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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.02.2006
Aktenzeichen: 28 U 173/05
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BNotO, StGB, BGB


Vorschriften:

ZPO § 313 a I 1
ZPO § 540 II
ZPO § 544
EGZPO § 26 Nr. 8
BNotO § 19 I
BNotO §§ 20 ff.
BNotO § 23
BNotO § 24 II 2
StGB § 263
StGB § 266
StGB § 823 II
BGB § 255
BGB § 280 I
BGB § 286 I
BGB § 288 I
BGB § 426
BGB § 667
BGB § 667 1. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 30. September verkündete Urteil der Zivilkammer I des Landgerichts Detmold aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 8.654,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 7. Mai 2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) einen Betrag von 7.508,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 7. Mai 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klageabgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die Kläger verlangen von der Beklagten Ersatz für von dieser in Empfang genommene und an die Fa. D GmbH (im Folgenden Fa. D) weitergeleitete Gelder in Höhe von 8.654,- € (so die Klägerin zu 1) und 7.508,- € (Kläger zu 2) für den Kauf zweier Kraftfahrzeuge Volvo XC 90 D 5 + Volvo V 70 2,4 D, die zu einem Preis von 58 % des Bruttolistenpreises angeboten wurden. Voraussetzung für den Kauf war eine Clubmitgliedschaft, die gegen Zahlung einer einmaligen Aufnahmegebühr von 50,- € und eines Jahresbeitrags von 200,- € erworben werden konnte, ferner eine Anzahlung von 20 % des Kaufpreises, die wahlweise direkt an den Club oder gegen Gebühr auf ein von der Beklagten (die Rechtsanwältin und Notarin war) bereitgestelltes Anwaltsanderkonto gegen eine Gebühr von 50,- € geleistet werden konnte. Die Kläger unterzeichneten das Formular "Technischer Ablauf von der Clubmitgliedschaft bis zur Fahrzeug-Übergabe" sowie eine entsprechende Fahrzeugbestellung und erbrachten am 27.05.2004 sowie am 09.06.2004 die Anzahlungen einschließlich der Anderkontogebühr in der jeweils genannten Höhe auf das angegebene Anderkonto.

Die Kläger haben behauptet, die Beklagte habe dem Zeugen L vor der Überweisung auf telefonische Anfrage persönlich versichert, dass die Anzahlung der Kläger zu 1) nur Zug um Zug gegen Lieferung der Fahrzeuge an die D ausgezahlt werde, und gemeint, die Beklagte habe gegen die sich aus einem begründeten Treuhandverhältnis für sie ergebenden Pflichten verstoßen, indem sie die Gelder ohne ihre Einwilligung an die D ausgezahlt habe.

Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, dass ein Treuhandverhältnis mit ihr nicht bestanden habe und eine gesonderte Treuhandvereinbarung nicht getroffen worden sei. Sie habe erst später davon erfahren, dass das Konto von der Fa. D gegenüber den Kunden anders dargestellt worden sei.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen L abgewiesen, mit der Begründung, dass rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen den Parteien könnten nicht festgestellt werden könnten. Ein Treuhandverhältnis zwischen den Parteien sei auch konkludent nicht vereinbart worden. Ebenso wenig ergebe sich ein Schadensersatzanspruch der Kläger nach den Grundsätzen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Hinsichtlich des Sachverhalts sowie der Gründe wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die Entscheidungsgründe Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 II i.V.m. § 313 a I 1 und § 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Die Kläger verfolgen ihre Klageanträge mit der von ihnen eingelegten Berufung weiter. Sie machen - auf der Grundlage weiterer, aus den Ermittlungsakten gewonnener Erkenntnisse - ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten und der für die D handelnden Personen geltend. Die Beklagte habe gebilligt und dabei mitgewirkt, dass das von ihr eingerichtete Treuhand- bzw. Anderkonto den Kunden der D angedient und in einer Weise verwendet worden sei, die bei laienhaftem Verständnis der Adressaten den Eindruck erweckt habe, es handele sich um ein amtlich anerkanntes Sicherungsinstrument, das diejenigen, die sich dessen bedienten, vor einem Verlust ihrer Auszahlung schütze. Zwischen der Beklagten und dem seinerzeitigen Geschäftsführer der D, dem Zeugen T, sei vereinbart gewesen, dass die Anzahlungen der Käufer treuhänderisch auf ihrem Anderkonto verwaltet würden und so sicher gestellt würde, dass die Auszahlungen erst und nur dann erfolgten, wenn der Nachweis durch Vorlage einer Übergabebestätigung erbracht worden sei. Auch diversen Zeugen gegenüber habe die Beklagte ausdrücklich eine entsprechende Sicherung bestätigt. Es seien Ansprüche wegen Verletzung des Treuhandauftrags, aus Auskunftsvertrag, Vertrag zugunsten Dritter, Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, wegen Amtspflichtverletzung, § 19 I BNotO, sowie aus Delikt, §§ 823 II i.V.m. §§ 263, 266 StGB, begründet.

Die Beklagte verteidigt das Urteil mit näheren Ausführungen: Sie habe keinerlei Pflichten aus einem Treuhandverhältnis gehabt. Die Anderkonten seien ausschließlich für die Fa. D geführt worden. Soweit im Einzelfall Treuhandabreden getroffen worden seien, sei dies immer schriftlich erfolgt und von ihr auch schriftlich bestätigt worden. Amtspflichten gegenüber den Klägern habe sie nicht gehabt, da sie nicht als Notarin tätig geworden sei. Eine anwaltliche Haftung bestehe nicht. Aus der bloßen Nennung des Anderkontos hätten die Kunden nicht herleiten können, dass sie Treuhandtätigkeiten für diese habe übernehmen wollen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Kläger ist begründet.

Sie können von der Beklagten aus der Verletzung eines konkludent abgeschlossen Treuhandvertrags wegen weisungswidriger Auszahlung der auf ihr Anderkonto gezahlten Gelder Zahlung in Höhe von 8.654,- € (Klägerin zu 1) und 7.508,- € (Kläger zu 2) verlangen, § 280 I BGB.

Andere mögliche Ansprüche, so aus § 667 1. Alt. BGB, aus einer vertraglichen Dritthaftung (§ 328 I BGB; Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter) oder aus Delikt, §§ 823 II i.V.m. §§ 263, 266 StGB, können daneben dahinstehen.

I.

Eine notarielle Tätigkeit der Beklagten, die zu einer notariellen Haftung ihrerseits nach § 19 I BNotO führen könnte, ist zunächst nicht festzustellen, da die Beklagte nach den Gesamtumständen nicht als Notarin aufgetreten ist. Zum einen ging es nicht um die Vorbereitung oder Ausführung von Amtsgeschäften nach §§ 20 ff. BNotO. Auch eine notarielle Verwahrung, § 23 BNotO, lag nach den Gesamtumständen nicht vor, zumal das fragliche Konto, auch wenn die Beklagte gleichzeitig Notarin war, ausdrücklich - so in der Erklärung zur Clubmitgliedschaft - als "Anwaltskonto" bezeichnet war. Nach § 24 II 2 BNotO ist sodann im Zweifel anzunehmen, dass der Anwaltsnotar als Rechtsanwalt tätig geworden ist (vgl. dazu BGH NJW-RR 2001, 1639, 1640; Fahrendorf, in: Rinsche u.a., Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl. 2005, Rn. 1692). Die Gesamtumstände rechtfertigen die Annahme einer notariellen Tätigkeit im Streitfall nicht. Abgesehen von der Bezeichnung als Anwaltsanderkonto und dem Umstand, dass das Anderkonto keinen Bezug etwa zu einem vom Notar beurkundeten Geschäft hatte, bestand auch aus Sicht der Kläger (§§ 133, 157 BGB) kein hinreichender Anhalt dafür, dass die Beklagte die Anzahlungen in ihrer Funktion als Notarin treuhänderisch verwahren sollte, zumal ihre Beauftragung und die Einrichtung des Anderkontos im Vorfeld der Bestellungen allein im Zusammenwirken mit der Fa. D erfolgt sind und die Beklagte insofern schwerpunktmäßig jedenfalls zunächst für die Fa. D tätig geworden ist.

II.

Vorliegend ist - anders als das Landgericht es gemeint hat und was im Senatstermin ausführlich erörtert worden ist - von einem konkludent abgeschlossenen Treuhandvertrag mit den Klägern (im Sinne einer doppelten Treuhand) auszugehen, der nach dem erkennbaren Sinn und Zweck der Anzahlungen auf das Anderkonto der Beklagten die Sicherung von Zug-um-Zug-Leistungen zum Gegenstand hatte. Die Beklagte hat mit der sofortigen Auszahlung der Gelder an die Fa. D ohne Bestätigung der Lieferung der Fahrzeuge ihre sich hieraus ergebenden Pflichten schuldhaft verletzt.

1. a)

Nach den Gesamtumständen ist zwischen den Parteien ein Treuhandverhältnis zustande gekommen, ohne dass es zur Feststellung dessen einer weiteren Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen L u.a. bedarf. Ein solches bedarf zu seiner Begründung übereinstimmender Vertragserklärungen. Für sein Vorliegen wie auch für seinen Inhalt gelten die allgemeinen Regeln des BGB (vgl. Fahrendorf, a.a.O., Rn. 1679). Einen typischen Treuhandvertrag gibt es dabei nicht. Ein typischer Inhalt hierfür ist nicht anerkannt. Die Rechtsbeziehungen richten sich grundsätzlich nach dem Recht des Auftrags (§§ 662 ff.), beispielsweise nach § 667 BGB (BGH NJW 2002, 2459, 2460 = BB 2002, 1446, 1447). Ansonsten ist der Inhalt nach dem ausdrücklich Vereinbarten oder einer Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen (§§ 133, 157 BGB) zu bestimmen (vgl. BGH NJW 1966, 1116; OLG Hamm AnwBl. 1987, 42, 43; Fahrendorf, a.a.O., Rn. 1681; Vollkommer/Heinemann, 2. Aufl. 2003, Rn. 113, Fn. 511). Je nach der speziellen Eigenart der jeweiligen Treuhandaufgaben können die Pflichten und Befugnisse unterschiedlich weit gehen. Als typische Fallgestaltung kommt - wie hier - die Sicherung von Zug-um-Zug-Leistungen (Fahrendorf, a.a.O. Rn. 1683; BorgmannJungk/Grams, 4. Aufl. 2005, Kap. VI Rn. 34; Vollkommer/Heinemann, Rn. 113) in Betracht. Eine Haftung des Anwalts kann sich zudem auch gegenüber Dritten, u. a. gegenüber dem Gegner des Mandanten, aus der Begründung eines Treuhandverhältnisses ergeben (vgl. Terbille, in Rinsche u.a., a.a.O., Rn. 338 ff., 349), so etwa wenn der Anwalt für seinen Mandanten bestimmte Beträge von dessen Gegner in Empfang nimmt und der Geldgeber dem Anwalt zu erkennen gibt, dass er ihn nicht lediglich als Vertreter oder Boten des Mandanten ansieht, sondern als Treuhänder mit der Wahrnehmung seiner eigenen Interessen betraut (Senat, Urt. v. 08.11.1984, Az. 28 U 94/84), oder wenn ein Rechtsanwalt sich vom Gegner seines Mandanten eine bestimmte Geldsumme mit dem Versprechen auszahlen lässt, über diese in bestimmter Weise zu verfügen. Auch hier haftet dieser, sofern er das Versprechen nicht einhält. Eine Treuhand kann fernerhin mehrseitig, insbesondere doppelseitig sein, wobei an den konkludenten Abschluss eines Treuhandvertrages neben der ausschließlichen Interessenwahrnehmung der Interessen aus einem bestehenden Mandat besondere Anforderungen zu stellen sind (BGH NJW 2004, 3630; Senat, Urt. v. 01.12.2005, Az. 28 U 29/05; Fahrendorf, a.a.O., Rn. 1688, jew. m.w.N.).

b) aa)

Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Auch wenn die Beklagte, worauf die Berufungserwiderung abstellt, das Anderkonto (zunächst) für die D GmbH geführt und für diese die Gelder eingezogen hat, ergab sich aus den Gesamtumständen, und zwar der Beklagten uneingeschränkt zurechenbar, für die Kunden nach objektivem Empfängerhorizont eine Treuhandbeauftragung. Es bestand für die Fahrzeugkäufer, somit auch für die Kläger, angesichts der Vorleistungen auf den Kaufpreis auch unter Berücksichtigung des auffälligen und überaus ungewöhnlichen Fahrzeugrabatts von 42 %, der klar Anlass zu Misstrauen gegen die fragliche Geschäftsgestaltung gab oder geben konnte, ein nicht zu verkennendes, objektives Sicherungsbedürfnis, dem sich die Beklagte nicht verschließen konnte und durfte. Hiermit und mit gleichzeitiger Involvierung der Beklagten wurde, wie auch die weiteren hier anhängigen Parallelverfahren zeigen (ohne dass es hierauf ankommt), ein besonderer Vertrauenstatbestand in die Seriosität des Geschäfts und die Beklagte selbst begründet. Ansonsten machten das Anderkonto und die Zahlungen hierauf überhaupt keinen Sinn. Andernfalls hätte offen und direkt an die Fa. D gezahlt werden müssen, wobei die ungesicherte Vorleistung indes deutlich zu Tage getreten wäre. Eine solche Direktzahlung hätte bei den Kunden völlig zu Recht weitere erhebliche Vorbehalte gegen die Geschäftsabwicklung auslösen können, die auf diese Weise, nämlich durch die Errichtung eines Anderkontos "ausgeschaltet" wurden. Es wurde durch die gesondert zu vergütende und vor allem auch wahlweise zur Verfügung gestellte Zahlvariante auf dieses Konto der Beklagten, die damals als Rechtsanwältin und Notarin ausgewiesen war, eine besondere Besicherung gerade in Bezug und in Richtung auf die Kunden erklärt, und zwar zumindest mittels Duldung der Beklagten, die sich hierfür und für dieses Unterfangen mit Wirkung nach außen, worauf es allein ankommt, zur Verfügung gestellt hat. Die internen Vorgänge zwischen der Fa. D und der Beklagten, insbesondere in Bezug auf die Kontoeröffnung, etwaige Abreden über Auszahlungen etc., sind in diesem Zusammenhang nicht von wesentlichem Belang, ebenso wenig das, was später, etwa im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, von den Beteiligten zur Zulässigkeit der Auszahlungen erklärt worden ist. Maßgebend ist vielmehr in erster Linie der damalige Empfängerhorizont, auch wenn sich die Beklagte möglicherweise in die fragliche Geschäftsgestaltung hat hineinziehen lassen.

Bereits nach den Vertragsunterlagen war das Verhalten der Kläger als Treugeber für die Beklagte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nach Treu und Glauben nicht anders zu verstehen, als dass das überlassene Geld nur in einer ihren Sicherungsinteressen entsprechenden Weise weiterzuleiten war und dass das nachfolgende Verhalten des Treunehmers, nämlich durch die Empfangnahme des Geldes, als unmittelbare Annahme des Auftrags zu verstehen war. Bei dieser Sachlage musste die Beklagte die Sicherungsinteressen der Vorkasse zahlenden Kunden berücksichtigen und davon ausgehen, dass ihr die Überweisungsbeträge nur zu treuhänderischen Zwecken überlassen wurden. Sie konnte und durfte die Augen nicht davor verschließen, dass durch ihre Person eine Vertrauensbasis für das auf den ersten Blick zu aller mindest riskante Geschäft geschaffen wurde. Auch soweit die Überweisungen als solche in diesem Fall nicht auf eine erwartete Treuhand hinweisen (vg. dazu OLG Bremen OLGR 2000, 64, zur Notarhaftung), hätte die Beklagte die Kläger, wenn dies nicht gewollt war, darauf hinweisen müssen, dass sie nur eine Treuhandfunktion für die Fa. D übernommen hatte und sich allein hierauf beschränken wollte, was das Geschäftssystem aber ersichtlich gefährdet hätte, weil die Kunden oder ein wesentlicher Teil davon dann möglicherweise abgesprungen wären und der nach außen getragene Sinn des Anderkontos zerplatzt wäre. Stattdessen ließ auch die Beklagte die Kunden in dem irrigen Glauben, dass sie entsprechend gesichert seien. Diese Sicht wurde nicht zuletzt dadurch geschaffen, dass dieser Weg wahlweise gegen eine Gebühr, die für die Kunden ohne Besicherung keinen Sinn machte, zur Verfügung gestellt wurde.

bb)

Unmaßgeblich ist insofern auch, ob die Beklagte subjektiv selbst ein Treuhandverhältnis (nicht) angenommen bzw. gewollt, ob mit der Fa. D intern was anderes vereinbart war und ob die D nach außen abredewidrig eine solche Besicherung vermeintlich ohne ihre Kenntnis vorgetragen hat. Die Beklagte musste damit rechnen, dass die Kunden erhebliches Vertrauen in ihre unabhängige Position als Rechtsanwältin (und damals Notarin) mit den Begriffen Ander- und (in einigen Fällen ausdrücklich) Treuhandkonto (für das extra eine Gebühr zu entrichten war) setzten und dass ihnen damit eine Zug-um-Zug Sicherheit suggeriert würde; ferner dass ihnen gegenüber der Eindruck entstehen konnte und musste, dass es sich hier um ein besonderes Sicherungsinstrument (für sie und in ihrem Interesse) handelt, das sie vor einem Verlust ihrer Anzahlung schützt, zumal eine völlig unbekannte Bonität der Fa. D bestand und eine Reduktion des Listenpreises von 35 % und mehr besondere Vorsicht gebot.

Dass die Beklagte eine Treuhanderwartung zugunsten der Kunden zurechenbar zumindest geduldet hat, ergibt sich konkret auch daraus, dass sie das vorgelegte schriftliche Bestell- und Abwicklungsformular "Pkw, Lkw, Wohnmobile usw." (Bl. 47; auch wenn dies in den streitgegenständlichen Fällen nicht unterzeichnet und zugrunde gelegt wurde), nach eigenem Vortrag nicht nur gekannt, sondern ausdrücklich gebilligt hat. Danach erfolgten die Anzahlung und die Zahlung der restlichen 38 % des Listenpreises bei Abholung, wie es dort zweimal ausdrücklich heißt, auf das bereitgestellte, zu vergütende Treuhandkonto. Auch danach wurde nach außen unverkennbar der Eindruck vermittelt, dass die Funktion des Kontos (jedenfalls) auch im Interesse der Kunden war. Ansonsten machte dieses - es war im Außenverhältnis ersichtlich in den Vordergrund gestellt - weder im Zusammenhang mit der Bestellung noch mit den weiteren an die Kunden gerichteten Unterlagen Sinn, wenn es sich nur um eine interne Buchungsstelle für die Fa. D hätte handeln sollen. Vielmehr hat die Beklagte damit erkennbar, zurechenbar und von den Initiatoren nach Sinn und Zweck der Darstellung zweifelsohne entsprechend gewollt, eine besondere Sicherung der Gelder bis zur Abholung der Fahrzeuge - nach außen hin - erklärt. Die Vorleistungen sollten damit vermeintlich gesichert werden.

Die Beklagte kann sich nicht, wie im Senatstermin erörtert, darauf zurückziehen, dass mit der Angabe einer Telefonnummer der Fa. D auf dieser Bestellerklärung aus ihrer Sicht eine Art "Sicherheitssperre" vorgelegen habe, weil die dortigen Mitarbeiter den Kunden hätten sagen sollen, dass der Anwalt die Gelder weiterleitet. Abgesehen davon, dass dies dem durch die Vertragsunterlagen hervorgerufenen Eindruck einer Besicherung diametral entgegensteht, ist nicht erkennbar oder belegt, dass und wie die Beklagte hierfür und für eine Klarstellung im umgekehrten Sinne Sorge getragen hat, zumal dort nur in einem rein technisch die Anschrift und die Bankverbindung erfragt werden sollten.

cc)

Unmaßgeblich ist auch ihre Darstellung, dass man, wenn extra gewünscht, eine besondere Vereinbarung zur Absicherung mit ihr hätte schließen können, so wie es in einigen Fällen geschehen ist. Aus den Vertragsunterlagen ergab sich hierfür und konkret für die Notwendigkeit einer besonderen Vereinbarung keinerlei Anhaltspunkt. Überdies ist nicht ersichtlich, dass für gesonderte schriftliche Treuhandvereinbarungen eine entsprechende eigene Vergütung hätte geleistet werden müssen oder von den betreffenden, besonders vorsichtigen Kunden gezahlt worden ist. Im Gegenteil zeigen die vielen schriftlichen Bestätigungen der Beklagten, "dass die Einzahlungen auf dem Anderkonto auf der Bank verbleiben, bis mitgeteilt worden ist, dass das Auto zur Auslieferung bereit steht bzw. von Ihnen übernommen wurde" (so bspw. ein Schreiben vom 04.05.2004, Bl. 137), unmissverständlich, dass die Beklagte immer wieder wie selbstverständlich ihre treuhänderische Verwahrung selbst bestätigt hat, zumal hieraus auch wiederum klar erkennbar wird, dass der Beklagten das Sicherungsbedürfnis der Käufer eindeutig bewusst war.

dd)

Eine andere Beurteilung ist, anders als die Beklagte meint, nicht gerechtfertigt auf der Grundlage der Entscheidung des BGH in NJW 2004, 3630. Denn dort handelte es sich - insofern nicht vergleichbar - lediglich um eine einseitige Interessenwahrnehmung im Rahmen der Außervollzugsetzung eines Haftbefehls zugunsten des Mandanten; die Kaution war vom Mandanten persönlich zu leisten; und der Dritte war nur in die technische Abwicklung des Zahlungsvorgangs einbezogen. Es bestand nach den Gesamtumständen und der Zweckbestimmung der dortigen Überweisung für die beklagten Anwälte keine Veranlassung, das Verhalten des Einzahlers als Angebot eines Treuhandauftrags auch mit diesem zu deuten. Im vorliegenden Fall ist die Sachlage gerade insofern anders, als die Einzahler, wie ausgeführt, auf die Treuhandtätigkeit der Beklagten vertrauen durften.

2.

Die Pflichtverletzung der Beklagten aus dem Treuhandvertrag ist darin zu sehen, dass sie die Gelder weisungswidrig - ohne Bestätigung der Lieferung oder Vergewisserung darüber, ob dies dem Willen der Kläger entsprach - an die Fa. D weitergegeben gegeben hat, mit der Folge, dass das Geld dort jetzt möglicherweise versickert ist. Die Pflichtverletzung ist schuldhaft erfolgt, zumindest fahrlässig, da die Auszahlungen an die Fa. D, wie in den übrigen Fällen der Einbehaltung aufgrund schriftlicher Regelung, bei Beachtung der im Verkehr gebotenen Sorgfalt Verhalten hätten unterbleiben müssen.

III.

Ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Abtretung etwaiger Ansprüche gegen den vormaligen Geschäftsführer der Fa. D T2 steht der Beklagten nicht zu, da beide potentielle Gesamtschuldner sind. Eine analoge Anwendung des in diesem Zusammenhang maßgeblichen § 255 BGB setzt voraus, dass der Schuldner und der Dritte - insofern abweichend - keine Gesamtschuldner sind (vgl. Fahrendorf, a.a.O., Rn. 840 f.; Fischer, in: Zugehör, Handbuch, Rn. 1094 m.w.N.; Ganter, WM 2001, Sonderbeilage Nr. 6, S. 18). Hier kommt eine Ausgleichspflicht zwischen den Gesamtschuldnern gegebenenfalls unabhängig von der Abtretung nach § 426 BGB in Betracht.

IV.

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug, §§ 286 I, 288 I BGB.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 543 Abs. 1 ZPO. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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