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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: 3 Ss 397/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 344
Die formgemäße Begründung der Verfahrensrüge, die Aufhebung der Bestellung eines Pflichtverteidigers sei zu Unrecht abgelehnt worden, erfordert die Mitteilung der hierzu von dem Angeklagten sowie von dem Verteidiger abgegebenen Erklärungen erfordert.
Beschluss

Strafsache

gegen G.B.

wegen vorsätzlicher Körperverletzung u.a.,

(hier: a) Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 08.05.2006,

b) Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 25.07.2006).

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XI. kleinen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 08.05.2006 sowie auf seine Beschwerde gegen den Beschluss derselben Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 25.07.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 21. 09. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird als offensichtlich unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

Die Kosten der Rechtsmittel trägt der Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO).

Gründe:

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 31.08.2006 Folgendes ausgeführt:

" I.

Das Amtsgericht - Strafrichter - Herford hat den Angeklagten mit Urteil vom 30.11.2005 (3 Ds 11 Js 913/05 - 470/05) wegen vorsätzlicher Körperverletzung in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt. (Bl. 184 ff d.A.). Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Bielefeld mit Urteil vom 08.05.2006 (11 Ns 11 Js 913/05 - B 1/06 XI) verworfen (Bl. 439 ff d.A.). Das Landgericht Bielefeld hat wegen einer offenbaren Unrichtigkeit betreffend die Schreibweise des Vornamens des Angeklagten das Protokoll berichtigt (Bl. 514 d.A.) und mit Beschluss vom 27.07.2006 das Rubrum geändert (Bl. 511 d.A.)., der der Pflichtverteidigerin am 28.07.2006 zugestellt worden ist (Bl. 519 d.A.). Gegen das der Pflichtverteidigerin am 22.06.2006 (Bl. 499 d.A.) zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 08.05.2006, beim Landgericht Bielefeld am 09.05.2006 eingegangen (Bl. 429 d.A.), Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 10.07.2006, am selben Tag beim Landgericht Bielefeld eingegangen (Bl. 502 ff d.A.), begründet und zugleich beantragt, die Pflichtverteidigerin zu entpflichten. Diesen Antrag hat das Landgericht Bielefeld mit Beschluss vom 25.07.2006 (Bl. 508 d.A., Leseabschrift Bl. 509 f d.A.) abgelehnt, der hiergegen eingelegten Beschwerde vom 08.08.2006 (Bl. 523 d.A.) hat es mit Beschluss vom 09.08.2006 nicht abgeholfen (Bl. 524 d.A., Leseabschrift Bl. 525 d.A.).

II.

Die rechtzeitig eingelegte und frist- und formgerecht begründete Revision ist zulässig, jedoch offensichtlich unbegründet.

1. Verfahrensrügen:

Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei einer Revision, die mit der Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren begründet wird, die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Diese sind so vollständig und aus sich heraus verständlich vorzutragen, dass das Revisionsgericht allein aufgrund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, sofern das tatsächliche Vorbringen zutrifft (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Auflg., § 344, Rdn. 24 m.w.N.).

a) Soweit die Revision die fehlerhafte Ablehnung des Beweisantrages rügt, dürfte das Revisionsvorbringen noch den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügen. Entgegen dem Revisionsvorbringen ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls der Beweisantrag jedoch von der Kammer zurückgewiesen worden (zu vgl. Bl. 416, 420 d.A.). Die Ablehnung des Beweisantrages erfolgte auch zu Recht. Die Kammer hat eine Lichtbildmappe zu den Örtlichkeiten in Augenschein genommen und den Zeugen KOK Tacke vernommen. Eine zusätzliche Augenscheinseinnahme der Örtlichkeiten durch das Gericht war daneben nicht geboten (§ 244 Abs. 5 S. 1 StPO), so dass der Beweisantrag zu Recht abgelehnt worden ist, zumal sich die genauen Sichtverhältnisse zur Tatzeit aufgrund des ständigen Wachstums der Lebensbäume nicht rekonstruieren lassen.

b) Soweit gerügt wird, dass die Pflichtverteidigerin nicht entpflichtet und ein anderer Verteidiger zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist, sind keinerlei Tatsachen für die Behauptung dargelegt worden, dass das Vertrauensverhältnis zu der Pflichtverteidigerin gestört ist. Diese wurde auf Antrag des Beschuldigten (Bl. 74 d.A.) beigeordnet. In der Folgezeit meldeten sich zwei weitere Wahlverteidiger (Bl. 84, 211 d.A.), die beide ihr Mandat niedergelegt haben. Auch aus den Eingaben des Angeklagten (Bl. 203, 208, 281 und 297 d.A.) ergeben sich keine konkreten Hinweise auf ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu seiner Pflichtverteidigerin; vielmehr glaubt der Angeklagte irrtümlich, den Pflichtverteidiger nach Belieben wechseln zu können. Zu Recht ist daher ein anderer Pflichtverteidiger nicht beigeordnet worden.

2. Sachrüge:

Auch die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gebotene Überprüfung des Urteils deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht auf. Die widerspruchsfreien und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßenden Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten.

Auch die Strafzumessungserwägungen halten rechtlicher Nachprüfung Stand. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des tatrichterlichen Ermessens und daher vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob Rechtsfehler vorliegen. Diese liegen insbesondere vor, wenn der Tatrichter von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, wenn seine Erwägungen in sich widersprüchlich oder sonst fehlerhaft sind, wenn er gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder diese außer Acht gelassen hat oder wenn sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit nach oben oder unten löst, dass ein grobes Missverhältnis zwischen Schuld und Strafe besteht (zu vgl. BGH, NStZ 1990, 334). Derartige Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten weisen die Strafzumessungserwägungen nicht auf. Das Landgericht ist von dem zutreffenden Strafrahmen ausgegangen und hat pflichtgemäß die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände abgewogen (§ 46 StGB), insbesondere die verbüßte Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt.

Auch die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen gemäß § 47 Abs. 1 StGB begegnet keinen Bedenken. Die Kammer hat zutreffend auf die zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten, der bereits dreimal Freiheitsstrafen verbüßt hat, abgestellt.

Die Gesamtstrafenbildung ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Schließlich begegnet es keinen Bedenken, dass die verhängte Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Insbesondere aufgrund der zahlreichen Voreintragungen, des mehrfachen Bewährungsversagens und der Tatsache, dass auch wiederholte Strafverbüßung den Angeklagten nicht von weiteren Straftaten hat abhalten können, tragen die negative Sozialprognose der Kammer.

Das gemäß § 349 Abs. 3 Satz 1 StPO Erforderliche habe ich veranlasst.

III.

Die namens des Angeklagten eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss vom 25.07.2006 (Bl. 523 d.A.), von der der Angeklagte allerdings offensichtlich keine Kenntnis hat (zu vgl. Bl. 531 d.A.), ist zulässig, jedoch aus den oben genannten Gründen zu II. 1.b) unbegründet."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die formgemäße Begründung der Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO), die Aufhebung der Bestellung eines Pflichtverteidigers sei zu Unrecht abgelehnt worden, die Mitteilung der hierzu von dem Angeklagten sowie von dem Verteidiger abgegebenen Erklärungen erfordert (BGH, NStZ 2004, 632, 633). Ob das Verhalten eines Verteidigers geeignet ist, das Vertrauen des Angeklagten zu zerstören, kann nämlich regelmäßig ohne Kenntnis und Erklärung des Verteidigers hierzu nicht beurteilt werden. Auch insoweit gilt Vergleichbares wie bei der Ablehnung eines Richters, dessen dienstliche Erklärung je nach ihrem Inhalt zunächst berechtigt erscheinendes Misstrauen ausräumen kann (BGH, a.a.O.). Hierzu schweigt die Revision, so dass die entsprechende Verfahrensrüge sich auch aus diesem Grund als unzulässig erweist.

Ende der Entscheidung

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