Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 3 Ss 316/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 46
StGB § 178
Zur Strafzumessung und zur Annahme eines minder schweren Falles bei der Vergewaltigung.
Strafsache

gegen G.X.

wegen Vergewaltigung u.a.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Essen und die Revision der Nebenklägerin gegen das Urteil der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 30. März 2004 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Sitzung vom 01. 12. 2004, an der teilgenommen haben:

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht als Vorsitzender,

Richterin am Oberlandesgericht Richterin am Oberlandesgericht als beisitzende Richter,

Staatsanwalt als Beamter der Staatsanwaltschaft,

Rechtsanwältin aus Essen als Verteidigerin,

Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

für Recht erkannt:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Die Revision der Nebenklägerin wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Hattingen vom 22.09.2003 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen sowie wegen Bedrohung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Angeklagte mit seiner Berufung, auf die durch das angefochtene Urteil der XIII. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 30.03.2004 der Rechtsfolgenausspruch des amtsgerichtlichen Urteils dahingehend abgeändert worden ist, dass die Gesamtfreiheitsstrafe auf zwei Jahre ermäßigt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Berufungskammer folgende Feststellungen getroffen:

"Der heute 46 Jahre alte Angeklagte wurde in Essen geboren. Der Vater des Angeklagten war Maler, seine Mutter war Kauffrau. Gemeinsam mit einer jüngeren Schwester wuchs der Angeklagte bei seinen Eltern auf. Nach Erlangung des Hauptschulabschlusses machte er eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Diese beendete er nach dreijähriger Lehre erfolgreich. Danach leistete er als Wehrpflichtiger 18 Monate lang den Wehrdienst ab. Anschließend arbeitete er als Kaufmann in seiner Ausbildungsfirma. Er bezog eine eigene Wohnung.

Mit 25 Jahren machte er sich selbstständig. Er vertrieb Haushaltsgroßgeräte und Einbauküchen. Der Angeklagte war von 1983 bis 1986 in erster Ehe verheiratet mit Frau X.X.. Aus dieser Ehe ist ein inzwischen volljähriger Sohn Y.Y.. Im Zuge der Ehetrennung verlor der Angeklagte sein Geschäft und meldete Konkurs an.

Mit finanzieller Unterstützung seiner Eltern machte er sich erneut mit einem Haushaltsgerätegeschäft in E.. Der Angeklagte beschäftigte teilweise bis zu fünf Angestellte. Damals lernte er seine zweite Ehefrau, die Nebenklägerin S.X. kennen. Sie hatte in seinem Geschäft eine Lehre zur Kauffrau gemacht. Anfang der 90'er Jahre wurden die Geschäftsumsätze rückläufig. Der Angeklagte meldete etwa 1991 Konkurs an. Es verblieben Schulden in Höhe von etwa 130.000,00 DM. Im August 1991 heiratete der Angeklagte seine zweite Ehefrau. Aus dieser Beziehung sind die Kinder G:X., geboren am XXXXXXX und der Sohn M.X, geboren am XXXXXX hervorgegangen. Nach seinem zweiten Konkurs versuchte der Angeklagte beruflich als Angestellter bei der Firma Z. Fuß zu fassen und zog mit seiner zweiten Ehefrau nach H. Nach dreijähriger angestellter Tätigkeit machte er sich als freier Handelsvertreter im Bereich Planung von Haushaltsgeräten und Küchen erneut selbstständig. Seine zweite Ehefrau unterstützte ihm mit 25.000,00 DM, die sie unter ihrem Namen als Darlehen aufgenommen hatte. Trotz angespannter finanzieller Verhältnisse, die immer wieder zu Spannungen in der Ehe des Angeklagten führten, war er bis 1998 als freier Handelsvertreter tätig. Im Mai 2002 trennte sich die Nebenklägerin im Zusammenhang mit den Taten, die Gegenstand dieses Strafverfahrens sind, von dem Angeklagten. Derzeit ist das Scheidungsverfahren und mehrere Folgeverfahren vor dem Familiengericht in Hattingen anhängig.

Der Angeklagte arbeitete bis September 2003 etwa 18 - 19 Monate lang als Außendienstmitarbeiter einer Pharmatechnikfirma für Apothekenausstattungen.

In der Sitzung des Amtsgerichts Hattingen vom 22. September 2003 wurde der Angeklagte wegen der Taten, die Gegenstand dieses Strafverfahrens sind, verhaftet. Er befand sich bis zur Berufungsverhandlung am 30.03.2004 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Hattingen vom 22. September 2003 in Untersuchungshaft.

Der Angeklagte ist nicht vorbestraft."

In der Berufungshauptverhandlung beschränkte der zuvor die Tatvorwürfe bestreitende Angeklagte sein Rechtsmittel mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin auf den Rechtsfolgenausspruch. Die Feststellungen des angefochtenen Urteils sind infolge der Berufungsbeschränkung bindend geworden. Das angefochtene Urteil verweist auf diese nachfolgend ausgeführten Feststellungen:

"II.

Der Angeklagte und die Nebenklägerin und Zeugin S.X. (im Folgenden als Nebenklägerin bezeichnet) lebten bereits fünf Jahre vor ihrer Eheschließung zusammen.

Vor und nach der Heirat am 29.8.1991 war die Nebenklägerin berufstätig. Nach der Geburt der Tochter G. nahm sie ein Jahr lang Erziehungsurlaub und arbeitete dann wieder jeweils drei volle Tage in der Woche. Nach der Geburt des Sohnes nahm sie zwei Jahre und sechs Monate Erziehungsurlaub und arbeitete danach ebenfalls wieder im bisherigen Umfang, also der volle Tage pro Woche. Während der Arbeitszeit der Nebenklägerin wurden die Kinder von einer Tagesmutter betreut.

Es gab in der gesamten Ehezeit große finanzielle Schwierigkeiten. Diese hingen mit dem Konkursverfahren des Angeklagten und der Tatsache zusammen, dass die Nebenklägerin für die Finanzierung des Stammkapitals der GmbH, die der Angeklagte gegründet hatte und die in Konkurs geriet, einen persönlichen Kredit aufgenommen hatte, der zurückgeführt werden musste, sowie letztlich damit, dass das Einkommen des Angeklagten durch verschiedene berufliche Wechsel schwankte und die Nebenklägerin während der Zeiten des Erziehungsurlaubs über keine Einkünfte verfügte. Im Ergebnis bestanden erhebliche Schulden.

Hinsichtlich ihrer finanziellen Schwierigkeiten, teilweise auch wegen anderer Fragen von Bedeutung, waren die Eheleute jedoch durchaus zu ruhigen Gesprächen und Abstimmungen in der Lage.

In der persönlichen Beziehung der Eheleute kam es gleichwohl in den Jahren nach der Geburt des Sohnes M. zu immer größeren Problemen. Die Eheleute X. zogen von D. nach H. um. Für die Renovierung der neuen Mietwohnung nahmen sie einen Kredit auf. Während die Nebenklägerin sich noch in der alten Wohnung aufhielt, sollte der Angeklagte die Renovierung der neuen Wohnung in H. beaufsichtigen; der Angeklagte ging damals einer selbständigen Berufstätigkeit nach. Während dieser Zeit und auch nachdem die Familie gemeinsam in der neuen Mietwohnung wohnte, hielt der Angeklagte sich tagsüber häufig in einem Café auf, das in unmittelbarer Nähe der Wohnung gelegen war. Wenn er abends nach Hause kam, machte er der Nebenklägerin, die mittags für sich und die Kinder gekocht hatte, Vorhaltungen, wo sein Essen sei. Dies eskalierte mehr als einmal dahingehend, dass er einen Teller mit Nudeln gegen die Küchenwand warf und der Nebenklägerin die Reinigung überließ. Es kam auch zu Bedrohungen des Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin. All dies zog sich etwa über drei Jahre hin und führte schließlich dazu, dass die Nebenklägerin im Jahre 1998 mit ihren Kindern die eheliche Wohnung verließ und vorübergehend zu ihrer Mutter zog.

Der Angeklagte suchte sich daraufhin eine Mietwohnung in E. und zog in diese um. Er hinterließ in der früheren Ehewohnung nur die Einrichtung der Kinderzimmer. Die Nebenklägerin zog mit den Kindern wieder in die alte Wohnung ein. In der Folge wurde der Angeklagte schwer krank. Er musste wegen einer Herzbeutelerkrankung für die Dauer von einem Monat auf der Intensivstation und danach noch mehrere Wochen weiter stationär behandelt werden. Kurz vor oder während dieser Erkrankung beschlossen der Angeklagte und die Nebenklägerin, sich zu versöhnen und wieder zusammen zu leben. Der Nebenklägerin war zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass der Angeklagte eine Beziehung zu einer jungen Frau gehabt hatte, die er in dem häufig von ihm besuchten Café kennengelernt hatte. Um die relativ hohen Mietkosten zu reduzieren, suchte die Familie sich nochmals eine neue Mietwohnung in H.. Der Angeklagte wählte nach seiner Genesung eine weniger anstrengende, aber auch schlechter bezahlte Anstellung. Die Nebenklägerin arbeitete zu dieser Zeit bereits wieder, und zwar im Verkauf bei der Firma M. in Bochum. Der Angeklagte kannte aus seiner früheren selbständigen Tätigkeit mehrere Vertreter, die für diese Firma arbeiteten. Er hegte den Verdacht, dass die Nebenklägerin Verhältnisse mit einigen dieser Männer hatte und machte ihr entsprechende Vorwürfe. Dies geschah insbesondere dann, wenn seitens der Firma bzw. der für diese tätigen Vertreter in den Abendstunden Schulungen durchgeführt wurden und die Nebenklägerin nach deren Besuch erst abends gegen 22.30 Uhr bis 23.30 Uhr nach Hause kam.

Spätestens ab Mitte 2001 wurde das Verhältnis zwischen den Eheleuten X. immer schlechter. Es kam ständig zu Streitigkeiten. Der Angeklagte machte der Nebenklägerin Vorwürfe, sie sei eine "Affenmutter" und kümmere sich zuviel um die Kinder und zuwenig um ihn; sie würde sich bei der Arbeit herumtreiben; sie habe Verhältnisse. Er schlug der Nebenklägerin mit der Hand gegen den Kopf, wenn sie irgendwo saß und seiner Meinung nach das Essen nicht rechtzeitig zubereitet hatte. Die Nebenklägerin war ab Mitte des Jahres 2001 zu Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten wegen dieser Auseinandersetzungen am Tage nicht mehr bereit. Sie begann über eine erneute Trennung zu sprechen. Der Angeklagte äußerte hierzu wiederholt, dass er im Falle einer Trennung nichts mehr zu verlieren habe; er würde ihre Gegenwehr brechen und sie fertigmachen. Trotz der sich steigernden Schwierigkeiten glaubte die Nebenklägerin lange Zeit, sie und der Angeklagte würden das noch hinbekommen; es war zu dieser Zeit aus ihrer Sicht noch eine gewisse Normalität in der Ehe. Sie überlegte, ob sie Fehler gemacht und sich zum Beispiel zuviel um die Kinder und zu wenig um den Angeklagten gekümmert hatte.

In der Zeit von Mitte 2001 bis Mai 2002 kam es in einer Vielzahl von Fällen, die seitens der Nebenklägerin mit 30 bis 40 angegeben waren, aber letztlich nicht näher konkretisiert werden konnten, dazu, dass der Angeklagte die Nebenklägerin auch gegen ihren Willen zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs veranlassen wollte. Der Angeklagte beschimpfte und bedrohte die Nebenklägerin. Er schlug sie auch. Letztlich nahm er dann jedoch aufgrund des entgegenstehenden Willens von seinem Vorhaben ab; in einigen Fällen entschuldigte er sich später bei der Nebenklägerin; diese nahm die Entschuldigungen schließlich nicht mehr an.

Ende September 2001 kam der Angeklagte nachts nach dem Besuch der Kirmes betrunken nach Hause. Er schellte an der Haustür, weil er diese mit seinem Schlüssel nicht öffnen konnte und glaubte, die Nebenklägerin habe einen Schlüssel von innen stecken lassen. Die Nebenklägerin ging mit den Kindern zu ihrem Nachbarn G. herüber und holte von dort die Polizei. Nachdem diese die Wohnung der Familie X. aufsuchte, fand sie den Angeklagten schlafend auf der Toilette vor und riet der Nebenklägerin, die Nacht vorsichtshalber nicht in die Ehewohnung zurückzukehren. Die Nebenklägerin übernachtete daraufhin mit den Kindern bei ihrer Nachbarin S..

In der Zeit zwischen Ende September und Ende Dezember 2001 kam die Nebenklägerin an einem Abend nach einer Schulung ihres Arbeitgebers gegen 23.00 Uhr/23.30 Uhr nach Hause. Der Angeklagte lag im Wohnzimmer auf dem Sofa und schlief. Die Nebenklägerin ging, ohne den Angeklagten zu wecken, ins Bett. Es war das gemeinsame Bett der Eheleute im Schlafzimmer. Zwischen den Längsseiten des Bettes und den Schlafzimmerwänden war nur wenig Platz. Als die Nebenklägerin noch nicht lange im Bett gelegen hatte, betrat der Angeklagte in aufgewühltem Zustand das Schlafzimmer und machte das Licht an. Er war mit Shorts und einem Oberteil bekleidet. Er fragte, mit welchem Mann die Nebenklägerin sich denn jetzt wieder getroffen hätte. Aufgebracht riss er die Türen einer Kommode auf und holte die hierin befindliche Unterwäsche der Nebenklägerin heraus. Er zerriss die Wäsche und warf sie in die Luft und auf die Nebenklägerin. Er zog die Bettdecke von der Nebenklägerin weg und sagte, er wolle sehen, welches Höschen sie für andere Männer trage. Die Nebenklägerin sagte dem Angeklagten, dass sie von einer Schulung komme, und rutschte zum Kopfende des Bettes hin. Der Angeklagte stand vor dem Fußende des Bettes und zog die sich wehrende Nebenklägerin an den Beinen zu sich hin. Er sagte: Wenn Du mit anderen Männern schlafen kannst, kannst Du auch mit mir schlafen. Die Nebenklägerin war hierzu nicht bereit und versuchte, den Angeklagten abzuwehren. Der Angeklagte schlug ihr auf den Oberkörper und den Rücken. Er verdrehte ihre Arme und Beine nach hinten und schlang seine Beine um ihre; er trat dabei auch gegen ihr Schienbein. Der Angeklagte zog seine Shorts herunter und führte mit der Nebenklägerin den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss aus, wobei ihm bewusst war, dass die Nebenklägerin hiermit nicht einverstanden war, sondern dies nur aufgrund der Zwangslage zuließ.

Am 1.1.2002 kam es zu einem heftigen Streitgespräch der Eheleute X.. Die Nebenklägerin stand in der Küche vor der geöffneten Tür des Kühlschrankes. Sie holte Eier aus dem Eisschrank heraus, so dass sich ihr Arm in dem Bereich zwischen dem Kühlschrankinnenraum und der offenstehenden Tür befand. In diesem Moment trat der Angeklagte mit dem Fuß vor der Außenseite gegen die Tür, so dass diese mit Wucht auf den Unterarm der Nebenklägerin schlug. Die Nebenklägerin sackte vor Schmerzen zu Boden und rief nach einiger Zeit ihre Tochter herbei, die ihr das Telefon brachte, so dass die Nebenklägerin ihre Mutter anrufen konnte. Die Nebenklägerin wurde dann von dem Verlobten der Mutter ins Krankenhaus gebracht. dort wurde von der behandelnden Ärztin eine Prellung des linken Unterarms attestiert. Auf die Frage der Ärztin nach der Ursache der Verletzung gab die Nebenklägerin an, es sei ihr eine Tür darauf gefallen. Auch als die Ärztin mit Rücksicht auf die Schwere der Prellung Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Angabe äußerte, verblieb die Nebenklägerin hierbei und ließ sich später von dem Verlobten ihrer Mutter wieder in die Ehewohnung bringen. Der Angeklagte äußerte sich dahingehend, sie solle sich nicht so anstellen; er habe ihr nicht weh tun wollen; es sei ja auch nichts gebrochen. Die Nebenklägerin sagte hierzu nichts. Zu dieser Zeit wurden zwischen den Eheleuten nicht mehr viel geredet.

Im Januar/Februar 2002 lag die Nebenklägerin gegen 23.00 Uhr im Ehebett. Der Angeklagte, der vorher im Wohnzimmer auf der Couch geschlafen hatte, betrat nunmehr das Schlafzimmer, machte das Licht an und äußerte die in der Vergangenheit bereits wiederholt gemachte Aufforderung: "Jetzt wird gefickt!". Die Nebenklägerin forderte den Angeklagten auf, sie in Ruhe zu lassen. Der Angeklagte beschimpfte sie und redete auf sie ein. Er zog sie an den Beinen zu sich heran, die Nebenklägerin versuchte, sich wieder zum Kopfteil des Bettes zurückzuziehen, dies gelang ihr jedoch nicht. Der Angeklagte schlang seine Beine um die Nebenklägerin und lag halb auf ihr drauf. Um sich von ihm zu lösen, trat sie gegen das Mittelteil des Bettes. Der Angeklagte stieß ihr vor das Bein. Er schlug sie. Als die Nebenklägerin sich immer noch wehrte und schrie, er solle sie in Ruhe lassen, drückte der Angeklagte ihr den Mund zu. Er fasste sie von hinten am Hals und würgte sie mehrfach. Die Nebenklägerin bekam keine Luft mehr. Sie hatte Angst um ihr Leben. sie starrte auf ein neben dem Ehebett an der Wand hängendes Bild und dachte: "Das war's". Der Angeklagte drang von der Seite in sie ein und führte den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durch.

Die Nebenklägerin erlitt durch die verschiedenen körperlichen Angriffe des Angeklagten in der Zeit von Mitte 2001 bis Frühjahr 2002 verschiedene Verletzungen am Rücken, an den Beinen, an den Füßen, an der Lippe und am Hals. Die Verletzungen wurden von der Arbeitskollegin und Freundin H. bemerkt und von der Nachbarin S.. Hinsichtlich der Verletzungen am Rücken beruhte dies darauf, dass die Kollegin sowie die Nachbarin die Nebenklägerin - bei verschiedenen Gelegenheiten - tröstend in den Arm nehmen wollten und diese darauf heftig zusammenzuckte. Die beiden Frauen baten die Nebenklägerin, ihnen den Rücken zu zeigen, und sahen die Verletzungen.

Trotz der geschilderten Vorfälle hatte die Nebenklägerin noch nicht ganz den Glauben verloren, dass die Ehe wieder gut werden würde. Sie hoffte dies auch, aber nicht nur wegen der Kinder.

Am Samstag vor Pfingsten, den 18.5.2002, wollte die Nebenklägerin gemeinsam mit dem Stiefsohn P. und dessen Freundin den großen, zu der Mietwohnung gehörenden Garten in Ordnung bringen, damit die Kinder dort spielen konnten. Der Angeklagte war hiermit nicht einverstanden. Er sagte, sie würden alles ruinieren, beschimpfte sie u.a. mit den Worten: "Dumm trifft auf dämlich" und beobachtete die Gartenarbeit. Am Pfingstsonntag, den 19.5.2002, wurden von der Nebenklägerin, dem Stiefsohn und dessen Freundin die restlichen Arbeiten erledigt. Der Angeklagte stand auf einem Balkon und malte an einer Staffelei. Die Freundin des Sohnes P. fragte ihn, was er zeichne. Er erwiderte: "Einen Vulkan vor dem Ausbruch". Als die Arbeit am Nachmittag beendet war, fragte die Nebenklägerin den Angeklagten, ob er etwas aus der Pommes-Frites-Bude holen würde. Der Angeklagte lehnte dies ab und sagte, dass die Nebenklägerin wieder nichts gekocht hätte und auch noch auf seine Kosten andere Leute einlüde. Daraufhin holte die Nebenklägerin selbst für sich, den Sohn, dessen Freundin und die Kinder Pommes-Frites u.ä. Der Angeklagte wollte nicht mit essen. Er schimpfte, trat gegen einen Mülleimer, legte sich auf das Sofa und starrte seine Familie an. Der Sohn P. und seine Freundin hatten aufgrund der gesamten Situation ein ungutes Gefühl. Sie verließen gleichwohl kurz nach dem Essen die Wohnung, waren jedoch so besorgt, dass sie überlegten, ob sie später noch einmal nach der Nebenklägerin schauen sollten. Da sie befürchteten, dies könne wie eine Bevormundung wirken, entschlossen sie sich jedoch, dort erst am nächsten Morgen wieder zu kommen. Unmittelbar nachdem der Sohn P. und seine Freundin die Wohnung verlassen hatten, wurde es in dieser laut. Der Angeklagte äußerte gegenüber der Nebenklägerin: "Wenn Du Dich nicht verpisst, passiert heute noch ein Unglück; warte nicht, bis es dunkel wird". Die Nebenklägerin erwiderte hierauf: Gut, dann ist es wohl besser, wenn ich jetzt gehe. "Ja, verpiss Dich doch", erwiderte der Angeklagte. Daraufhin nahm die Nebenklägerin den Müll und ging. Sie trug noch die verschmutzte Gartenkleidung. Sie rief die draußen spielenden Kindern herbei und fuhr mit diesen zu ihren Eltern.

Am nächsten Tag kehrte sie zusammen mit ihrer Mutter zur Ehewohnung zurück, um für sich und die Kinder ein paar Sachen zu holen. Der Angeklagte wollte seine Schwiegermutter zunächst nicht in die Wohnung lassen, gestattete ihr dies letztlich aber doch. Er bedrohte die Nebenklägerin und ihre Mutter mit den Worten, sie wären noch alle dran. Dabei ging er ganz nah an ihnen vorbei und hielt die Nebenklägerin fest. Der Nachbar G., der zufällig an der Wohnung vorbeikam und fragte, ob er helfen könne, benachrichtigte auf Bitten der Nebenklägerin die Polizei, die kurz danach kam, ebenso wie der Sohn P. und dessen Freundin, die nach der Nebenklägerin schauen wollten."

Das Landgericht hat den Angeklagten nach dem rechtskräftigen Schuldspruch und den bindenden Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils der Vergewaltigung gemäß §§ 177 Abs. 1 u. 2 StGB in zwei Fällen und wegen Bedrohung in zwei Fällen gemäß § 241 StGB, tatmehrheitlich begangen, schuldig gesprochen.

Zur Strafzumessung hat das Landgericht ausgeführt:

"1. Obwohl der Angeklagte durch die Vergewaltigungstaten jeweils das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 StGB verwirklicht hat, war der Strafrahmen hier in jedem Vergewaltigungsfall dem Grundtatbestand des § 177 Abs. 1 StGB zu entnehmen. Trotz des Vorliegens eines Regelbeispiels ist der Strafrahmen dann dem Grundtatbestand der sexuellen Nötigung gem. § 1767 Abs. 1 StGB zu entnehmen, wenn erheblich schuldmindernde Umstände, die denen eines minderschweren Falles nach § 177 Abs. 5 StGB entsprechen, vorliegen (vgl. Tröndle/Fischer 51. Auflage § 177 Rnr. 38). Bei der danach vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller objektiven Umstände und der Täterpersönlichkeit ergibt sich hier ein beträchtliches Überwiegen der mildernden Umstände. Zu Lasten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass beide Taten Ausdruck der übersteigerten Besitzansprüche des Angeklagten an seine Ehefrau waren und zudem Ausdruck seiner übertriebenen Eifersucht waren, für die die Nebenklägerin dem Angeklagten keinen Anlass gegeben hatte. Zu Lasten des Angeklagten hat die Kammer auch die Art und Weise der Tatausführung berücksichtigt und insbesondere die Tatsache, dass das Ausmaß der angewendeten Gewalt über die zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes erforderliche Gewaltanwendung hinausging. Dagegen hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass die Tat in die emotional belastete lange Trennungsphase der Eheleute fällt und dass der Angeklagte Probleme damit hatte, dass sich seine Ehefrau, die er als junges Mädchen und Lehrling in seinem Geschäft kennengelernt hatte, sich sowohl beruflich als auch privat emanzipiert hatte. Zu Gunsten des Angeklagten spricht auch, dass die Nebenklägerin keine schwerwiegenden Folgen davongetragen hat. Schließlich spricht zu Gunsten des Angeklagten, dass er sich in der Berufungsinstanz zu der Verantwortung für seine Taten bekannt hat und dadurch der Nebenklägerin eine erneute Zeugenvernehmung erspart hat. Schließlich ist ebenfalls zu Gunsten des Angeklagten zu würdigen, dass er nicht vorbestraft ist und dass die Taten nunmehr mehr als zwei Jahre zurückliegen.

2. Bei der Bemessung der konkreten Freiheitsstrafen innerhalb des danach durch § 177 Abs. 1 StGB vorgegebenen Strafrahmens von Freiheitsstrafen nicht unter einem Jahr hat die Kammer zu Gunsten und zu Lasten des Angeklagten die Strafzumessungsgesichtspunkte berücksichtigt, die bereits bei der Wahl des Strafrahmens angeführt worden sind. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter IV. 1. Bezug genommen. Die Kammer hielt nach alledem jeweils Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten für die Vergewaltigungsfälle für tat- und schuldangemessen.

3. Für die Bedrohung gem. § 241 StGB hat sich die Kammer bei der Strafzumessung innerhalb des danach vorgegebenen Strafrahmens von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Zu Lasten des Angeklagten sprachen auch insoweit bei beiden Taten die Art und Weise der Tatausführung. Neben seinen verbalen Ankündigungen eines gegen seine Ehefrau und später auch gegen die Mutter seiner Ehefrau ausgesprochene Drohung mit einem Verbrechen hat er nämlich durch sein tatsächliches Verhalten bewusst ein Klima geschaffen, das seine Mitmenschen in Angst und Schrecken vor möglichen Gewalt- und Wutausbrüchen des Angeklagten versetzte.

Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer auch bei diesen Taten berücksichtigt, dass diese ihre Ursache ebenfalls in der emotional aufgeheizten Beziehung zu seiner Ehefrau hatten. Die Kammer hielt danach insoweit ebenfalls die Verhängung von Geldstrafen in Höhe von jeweils 90 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen. Die Höhe des Tagessatzes hat die Kammer entsprechend den Einkommensverhältnissen des Angeklagten mit 5 Euro bemessen.

Die Kammer hat aus den vorgenannten Einzelstrafen gem. § 54 Abs. 1 StGB unter zusammenfassender Würdigung der Person des Angeklagten und der von ihm begangenen Straftaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet. Dabei hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten den durch die Ehe begründeten situativen Zusammenhang der Taten sowie den Umstand, dass die Taten in die durch Emotionen geprägte Trennungsphase der Eheleute fallen, berücksichtigt. Zu Lasten des Angeklagten hat die Kammer berücksichtigt, dass sich die Taten über einen längeren Zeitraum erstreckt haben.

Die Freiheitsstrafe hat die Kammer zur Bewährung ausgesetzt. Die Kammer bejaht sowohl die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 als auch die des § 56 Abs. 2 StGB. Denn es kann nunmehr zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte sich die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird. Dass die Kammer zu positiven Legalprognose des Angeklagten kommt, hängt im Wesentlichen damit zusammen, dass der Angeklagte und die Nebenklägerin den schwierigen Lebensabschnitt der Trennung überwunden haben und der Angeklagte akzeptiert hat, dass die Nebenklägerin einen anderen Lebenspartner hat. Zu Gunsten des Angeklagten hat die Kammer ebenfalls berücksichtigt, dass der Angeklagte mittlerweile mehr als sechs Monate in Untersuchungshaft eingesessen hat und dass ihn die Konfrontation mit dem Strafvollzug nachhaltig beeindruckt hat. Aus diesen Umständen und der Tatsache, dass der Angeklagte inzwischen sein Fehlverhalten gegenüber seiner Ehefrau bereut, ergibt sich die begründete Chance dafür, dass sich der Angeklagte zukünftig nicht mehr strafbar machen wird.

Zugleich sieht die Kammer in den durch das Beziehungsgeflecht begründeten Taten die besonderen Umstände in der Person und der Tat des Angeklagten, die die Aussetzung einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren gem. § 56 Abs. 2 StGB rechtfertigen."

Gegen dieses Urteil haben die Staatsanwaltschaft Essen am 31.03.2004 und die Nebenklägerin Susanne X. am 02.04.2004 Revision eingelegt.

Die Nebenklägerin hat ihr Rechtsmittel nach Zustellung des Urteils am 10.05.2004 mit am 14.05.2004 bei dem Landgericht Essen eingegangenem Schriftsatz mit den nicht näher ausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet.

Die Staatsanwaltschaft Essen hat ihre Revision nach Zustellung des Urteils am 10.05.2004 mit am 09.06.2004 bei dem Landgericht Essen eingegangener Revisionsbegründungsschrift näher begründet. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere den Umstand, dass die Kammer bei der Bemessung der für die Vergewaltigungstaten zu verhängenden Einzelstrafen jeweils die Strafe dem Grundtatbestand des § 177 Abs. 1 StGB entnommen, obwohl der Angeklagte jeweils das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 StGB verwirklicht habe. Deutlich überwiegende Milderungsgründe, die die Bewertung der Taten als besonders schweren Fall unangemessen erscheinen ließen, lägen nicht vor. Die von der Kammer insoweit vorgenommene Gesamtwürdigung weise Wertungsfehler auf, zumal die Erwägungen lückenhaft und unvollständig seien.

Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zu verweisen.

Die Generalstaatsanwaltschaft ist dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Essen mit seiner Begründung beigetreten.

II.

1.

Die Revision der Nebenklägerin ist unzulässig.

Gemäß § 400 StPO kann der Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird. Da es sich bei der Strafzumessungsvorschrift des § 177 Abs. 2 StGB, deren Anwendung die Nebenklägerin begehrt, nicht um eine Qualifikation handelt, war das Rechtsmittel der Nebenklägerin als unzulässig zu verwerfen; ihr Bestreben beschränkt sich lediglich auf die Verhängung einer anderen Rechtsfolge (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 306 f.).

2. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist gemäß § 333 StPO statthaft und gemäß §§ 341, 344, 345 StPO in zulässiger Weise, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts ist erfolgreich, denn die Strafzumessungserwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht Stand.

Die für die beiden Vergewaltigungstaten zu verhängenden Einzelstrafen sind aufgrund der Verwirklichung des Regelbeispiels des besonders schweren Falles gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 1 (Vollzug des Beischlafs) grundsätzlich dieser Norm zu entnehmen. Zwar kann trotz der Verwirklichung des Regelbeispiels wegen Vorliegens erheblicher schuldmindernder Umstände anstatt des Strafrahmens des § 177 Abs. 2 StGB der des § 177 Abs. 1 StGB zur Anwendung gebracht werden (BGH NStZ 1999, 615; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., Rdnr. 26 zu § 177 m.w.N.). Umstände, die der Tat trotz Erfüllung eines Regelbeispiels das Gepräge eines minder schweren Falles geben können, müssen allerdings die erschwerenden Gesichtspunkte deutlich überwiegen. Bei der Abwägung ist entscheidend, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle so sehr abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint. Bei der Gesamtbetrachtung sind alle Umstände heranzuziehen und zu würdigen, die für die Wertung der Tat und des Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen (BGHSt 26, 97; BGHR StGB § 177 I Strafrahmenwahl 1, 5, 6; BGH NStZ-RR 298). Dabei ist als tatbezogener Umstand auch die Verwirklichung des Regelbeispiels als schulderschwerender Gesichtspunkt in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen (BGH NStZ 2000, 419 m.w.N.). Der in dem Regelbeispiel genannte Strafschärfungsgrund kann aber dennoch durch strafmildernde Gesichtspunkte in einer Weise überlagert werden, dass die Anwendung des Strafrahmens des § 177 Abs. 1 StGB möglich bleibt.

Zwar ist bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der Strafzumessung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen, weil die Strafzumessung grundsätzlich die Aufgabe des Tatgerichts ist und das Revisionsgericht nur eingreifen kann, wenn das Tatgericht rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht lässt oder wenn sich die Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (vgl. Tröndle/Fischer, Rdnr. 108 zu § 46 StGB m.z.w.N.). Nur in diesem Rahmen kann eine Verletzung des Gesetzes vorliegen.

Die Wahl des richtigen Strafrahmens und die richtige Würdigung der für das Strafmaß materiell-rechtlich maßgeblichen Leitgesichtspunkte des § 46 StGB sind hingegen einer rechtlichen Überprüfung zugänglich (Dahs/Dahs, Die Revision im Strafprozess, 5. Aufl., Rdnr. 440; Meyer-Goßner, Rdnr. 34 zu § 337 StPO).

Die Einstufung der Tat als besonders schwer oder minder schwer unterliegt der Revision insoweit, als das Revisionsgericht zu überprüfen hat, ob das Tatgericht alle maßgeblichen Umstände bedacht hat; indes darf das Revisionsgericht seine Wertung nicht an die Stelle derjenigen des Tatgerichts setzen.

Bei den zu Lasten des Angeklagten zu würdigenden Umständen ist die Tatsache, dass der Angeklagte in beiden Vergewaltigungsfällen die Merkmale des Regelbeispiels des Absatzes 2 Nr. 1 erfüllt hat, nicht genannt. Das Fehlen dieses wesentlichen Punktes lässt bereits besorgen, dass die Kammer die besonderen erschwerenden Umstände der Tatbegehung nicht hinreichend gewürdigt und der durch das Regelbeispiel gegebenen gesetzlichen Vermutung, dass der Fall insgesamt als besonders schwer anzusehen ist, nicht hinreichend Rechnung getragen hat. Bereits aus diesem Grunde wird die Abwägung der Strafkammer zur Strafrahmenwahl dem Unrechtsgehalt der Tat auf Seiten der erschwerenden Umstände nicht hinreichend gerecht, weil sie unvollständig erscheint.

Hinzu kommt, dass die Strafkammer nicht berücksichtigt hat, dass der Angeklagte bei Begehung beider Vergewaltigungstaten tateinheitlich die Nebenklägerin körperlich misshandelt und sich somit jeweils tateinheitlich der Körperverletzung gemäß § 223 StGB schuldig gemacht hat. Dies wiegt um so schwerer, als es sich in beiden Fällen nicht um leichte Misshandlungen handelt, sondern um erhebliche Schmerzzufügung durch Schläge auf den Körper, Verdrehen von Extremitäten, Tritten bzw. Stößen vor die Beine und im zweiten Fall sogar mehrfaches Würgen am Halse mit Entstehen von Luftnot und Lebensangst. Die Ausführungen der Strafkammer, dass zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt worden sei, dass die Art und Weise der Tatausführung das Ausmaß der zur Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes erforderlichen Gewaltanwendung überschreite, ist insoweit nicht ausreichend und wird der Gesamtwürdigung der Taten nicht gerecht. Die fehlende Einordnung der Gewalt als tateinheitlich begangene körperliche Misshandlungen und damit Körperverletzungen im Sinne des Gesetzes ist ein gravierender Tatumstand, den die Kammer zu Unrecht nicht in ihre Erwägungen einbezogen hat.

Bei der zweiten Vergewaltigungstat, bei der die Nebenklägerin gewürgt wurde und Lebensangst empfand, ist die Art und Weise der Begehung sogar so schwerwiegend, dass das Tatbild an der Grenze zur Qualifikation gemäß § 177 Abs. 3 Nr. 3 StGB liegt, bei der das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsbeschädigung gebracht wird.

Zutreffend hat die Kammer zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass beide Taten Ausdruck der übersteigerten Besitzansprüche des Angeklagten an seine Ehefrau und zudem seiner grundlosen übertriebenen Eifersucht waren.

Die Erwägungen, die die Strafkammer zugunsten des Angeklagten bei der Strafrahmenwahl angestellt hat, sind ebenfalls teilweise rechtsfehlerhaft.

Soweit die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass die Tat (richtigerweise die Taten) in die emotional belastete lange Trennungsphase der Eheleute fielen, ist dies entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft zwar nicht zu beanstanden. Ein Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen, die die Revision insoweit geltend macht, besteht nicht. Zwar ist in den ergänzenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen, die die Strafkammer getroffen hat, ausgeführt (Bl. 5 Ende des 1. Absatzes), dass die Nebenklägerin sich (erst) im Mai 2002 im Zusammenhang mit den Taten, die Gegenstand dieses Verfahrens sind, von dem Angeklagten trennte; auch hat das Amtsgericht bindend festgestellt, dass die Nebenklägerin trotz der Vorfälle noch nicht ganz den Glauben verloren gehabt habe, dass ihre Ehe wieder gut gehen werde. Andererseits hat das Amtsgericht bindend festgestellt (Bl. 5, 2. Absatz Mitte), dass die Nebenklägerin bereits ab Mitte 2001 wegen der ständigen Streitigkeiten am Tage nicht mehr zum Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten bereitgewesen sei und begonnen habe, erneut über eine Trennung zu sprechen. Spätestens ab dieser Zeit ist danach vom Beginn der Trennungsphase auszugehen, so dass die in der Zeit zwischen Ende September und Ende Dezember 2001 und im Januar/Februar 2002 festgestellten Vergewaltigungen in die Trennungsphase der Eheleute fielen.

Soweit die Strafkammer indes zugunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass dieser Probleme damit gehabt habe, dass sich seine Ehefrau, die er als junges Mädchen und Lehrling in seinem Geschäft kennengelernt hatte, sich sowohl beruflich als auch privat emanzipiert habe, ist dieser Milderungsgrund nicht nachvollziehbar. Zum einen ist bereits nicht zu erkennen, inwiefern sich die Nebenklägerin, die nach den Feststellungen erheblich und langfristig unter der zum Teil gewalttätigen Dominanz des Angeklagten litt, emanzipiert haben soll. Weder ist eine private Abgrenzung der Nebenklägerin von dem Angeklagten zur Tatzeit ersichtlich, noch eine berufliche Emanzipation, da die Nebenklägerin auch vor und nach der Eheschließung im Jahre 1991 bereits berufstätig war. Hinzu kommt, dass es dem Angeklagten nicht zugute gehalten werden kann, dass er Schwierigkeiten damit hatte, die Nebenklägerin als gleichberechtigte Partnerin zu respektieren. Etwas anderes kann allenfalls bei Angehörigen fremder Kulturkreise gelten, in denen die Unterordnung der Ehefrau noch weltanschaulich verinnerlicht ist, was hier jedoch völlig fern liegt. Zu Recht weist die Staatsanwaltschaft in ihrer Revision darauf hin, dass die ehelichen Schwierigkeiten als solche schon deshalb keinen Milderungsgrund darstellen können, weil sie nach den Feststellungen darauf beruhten, dass der Angeklagte sich innerhalb der ehelichen Beziehung nicht adäquat verhielt, insbesondere immer neue in den Feststellungen im Einzelnen aufgeführte Gründe für die ehelichen Streitigkeiten bot. Die Kammer ist insoweit zu Unrecht von mildernden Tatumständen ausgegangen.

Rechtsfehlerhaft hat die Kammer zugunsten des Angeklagten ferner einen Milderungsgrund darin gesehen, dass die Nebenklägerin keine schweren Folgen der Vergewaltigungstaten davongetragen habe. Das bloße Fehlen schwerwiegender Tatfolgen stellt für sich allein keinen Milderungsgrund dar, sofern dies nicht durch ein Verdienst des Täters begründet ist, wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Umgekehrt ist vielmehr der Eintritt schwerwiegender Folgen ein Strafschärfungsgrund. Das Nichtvorliegen eines Strafschärfungsgrundes gibt der Tat jedoch noch kein minder schweres Gepräge.

Aufgrund der aufgezeigten Rechtsmängel hält die Würdigung der Strafkammer, dass aufgrund erheblich schuldmindernder Umstände, die denen eines minder schweren Falles i.S.d. § 177 Abs. 5 StGB entsprechen, die Strafe dem Grundtatbestand des § 177 Abs. 1 StGB zu entnehmen sei, einer rechtlichen Überprüfung nicht Stand. Da das Urteil auf diesen Rechtsfehlern beruht, war es im gesamten Rechtsfolgenausspruch aufzuheben.

Die Strafkammer wird die Frage der Strafrahmenwahl erneut zu prüfen haben, wobei sie im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung auch bereits einzubeziehen haben wird, welche Wirkungen die erlittene Untersuchungshaft auf den bisher nicht vorbestraften Angeklagten hatte und inwieweit sich seine Lebensverhältnisse stabilisiert haben (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., Rdnr. 86 zu § 46 StGB).

Die Sache war zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Essen zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). Dieser war auch die Kostenentscheidung hinsichtlich der Revision der Staatsanwaltschaft vorzubehalten, weil der Erfolg dieses Rechtsmittels i.S.d. § 473 StPO noch nicht feststeht.

Im übrigen folgt die Kostenentscheidung aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

Zurück