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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 11.08.2009
Aktenzeichen: 3 Ss 233/09
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 36
StGB § 153
StPO § 267
Der Umstand, dass der Täter hartnäckig auf seiner falschen Aussage bestand, kann straferschwerend berücksichtigt werden, wenn das Urteil konkrete, einzelfallbezogene Feststellungen zu der erschwerend gewerteten Hartnäckigkeit enthält und dem Angeklagten nicht etwa nur angelastet wird, dass er seine Aussage nicht widerrufen hat.
Tenor:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Bielefeld hatte den Angeklagten wegen falscher uneidlicher Aussage zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten - bei Strafaussetzung zur Bewährung - verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil verworfen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der geständige Angeklagte in der Hauptverhandlung gegen E und andere, in denen es um die strafrechtliche Ahndung manipulierter Autounfälle ging, am 26.04.2007 als Zeuge ausgesagt. Nachdem er gemäß § 57 StPO zur Wahrheit ermahnt wurde, hat er wahrheitswidrig bekundet, dass das Fahrzeug des E, in dem er sich als Beifahrer befand, bereits gestanden oder langsam auf die Ampel zugerollt sei, während das Fahrzeug des Unfallgegners ihnen (auf ihrer Fahrbahnseite) entgegengekommen sei. Dem Angeklagten wurde daraufhin seine Aussage aus einem wegen des Unfalls geführten Zivilrechtsstreit vorgehalten, wonach er durch das Seitenfenster des PKW zu einem Imbiss geschaut habe und sich habe nicht mehr erinnern können. Daraufhin wiederholte der Angeklagte seine Erklärung, die wie folgt wörtlich protokolliert, vorgelesen und vom Angeklagten genehmigt wurde: "Es war so, dass uns das gegnerische Fahrzeug entgegengekommen ist, als wir auf die Kreuzung zugerollt sind. Das andere Fahrzeug befand sich in Bewegung". Tatsächlich war es aber so, dass das gegnerische Unfallfahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden hatte, was E auch später in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren eingeräumt hat. Der Angeklagte hatte seine Aussage bewusst falsch getätigt, um E einen Gefallen zu tun.

Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Insbesondere liege bei der Strafzumessung ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB vor.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Die Überprüfung des Urteils auf die Revisionsrechtfertigung hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Näherer Erörterung bedarf allein die von dem Beschwerdeführer aufgeworfene Frage eines Verstoßes gegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafzumessung. Dieser wird darin gesehen, dass das Landgericht straferschwerend berücksichtigt hat, dass sich die Falschaussage auf einen wesentlichen Gesichtspunkt bezog und es sich um einen beharrlichen Verstoß gehandelt habe, da der Angeklagte sich auch durch den Vorhalt seiner früheren Aussage und durch die wörtliche Protokollierung nicht von seiner Falschaussage habe abbringen lassen. Das Gericht habe hier das Fehlen eines vertypten Strafmilderungsgrundes (rechtzeitige Berichtigung, vgl. § 158 StGB) straferschwerend gewertet.

Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts begegnen aber auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken. Es ist unter dem Gesichtspunkt des Maßes der Pflichtwidrigkeit (§ 46 Abs. 2 StGB) durchaus ein schulderhöhender Gesichtspunkt, wenn sich die Falschaussage nicht nur auf Nebengeschehen, sondern auf zentrales Geschehen (wie hier die Schuldfrage bzgl. des Unfalls) bezieht (BGH MDR/D 1972, 16; Fischer StGB 56. Aufl. § 154 Rdn. 19; Lenckner in: Schönke/Schröder StGB 27. Aufl. § 153 Rdn. 11).

Auch der Umstand, dass der Täter hartnäckig auf seiner (falschen) Aussage bestand, kann straferschwerend berücksichtigt werden. Hierdurch werden keine Umstände berücksichtigt, die schon Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes sind (§ 46 Abs. 3 StGB). Voraussetzung ist allerdings, dass das Urteil konkrete, einzelfallbezogene Feststellungen zu der erschwerend gewerteten Hartnäckigkeit enthält und dem Angeklagten nicht etwa nur angelastet wird, dass er seine Aussage nicht widerrufen hat (BGH/Mösl NStZ 1983, 160, 163; OLG Nürnberg NJW 2007, 1767, 1768; Lenckner a.a.O.). Vorliegend ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen, dass der Angeklagte nicht etwa nur seine unrichtige Aussage vor Gericht gemacht und es unterlassen hat, diese rechtzeitig im Sinne von § 158 StGB zu berichtigen, was für eine Strafbarkeit nach § 153 StGB bereits ausreichend wäre. Vielmehr wurden ihm durch den Vorhalt zunächst die Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage anhand seiner eigenen abweichenden früheren Aussage vor Augen geführt. Dies gab ihm indes, angesichts der nunmehr auch naheliegenden Entdeckungsgefahr, innezuhalten. Er setzte trotz nunmehr erhöhter Entdeckungs- und Verfolgungsgefahr sein Aussageverhalten fort und zwar auch dann, als ihm diese aufgrund der wörtlichen Protokollierung noch deutlicher wurde. Dieses Beharren auf einer falschen Aussage trotz der zu Tage getretenen Zweifel an ihrer Richtigkeit und der gesteigerten Entdeckungs- und Verfolgungsgefahr stellt ein erhöhtes Maß an krimineller Energie, welches sich unter dem Gesichtspunkt des bei der Tat aufgewendeten Willens (§ 46 Abs. 2 StGB) schulderhöhend und damit strafschärfend auswirken musste.

Es bedurfte hier auch keiner näheren Begründung, warum das Berufungsgericht trotz Wegfalls von Strafschärfungsgründen im Vergleich zum Urteil erster Instanz bzw. der Berücksichtigung von Strafmilderungsgründen, die in erster Instanz noch nicht gegeben waren, auf die gleiche Strafe erkannt hat, wie das Amtsgericht. Grundsätzlich wird in der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung zwar verlangt, dass, wenn ein später entscheidender Tatrichter trotz Vorliegens von Umständen, die das Tatgeschehen in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen, auf eine gleich hohe Strafe erkennt, wie der frühere Tatrichter, er dies eingehend zu begründen hat (BGH NStZ 1982, 507; OLG Hamm Beschl. v. 18.06.2008 - 3 Ss 236/08 = BeckRS 2008, 15048; OLG Hamm Beschl. v. 12. 7. 2004 - 2 Ss 261/04; OLG Köln NJW 1986, 2328; OLG Zweibrücken Beschl. v. 25. 5. 1992 - 1 Ss 85/92). Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht vor. Schon das Amtsgericht hat mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf eine Strafe erkannt, die ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens liegt. Dabei hat es zwar eine Vorstrafe strafschärfend berücksichtigt, während das Landgericht den Angeklagten wegen der zwischenzeitlichen Tilgung der Eintragung im Bundeszentralregister als nicht vorbestraft angesehen hat. Schon das Amtsgericht hat aber die strafschärfende Wirkung stark relativiert, weil die Vortat nicht einschlägig war und schon sehr lange zurücklag. Erstmals hat das Landgericht das Geständnis des Angeklagten als zusätzlichen Strafmilderungsgrund berücksichtigt. Diesem hat es wiederum kein großes Gewicht beigemessen, weil der Angeklagte es erst in der Berufungsinstanz, nach erfolgter erstinstanzlicher Beweisaufnahme abgegeben hat. Nach alledem lässt der Wegfall eines Strafschärfungs- und das Hinzukommen eines Strafmilderungsgrundes die Tat nicht in einem so wesentlich milderen Licht erscheinen, als dass es bei einer Strafe, die sich ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens aufhält, hier näherer Erörterung, warum das Landgericht auf keine mildere Strafe erkannt hat als das Amtsgericht, bedurft hätte.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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