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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.09.2004
Aktenzeichen: 3 Ss 254/04
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 318 |
Beschluss
Strafsache
gegen D.H.
wegen Diebstahls.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der X. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 15.03.2004 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09. 09. 2004 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß § 349 Abs. 2 und Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).
Gründe:
I.
Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Gladbeck vom 03.12.2003 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen und wegen versuchten Diebstahls geringwertiger Sachen in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt worden. Hiergegen hatte der Angeklagte durch seinen Verteidiger Berufung eingelegt, die auf die Entscheidung über die Frage, ob die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird oder nicht, beschränkt worden ist. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht Essen die Berufung des Angeklagten verworfen.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die das Landgericht Essen zugrundegelegt hat, begab sich der Angeklagte in der Nacht vom 4. auf den 05.02.2003 in die Kleingartenanlage am August-Wessendorf-Weg in Gladbeck und brach dort in vier Gartenhäuser ein, indem er jeweils eine Fensterscheibe einschlug. Er durchsuchte die vier Gartenhäuser nach Getränken und Eßbarem. In drei Gartenhäusern blieb seine Suche erfolglos. In einem fand er vier Flaschen Schnaps, die er zum eigenen Verzehr entwendete.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der sowohl eine Verletzung formellen als auch materiellen Rechts gerügt wird.
II.
Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Sie war vielmehr entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
Anlaß zur Erörterung besteht nur hinsichtlich des Umfangs der in der Berufung erfolgten Rechtsmittelbeschränkung sowie in Bezug auf die durch die Revision erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 244 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht Essen ist zu Recht von einer wirksamen Beschränkung der Berufung des Angeklagten auf die Entscheidung über eine Strafaussetzung zur Bewährung ausgegangen. Eine solche Rechtsmittelbeschränkung ist grundsätzlich möglich (vgl. BGH NJW 2001, 3134 m.w.N.).
Die Revision kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, im vorliegenden Verfahren sei die erklärte Beschränkung der Berufung auf die Aussetzungsentscheidung deshalb unwirksam, weil die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts fehlerhaft seien.
Nach der Rechtsprechung kann zwar der Ausspruch über die Strafaussetzung zur Bewährung dann nicht isoliert angefochten werden, wenn die Tatsachenfeststellungen und Erwägungen des Ersturteils zum Strafmaß so unzulänglich sind, dass sie die entscheidungserheblichen Strafzumessungsgründe nicht mehr hinreichend erkennen lassen (vgl. OLG Frankfurt/Main, GA 1980, 188; OLG Köln NStZ 1989, 90; KG, Beschluß vom 27.06.2001 - (5) 1 Ss 13/99 (10/99) -, http: //www.strafverteidiger-berlin.de).
Ein solcher Fall ist vorliegend aber nicht gegeben.
Die Strafzumessungserwägungen des Amtsgerichts sind zwar insoweit unzulänglich, als sie konkrete Ausführungen zu der Frage der Unerläßlichkeit der verhängten kurzfristigen Einzelfreiheitsstrafen (jeweils 2 Monate für die versuchten Diebstahlstaten sowie 3 Monate für die vollendete Tat) gemäß § 47 Abs. 1 StGB vermissen lassen und sich auch nicht ausdrücklich damit befassen, daß dem Angeklagten möglicherweise auch ein Widerruf der Strafaussetzung aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 03.04.2001 droht. Nicht ausdrücklich erörtert wird außerdem in den Strafzumessungserwägungen, daß der Angeklagte sich vom 31.10.2003 bis zum 03.12.2003 im vorliegenden Verfahren in Untersuchungshaft befunden hat. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24.06.2004 zutreffend ausgeführt hat, ist den Urteilsgründen aber entgegen der Auffassung der Revision die Geringwertigkeit der entwedeten Güter und der Umstand, daß diese zum eigenen Verzehr entwendet wurden, die hier in Rede stehenden Taten also in einer Notsituation begangen worden sind, zu entnehmen.
Das amtsgerichtliche Urteil läßt aber trotz der oben aufgezeigten Lücken noch die entscheidungserheblichen Strafzumessungsgründe erkennen. Maßgebende Bedeutung hat das Amtsgericht dem Vorleben des Angeklagten, nämlich daß er bereits erheblich einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, beigemessen, wobei davon auszugehen ist, daß in diesem Zusammenhang auch berücksichtigt worden ist, daß der Angeklagte die abgeurteilten Taten während der laufenden Bewährungszeit in einer anderen Strafsache begangen hat, weil dieser Umstand, wenn auch erst bei der Prüfung der Frage einer Strafaussetzung zur Bewährung, in den Urteilsgründen ausdrücklich erwähnt worden ist. Als bestimmende zu Gunsten des Angeklagten sprechende Strafzumessungsgesichtspunkte hat der Amtsrichter dessen Geständnis sowie hinsichtlich der versuchten Diebstahlstaten die Tatsache gewertet, daß diese drei Taten nicht zur Vollendung gekommen sind. Für die drei versuchten Diebstähle sind nämlich deutlich geringere Freiheitsstrafen verhängt worden als für die vollendete Tat.
Die amtsgerichtliche Strafzumessung erweist sich daher nicht als derart unzulänglich, daß sie der Rechtsmittelbeschränkung auf die Aussetzungsentscheidung entgegenstünde.
Es sind vorliegend auch keine sonstigen Gründe gegeben, die zu einer Unwirksamkeit der erklärten Rechtsmittelbeschränkung führen.
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat auch im übrigen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht aufgedeckt.
Soweit mit der Revision gerügt wird, das Landgericht habe bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, daß die Verhängung einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Strafe möglicherweise zu einem Widerruf der vorausgegangenen Aussetzung durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 03.04.2001 führen könne, greift dieser Einwand nicht durch. Denn die bloße Möglichkeit des Widerrufs in anderer Sache reicht in der Regel nicht aus, um in einer neuen Sache zu einer günstigen Prognose zu gelangen, die aber für eine Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Auflage, § 56 Rdzif. 6 a).
Schließlich vermag auch die erhobene Rüge eine Aufklärungspflichtverletzung gemäß § 244 Abs. 2 StPO der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob das Landgericht, wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 24.06.2004 ausführt, zu einer weiteren Aufklärung hinsichtlich der von dem Angeklagten im vorliegenden Verfahren verbüßten U-Haft schon deshalb nicht verpflichtet war, weil sich aus dem Rubrum des in der Berufungshauptverhandlung verlesenen Urteils des Amtsgerichts Gladbeck vom 03.12.2003 die Untersuchungshaftdaten des Angeklagten ergeben. Denn selbst wenn man eine darüber hinausgehende Aufklärungspflicht bejahen würde, wäre die erhobene Aufklärungsrüge unbegründet, da ein Beruhen des angefochtenne Urteils auf einem solchen etwaigen Verfahrensfehler ausgeschlossen werden kann. Aus den in dem angefochtenen Urteil mitgeteilten Vorverurteilungen des Angeklagten, ergibt sich daß dieser bereits mehrfach Freiheitsstrafen hat verbüßen müssen. Die Strafkammer weist außerdem zutreffend darauf hin, daß der Angeklagte zahlreiche ihm in der Vergangenheit gewährte Bewährungschancen nicht zu nutzen gewußt hat. Angesichts dessen ist auszuschließen, daß die Strafkammer bei dem Angeklagten, der sich weder durch bereits verbüßte Strafhaft noch durch verhängte Freiheitsstrafen hinreichend hat beeindrucken lassen, zu einer günstigen Sozialprognose und damit zu einer für den Angeklagten günstigen Strafaussetzungsentscheidung gelangt wäre, wenn sie die im vorliegenden Verfahren verbüßte Untersuchungshaft des Angeeklagten berücksichtigt hätte.
Ende der Entscheidung
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