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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 27.09.2005
Aktenzeichen: 29 Sch 1/05
Rechtsgebiete: StGB, ZPO


Vorschriften:

StGB § 299
ZPO § 128 II
ZPO § 767
ZPO § 767 I
ZPO §§ 1061 ff
ZPO § 1062 II
ZPO § 1063 II
ZPO § 1064
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Schiedsspruch vom 28. Mai 2005 des vom Schiedsausschuss der Industrie- und Handelskammer Genf berufenen Schiedsgerichts (CCIG Case No. ###), erlassen durch S als Vorsitzenden und die Schiedsrichter C und Q, mit dem die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an den Antragsteller 306.775,20 € nebst 5 % Zinsen p.A. seit dem 5.3.1991 sowie 34.624,20 Schweizer Franken (CHF) für verauslagte Verfahrenskosten und 100.000 CHF zur Erstattung eigener Kosten zu zahlen, wird für vollstreckbar erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Gegenstandswert von 394.000,00 €.

Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 770.000,00 € abwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin die Erfüllung eines Zahlungsversprechens für ein "consulting fee" von insgesamt 3 Mill. DM aus einer Vereinbarung vom 26.4.1985. Die in englischer Sprache verfaßte Vereinbarung (Bl. 28 d.A.) bezog sich nach Ihrem Betreff-Vermerk in der vom Schiedsgericht veranlaßten Übersetzung (Bl. 4 der begl. Übersetzung des Schiedsspruchs) auf "die Beilegung der Streitigkeit im Zusammenhang mit dem 6 x 500 cbm umfassenden Meerwasserentsalzungsprojekt der Marine in C2 [Iran] zwischen J GmbH und dem Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung (Abteilung Marinebauprojekte) oder der Marine der Islamischen Republik Iran". Hinsichtlich der Entstehung der Streitigkeiten zwischen der Antragsgegnerin und den iranischen Behörden, dem Zustandekommen der Vereinbarung und ihrer teilweisen Erfüllung bzw. Nichterfüllung wird auf die unstreitigen Tatsachenfeststellungen im Schiedsspruch vom 28.5.2005 Bezug genommen.

Zur Titulierung der Restforderung von 1.056.000,00 DM zuzüglich Zinsen beantragte der Antragsteller im Jahre 1998 bei der Industrie- und Handelskammer Genf (CCIG) die Bildung eines Schiedsgerichts, gestützt auf folgende Passagen am Ende der Vereinbarung vom 26.4.1985 (Bl. 29 d.A.):

"All disputes arrising in connection with this Letter of Commitment shall be settled in accordance with the laws of conciliation and arbitration of the Geneva Chamber of Commerce.

In case of non-settlement, the dispute will be submitted for a final decision to the arbitrators of the Geneva Court of Justice.

The rules of conciliation and arbitration of the said court will be binding for both parties.

Die Antragsgegnerin ließ sich auf das Verfahren ein, beantragte aber

1. festzustellen, daß es keine gültige Schiedsverfahrensklausel gebe,

2. die Ansprüche des Antragstellers abzuweisen, sowie nach Bildung des Schiedsgerichts ein Schlichtungsverfahren einzuleiten.

Nach ergebnisloser Schlichtungsverhandlung beschloß das Schiedsgericht, über seine Zuständigkeit in einem Zwischenentscheid zu befinden. Dieser Vorgehensweise stimmten nach der unwidersprochenen Feststellung des Schiedsspruchs vom 28.5.2002 (Nr. ##) beide Parteien zu. In dem am 27.8.1999 erlassenen Zwischenschiedsspruch (Bl. 377 ff. d.A.), auf den insoweit Bezug genommen wird, kam das Schiedsgericht zu dem Ergebnis, daß es sich bei den einschlägigen Passagen in der Vereinbarung vom 26.4.1985 zwar um eine sog. "pathologische Klausel" handele, daß aber dennoch dahinter die eindeutige Absicht gestanden habe, eine Schiedsvereinbarung zu treffen, und zwar bezogen auf die führende Schiedsinstitution in Genf, und daß der Wirksamkeit dieser Vereinbarung weder die unkorrekte Bezeichnung des Schiedsgerichts noch die eigentlich beabsichtigte Zweistufigkeit des Verfahrens entgegenstünde.

Die Parteien verhandelten sodann vor dem Schiedsgericht zur Sache. Zur Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht und zum Verfahrensablauf wird auf die Festhellungen im Schiedsspruch vom 28.5.2002 (Nr. ## ff, Anlage ##) Bezug genommen. Das Schiedsgericht kam zu dem Ergebnis, daß die geforderten Beträge nach Maßgabe der Bestimmungen der Vereinbarung ungeachtet der vagen Beschreibung der vom Antragsteller erwarteten Leistungen fällig und durch die kostenlose Errichtung einer neuen Entsalzungsanlage auch nicht hinfällig geworden seien, zumal die Antragsgegnerin dessen ungeachtet danach die ersten 50 % der vereinbarten Vergütung gezahlt habe. Das Schiedsgericht hielt aber in Anwendung des vereinbarten Schweizer Rechts die Forderung hinsichtlich des ausstehenden Restbetrages aus der zweiten Rate von 456.000,00 DM für verjährt. Damit verblieb als Restanspruch nur die dritte Rate von 600.000,00 DM = 306.775,20 €. Das Schiedsgericht prüfte schließlich die Korruptionseinrede, d.h. die Ungültigkeit des Vertrages nach Art. 20 Schweiz. Obligationenrecht (OR), und verneinte sie, weil der behauptete Verwendungszweck der an den Antragsteller zu zahlenden Beträge zur Bestechung iranischer Funktionsträger weder durch die Aussagen der von der Antragsgegnerin gestellten Zeugen noch indiziell aus den Umständen bewiesen sei. Zur Argumentation des Schiedsgerichts im Einzelnen und zur Berechnung der Kostenerstattungsansprüche wird auf den Schiedsspruch Bezug genommen.

II.

Nach fruchtloser Aufforderung der Antragsgegnerin zur Zahlung der vom Schiedsgericht ausgeurteilten Beträge hat der Antragsteller mit am 21.3.2005 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs beantragt. Die Antragsgegnerin ist dem im wesentlich mit folgenden Einwendungen entgegengetreten: Es fehle an einer wirksamen Schiedsvereinbarung, weil die Klausel widersprüchlich formuliert sei und der mitunterzeichnende Dr. L sie für eine Gerichtsstandsklausel gehalten habe. Die Vollstreckung des Schiedsspruchs würde der deutschen öffentlichen Ordnung widersprechen, weil er zum einen unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin zustande gekommen sei, indem das Schiedsgericht den Zeugen Dr. L zur Frage der wirksamen Schiedsklausel nicht gehört habe, und weil zum andern die Vereinbarung vom 26.4.1985 wegen der alleinigen Zweckbestimmung der Finanzierung von Bestechungen sittenwidrig sei. Im Hinblick auf die nunmehr auch auf Handlungen im ausländischen Wettbewerb ausgedehnte Strafandrohung in § 299 StGB bestünde jedenfalls ein Vollstreckungshindernis analog § 767 I ZPO.

Der Senat hat nach Maßgabe des § 1063 II ZPO die mündliche Verhandlung anberaumt und ist anschließend mit Einverständnis der Parteien unter Fristsetzung für abschließendes schriftsätzliches Vorbringen ins schriftliche Verfahren übergegangen. Die Antragsgegnerin beantragt nunmehr hilfsweise

1. die mündliche Verhandlung fortzusetzen und den Zeugen Dr. T zu vernehmen,

2. die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

III.

1. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des im Beschlußtenor genannten Schiedsspruchs ist gemäß §§ 1061 ff ZPO i.V.m. dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II 121) stattzugeben. Die Zuständigkeit des OLG Hamm ergibt sich aus § 1062 II ZPO. Die formellen Antragsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Antragstellerin hat legalisierte Urschriften des Schiedsspruchs vom 28.5.2002 und des Zwischenschiedsspruchs vom 27.8.1999 sowie beglaubigte Übersetzungen vorgelegt. Zwar ist die Urkunde mit der Schiedsklausel erst von der Antragsgegnerin und nur in einfacher Ablichtung eingereicht worden. Das ist jedoch ausreichend, weil die strengeren Anforderungen des Art. IV (1) UN-Übk. gemäß Art. VII UN-Übk. hinter denen des § 1064 ZPO zurücktreten (BGH IHR 2003, 298; BayObLG RIW 2001, 140; Zöller/ Geimer, ZPO, 25. Aufl., Anh § 1061, Art. IV UN-Übk. Rz. 4). Im Übrigen sind die Förmlichkeiten verzichtbar, wenn - wie hier - die Authentizität der vorzulegenden Urkunden unstreitig ist (BGH NJW 2001, 1730; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Aufl., § 1061 Rz. 6). Demgemäß genügt auch die Übersetzung der Vereinbarung vom 26.4.1985 unter Nr. 11 der übersetzten Fassung des Schiedsspruchs.

2. Der Vollstreckbarerklärung stehen keine Versagungsgründe nach Maßgabe des Art. V UN-Übk. entgegen. Das Schiedsgericht war aufgrund einer wirksamen Schiedsvereinbarung zur Entscheidung berufen und deren Vollstreckbarerklärung widerspricht nicht der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. V (2) b UNÜbk. Der Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragsgegnerin durch Nichtausschöpfung von Beweismöglichkeiten ist ebenso wenig begründet wie der Einwand der Sitten- und Gesetzeswidrigkeit der Vereinbarung.

IV.

1. Die Vereinbarung vom 26.4.2005 enthält im Kontext von Rechtswahl- und Zuständigkeitsvereinbarung eine Schiedsklausel.

a) Das ergibt sich zum einen aus den Feststellungen im Zwischenschiedsspruch vom 27.8.1999 in Anwendung der Auslegungsgrundsätze des schweizerischen Rechts (Art. 18 OR), an der die Antragsgegnerin sich festhalten lassen muß. Sie hat sich damit einverstanden erklärt und daran mitgewirkt, daß sich ein Schiedsgericht nach Maßgabe der Schiedsordnung der Industrie- und Handelskammer Genf konstituieren konnte, daß dieses zunächst einen Schlichtungsversuch durchführte und daß es dann in einem Zwischenentscheid über seine Zuständigkeit befand. Das Schiedsgericht hatte also keine Veranlassung, sich auf seine Kompetenz-Kompetenz nach Art. 186 (1) schweiz. IPR-Gesetz zu berufen. Die Antragsgegnerin hat anschließend vorbehaltslos zur Sache verhandelt, obwohl ihr die Möglichkeit der Anfechtung des Zwischenschiedsspruchs nach Art. 190 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 b. IPRG offen stand. Im Falle eines Vorbehalts wäre für den Antragsteller von vornherein klar gewesen, daß er im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vor den deutschen Gerichten mit einer Prüfung des Einwands fehlender Schiedsvereinbarung rechnen mußte, und er hätte entscheiden können, ob er der Argumentation der Antragsgegnerin folgend sich an die staatliche Gerichtsbarkeit wenden sollte. Es widerspricht dem im vorliegenden Verfahren vor einem deutschen Gericht geltenden Gebot redlicher Prozeßführung (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, Einl Rz. 56), wenn die Antragsgegnerin einerseits ihre Beteiligungsmöglichkeit bei der Zuständigkeitsprüfung im Schiedsverfahren ausschöpft, die ihr nachteilige Entscheidung nicht durch die zuständige staatliche Gerichtsbarkeit überprüfen läßt und sich weiter am Schiedsverfahren in der Hauptsache beteiligt, dann aber im Stadium der Vollstreckbarerklärung wieder zum Einwand fehlender Schiedsklausel zurückkehrt (vgl. Senatsbeschluß v. 29.10.2004 - 29 Sch 1/04).

b) Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, nach der Neuregelung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens durch das SchiedsVfG vom 22.12.1997 komme keine Präklusion mehr in Betracht (ebenso z.B. OLG Schleswig RIW 2000, 706, 708; BayObLG NJW-RR 2001, 431, 432; OLG Celle IHR 2004, 83, 85), ist dem entgegenzuhalten, daß es im vorliegenden Fall nicht um den schlichten Nichtgebrauch eines Rechtsmittels bei der für den Schiedsgerichtsort zuständigen staatlichen Gerichtsbarkeit geht, sondern um den Vorwurf unredlichen Prozeßverhaltens, wenn nach Mitwirkung bei einem Zwischenverfahren zur Überprüfung des Einwands und anschließender vorbehaltloser Verhandlung zur Hauptsache die Zuständigkeitsrüge erst im Vollstreckbarerklärungsverfahren wieder aufgegriffen wird, so daß der Antragsteller gar keine Chance hat, dem Einwand durch vorsorgliche Inanspruchnahme der staatlichen Gerichtsbarkeit Rechnung zu tragen. Im Übrigen kann nicht von einer durch Mehrheitsmeinung gesicherten Erkenntnis ausgegangen werden, daß das UN-Übk. eine Präklusion des Anerkennungsgegners mit der Geltendmachung von Versagungsgründen jedenfalls für Fallgestaltungen wie die vorliegende ausschließt (vgl. z.B. Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl., § 16 Rz. 121; BGH RIW 2001, 458, 460 zur Obliegenheit rechtzeitiger Rüge der Befangenheit des Schiedsrichters).

c) Der Zwischenschiedsspruch ist auch nicht zu beanstanden, also anerkennungsfähig, was in diesem Verfahren nach Maßgabe von § 1061 ZPO i.V.m. dem UN-Übereinkommen inzidenter zu prüfen ist (vgl. Geimer, IZPR, 5. Aufl., Rz. 3879). Darauf hat der Senat hingewiesen und das war auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der vorzulegenden Urkunden kann auf die Ausführungen zu III.1 Bezug genommen werden. Der Einwand der unwirksamen Schiedsvereinbarung (Art. V Abs. 1 c UN-Übk.) greift insoweit nicht, weil das Einverständnis der Antragstellerin mit dem Zwischenverfahren und ihre Mitwirkung ungeachtet aller Vorbehalte gegen die Einleitung des Schiedsverfahrens nicht anders verstanden werden können, als daß sie mit dem Tätigwerden des Schiedsgerichts zumindest bis zum Erlaß des angekündigten Zwischenschiedsspruchs einverstanden war. Wie die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entgegen ihrem schriftsätzlichen Vorbringen eingeräumt hat, hat sie sich im Zwischenverfahren nicht auf das Zeugnis des Dr. L berufen, so daß der Einwand übergangenen Beweisantritts hinfällig geworden ist. Weitere Einwände gegen den Zwischenschiedsspruch hat die Antragsgegnerin nicht erhoben; von Amts wegen zu berücksichtigende Versagungsgründe sind nicht ersichtlich. Aus der Anerkennung des Teilschiedsspruchs ergibt sich seine Verbindlichkeit zwischen den Parteien.

2. Der Einwand fehlender bzw. unwirksamer Schiedsvereinbarung ist aber auch in der Sache nicht begründet. Der Senat stimmt dem Auslegungsergebnis des Zwischenschiedsspruchs zu.

a) Maßgeblich sind nach dem anzuwendenden Schweizer Recht ebenso wie nach deutschem Recht der wirkliche Wille der Erklärenden und die Sicht des Erklärungsempfängers (Schweizer Bundesgericht BGE 116 IA 56, 58.; BGE 129 III 675, 680). Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragstellers stammt die Formulierung aus dem Hause der Antragstellerin, wofür auch die Verwendung von Firmenpapier und der Vermerk "angenommen" über dem Namensfeld für den Antragsteller sprechen. Nach der persönlichen Erklärung des Antragstellers am 9.5.2001 vor dem Schiedsgericht ist ihm der Text nach Teheran übersandt worden (Bl. 365), wofür auch die Formulierung als Brief spricht. Die vom Senat in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage, wo der Antragsteller die Vereinbarung unterzeichnet hat, ist auch in den nachgelassenen Schriftsätzen unbeantwortet geblieben. Der Antragsteller hat die Passage als Schiedsklausel verstanden, und das konnte er auch. Die Verweisung auf eine abschließende Entscheidung von "arbitrators" läßt keinen Raum für die Annahme, es handele sich um eine Zuständigkeitsvereinbarung zugunsten staatlicher Gerichte.

b) Es kommt daher nicht darauf an, ob die Zuständigkeit der Cour de Justice in Genf angesichts ihrer primären Funktion als Berufungsgericht überhaupt vereinbar gewesen wäre. Die falsche Bezeichnung des Trägers der Schiedsgerichtsbarkeit ist unschädlich, weil eine andere Institution als die Industrie- und Handelskammer Genf im Jahre 1985 bei Abschluß der Vereinbarung nicht in Betracht kam. Auch bei Einleitung des Schiedsverfahrens im Jahre 1998 hat die Antragsgegnerin nicht den nunmehr mit Schriftsatz vom 15.8.2005 eingeführten - Einwand der mangelnden Bestimmtheit des berufenen Schiedsgerichts wegen der Existenz des International Commercial and Industrial Arbitration Court erhoben. Zu der Zweistufigkeit des Verfahrens mit Schlichtung und (Schieds-) Gerichtsverfahren ist es tatsächlich gekommen. Solche Zweistufigkeit ist eine häufige Erscheinung in Schiedsgerichtsvereinbarungen, dagegen ist es äußerst ungewöhnlich, eine Schlichtung nach Schiedsverfahrensrecht mit einer abschließenden Entscheidung durch die staatlichen Gerichte zu verbinden. Soweit die unfachmännische Formulierung Interpretationsbedarf aufwarf, stand der geltungserhaltenden Interpretation, wie sie das Schiedsgericht praktiziert hat, nichts entgegen (vgl. BGE 116 IA 58; BGE 129 III 675; BGE 130 III 66, 72; Wenger in Honsell/Vogt/Schnyder, Kommentar zum Schweiz. Privatrecht: Internationales Privatrecht, Basel/Frankfurt 1996, Art. 178 Rz. 50). Die Klausel hat keine nichtigkeitsanfälligen Teile, so daß es gar nicht darauf ankommt, daß nach Art. 20 OR abweichend vom deutschen Recht die Regelvermutung zur Restgültigkeit und nicht zur Gesamtnichtigkeit führt.

c) Was die Verfasser der fraglichen Passage im Hause der Antragsgegnerin sich gedacht haben, ist unbekannt, aber auch irrelevant, weil die Antragsgegnerin nicht behauptet hat, daß es dazu im Beisein des Antragstellers Äußerungen oder gar Erklärungen gegeben hat. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung nicht die schriftsätzliche Behauptung (sub 3.3. des Schriftsatzes vom 7.6.2005, Bl. 88 d.A.) aufrechterhalten, daß zwischen Dr. L und dem Antragsteller offen gelegte Einigkeit über die Anrufung der Cour de Justice als staatlichem Gericht zur abschließenden Entscheidung nach gescheiterter Schlichtung bestand. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob Dr. L als einer der Unterzeichner auf Seiten der Antragsgegnerin für sich tatsächlich von einer Gerichtstandsklausel und nicht von einer Schiedsklausel ausgegangen ist. Eine abweichende Vorstellung des zweiten Unterzeichners Herrn M hat die Antragstellerin überhaupt nicht behauptet.

V.

Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs widerspricht nicht der deutschen öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. V (2) b UN-Übk.

1. Das betrifft zum einen den verfahrensrechtlichen Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Antragstellerin durch Nichtausschöpfung ihrer Beweisangebote, und zwar des Angebots auf Vernehmung des Dr. L. Soweit das die Frage der wirksamen Schiedsvereinbarung betrifft, braucht darauf nicht weiter eingegangen zu werden, weil der Zeuge nach dem in der mündlichen Verhandlung von der Antragstellerin bestätigten Vortrag der Gegenseite zu dieser Frage im ganzen Schiedsverfahren gar nicht benannt worden ist. Soweit er - zu anderen Fragen - benannt worden ist, hat die Antragstellerin ihn förmlich gegen Dr. T ausgewechselt, ohne sich seine zusätzliche Vernehmung in irgendeiner Form vorzubehalten. Insoweit wird auf die dezidierte Darlegung des Antragstellers im Schriftsatz vom 13.7.2005 (ab Bl. 129 d.A.) Bezug genommen. Die Antragsgegnerin hatte danach keine Veranlassung zu erwarten, daß das Schiedsgericht doch noch die Vernehmung des zum Erscheinen in Genf nicht bereiten Zeugen im Wege der Rechtshilfe einleiten würde. Die Behauptung der Antragsgegnerin (Schriftsatz v. 7.6.2005, zu 4.5, Bl. 90 d.A.), das Schiedsgericht habe im Bewußtsein der möglichen Entscheidungsrelevanz auf die Vernehmung des Dr. L verzichtet, hat jedenfalls im Schiedsspruch keinerlei Niederschlag gefunden. Das ergibt sich namentlich nicht aus den in Bezug genommenen Ausführungen unter Nr. ## und ## des Schiedsspruchs. Wenn die Antragsgegnerin ungeachtet ihres laut Schriftsatz vom 29.1.2001 (Bl. 284 d.A.) zur Verfahrensförderung erklärten Verzichts doch noch auf den Zeugen zurückkommen wollte, hätte sie das nach Art. 184 II IPRG mit Zustimmung des Schiedsgerichts selbst in die Wege leiten können.

2. Der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs steht ebenso wenig der Bestechungseinwand entgegen, wenngleich er grundsätzlich geeignet ist, den Vorwurf der Ordre-public-Widrigkeit zu rechtfertigen (vgl. OLG Hamburg v.12.3.1998, IPRspr. 1999 Nr. 178; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anhang § 1061 Rz. 143).

a) Schon der Sachvortrag der Antragsgegnerin dazu ist ungenau. Die Behauptung, der Schiedsspruch "verurteile zur Zahlung von Bestechungsgeldern", geht am unstreitigen tatsächlichen Geschehensablauf vorbei, denn selbst die Antragsgegnerin behauptet nicht, daß der Antragsteller mit dem Geld auf Bestechungszusagen beruhende Schulden begleichen muß. Der Einwand der Antragsgegnerin kann also allenfalls dahingehend verstanden werden, daß die dem Antragsteller zugesagte Vergütung zu einem wesentlich Teil Aufwendungsersatz für von ihm durchgeführte Bestechungen/Schmierungen enthält oder die Vergütung zum Zwecke von Bestechungen bestimmt war, zu denen es - aus welchen Gründen auch immer - nicht gekommen ist. Die zweite Alternative scheint die Antragsgegnerin sich nunmehr im Schriftsatz vom 13.9.2005 zu eigen gemacht zu haben.

Das Schiedsgericht hat diesen Punkt als Korruptionsvorwurf abgehandelt, ausgehend von der erst in einem späteren Stadium des Schiedsverfahrens aufgestellten Behauptung der Antragsgegnerin, Zweck der Vereinbarung sei die Bestechung der zuständigen iranischen Beamten gewesen, um ihre Zustimmung zu einem neuen Vertrag zu erhalten (Nr. ## des Schiedsspruch). Es ist dem Vorwurf unter der Prämisse nachgegangen, daß ein Vertrag, der seinem Zweck nach oder einem seiner Zwecke nach auf Korruption / Bestechung abzielt, nach Art. 20 OR wegen des widerrechtlichen oder gegen die guten Sitten verstoßenden Inhalts nichtig ist. Das Schiedsgericht hat festgestellt, daß lediglich der Zeuge T dazu eindeutige Angaben gemacht habe, die aber - unabhängig von Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des Zeugen - allenfalls einen Hinweis auf einschlägige Absichten der Parteien geboten hätten. Darüber hinaus könne das Geheimhaltungsinteresse darauf hindeuten, daß es eine Korruptionsabsicht zu verbergen gab. Das Schiedsgericht ist dann an Hand verschiedener Kriterien dem Korruptionseinwand weiter nachgegangen, und zwar bezüglich der unbestimmten Umschreibung des Antragstellers zu den von ihm erwarteten und ausgeübten Tätigkeiten und zu deren Dauer sowie an Hand der Höhe des Honorars und der späten Einleitung des Schiedsverfahrens zur Durchsetzung der Ansprüche.

b) Es kann dahinstehen, ob das mit der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs befaßte Gericht bei der Prüfung des materiellrechtlich begründeten Einwands der Orde-public-Widrigkeit wegen des auch in diesem Verfahren geltenden Verbots der revision au fond Einschränkungen unterliegt (vgl. OLG Hamburg, IPRspr. 1999 Nr. 178), weil der Senat nach vollumfänglicher Prüfung der vom Schiedsgericht getroffenen Feststellungen und des Vortrags der Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren der Bewertung des Schiedsgerichts im Ergebnis zustimmt. Die Antragsgegnerin hat im Vollstreckbarerklärungsverfahren keine Beweisanträge gestellt, die über die vom Schiedsgericht erhobenen Beweise hinausgehen. Sie hat sich ausschließlich auf die Aussage des Zeugen T berufen. Der Beweisantritt durch Vernehmung des Zeugen Dr. L ist - wiederum - ebenso zurückgezogen worden, wie der auf erneute Vernehmung des Zeugen M. Das wirft die in der mündlichen Verhandlung allenfalls spekulativ beantwortete Frage auf, warum die Antragsgegnerin von drei möglichen Zeugen ausgerechnet nur den benennt, der vom Beweisthema am wenigsten wissen kann.

Der Zeuge T ist vor dem Schiedsgericht - wie das vorgelegte Wortprotokoll ausweist - ausführlich vernommen worden. Zur erneuten Vernehmung dieses Zeugen besteht kein Anlaß, zumal die Antragsgegnerin keinerlei Unzulänglichkeiten der schiedsgerichtlichen Beweisaufnahme geltend macht. Das betrifft sowohl das als sog. Kreuzverhör durchgeführte Verfahren als auch die gestellten Fragen. Die Würdigung der Zeugenaussage durch das Schiedsgericht ist nicht zu beanstanden. Der Zeuge mag nach dem bei einer Besprechung Gehörten geglaubt haben, daß die vom Antragsteller genannten Beträge jedenfalls auch zu Bestechungszwecken eingesetzt werden sollten und das mag nach seinen Erfahrungen und der Praxis der Antragsgegnerin in vergleichbaren Fällen auch nahe liegen, aber das läßt mangels Tatsachengrundlage keinen zwingenden Rückschluß auf die Berechtigung dieses Vorwurfs im vorliegenden Fall zu.

c) Die weiteren Indizien können auch in Verbindung mit der protokollierten Aussage des Zeugen T den Bestechungseinwand nicht über die Qualität eines Verdachts hinausheben. Auch insoweit ist die Beurteilung durch das Schiedsgericht nicht zu beanstanden. Der vom Schiedsgericht zugrunde gelegte Prüfungsmaßstab unterscheidet sich nicht von dem für die Prüfung der Ordre-public-Widrigkeit durch den Senat anzulegenden Maßstab. Daß die vom Antragsteller erwartete Tätigkeit recht vage geblieben ist, ist auch deshalb wertneutral, weil man auf Seiten der Antragsgegnerin offenbar ganz genau wußte, was man vom Antragsteller erwartete, wie sich aus der protokollierten Aussage des Zeugen M ergibt, der von wiederholten Beschwerden des operativ führenden Dr. L über die Untätigkeit des Antragstellers berichtet hat. Der Zeuge M hat den Antragsteller in seiner durch die Vereinbarung bedingten Funktion als "advisor, consultant" oder "assistent" bezeichnet. Die von der Antragsgegnerin aus dem Wortlaut der Vereinbarung gezogenen Schlüsse sind reine Spekulation. Im Hinblick auf die Angaben des Zeugen M, daß Vereinbarungen, die die Einflußnahme auf Geschäftspartner in orientalischen Ländern zum Gegenstand haben, höchst vertraulicher Natur und grundsätzlich nur mündlich zu treffen sind, spricht die Schriftlichkeit der Vereinbarung eher gegen den von der Antragsgegnerin beanspruchten indiziellen Aussagewert einzelner Formulierungen. Es gibt auch kein hinreichend beweiskräftiges Indiz aus der Höhe des dem Antragsteller zugesagten Betrages. Die Antragsgegnerin wollte, wie sie selbst vorträgt, zum einen Ansprüche von bis zu 200 Mill. DM abwehren, zum anderen wollte sie im Iran-Geschäft bleiben. Das kann auch ein Beraterhonorar von 3 Mill. DM rechtfertigen. Beide Ziele sind erreicht worden, wenngleich streitig ist, wie viel der Antragsteller dazu beigetragen hat. Läßt sich - wie häufig - nicht mit hinreichender Sicherheit klären, ob es sich um die Erstattung planmäßig verausgabter oder zu verausgabender Bestechungsgelder oder um eine Vermittlungsprovision handelt, ist im Zweifel von einer erlaubten Vermittlungsprovision auszugehen (Stein/ Jonas/Schlosser, Anhang § 1061 Rz. 140).

VI.

Dem auf § 767 ZPO gestützten Hilfsantrag der Antragsgegnerin kann nicht stattgegeben werden. Es kann dahinstehen, inwieweit sich die Antragsgegnerin zur Verweigerung der Erfüllung aus einem im Jahre 1985 geschlossenen und dem Schweizer Recht unterstellten Vertrag überhaupt auf § 299 StGB berufen kann, denn die titulierte Zahlungsverpflichtung läßt sich nach dem festgestellten Sachverhalt nicht unter diese Strafbestimmung subsumieren. Die Vereinbarung hat nach den Feststellungen des Schiedsgerichts auf der Grundlage des vom Senat geteilten Ergebnisses der Beweisaufnahme auch keinen widerrechtlichen Inhalt im Sinne des Schweizer Rechts und sie verstößt nicht gegen die guten Sitten im Sinne von Art. 20 OR. Damit kann auch dahinstehen, ob die Antragsgegnerin mit diesem Begehren an die zwischen den Parteien für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag vereinbarte Schiedsgerichtsbarkeit zu verweisen wäre, wie der Antragsteller geltend gemacht hat.

VII.

§ 1063 II ZPO steht der Anwendung von § 128 II ZPO nicht entgegen (vgl. Thomas/ Putzo/Reinhold, § 128 Rz. 21 f). Es bestand nach der mündlichen Verhandlung Anlass, den Parteien die Gelegenheit zur (ergänzenden) Beantwortung einiger Fragen zu geben, die sich vor allem auf den Einwand der fehlenden Schiedsabrede bezogen. Entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 13.9.2005 (sub 5.) hat der Senat sie nicht aufgefordert, den Vortrag zum Bestechungsvorwurf zu ergänzen. Es bestand daher auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen und in eine Beweisaufnahme einzutreten, zumal die Antragsgegnerin auch nichts Neues mehr vorgetragen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Abwendungsbefugnis auf § 711 ZPO analog.

Der beantragten Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es nicht, weil sie gemäß den §§ 1065, 574 I Nr. 1 ZPO von Gesetzes wegen statthaft ist. Über die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 II ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht zu entscheiden (Zöller/Gummer, § 574 Rz. 11).

Ende der Entscheidung

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