersetzung mit den zahlreichen weiteren ärztlichen Stellungnahmen nicht beeinträchtigt, sondern erhärtet.

(1)

Die Berufungsbegründung stützt sich dabei vor allem auf die Ausführungen des Prof. Dr. Q von der Universität L4. Er gelangte in seinem nervenärztlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin kein Berufsunfähigkeitsgrad vorliege. Sie sei in eine vorübergehende Beziehungs-, Berufs- und Lebenskrise geraten. Man könne aber sagen, dass sich "derartige hysterische Persönlichkeitsstrukturen" nach psychiatrischer Erfahrung auf lange Sicht als sehr lebensfähig und zäh erweisen. Berufsunfähigkeit müsse auf medizinischen Gründen beruhen, die man mit ärztlicher Kunst heilen oder lindern könne. Eine Persönlichkeitsstörung sei aber keine Krankheit (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.08.2005; dort Seite 40-42).

Mit dieser abweichenden Meinung hat sich bereits das Landgericht in seinem Urteil hinreichend und nachvollziehbar auseinandergesetzt. Legt eine Partei ein privat eingeholtes medizinisches Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so ist vom Tatrichter besondere Sorgfalt gefordert. Er darf in diesem Fall den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt (BGH VersR 2005, 676, 678; BGH VersR 1993, 899). Jedoch hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. Y sowohl erst- als auch zweitinstanzlich die anderslautende Beurteilung überzeugend damit erklärt, dass Prof. Dr. Q Persönlichkeitsstörungen grundsätzlich nicht als Krankheiten im engeren Sinne, sondern als Normvarianten ansehe. Dies spiegele aber nicht mehr das aktuelle psychiatrische Wissen wieder, das den Begriff der psychischen Erkrankung nicht (mehr) nur auf körperlich fassbare bzw. Erkrankungen mit einem postulierten somatischen Kern reduziere. Persönlichkeitsstörungen werden in allen gültigen internationalen Krankheitsklassifikationen sogar als schwere seelische Störungen angesehen, die selbstverständlich medizinisch zu behandeln seien und auch zu entsprechenden sozialmedizinischen Einschränkungen z.B. in beruflicher Hinsicht führen können (Seiten 9, 36 des Gutachtens). Die entsprechende Einschätzung hat der Sachverständige Prof. Dr. Y in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal überzeugend erläutert. Er hat dargelegt, dass Prof. Dr. Q selbst die Problematik seiner Einschätzung offen lege. Er führe aus, dass die von ihm gewählte Bezeichnung von den herkömmlichen medizinischen Klassifikationssystemen nicht erfasst sei. Wenn man Prof. Dr. Q aber richtig verstehe - so der gerichtlich bestellte Sachverständige weiter - dann meine er, dass sich die Problematik der Klägerin zwar in keine gängige Kategorie einordnen ließe - wenn man aber eine nehmen müsse, so handele es sich am ehesten um Borderline. Ausgehend davon decke sich dann aber selbst die Einschätzung von Prof. Dr. Q mit allen anderen vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen (vgl. Berichterstattervermerk zu der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008; Bl. 278 GA).

(2)

Tatsächlich fällt auf, dass sich die Würdigung des gerichtlich beauftragten Gutachters in Einklang mit allen weiteren ärztlichen Berichten und Stellungnahmen bringen lässt, während die Einschätzung des von der M AG beauftragten Prof. Dr. Q, dass bei der Klägerin keine Berufsunfähigkeit vorliege, weil eine Persönlichkeitsstörung schon gar keine Krankheit sei, vereinzelt geblieben ist. Dabei ergibt ein Abgleich der verschiedenen ärztlichen Stellungnahmen, dass in der Einschätzung der Klägerin als gestörte Persönlichkeit eine allgemeine Übereinstimmung herrscht. Dies sieht auch Prof. Dr. Q so, ordnet seine Feststellungen in der gesamtmedizinischen Definition jedoch anders ein. Hingegen gehen alle übrigen Ärzte übereinstimmend von einem nach dem Suizidversuch am 13.02.2001 eingetretenen und zum Zeitpunkt der jeweiligen Untersuchungen fortbestehenden Zustand der Berufsunfähigkeit der Klägerin mit unklarer Perspektive aus.

(a)

So schrieb zunächst Dr. S am 10.08.2001 an die W-Versicherung, dass derzeit von Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei und sich letztendlich auch die Frage der Berufsunfähigkeit stellen werde. Diese wäre mutmaßlich positiv zu beantworten, falls sich binnen zwei Monaten keine richtungsgebende Veränderung einstellen sollte (Bl. 55 GA). Dr. S äußerte sich dann auch noch einmal im Auftrag der M AG am 27.02.2003. Er berichtete von einem eindrucksvollen Störungsbild bei der Klägerin, welche sie im Alltag in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit derzeit zumindest erheblich beeinträchtigen dürfte. Dies betreffe grundlegend im Hinblick auf ihren ausgeübten Beruf die Konzentration, die Aufmerksamkeit, die Kontaktaufnahme, aber auch die Strukturierung ihrer Tätigkeiten (Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 08.08.2005).

(b)

Unter dem 14.08.2003 führte Dr. C3 aus, dass sowohl beruflich als auch im Alltag erhebliche Einbußen in der psychischen Belastbarkeit vorliegen und Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit derzeit erheblich beeinträchtigt seien (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006). Am 14.09.2004 gelangte Dr. Y3 zu dem Resultat, dass von hinreichender Belastbarkeit für die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit sicherlich nicht gesprochen werden könne. Bei der Klägerin sei die geistig-psychische Belastbarkeit erheblich herabgesetzt, insbesondere was den Publikumsverkehr und die Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge betreffe (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006). Beide Stellungnahmen sind für die vorliegende Würdigung vor allem auch deshalb von Interesse, weil sie zwar von einem etwas anderen - nämlich rentenversicherungsrechtlichen - Ansatz der Berufsunfähigkeit ausgehen, dafür aber in einem für den jetzigen Rechtsstreit neutralen Kontext stehen.

gg)

Nach allem liegen auch die Voraussetzungen des § 412 I ZPO für die Einholung eines Obergutachtens nicht vor (vgl. dazu nur Zöller-Greger, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, § 412 Rdz. 1). Die Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y sind ausgehend von den maßgebenden Anknüpfungstatsachen sachkundig, vollständig und in sich widerspruchsfrei. Dass ein anderer Gutachter über überlegene Forschungsmittel oder Erfahrung verfügen könnte, ist von den Beklagten weder dargelegt worden noch anderweitig ersichtlich. Dies gilt insbesondere für die Einschätzung von Prof. Dr. Q. Gerade diese beruht vielmehr auf einem Bewertungsansatz, der zur Überzeugung des Senats nicht mehr dem heutigen Stand der Wissenschaft entspricht.

b)

Aus den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y und der Gesamtheit der sonstigen ärztlichen Stellungnahmen folgt auch, dass die Klägerin ihren schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht durch eine Umstrukturierung ihres selbständigen Betriebes in zumutbarer Weise Rechnung tragen kann (zu den Voraussetzungen vgl. BGH VersR 2003, 631, 632, 633; Prölss/Martin, § 2 BUZ90 Rdz. 20). Als denkbare Maßnahme wäre insofern allenfalls die Einstellung eines Mitarbeiters, der für sie die Kundenkontakte wahrnimmt, in Betracht gekommen. Dabei muss gar nicht vertieft werden, ob eine solche Möglichkeit nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten der Klägerin überhaupt realistisch in Betracht gekommen wäre. Ein solcher Ansatz scheidet nämlich unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Y in Verbindung mit der Bewertung durch Dr. S in seinem Gutachten gegenüber der M AG nach den prägenden wesentlichen Einzelvorrichtungen der Tätigkeit einer selbständigen Wirtschaftsberaterin erst recht aus. Die krankheitsbedingte Unfähigkeit der Klägerin, in einen berufsgerechten Kontakt mit fremden Menschen zu treten, wirkt sich nämlich in gleicher Weise wie gegenüber Kunden auch gegenüber Mitarbeitern aus. So sieht Dr. S eine jeweils 70%ige Einschränkung in den Bereichen "Konzepterstellung", "Teamsitzungen, Weiterbildung" und "Überwachen der Aufgabendurchführung" und eine Beeinträchtigung von 90% beim "Ausbilden von Mitarbeitern".

c)

Die Klägerin kann von den Beklagten auch nicht erfolgversprechend darauf verwiesen werden, ggf. einen anderen Beruf auszuüben.

aa)

Insofern mag dahinstehen, dass die Beklagten dann gehalten gewesen wären, einen konkreten Vorschlag für eine Tätigkeitsalternative zu unterbreiten. Zwar trifft den Versicherungsnehmer grundsätzlich auch die Beweislast dafür, dass keine andere Erwerbstätigkeit in einem die Berufsunfähigkeit ausschließenden Umfang ausgeübt werden kann. Diesen Negativbeweis kann er im Regelfall aber nur dann ordnungsgemäß antreten, wenn der Versicherer den von ihm beanspruchten Vergleichsberuf bezüglich der ihn prägenden Merkmale näher konkretisiert (BGH VersR 2005, 676, 678; BGH VersR 2000, 349). Diese prozessuale Anforderung hätte mithin in dem hypothetischen Ausgangsprozess die M AG getroffen. Sie gilt dementsprechend im jetzigen Regressverfahren für die Beklagten (vgl. zur Beweislast: BGH NJW-RR 2007, 569, 572; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 853 mwN).

bb)

Unabhängig davon, dass eine zumutbare alternative Betätigungsmöglichkeit der Klägerin weder substantiiert behauptet noch anderweitig ersichtlich ist, hat sie der Sachverständige Prof. Dr. Y in seinen uneingeschränkt überzeugenden Ausführungen auch ausdrücklich ausgeschlossen. Er hat erläutert, dass die dargestellten krankheitsspezifischen Probleme der Klägerin, insbesondere die Störung der Affektregulation, sich bei jeder anderen Tätigkeit auch ergeben würden (vgl. Berichterstattervermerk zu der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008; Bl. 279 GA).

d)

Die M AG hätte im Falle ihrer Inanspruchnahme nicht mit Erfolg geltend machen können, dass sie zu Recht von dem Versicherungsvertrag mit der Klägerin zurückgetreten ist. Die dafür maßgeblichen Voraussetzungen waren nicht erfüllt. Als Rechtsgrundlage hierfür kommen §§ 16 II, 17 I VVG in Betracht. Danach kann der Versicherer von dem Vertrag zurücktreten, wenn der Versicherungsnehmer einen erheblichen Umstand nicht oder aber unrichtig angezeigt hat. Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluss auszuüben. Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich.

aa)

Der hier maßgebliche tatsächliche Ansatz liegt in Frage 1 der Rubrik "Erklärungen der versicherten Person", welche die Klägerin in ihrem Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung gegenüber der M am 23.06.2000 ausdrücklich verneint hatte (Anlagen zur Klageschrift):

"Leiden oder litten Sie in den letzten 10 Jahren an Krankheiten, Störungen od. Beschwerden (z.B. ... Verdauungsorgane, ... Nerven, ... des Gehirns, ... Gemüts, ... Fettstoffwechsels ...)? ..."

bb)

Diese Angabe der Klägerin war jedoch nicht tatsächlich falsch. Davon muss der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ausgehen, da den Beklagten der ihnen obliegende dahingehende gegenteilige Beweis nicht gelungen ist. Sie haben zwar behauptet, dass bei der Klägerin jedenfalls schon seit 1999 Essstörungen in Form von Bulimie vorgelegen und sie hiervon auch Kenntnis gehabt habe, wie ihre eigenen anamnestischen Angaben verdeutlichten. Das Datum 1999 ergibt sich dabei aus einer Notiz von Dr. Y2, dem vormaligen Hausarzt der Klägerin, wonach sie ihn am 05.05.1999 "zum Ausschluss von Essstörungen" konsultiert habe. Die so gefasste Einwendung der Beklagten ist an sich zwar erheblich. Die Antragsfrage der Versicherung ist erkennbar auch auf die Angabe von solchen gesundheitlichen Beeinträchtigungen gerichtet, die noch nicht die Schwere oder Intensität einer Krankheit aufweisen. Sie richtet sich weiterhin nicht nur auf solche Beeinträchtigungen, die sich dem Befragten schon durch wahrnehmbare "Beschwerden" mitteilen. Die erfragte Gesundheitsstörung erfasst vielmehr jede Gesundheitsbeeinträchtigung, die nicht offenkundig belanglos ist oder alsbald vergeht (BGH VersR 1994, 1457, 1458; BGH VersR 1994, 711). Dabei hätte die Darlegungs- und Beweislast für die Obliegenheitsverletzung der Klägerin im Ausgangsprozess bei der M AG gelegen. Sie trifft vorliegend damit also nunmehr die Beklagten. Als Gerechtigkeitskriterien bleiben die Beweislastregeln des Vorprozesses auch im Regressverfahren maßgeblich. Der in Anspruch genommene Anwalt gerät somit nunmehr gewissermaßen in die Rolle des früheren Gegners seines früheren Mandanten. Dies beruht auf der Erwägung, dass es sich um Vorschriften des materiellen Rechts handelt und der Mandant nicht allein deshalb schlechter gestellt sein darf, weil der hypothetische Sieg im Vorprozess nunmehr die notwendige Voraussetzung für die Bejahung eines Schadens darstellt, den grundsätzlich der Kläger nachzuweisen hat (BGH NJW-RR 2007, 569, 572; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 853 mwN).

cc)

Ausgehend davon haben die Beklagten die tatsächlichen Voraussetzungen einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin nicht bewiesen. Zwar sind bei der Würdigung des gesamten hier einschlägigen Bereichs der haftungsausfüllenden Kausalität die erleichterten Anforderungen des § 287 ZPO an das Beweismaß zu beachten (BGH NJW 2000, 1572, 1573 f.; BGH MDR 2000, 297, 298; Zugehör, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rdz. 1073 mwN). Danach genügt für die richterliche Überzeugungsbildung eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit (BGH NJW-RR 1996, 781; Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 712). Jedoch sind auch diese Voraussetzungen nach dem Ergebnis der getroffenen Feststellungen nicht zu Gunsten der Beklagten erfüllt.

(1)

Die problematische Formulierung, dass der Besuch der Klägerin bei ihrem Hausarzt am 05.05.1999 "zum Ausschluss von Essstörungen" gedient habe, dürfte von dem Mediziner selbst stammen. So wurde bereits in einem späteren Bericht von Dr. Y2 an die M AG vom 30.04.2002 die ursprüngliche Darstellung deutlich relativiert (Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.04.2006):

" ... Frau L gab an, Abführmittel genommen und erbrochen zu haben. In vorausgegangenen und folgenden Kontakten wurde diese Problematik nicht weiter thematisiert. Eine Behandlungsnotwendigkeit ergab sich zu diesem Zeitpunkt nicht. ..."

Legt man aber diese Formulierung zugrunde, so liefert sie keinen Rückschluss mehr auf "Krankheiten, Störungen oder Beschwerden" im Sinne von Frage 1 in dem Antragsformular der M AG. Anders als z.B. in der von den Beklagten besonders angeführten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.10.1994 (BGH VersR 1994, 1457) ist der Klägerin nämlich nicht etwa durch einen ärztlichen Befund oder eine ärztliche Beurteilung die Kenntnis zumindest einer Gesundheitsstörung in dem weiter oben dargestellten Sinne vermittelt worden.

(2)

Dem entspricht die Einschätzung des gerichtlich beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Y in seinem erstinstanzlichen Gutachten: Auffällige Verhaltens- und Erlebensmuster der Klägerin ließen sich zwar schon in der Jugend nachweisen. Allerdings sei es erst in einer auch durch äußere Faktoren instabil gewordenen Lebenssituation zur klinischen Manifestation mit dem Suizidversuch im Februar 2001 gekommen (Seite 38 des Gutachtens). Sicherlich hätten die beschriebenen Persönlichkeitseigenschaften der Klägerin auch schon vor der Antragstellung gegenüber der M AG vorgelegen. Allerdings hätten sie nicht zu den gravierenden Funktionsbeeinträchtigungen geführt. Nach allen vorliegenden Unterlagen sei vor dem fraglichen Zeitraum im Juni 2000 auch keine psychiatrische Diagnose gestellt bzw. eine entsprechende Behandlung empfohlen oder gar durchgeführt worden. Damals eventuell bestehende Symptome seien von der Klägerin als adäquate Reaktionen auf äußere Belastungen angesehen worden, nicht jedoch als spezifische Krankheitssymptome im engeren Sinn (Seite 39 des Gutachtens). Anderes ergebe sich auch nicht aus der früheren Angabe der Klägerin, dass sie bereits vor Juni 2000 unter Essstörungen gelitten habe. Die einzige diesbezügliche Erwähnung in ärztlichen Unterlagen findet sich im Jahr 1999 bei ihrem Hausarzt. Dieser habe allerdings sogar die Formulierung "Ausschluss Essstörung" gewählt, was darauf hindeute, dass er die klassische Diagnose einer Bulimie bzw. einer anderen psychogenen Essstörung nicht habe stellen können. Ob es sich dabei im vorliegenden Fall überhaupt um eine eigenständige psychiatrische Diagnose handele, dürfe ebenfalls bezweifelt werden. Wahrscheinlich handele es sich bei den passager auftretenden Essstörungen eher um Epiphänomene der kombinierten Persönlichkeitsstörung wie z.B. auch die beschriebenen dissoziativen Zustände, die im Verlauf einer Persönlichkeitsstörung vom beschriebenen Typus nichts Ungewöhnliches darstellen (Seite 39/40 des Gutachtens).

Im Übrigen verweist Prof. Dr. Y darauf, dass er zeitlich frühere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wegen psychischer Erkrankungen der Klägerin also aus einem Zeitraum ab Januar 1993 - nicht gefunden habe (Seite 14/15 des Gutachtens).

(3)

Auch in diesem Kontext hat der Sachverständige Prof. Dr. Y seine schriftlichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch einmal überzeugend erläutern können. Er hat ausgeführt, dass die vorliegenden Informationen der behandelnden Ärzte keine hinreichende Grundlage für gutachterliche Feststellungen liefern. Aus den Angaben von Dr. Y2 zu dem Besuch der Klägerin vom 05.05.1999 ließen sich keine Rückschlüsse auf "Krankheiten, Störungen oder Beschwerden" im Sinne von Frage 1 des Antragsformulars der Versicherung zu ziehen. Zwar seien einzelne Symptome ihres Krankheitsbildes schon 1999 vorhanden gewesen, was sich bereits aus dem Lebensweg der Klägerin ergebe. Zu einer klinischen Manifestation sei es hingegen erst mit dem Suizidversuch im Februar 2001 gekommen. Es entspreche nicht der Realität, Erbrechen und Durchfall - zumal in stressigen Situationen - als Symptome einer psychischen Erkrankung anzusehen. Hierbei handele es sich nicht um Vorstufen von Borderline (vgl. Berichterstattervermerk zu der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2008).

(4)

Wenn schon nach den vorstehenden Ergebnissen nicht erwiesen ist, dass überhaupt eine relevante psychische Störung der Klägerin vor dem 23.06.2000 bereits erkennbar war, so liefert in diesem Kontext auch noch gerade der ansonsten von den Beklagten bevorzugte Sachverständige Prof. Dr. Q Anhaltspunkte, die zusätzlich gegen eine Täuschung durch die Klägerin sprechen. Er führt nämlich aus, dass sie kein Mensch sei, der sich klar an Fakten orientiere (Seite 32 des Privatgutachtens). Ihre Angaben zu demselben Gegenstand seien ihrem Charakter gemäß nicht immer gleichbleibend, was nicht seinen Grund in einer Täuschungsabsicht haben müsse (Seite 42/43 des Privatgutachtens). Der Aussagegehalt anamnestischer Zeitangaben der Klägerin - z.B. zu Essstörungen bzw. Bulimie - ist mithin auch nach der Einschätzung des kritischen Gutachters Prof. Dr. Q gering. Dementsprechend kann sich aber auch eine gerichtliche Überzeugungsbildung zum Nachteil der Klägerin gerade hierauf nicht stützen.

V. Schaden

Der auf die Pflichtverletzung des Beklagten zu 2. zurückzuführende kausale Schaden der Klägerin besteht in dem Ausfall derjenigen Versicherungsleistungen, die ihr aufgrund einer rechtzeitig eingereichten Klage und eines erfolgreichen Rechtsstreits letztlich zugesprochen worden wären. Auch insofern ist die erstinstanzliche Würdigung nicht zu beanstanden.

1.

Einen bezifferten Zahlungsantrag hat die Klägerin im Hinblick auf den Ausfall der monatlichen Leistungen für die Zeit vom 01.03.2002 (nach der Einstellung der Zahlungen der M) bis zum 30.06.2007 (die letzte mündliche Tatsachenverhandlung vor dem Landgericht fand am 04.07.2007 statt) gestellt. Daraus ergibt sich folgende Berechnung:

 64 Monate x 1.533,88 € (= 3.000,00 DM) = 98.168,32 €
./. erbrachte Zahlung des Beklagten zu 2. vom 17.12.2004 500,00 €
Insgesamt 97.668,32 €

Dies entspricht dem Tenor des erstinstanzlichen Urteils.

2.

Auch der Feststellungsantrag der Klägerin hinsichtlich der weiteren materiellen Schäden hat Erfolg. Er betrifft die monatlichen Rentenzahlungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung für den von dem Zahlungsantrag nicht mehr umfassten Zeitraum ab Juli 2007.

a)

Der Feststellungsantrag ist zulässig. Insbesondere verfügt die Klägerin über ein dahingehendes Feststellungsinteresse gem. § 256 I ZPO. Zwar könnte sie heute ihren Antrag weiter beziffern. Bis zu der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im März 2008 kämen dann noch einmal neun Monate zu je 1.533,88 € hinzu, insgesamt 13.804,92 €. Dies ergäbe zusammengerechnet 111.473,24 €. Zwingend erforderlich ist eine dahingehende Umstellung des Antrags aber trotz des grundsätzlichen Vorrangs der Leistungsklage vor der Feststellungsklage nicht. Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt (z.B. der Schaden) zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, so ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn der Anspruch bereits teilweise beziffert werden könnte. Der Geschädigte kann aber auch bezüglich des bereits bezifferbaren Teils des Schadens Leistungsklage und im Übrigen Feststellungsklage erheben (Zöller-Greger, § 256 Rdz. 7a mwN).

b)

Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Insofern ergeben sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine Abweichungen zu der Beurteilung des bezifferten Leistungsantrags. Auf die entsprechenden vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen.

B. Zinsantrag

Weiterhin steht der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf die gesetzlichen Zinsen zu. Rechtsgrundlage hierfür sind jeweils §§ 291, 288 I BGB unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit.

I.

Nach der erstinstanzlichen Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist die Klage mit einem Zahlungsantrag in Höhe von 52.151,92 € zumindest dem Beklagten zu 1. am 05.08.2005 zugestellt worden (Bl. 32 GA). Da sich die Beklagten erstinstanzlich wechselseitig vertreten haben, reicht dies zum Beginn der Rechtshängigkeitszinsen auch gegenüber dem Beklagten zu 2. aus.

II.

Der auf dann 98.168,32 € erhöhte Zahlungsantrag ist erstmals in dem Schriftsatz vom 29.06.2007 angekündigt (Bl. 152 GA) und nach Bewilligung entsprechender Prozesskostenhilfe im erstinstanzlichen Termin am 04.07.2007 gestellt worden (Bl. 154R GA).

C. Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2 ZPO.

D. Nichtzulassung der Revision

Die Voraussetzungen der Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Der wesentliche Kern der Angelegenheit besteht in der Feststellung der grundlegenden Tatsachen und deren spezifischer Würdigung. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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