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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 3 Ss 287/06
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 244 |
Beschluss
Strafsache
gegen B.A.
wegen Diebstahls
Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der VIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 07.02.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 12. 09. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft und nach Anhörung der Angeklagten bzw. ihres Verteidigers einstimmig beschlossen:
Tenor:
Die Revision wird mit der Maßgabe als unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen, dass die Angeklagte hinsichtlich der Tat vom 11.11.2004 zu Lasten der Zeugin H. des Diebstahls schuldig ist.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Angeklagte.
Gründe:
I.
Die Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 25.08.2005 wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Angeklagten hat die Strafkammer das Verfahren hinsichtlich der der Angeklagten mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Essen vom 12.05.2005 (6 Js 143/05) zur Last gelegten Diebstahlstat vom 10.02.2005 zu Lasten der Zeugin I.K. durch Beschluss vom 07.02.2006 gemäß § 154 StPO eingestellt. Das amtsgerichtliche Urteil wurde außerdem dahingehend abgeändert, dass die Angeklagte wegen Diebstahls (11.02.2005 zu Lasten der Firma "D.") sowie wegen Diebstahls im besonders schweren Fall (11.11.2004 zu Lasten der Zeugin H.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten und zwei Wochen unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt wird.
Hinsichtlich der der Angeklagten vorgeworfenen Tat vom 11.11.2004 hat die Strafkammer festgestellt, dass sich an diesem Tage die Angeklagte gemeinsam mit der Zeugin H. in eine Gaststätte begeben hat, die Zeugin H. ihre Jacke, in der sich auch ihr Wohnungsschlüssel befand, auszog und an die dort befindliche Garderobe hängte. Während die Zeugin H. an einer Veranstaltung in der Gaststätte teilnahm, entnahm die Angeklagte aus der Jackentasche der Zeugin deren Schlüssel und schloss, nachdem sie sich zur Wohnung der Zeugin zurückbegeben hatte, mit diesem Schlüssel die Wohnungstür auf und entwendete aus der Wohnung Bargeld in Höhe von 4.000,- € sowie Schmuckstücke im Werte von mindestens 30.000,- €.
Die Strafkammer hat die Tat vom 11.11.2004 als einen Diebstahl im besonders schweren Fall gewertet mit der Begründung, die Angeklagte sei in die Wohnung der Zeugin eingedrungen und habe dadurch den Tatbestand des §§ 242, 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt.
Gegen das vorgenannte Urteil richtet sich die auf die Verurteilung wegen Diebstahls im besonders schweren Fall wegen des Vorfalls vom 11.11.2004 beschränkte Revision der Angeklagten.
II.
Die Revision ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1. Die erhobene Aufklärungsrüge gemäß § 244 Abs. 2 StPO ist nicht in der gemäß § 244 Abs. 2 S. 2 StPO gebotenen Form erhoben worden und damit unzulässig. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 28.07.2006, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen.
2. Auch die erhobene Sachrüge vermag der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Soweit das Landgericht die Angeklagte wegen der Tat vom 11.11.2004 des Diebstahls für schuldig befunden hat, hat das angefochtene Urteil auf die vorgenommene Sachprüfung Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht erkennen lassen. Es war lediglich der Tenor des angefochtenen Urteils wie geschehen abzuändern.
Die Abänderung war hier deshalb geboten, weil das Landgericht die Angeklagte wegen Diebstahls im besonders schweren Fall schuldig gesprochen hat, die Kennzeichnung einer Handlung als besonders schwerer Fall aber nicht zur rechtlichen Bezeichnung der Tat i.S.d. § 260 Abs. 4 S. 1 StPO gehört (vgl. BGH NJW 1978, 779; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 260 Rdnr. 25 m.w.N.).
3. Die Bewertung des Landgerichts, die Angeklagte habe bei der Tat am 11.11.2004, da sie in die Wohnung der Zeugin H. eingedrungen sei, das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt, hält allerdings einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Insoweit erweist sich der Rechtsfolgenausspruch als rechtsfehlerhaft.
Wohnungen sind in der Vorschrift des § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht mehr aufgeführt. Der sogenannte "Wohnungseinbruchdiebstahl" ist vielmehr nunmehr in § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB in der ab dem 01.01.1999 geltenden Fassung geregelt und stellt einen Qualifikationstatbestand des Diebstahls dar. Darüber hinaus hat die Angeklagte durch die Tat vom 11.11.2004 nach den Feststellungen des Landgerichtes keinen Wohnungseinbruchdiebstahl begangen. § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt voraus, dass der Täter einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält. Keine dieser Alternativen ist vorliegend verwirklicht worden, insbesondere hat die Angeklagte die Wohnung der Zeugin H. nicht mit einem falschen Schlüssel geöffnet. Schlüssel sind falsch, wenn sie zur Tatzeit vom Berechtigten nicht oder nicht mehr zur Öffnung des fraglichen Verschlusses bestimmt sind, nicht aber schon alleine bei unbefugter Benutzung. Ein gestohlener oder sonst abhanden gekommener Schlüssel wird daher erst dann zu einem falschen Schlüssel, wenn der Berechtigte dem Schlüssel die Bestimmung zum ordnungsgemäßen Öffnen von Räumen entzogen hat. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Berechtigte zum Zeitpunkt der Verwendung des Schlüssels durch den Täter das Abhandenkommen des Schlüssels bereits bemerkt hatte (vgl. BGH StV 1993, 422; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 243 Rdnr. 14 m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren nach den Urteilsfeststellungen hier aber nicht gegeben. Vielmehr hatte die Zeugin H. die heimliche Wegnahme des Schlüssels durch die Angeklagte nicht registriert.
Gleichwohl bedurfte es nicht der Aufhebung der für die Tat vom 11.11.2004 verhängten Einzelfreiheitsstrafe, weil diese verhängte Rechtsfolge auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Angeklagte weder das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB noch den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht hat, i.S.d. § 354 Abs. 1 a S. 1 StPO angemessen ist. Dabei kann es letztlich dahingestellt bleiben, ob das Eindringen eines Diebes mit einem richtigen, aber dem Berechtigten heimlich entwendeten Schlüssel in dessen Wohnung zum Zwecke der Tatausführung als unbenannter besonders schwerer Fall i.S.d. § 243 Abs. 1 S. 1 StGB einzustufen ist (vgl. BGHR, StGB, § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Schlüssel, falscher 2), da die durch die Strafkammer verhängte Einzelfreiheitsstrafe auch dann noch als angemessen anzusehen ist, wenn man hier (lediglich) von einer Verwirklichung des Tatbestandes des § 242 StGB ausginge. Dabei hat der Senat zugunsten der Angeklagten ebenso wie die Strafkammer berücksichtigt, dass sie strafrechtlich bisher noch nicht in Erscheinung getreten ist und die Tat vom 11.11.2004 bereits etwas länger zurückliegt. Zu Lasten der Angeklagten fiel aber gravierend ins Gewicht, dass die Tat einen massiven Vertrauensbruch im Verhältnis zu der Zeugin H. darstellte sowie vor allem der durch die Tat angerichtete hohe Schaden in Höhe von 34.000,- €. Angesichts dessen ist die verhängte Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten nach Auffassung des Senates nicht nur als eine angemessene, sondern als eine äußerst milde und im unteren Bereich liegende Bestrafung der Angeklagten für die Diebstahlstat vom 11.11.2004 anzusehen.
Die Revision war daher entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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