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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 3 (s) Sbd. I - 49/07
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 229
Das Erwachsenengericht darf eine Sache nur an ein gleichrangiges Jugendgericht abgeben, nicht aber an ein Jugendgericht niederer Ordnung. Bei einem Jugendschöffengericht handelt es sich im Verhältnis zu einer Strafkammer um ein Gericht niederer Ordnung.
Beschluss

Strafsache

gegen P.G

wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, (hier: Bestimmung des zuständigen Gerichts).

Auf die Vorlage der Akten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 09. 2007 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die 2. große Strafkammer des Landgerichts Paderborn ist für die weitere Durchführung des Verfahrens zuständig.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Paderborn hat unter dem 16.04.2007 gegen den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen Anklage vor der großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn erhoben. Durch Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 02.05.2007 wurde die Anklage ohne Abänderungen zugelassen und das Hauptverfahren vor der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn eröffnet.

Durch Beschluss vom 06.07.2007 legte die große Strafkammer die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem Jugendschöffengericht Höxter zur Übernahme gemäß §§ 225 a, 209 a StPO vor. Zur Begründung führte sie aus, die Kammer halte die sachliche Zuständigkeit des Jugendschöffengerichts Höxter für begründet. Der Angeklagte sei Heranwachsender.

Durch Beschluss vom 12.07.2007 lehnte der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts Höxter die Übernahme des Verfahrens ab und führte zur Begründung aus, bei dem Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Höxter handele es sich im Verhältnis zu der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn nicht um ein höheres Gericht i.S. der §§ 225 a, 209 a StPO. Die Akten wurden an das Landgericht Paderborn zurückgesandt. Durch Verfügung vom 20.07.2007 hat der Vorsitzende der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn die Sache über die Staatsanwaltschaft Paderborn zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Oberlandesgericht Hamm vorgelegt.

II.

1.

Die Vorlage an das Oberlandesgericht Hamm zur Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zulässig. Zwar liegt hier kein örtlicher Kompetenzkonflikt i.S. der §§ 14, 19 StPO vor. Die vorgenannten Vorschriften sind jedoch entsprechend anzuwenden bei einem negativen sachlichen Kompetenzstreit, wenn sonst kein anderer Ausweg besteht, dem Verfahren Fortgang zu geben. Solch ein Fall ist hier gegeben. Denn gegen den die Übernahme ablehnenden Beschluss des Gerichts, dem die Sache vorgelegt worden ist, ist ein Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft nicht gegeben (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Aufl., § 225 a Rdnr. 24 m.w.N.). Auch dem Angeklagten steht gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel zu, da er durch die Ablehnung der Übernahme nicht beschwert ist.

2.

Auf die somit zulässige Vorlage war die 2. große Strafkammer des Landgerichts Paderborn als das für das weitere Verfahren zuständige Gericht zu erklären.

Nach Eröffnung des Hauptverfahrens ist ein Zuständigkeitsmangel des angerufenen Gerichts nur dann zu beachten, wenn ein höherrangiges Gericht zur Entscheidung berufen ist (vgl. BGH, NStZ 1996, 346). Dies folgt aus § 225 a StPO und aus § 269 StPO, der ausdrücklich bestimmt, dass sich das Gericht nicht für unzuständig erklären darf, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre.

Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den Jugendgerichten und den Erwachsenengerichten legt § 209 a Nr. 2 StPO als Grundsatz den Vorrang der Jugendgerichte vor den Erwachsenengerichten gleicher Ordnung fest. Gerichte gleicher Ordnung in diesem Sinne sind der Strafrichter und der Jugendrichter, das Schöffengericht und das Jugendschöffengericht sowie die Strafkammer und die Jugendkammer (vgl. Tolksdorf in KK, StPO, 5. Aufl., § 209 a Rdnr. 6). Das Erwachsenengericht darf daher eine Sache nur an ein gleichrangiges Jugendgericht abgeben, nicht aber an ein Jugendgericht niederer Ordnung (vgl. BGHSt 18, 173).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durfte die 2. große Strafkammer des Landgerichts Paderborn die Sache nicht dem Jugendschöffengericht Höxter zur Übernahme vorlegen. Denn bei dem Jugendschöffengericht handelte es sich im Verhältnis zu der Strafkammer um ein Gericht niederer Ordnung. Der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts Höxter hat daher zu Recht und mit einer zutreffenden Begründung mit dem Beschluss vom 12.07.2007 eine Übernahme des Verfahrens abgelehnt.

Die 2. große Strafkammer des Landgerichts Paderborn ist daher jedenfalls im jetzigen Zeitpunkt für die weitere Fortführung des Verfahrens zuständig. Sie ist auch nicht berechtigt, mit Rücksicht auf ihre Rechtsauffassung, für das Verfahren sei das Jugendschöffengericht zuständig, sich selbst für unzuständig zu erklären und mit Rücksicht darauf das Verfahren einzustellen. Dies folgt aus der Vorschrift des § 269 StPO, die in Abweichung von § 6 StPO das Fehlen der sachlichen Zuständigkeit für unbeachtlich erklärt, wenn das Verfahren vor einem Gericht höherer Ordnung eröffnet worden ist (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 269 Rdnr. 1; Eisenberg, JGG, 12. Aufl., § 33 b Randziffer 34).

Ende der Entscheidung

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