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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 31.08.2004
Aktenzeichen: 29 U 19/04
Rechtsgebiete: HGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 1 Abs. 1
HGB § 343
HGB § 377
HGB § 377 Abs. 1
HGB § 377 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Zi. 1
1. Zeichnet sich der "Vermieter" in einem "Mietkaufvertrag" gegenüber dem unternehmerischen "Mieter" von seiner Sachmängelhaftung unter Abtretung der Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag und Übertragung Untersuchungs- und Rügeobliegenheit frei, erlöschen die Gewährleistungsansprüche nach § 377 II HGB, wenn weder "Vermieter" noch "Mieter" Mängel unverzüglich rügen.

2. Eine Verpflichtung zur Installation und Konfiguration eines Thermodruckers und zur Lieferung von Farbbändern besteht bei einem Kaufvertrag nur bei ausdrücklicher oder konkludenter Vereinbarung.

3. Die Frist zur Untersuchung und Rüge beginnt mit der Ablieferung, bei einem Drucker also spätestens mit der Lieferung der bestellten Farbbänder; die Prüfungsfrist beträgt bei einem Thermodrucker höchstens 3 Wochen.

4. Eine Mängelrüge, die lediglich bemängelt, das Gerät sei "nicht einsatzbereit" bzw. "nicht funktionsfähig", ist zu unbestimmt.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. November 2003 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: A. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf teilweise Rückabwicklung eines Liefervertrages über einen Thermodrucker nebst Zubehör wegen eines Sachmangels in Anspruchs. Sie hat die Zahlung von 17.466,12 EUR an die Zedentin, die Fa. H-GmbH, Zug um Zug gegen Rückgabe der Waren verlangt. Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils, durch das das Landgericht der Klage stattgegeben hat, wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Zi. 1 ZPO Bezug genommen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie behauptet: Der Drucker weise keine Sachmängel auf. Er sei in der Lage, Hochglanzetiketten zu bedrucken, Hochglanzetiketten in Fotoqualität und wischfeste Drucke in Hochglanzqualität herzustellen. Über den Verwendungszweck des Druckers hätten die Parteien nicht gesprochen. Im übrigen habe die Klägerin das geltend gemachte Rücktrittsrecht nach § 377 Abs. 2 HGB verloren, denn sie habe die behaupteten Mängel zu spät gerügt. Die Beklagte beantragt, das am 12. November 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Essen abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näherer Begründung. Sie trägt vor, ihre Mängelrüge sei nicht verspätet, da die Beklagte ihre Verpflichtung, den Drucker ordnungsgemäß zu installieren, nicht erfüllt habe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen. B. I. Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht wegen der behaupteten Sachmängel des Thermodruckers kein Anspruch auf teilweise Rückabwicklung des Liefervertrages zu. Ansprüche wegen dieser Mängel sind nach § 377 Abs. 2 HGB ausgeschlossen. 1. Der Klägerin stehen wegen Sachmängeln des Druckers aufgrund der Abtretung der Fa. H GmbH die Mängelansprüche aus dem Kaufvertrag zu, den die Fa. H GmbH mit der Beklagten geschlossen hat. Für die Fa. H GmbH galt die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB, denn bei diesem Kaufvertrag handelte es sich sowohl für sie als auch für die Beklagte um ein Handelsgeschäft i. S. des § 343 HGB. Beide sind Kaufleute i. S. des § 1 Abs. 1 HGB. Für beide gehörte der Kaufvertrag über den Drucker zum Betrieb ihrer Handelsgewerbe. Deshalb kann die Klägerin die Mängelansprüche, die ihr die Fa. H GmbH abgetreten hat, nur dann mit Erfolg geltend machen, wenn die Fa. H bzw. die Klägerin für die Zedentin die Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gemäß § 377 HGB erfüllt haben (vgl. Beckmann, in: Büschgen, Praxishandbuch Leasing, § 10 Rz. 53 a). 2. Weder die Klägerin noch die Fa. H haben diese Obliegenheit hinreichend erfüllt. Die behaupteten Mängel sind nicht unverzüglich gerügt worden. Zudem sind die in der Rüge vom 4.2.2003 geltend gemachten Mängel nicht hinreichend bestimmt bezeichnet. a) Nach § 377 Abs. 1 HGB hat der Empfänger die gelieferte Sache unverzüglich nach ihrer Ablieferung zu untersuchen, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist. Die Ablieferung i. S. des § 377 Abs. 1 HGB ist erfolgt, wenn der Verkäufer die Sache dem Käufer in der Weise zugänglich gemacht hat, daß dieser sie prüfen und untersuchen kann. Sie setzt voraus, daß der Verkäufer seine Lieferpflicht - einschließlich eventueller Montage- und Installationspflichten - vollständig erfüllt hat (Grunewald, in: Münchener Kommentar zum HGB, § 377 Rz. 23; Baumbach-Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 377 Rz. 5 f.). Die Beklagte hat - auf Geheiß der Fa. H - der Klägerin den Drucker am 18.12.2002 nebst bestelltem Zubehör vollständig ausgeliefert. Allerdings befanden sich bei dieser Lieferung keine Farbbänder für den Drucker. Deren Lieferung schuldete die Beklagte seinerzeit mangels entsprechender Vereinbarung nicht. Zum Lieferumfang eines für gewerbliche Zwecke bestimmten Farbdruckers wie des hier in Rede stehenden gehören Farbbänder, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht. Für einen solchen Drucker stehen, wie die Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat und sich aus dem Prospekt der Fa. U GmbH ergibt, zahlreiche verschiedenfarbige, verhältnismäßig teure Farbbänder zur Verfügung. Dem Verkäufer eines solchen Druckers ist nicht ohne weiteres bekannt, in welchen Farben der Käufer die Farbbänder benötigt. Deshalb und wegen ihrer Kosten ist er nur dann verpflichtet, den Drucker mit Farbbändern auszuliefern, wenn er dies mit dem Kunden vereinbart hat. Daß Farbbänder grundsätzlich nicht zum Lieferumfang von Druckern des hier verkauften Typs gehören, sondern gesondert zu bestellen und zu vergüten sind, ergibt sich auch aus dem Angebot der Fa. C vom 26.6.2002 und dem genannten Prospekt der Fa. U GmbH. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Drucker zu installieren oder zu konfigurieren. Eine entsprechende Verpflichtung hat sie weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber der Fa. H GmbH übernommen. Eine Pflicht zur Installation von Hard- und/oder Software trifft den Lieferanten nur im Fall einer entsprechenden Vereinbarung. Sie braucht nicht ausdrücklich getroffen werden, sondern kann sich auch aus den Umständen des Vertragsschlusses ergeben (vgl. Beckmann, a. a. O., § 16 Rz. 56). Hier haben die Parteien bzw. die Fa. H GmbH eine Verpflichtung der Beklagten zur Installation des Druckers weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart. Die Fa. H bzw. die Klägerin hätten den Drucker bis spätestens zum 25.1.2003 untersuchen und eventuelle Mängel spätestens an diesem Tag rügen müssen. Zur Erfüllung seiner Obliegenheit gemäß § 377 Abs. 1 HGB hat der Empfänger die Sache unverzüglich nach der Ablieferung zu untersuchen. Im Interesse der Schnelligkeit des Handelsverkehrs gelten insoweit strenge Anforderungen. Schon eine geringe, bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang vermeidbare Nachlässigkeit führt zur Verspätung der Rüge. Der insoweit geltende Maßstab ist objektiv; auf die individuellen Fähigkeiten des Empfängers kommt es nicht an. Fehlt ihm für die Untersuchung die erforderliche Sachkunde, muß er einen Fachkundigen hinzuziehen (Baumbach-Hopt, a. a. O., § 377 Rz. 23). Eine Verlängerung der Rügefrist wegen der Auslieferung des Druckers unmittelbar an die Klägerin - auf Geheiß der Fa. H - kommt vorliegend nicht in Betracht. Auch die Klägerin ist Kaufmann i.S.d. § 1 Abs. 1 HGB. Durch die unmittelbare Auslieferung der Waren an die Klägerin ist ein "Zeitverlust" auf der Käuferseite nicht eingetreten. Am 3.1.2003 hätte die Klägerin mit der Untersuchung des Druckers beginnen können. An diesem Tag hat ihr die Fa. U GmbH die Farbbänder für den Drucker ausgeliefert. Um einen Drucker wie den hier in Rede stehenden eingehend untersuchen und Mängel wie die hier geltend gemachten feststellen zu können, ist - jedenfalls für ein Unternehmen, das wie die Klägerin eigene Drucker einsetzt und Drucke herstellt - ein Zeitraum von drei Wochen vollkommen ausreichend. Bei unzureichenden Druckergebnissen und sehr aufwendigen Bedienungsverfahren handelt es sich um verhältnismäßig leicht erkennbare Mängel. Bei einer dreiwöchigen Prüfung des Druckers können sie nicht übersehen werden, zumal die Klägerin seit längerem eigene Drucker zum Druck von Etiketten einsetzt und ihre Mitarbeiter O und Q ausweislich ihrer Aussagen vor dem Landgericht über entsprechende Fachkenntnisse verfügen. Durchgreifende Gründe, warum die Klägerin die geltend gemachten Mängel nicht spätestens bis zum 25.1.2003 gerügt hat, sind nicht ersichtlich. Die Mängelrüge vom 4.2.2003 war deshalb nicht mehr unverzüglich i. S. des § 377 Abs. 1 HGB. b) Die Fa. H bzw. die Klägerin haben das geltend gemachte Rücktrittsrecht auch deshalb nach § 377 Abs. 2 HGB verloren, weil in ihrer Rüge vom 4.2.2003 die behaupteten Mängel nicht hinreichend bestimmt bezeichnet sind. In seiner Rüge muß der Käufer den geltend gemachten Mangel so bestimmt bezeichnen, daß der Verkäufer ihr Art und Umfang des Mangels entnehmen und die Beanstandung auf ihre Berechtigung prüfen kann. Deshalb muß der Käufer nach ständiger Rechtsprechung des BGH in seiner Rüge Art und Umfang der geltend gemachten Mängel zumindest allgemein bezeichnen (BGH NJW 1996, 2228; Baumbach-Hopt, a. a. O., § 377 Rz. 42). Diesen Anforderungen entspricht die Rüge der Klägerin vom 4.2.2003 nicht. Darin hat sie lediglich pauschal ausgeführt, der Drucker sei "nicht einsatzbereit" bzw. "nicht funktionsfähig." Daß der Drucker keine Etiketten in Foto- bzw. in Hochglanzqualität drucken kann und seine Bedienung derart aufwendig ist, daß sie nur von einem Fachmann vorgenommen werden kann, ist dieser Rüge nicht ansatzweise zu entnehmen. 3. Da die geltend gemachten Mängel weder unverzüglich noch hinreichend bestimmt gerügt worden sind, gilt der Drucker gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt, d. h. als vertragsgemäß. Deshalb scheidet wegen der behaupteten Mängel ein Rücktritt von dem Kaufvertrag aus.

Ende der Entscheidung

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