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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 3 Ss 435/03
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 254
Die Einlassung des Verteidigers zur Sache kann nach § 254 Abs. 1 StPO als Geständnis des Angeklagten zumindest dann verlesen werden, wenn sie in einem richterlichen Protokoll enthalten ist und der Angeklagte bei Abgabe der Erklärung nicht von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat.
Urteil

Strafsache

gegen V.A.

wegen unerlaubten Glückspiels.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 17.3.2003 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm in der Hauptverhandlung vom 03. 12. 2003,an der teilgenommen haben

der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht, als Vorsitzender,

die Richterin am Oberlandesgericht und der Richter am Amtsgericht als beisitzende Richter

Oberstaatsanwalt als Beamter der Staatsanwaltschaft

Rechtsanwalt als Verteidiger

Rechtsanwalt als Verteidiger

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftssteile

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen am 19.9. 2002 wegen gemeinschaftlicher unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt worden.

Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten ist durch Urteil des Landgerichts Essen vom 17.3.2003 kostenpflichtig verworfen worden.

Dem angefochtenen Urteil liegen folgende Feststellungen zu Grunde:

,.Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 16.07.2001 wurde der Angeklagte vom Zeugen X.Y. angesprochen, ob er nicht die Geschäftsführertätigkeit bei der XXXXX GmbH übernehmen wolle.

Der Angeklagte begab sich daraufhin am 16.07.2001 zum Referat 32 -Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung - der Stadt Gelsenkirchen in der Ewaldstraße 15 in Gelsenkirchen und meldete persönlich zum 16.07.2001 die Ausübung des selbständigen Gewerbes "Erstellung und Herausgabe von / Sportinformationen und aller sich daraus ergebenden Dienstleistungen sowie die Annahme von Kundenbeauftragung zur Abgabe und Vermittlung von Sportund Oddset-Wetten an staatlich konzessionierte und örtlich genehmigte Unternehmen durch Online-, Internet- und Kurierdienste" gewerberechtlich auf seine Person an. Die Anmeldung wurde dem Angeklagten behördlich bestätigt.

Am 01.08.2001 erschien der Angeklagte in Begleitung des Zeugen Y. , neuerlich beim Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung der Stadt Gelsenkirchen und meldete das vorgenannte Gewerbe rückwirkend zum 16.07.2001 ab. Gleichzeitig meldete er ein inhaltsgleiches Gewerbe, mithin die "Erstellung und Herausgabe von Sportinformationen und aller sich daraus ergebenden Dienstleistungen sowie die Annahme von Kundenbeauftragung zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddset-Wetten an staatlich konzessionierte und behördlich genehmigte Unternehmen durch Online-, Internet- und Kurierdienste" gewerberechtlich als Geschäftsführer der XXXXX Service GmbH, Kölner Str. 250 in 40227 Düsseldorf an. Insoweit war die Zeugin N.Y. zum 10.07.2001 als Geschäftsführerin der XXXXX GmbH ausgeschieden und der Angeklagte statt ihrer als neuer Geschäftsführer mit Einzelvertretungsberechtigung bestellt worden.

Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs vom 01.08.2001 wies der Zeuge Z. als Abteilungsleiter des Amtes für Öffentliche Sicherheit und Ordnung den Angeklagten darauf hin, dass er für die beabsichtigte Vermittlung von Sportwetten eine Genehmigung nach dem Sportwettengesetz NordrheinWestfalen vom 03.05.1955 benötige. Die Anmeldung des Gewerbes ersetze insoweit nicht die erforderliche Genehmigung. Sollten ohne die Erlaubnis Sportwetten vermittelt werden, liege ein Straftatbestand vor. Die vorgenannten Belehrungen wurden noch einmal in einem Schreiben vom 02.08.2001 an- die XXXXX Service GmbH zusammengefasst. Das Schreiben wurde abgesandt. Ein Postrücklauf zu den Verwaltungsakten wurde nicht registriert. Ein Zugang des Schreibens vermochte die Kammer nicht festzustellen.

In der Zeit vom 16.07.2001 bis mindestens Mai 2002 betrieb die XXXXX GmbH unter der alleinigen Geschäftsführung des Angeklagten in den Geschäftsräumen B.82 in G. die Vermittlung von Sportwetten an jedermann. Im Geschäftslokal war die gewerberechtliche Anmeldung der Tätigkeit durch die Firma XXXXX GmbH, vertreten durch den Angeklagten ats Geschäftsführer, unter Nennung des Namens des Angeklagten ausgehängt. In der ca. 40 bis 50 qm großen Räumlichkeit wurden während dieser Zeit jeweils montags und donnerstags Wettprogramme ausgelegt. Dabei konnte ein beliebiger Personenkreis auf den Ausgang inländischer Fußballspiele -1. Bundesliga, 2. Bundesliga teilweise Regionalliga und Deutscher Pokal - sowie auf den Ausgang verschiedener Fußballspiele unterschiedlicher europäischer Ligen, u. a. die jeweils ersten Ligen von Belgien, Holland, Türkei, Norwegen. Schweden, Frankreich, Schottland, Dänemark. Portugal, Schweiz. Finnland. Österreich. England - dort auch 2. und 3. Liga -, Frankreich 1. und 2. Liga, Italien -Serie A und Serie B -, Spanien -1. und 2. Liga, sowie die brasilianische 1. Liga wetten. Dabei variierte das Wettangebot von Spieltag zu Spieltag, da nicht in allen Ligen gleichzeitig gespielt wurde. In einem Wettprogramm wurden regelmäßig mehr als 100 Spiele angeboten. Für die Wettinteressierten bestand die Möglichkeit für die jeweilige Spielpaarung, zu fest vorgegebenen Quoten, auf einen Heimsieg, ein Unentschieden oder einen Auswärtssieg zu tippen. Teilweise wurden dabei auch Einzel- und Zweierwetten, d.h. für einen Gewinn musste nur das einzelne bzw. zwei Spiele richtig getippt werden, angeboten. Typischerweise wurden die Wetten ab Dreierkombinationen angeboten, d.h. der Mitspieler hatte die Wette gewonnen, wenn er die drei von ihm ausgewählten Fußballspiele richtig getippt hatte. Die Mitspieler hatten immer die Möglichkeit bis zu einer beliebigen Kombinationszahl von Fußballspielen zu wetten. Die maximale Auszahlung pro Tippschein betrug 25.000,00 DM, wobei bei Kombinationswetten nur ein Gewinn vorlag, wenn alle getippten Spiele tatsächlich die gewetteten Ergebnisse auswiesen. Der Gewinn errechnete sich in diesem Fall aus dem eingezahlten Betrag, der mit dem Produkt der feststehenden Einzelquoten für die jeweilige Wette multipliziert wurde. Daneben bot die Firma XXXXX weiter die Vermittlung von so genannten Handicap-Wetten für einzelne Fußballspiele oder auch Kombinationen von Fußballspielen an, bei denen von einer vorherigen Vorgabe ein Heimsieg, ein Unentschieden oder ein Auswärtssieg gewettet werden konnte. Bei einer Vorgabe von 0:1 war in diesem Fall für das Wettergebnis ein Unentschieden eingetreten, wenn die Heimmannschaft tatsächlich 2:1 gesiegt hatte.

Des weiteren bot die Firma XXXXX die Vermittlung von Formel 1 Wetten an. Dabei konnte zu einer vorher festgelegten Quote auf den Sieg eines einzelnen Formel 1 Fahrers gewettet werden.

Die Mitspieler füllten die Tippzettel aus, übergaben sie den Angestellten der Firma XXXXX GmbH und zahlten einen beliebigen Einsatz. Die Tipps wurden sodann per Computer an die Firma IBT in London übermittelt und dem Mitspieler ein Auftragsschein übergeben, der das bzw. die gewetteten Sportereignisse, die aus dem Tipp resultierende Quote, den Einsatz und den mathematisch zu ermittelnden Gewinn auswies.

Bei den Mitspielern handelt es sich in aller Regel um versierte Kenner der Materie, die sich aus zahlreichen Informationsquellen, insbesondere einschlägige Zeitschriften; dem Internet, Fernsehen und Rundfunk, aber auch teilweise durch Telefonate mit informierten Insider-Kreisen der an den zu wettenden Fußballspielen beteiligten Vereinen hinsichtlich Mannschaftsaufstellung, derzeitiger Form, Verletztenstand etc. informierten. Die Mitspieler wetteten überwiegend Dreier- oder Mehrfachkombinationen, in seltenen Fällen Einer- oder Zweierwetten. Der Wetteinsatz lag regelmäßig im zweistelligen, gelegentlich im unteren dreisteiligen, in seltenen Fällen auch im vierstelligen DM-Bereich. Einzelne Gewinne erreichten Beträge bis zu 9.000,-- DM. Der monatliche Umsatz der Gelsenkirchener Filiale der Firma XXXXX GmbH, die allein Gegenstand der Anklage ist, lag regelmäßig über 100.000,00 DM. wobei erhebliche Teile, deren genaue Höhe die Kammer nicht festzustellen vermochte, wieder an die Mitspieler ausgezahlt wurden.

Während des Betriebs des Gelsenkirchener Wettbüros der Firma XXXXX GmbH sind keinerlei Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Auszahlung etwaiger Gewinne bekannt geworden.

Weder der Angeklagte noch die Firma XXXXX GmbH waren Inhaber einer Genehmigung für die Veranstaltung von Glücksspielen in Nordrhein-Westfalen , (§ 1 Abs. 1 Satz 1 des Sportwettengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 3.Mai 1955 GS NRW S. 672 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.Dezember 1999 GV.NRW. S.687 oder in einem anderen deutschen Bundesland.....

Dem Angeklagten waren sämtliche Umstände des Wettbetriebes bekannt. Er war vor dem 16.07.2001 in einem gemeinsamen Gespräch zwischen den Zeugen X.Y., Frau N.. der damaligen Geschäftsführerin der XXXXX GmbH, und einem der beiden jetzigen Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt F. aus Dortmund über den Wettbetrieb informiert worden. In diesem Zusammenhang hatte Rechtsanwalt F. dem Angeklagten u.a. erklärt, dass es sich bei den Sportwetten, die durch die XXXXX GmbH angeboten wurde, nicht um verbotenes Glücksspiel, sondern um ein Geschicklichkeitsspiel handele. Es gebe darüber eine Entscheidung vom Amtsgericht Karlsruhe-Durlach. Aufgrund dieser Information ging der Angeklagte davon aus, dass die XXXXX GmbH ein Geschicklichkeitsspiel betreibe bzw. vermittele, was nicht der Strafbarkeit unterfalle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und im Einzelnen begründete Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt und mit der die Aufhebung des angefochtenen Urteils erstrebt wird.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen.

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Die Rüge der Verletzung der §§ 261 i.V.m. 249 Absatz 2 StPO greift nicht durch. Die Revision hat dazu - zusammengefasst - folgendes ausgeführt:

Der Vorsitzende habe anlässlich der Anordnung des Selbstleseverfahrens in dem Hauptverhandlungstermin vom 17.3.2003 gegen den in § 249 Absatz 2 StPO vorgeschriebenen Verfahrensablauf verstoßen. Eine Anordnung gemäß § 249 Absatz 2 StPO sei ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung unterblieben. Der protokollierte Verfahrenshergang sei in sich widersprüchlich. Die in zulässiger Weise erhobene Verfahrensrüge ist im Ergebnis nicht berechtigt. Die Verwertung der Auszahlungsbelege durch das Landgericht im Urteil beruht auf der zulässigen Einführung der Auszahlungsbelege im Wege des Selbstleseverfahrens gemäß § 249 Absatz 2 StPO.

Gemäß § 249 Absatz 2 StPO setzt das Selbstleseverfahren die Entscheidung des Vorsitzenden, dass und für welche Schriften das Selbstleseverfahren angeordnet wird, die Feststellung, dass der Richter und die Schöffen vom Wortlaut der Schrift Kenntnis genommen haben, die übrigen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Kenntnisnahme hatten und dass und welcher Verfahrensteilnehmer Widerspruch gegen die Anordnung des Selbstleseverfahrens erhoben hat sowie die verkündete Entscheidung des Gerichts über den Widerspruch voraus.

In der Sitzungsniederschrift sind alle in Absatz 2 geforderten Voraussetzungen festzuhalten. Dabei handelt es sich bei der Feststellung der Kenntnisnahme von Urkunden im Selbstleseverfahren um eine wesentliche Förmlichkeit der Hauptverhandlung gemäß § 274 StPO, so dass der Nachweis hierüber nur durch das Protokoll geführt werden kann ( BGH NStZ 2000, 47)

Ausweislich des Protokolls vom 17.3.2003 sind Fehler bei der Anordnung des Selbstleseverfahrens nicht ersichtlich.

Das Protokoll verhält sich wie folgt:

Der Vorsitzende gab bekannt, dass die sichergestellten Auszahlungsbelege der Fa. IBT von ihm und den Schöffen im Wortlaut zur Kenntnis genommen worden seien.

Der Vorsitzende erklärte weiter, dass dem Angeklagten, seinem Verteidiger und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft gem. § 249 Abs. 2 StPO Gelegenheit gegeben wurde, von den Auszahlungsbelegen Kenntnis zu nehmen.

Der Angeklagte, sein Verteidiger und der Vertreter der Staatsanwaltschaft widersprachen nicht der angekündigten Vorgehensweise gem. § 249 Abs. 2 StPO.

Die Hauptverhandlung wurde um 13.23 Uhr unterbrochen, um den Beteiligten Gelegenheit zur Einsicht zu geben.

Die Hauptverhandlung wurde um 13.34 Uhr fortgesetzt.

Der Vorsitzende stellt fest, dass der Angeklagte, sein Verteidiger und der Vertreter der Staatsanwaltschaft Gelegenheit hatten, von den Auszahlungsbelegen, die als Anlage I zum heutigen Protokoll genommen wurden, Kenntnis zu nehmen.

Soweit die Revision ausführt, der Vorsitzende habe keinen gemäß § 249 Absatz 2 StPO erforderlichen ausdrücklichen Beschluss über die Anordnung des Selbstleseverfahrens getroffen, widerspricht dies den Feststellungen des insoweit auszulegenden Protokolls.

Gemäß § 274 StPO ist die Auslegung von Protokolleintragungen stets zulässig und geboten, wenn der Sinn des Protokolls zweifelhaft ist ( Meyer-Goßner § 274 Rn 5, SK-Schlüchter StPO § 274 Rn. 12). Soweit sich aber - wenn auch erst durch Auslegung - ein eindeutiger Sinn des Protokolls ermitteln lässt, ergibt sich hieraus eine ausschließliche Beweiswirkung formeller Natur ( SK-Schlüchter aa0).

So verhält es sich hier. Offensichtlich hat der Protokollführer anstelle des Wortes "werde" versehentlich das Wort ,,wurde" in das Protokoll aufgenommen.

Denn nach Absatz 2 des Protokolls erklärte der Vorsitzende, dass dem Angeklagten, seinem Verteidiger und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft gem. § 249 Abs. 2 StPO Gelegenheit gegeben wurde, von den Auszahlungsbelegen Kenntnis zu nehmen.

Aus dem nächsten Absatz wird aber deutlich, das die Verfahrensbeteiligten der beabsichtigten Vorgehensweise nicht widersprachen, also einem Vorgang der Kenntnisnahme, der in der Zukunft liegen sollte und noch nicht stattgefunden hatte. Dem gemäß hatten die Verfahrensbeteiligten noch keine Gelegenheit zur Einsichtnahme, sondern diese sollte noch erfolgen. Dieses wird schließlich durch die Absätze 4-6 des Protokolls bestätigt, wonach die Sitzung zunächst zum Zwecke der Einsichtnahme unterbrochen wurde und der Vorsitzende sodann feststellte, dass die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit hatten, von den Auszahlungsbelegen Kenntnis zu nehmen.

In der Erklärung des Vorsitzenden, dass dem Angeklagten, seinem Verteidiger und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft gemäß § 249 Absatz 2 StPO Gelegenheit gegeben werde, von den Auszahlungsbelegen Kenntnis zu nehmen, ist auch eine Anordnung des Selbstleseverfahrens zu sehen. Die Verfahrensbeteiligten wurden durch die Nennung der Vorschrift und die Bezeichnung der Schriftstücke ausdrücklich über die Durchführung des Selbstleseverfahrens in Kenntnis gesetzt.

Der ordnungsgemäßen Durchführung des Selbstleseverfahrens steht auch nicht entgegen, dass der Vorsitzende und die Schöffen noch vor der Anordnung des Selbstleseverfahrens ausweislich Absatz 1 des Protokolls bereits von den sichergestellten Auszahlungsbelegen der Firma AAA im Wortlaut Kenntnis genommen haben.

Das Selbstleseverfahren muss vor dem Schluss der Beweisaufnahme beendet sein (BGH St 30, 10, 11); keine Grenze sieht das Gesetz dagegen für den Beginn der Selbstlesung vor. So können die Richter einschließlich der Schöffen die Urkunde bzw. Teile hieraus, die im Selbstleseverfahren eingebracht werden, schon vor der Anordnung durch den Vorsitzenden gelesen haben (SK-Schlüchter StPO § 249, Rn 51). Denkgesetzlich ist dies für die Schöffen schon vor Sitzungsbeginn zulässig (Leipziger Kommentar § 249 Rn 68), für den Vorsitzenden und den Berichterstatter sogar üblich.

2) Die Revision macht mit ihrer weiteren Verfahrensrüge geltend, das Gericht habe die Vorschriften der §§ 261 i.V.m. 254 Absatz 1 StPO verletzt, in dem es - zusammengefasst - die von dem Verteidiger in der ersten Instanz für den Angeklagten abgegebene - protokollierte - Erklärung zur Sache in der Berufungsinstanz als Geständnis des Angeklagten gemäß § 254 StPO verlesen und zur Grundlage der Verurteilung gemacht habe.

Ein Verstoß gegen §§ 261, 254 StPO liegt nicht vor. Das Landgericht durfte die vom Verteidiger für den Angeklagten abgegebene Erklärung in der ersten Instanz gemäß § 254 StPO als Geständnis verlesen.

Ausweislich des 1. instanzlichen Protokolls vom 19.5.2003 wurde der Angeklagte belehrt.

Anschließend finden sich im Protokoll folgende Eintragungen: Er erklärte n : Ich bin zur Äußerung bereit. über den Verteidiger

........ Es folgen Angaben des Angeklagten zur Person.

Der Rechtsanwalt erklärt: ..... Es folgen Angaben zur Sache.

Damit hat der Angeklagte nach Belehrung nicht die Einlassung verweigert, sondern seinen Verteidiger vortragen lassen, was er zur Sache sagen wollte. Der Gesamtzusammenhang - Ich bin zur Äußerung bereit. Über den Verteidiger - ergibt, dass es sich bei den Angaben zur Sache nicht um eine Erklärung des Verteidigers handelte, sondern um eine solche des Angeklagten, die sein Verteidiger für ihn abgab. Der Angeklagte hat damit seinen Verteidiger bewusst als sein Sprachrohr eingesetzt und wollte sich dieses Geständnis auch strafmildernd zurechnen lassen.

Gibt aber der Verteidiger in der Hauptverhandlung in Anwesenheit seines Mandanten - selbst wenn dieser keine Angaben zur Sache macht - für diesen Erklärungen zur Sache ab, können diese ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten verwertet

2) Die Revision macht mit ihrer weiteren Verfahrensrüge geltend, das Gericht habe die Vorschriften der §§ 261 i.V.m. 254 Absatz 1 StPO verletzt, in dem es - zusammengefasst - die von dem Verteidiger in der ersten Instanz für den Angeklagten abgegebene - protokollierte - Erklärung zur Sache in der Berufungsinstanz als Geständnis des Angeklagten gemäß § 254 StPO verlesen und zur Grundlage der Verurteilung gemacht habe.

Ein Verstoß gegen §§ 261, 254 StPO liegt nicht vor. Das Landgericht durfte die vom Verteidiger für den Angeklagten abgegebene Erklärung in der ersten Instanz gemäß § 254 StPO als Geständnis verlesen.

Ausweislich des 1. instanzlichen Protokolls vom 19.5.2003 wurde der Angeklagte belehrt.

Anschließend finden sich im Protokoll folgende Eintragungen: Er erklärte n : Ich bin zur Äußerung bereit.

über den Verteidiger

........Es folgen Angaben des Angeklagten zur Person.

Der Rechtsanwalt erklärt: .....Es folgen Angaben zur Sache.

Damit hat der Angeklagte nach Belehrung nicht die Einlassung verweigert, sondern seinen Verteidiger vortragen lassen, was er zur Sache sagen wollte. Der Gesamtzusammenhang - Ich bin zur Äußerung bereit. Über den Verteidiger - ergibt, dass es sich bei den Angaben zur Sache nicht um eine Erklärung des Verteidigers handelte, sondern um eine solche des Angeklagten, die sein Verteidiger für ihn abgab. Der Angeklagte hat damit seinen Verteidiger bewusst als sein Sprachrohr eingesetzt und wollte sich dieses Geständnis auch strafmildernd zurechnen lassen.

Gibt aber der Verteidiger in der Hauptverhandlung in Anwesenheit seines Mandanten - selbst wenn dieser keine Angaben zur Sache macht - für diesen Erklärungen zur Sache ab, können diese ohne weiteres als Einlassung des Angeklagten verwertet werden ( BGH STV 1998, S. 59). Erst recht gilt dieses, wenn der Angeklagte von seinem Schweigerecht keinen Gebrauch macht, sondern durch seinen Verteidiger ausdrücklich für ihn eine Erklärung abgeben lässt.

Soweit in der Rechtssprechung in der Vergangenheit entschieden worden ist, dass ein Tatsachenvortrag des Verteidigers in einem Beweisantrag (BGH NStZ 1990, 447), schriftliche Äußerungen des Verteidigers zur Tatbeteiligung des Angeklagten (BGH NStZ 1994, 184f) oder prozessuale Erklärungen des Verteidigers (OLG Hamm JR 1980, S. 82) nicht als Einlassung des Angeklagten gewertet durften, unterscheiden sich die aufgeführten Entscheidungen dadurch, dass dort der Angeklagte jeweils die Einlassung zur Sache verweigert hatte.

Da es sich bei der Erklärung des Verteidigers 1. Instanz daher um Angaben des Angeklagten zur Sache handelte, war das Landgericht auch nicht daran gehindert, diese Angaben gemäß § 254 Absatz 1 StPO als richterliches Geständnis des Angeklagten zu verlesen.

3) Die auf die Sachrüge im übrigen vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt ebenfalls keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Die in sich widerspruchsfreien, nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßenden und vollständigen Feststellungen tragen die Verurteilung.

a) Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen gemeinschaftlicher unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels verurteilt hat, hält das angefochtene Urteil der materiellen-rechtlichen Überprüfung stand. Das Landgericht hat insbesondere ausreichende Feststellungen dazu getroffen, dass es bei den hier vermittelten Sportwetten um unerlaubtes Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB handelt.

Im Gegensatz zum Geschicklichkeitsspiel , bei dem die Entscheidung über Gewinn und Verlust des Spiels nach den Sportbedingungen wesentlich von den geistigen und körperlichen Fähigkeiten, den Kenntnissen, der Übung und der Aufmerksamkeit des Spielers abhängt, ist das Glücksspiel dadurch gekennzeichnet, dass der Erfolg allein oder jedenfalls überwiegend vom Zufall abhängt. Dies ist bei der Sportwette der Fall, wie in der höchstrichterlichen Rechtssprechung bereits mehrfach festgestellt wurde (BGH BGHR StGB § 284 Abs. 1 Glückspiel 3 und 4; BGH NJW 2002. 2175: BVerwG NJW 2001, 2648; OLG Nürnberg SpuRt 2001, 156). Dabei ist hinsichtlich der Beurteilung des Durchschnittspielers - nach dem Grundsatz der einheitlichen Betrachtungsweise- , auf den Personenkreis abzustellen, für den das Spiel eröffnet und gewöhnlich betrieben wird. Insoweit hat das Landgericht schon zu Gunsten des Angeklagten unterstellt, dass es sich bei den Spielern in aller Regel um versierte Kenner der Materie handelt, die sich aus zahlreichen Informationsquellen etc. informieren.

Aber auch wenn Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sportwesens die Chance , einzelne Ergebnisse richtig vorherzusagen, verbessern, schließt dies die Zufälligkeit des Erfolgs bei den vom Landgericht festgestellten hauptsächlich gespielten Dreier- und Mehrfachkombinationen nicht aus. Das Landgericht hat dies zutreffend dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

Der Fußball- und Rennsport gewinnt seinen Reiz aus der Ergebnisoffenheit. Dies gilt umso mehr als die Gewinnquoten und damit auch der Anreiz für den Spieler umso höher sind, je unübersehbarer oder unwahrscheinlicher der Spielausgang ist, auf den der Spieler setzt. Nicht das Setzen auf den Favoriten mit einer regelmäßig niedrigen Gewinnquote, sondern das Setzen auf den Außenseiter mit einer regelmäßig hohen Quote kommt dem Streben des Spielers entgegen, seinen Einsatz größtmöglich zu vervielfachen (BGH StraFo 2003, 79f).

b) Das Landgericht geht auch zutreffend davon aus, dass der Angeklagte Veranstalter im Sinne des § 284 StGB ist, denn er hat verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels geschafft und dadurch den Wettteilnehmern die Möglichkeit zum Abschluss von Spielverträgen ermöglicht. In diesem Zusammenhang kann es dahingestellt bleiben, ob die Firma AAA wie die Revision in der mündlichen Verhandlung behauptet hat, über eine entsprechende Genehmigung nach dem Recht ihres Heimatstaates verfüge.

Gemäß § 284 StGB bedarf derjenige, der in der Bundesrepublik ein Glücksspiel veranstaltet, einer inländischen staatlichen Genehmigung. Die Voraussetzungen dieser Genehmigung richten sich im konkreten Fall, worauf das Landgericht mehrfach hingewiesen hat, nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Sportwettengesetzes NRW. Diese Genehmigung lag weder vor, noch hätte sie erteilt werden können, weil Träger des Wettunternehmens nur eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische Person des privaten Rechts sein kann, deren Anteile überwiegend juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören. Hierzu zählen ausländische Wettunternehmen nicht.

Aber selbst wenn diese Vorschrift verfassungswidrig wäre, wofür keine Anhaltspunkte bestehen, besäße die Firma AAA keine nach § 284 StGB erforderliche Erlaubnis.

Insbesondere wirkt die Genehmigung nach dem Heimatstaat nicht über EG-Recht in die Bundesrepublik hinein, denn es ist Sache der nationalen Stellen seiner Mitgliedstaaten, das Glücksspielwesen im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens zu regeln.

c) Endlich ist in der Strafbarkeit der Veranstaltung von Sportwetten gemäß § 284 StGB und deren Vermittlung ins Ausland, selbst bei unterstellter Genehmigung im Heimatstaat, kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 43, 49 ff EGV zu sehen. Inwieweit ein Mitgliedstaat auf seinem Gebiet im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen Beschränkungen zum Schutz der Sozialordnung vorsehen will, steht im Ermessen der nationalen Stellen dieses Mitgliedsstaates. Art. 49 EGV verbietet nur diskriminierende Beschränkungen. Der EuGH (EuGH, Urteil vom 6.11.2003 in der Rechtssache C-243/01 gegen Piergiorgio Gambelli, Leitsatz) sieht zwar in dem strafbewehrten Verbot von Wettunternehmen dann eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Artikeln 43 EGV und 49 EGV, wenn der betreffende Mitgliedstaat - ohne anerkennenswerte Gründe der Sozialordnung - keine Konzession oder Genehmigung erteilt. Der EuGH hat aber anerkannt, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt sein können (EuGH Urteil vom 6.11.2003 in der Rechtssache C-243/01 gegen Piergiorgio Gambelli u.a. Rn 67).

Gleichzeitig stellt er fest, dass es Sache der nationalen Gerichte ist, zu prüfen, ob eine nationale Regelung zur Beschränkung von Glücksspielen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (EuGH aa0, auch schon EuGH EuZW 2000, 151 Rn 33).

Zwar besteht in der Judikatur über das geschützte Rechtsgut der §§ 284 bis 287 StGB Uneinigkeit. Teilweise wird als Schutzgut das Vermögen des Glücksspielers genannt (Otto BT 55/1, LK- v. Bubnoff 4 vor § 284 StGB), teilweise die Belange der Allgemeinheit wegen der mit Glücksspiel typischerweise einhergehenden Beschaffungs-, Begleit- und Folgekriminalität (BGH NJW 1992, 1518), teils wird aber auch als Strafgrund die Verwaltungsrechtswidrigkeit des Spielbetriebes ohne staatliche Konzession gesehen (BGHSt 11, 209) Während das zuletzt genannte Rechtsgut unter Berücksichtigung fiskalischer Interessen des Staates an einer Konzessionspflicht im Hinblick auf die gezeigten Anforderungen des EuGH zweifelhaft erscheinen kann, rechtfertigt dagegen nach Auffassung des Senates die mit unkontrolliertem Glücksspiel einhergehende Beschaffungs-, Begleit und Folgekriminalität als Einfallstor der organisierten Kriminalität ein Verbot. Gerade unter diesem Gesichtspunkt hat der Gesetzgeber durch das OrgKG 1992 den Qualifikationstatbestand des § 284 Abs. 3 StGB eingeführt (EOrgKG BT-Drs. 12/989, 24). Damit hat er deutlich zum Ausdruck gebracht, das dem gewerbsmäßigen Glücksspiel nicht nur das Risiko regelwidrigen Spielverlaufs, sondern auch das Risiko sonstiger Rechtsgutverletzungen anlässlich des Spiels z. B. durch Geldwäsche immanent ist

d) Die Feststellungen zur inneren Tatseite halten einer rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Zu Recht und in nachvollziehbare Weise hat das Landgericht einen dementsprechenden Vorsatz des Angeklagten angenommen. Das Landgericht ist insbesondere zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte alle Umstände des deskriptiven Tatbestandsmerkmals " Glücksspiel" (SKHoyer StGB § 284 StGB Rn 23) gekannt hat - mithin Tatsachen- und Bedeutungskenntnis besaß - , lediglich aufgrund der Auskunft des Verteidigers Ra. F. irrig davon ausging, dass es sich bei der Veranstaltung von Sportwetten um ein erlaubtes Geschicklichkeitsspiel im Sinne des § 284 STGB handeln würde. Nach h.M. handelt es sich hierbei um einen Subsumtionsirrtum, bei dem der Täter bei voller Kenntnis des Sachverhalts und der sachlichen Bedeutung des in Frage stehenden Tatumstandes, das in diesem Fall einschlägige Tatbestandsmerkmal gleichwohl zu seinen Gunsten auslegt.(Schönke-Schröder - Cramer/SternbergLieben § 15 Rn 43 a, Lackner/Kühl StGB § 284 Rn 13, BGH NStZ-RR 1996, S.24f). Die unrichtige Subsumtion in dem genannten Sinne schließt den Vorsatz nicht aus, wenn dem Täter - wie hier - trotz seiner Fehlvorstellung die soziale Tragweite seines Handelns bewusst war (Schönke-Schröder aa0) und er die tatsächliche Charakteristik des Spiels erfasst hat (SK-Hoyer StGB § 284 Rn 23).

Vorliegend führt der Subsumtionsirrtum aber - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat- zu einem Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB , weil dem Angeklagten aufgrund der Auskunft seines Rechtsanwaltes das Bewusstsein fehlte, ein unerlaubtes Glücksspiel zu veranstalten (Leipziger Kommentar § 284 StGB Rn 23, Lackner/Kühl § 284 Rn 13) . Der Verbotsirrtum war jedoch vermeidbar.

Die Ausführungen des Landgerichts zur Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums gemäß § 17 StGB sind - zumindest im Ergebnis - zutreffend. Ein Verbotsirrtum ist unvermeidbar, wenn der Täter die Rechtswidrigkeit seines Tuns auch bei Anspannung seines Gewissens unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht erkennen kann (OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 263 mwN). Dabei kann er sich prinzipiell auf die Auskunft einer verständigen, sachkundigen , unvoreingenommenen Person, die kein erkennbares Eigeninteresse verfolgt und deswegen Gewähr für eine objektive, sorgfältige pflichtgemäße und verantwortungsbewusste Auskunftserteilung bietet, verlassen (OLG Frankfurt aa0 mwN, ähnlich OLG Braunschweig NStZ-RR 1998, 251 mwN). Vorliegend dufte der Angeklagte zunächst von der Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung durch Herrn Rechtsanwalt F. ausgehen, da dieser eine Beurteilung abgegeben hat, welche sich auf ein Fachgebiet bezog, was er studiert hat.

Gleichwohl konnte der Angeklagte der anwaltlichen Rechtsauskunft letztlich nicht vorbehaltlos vertrauen, da er in der Folgezeit bei mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen zumindest Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft hätte haben müssen.

Spätestens anlässlich der Neuanmeldung des Gewerbes am 1.8.2001 wurde dem Angeklagten - wie das Landgericht im Urteil festgestellt hat - seitens des Leiters des zuständigen Ordnungsamtes, dem Zeugen Z., erklärt, dass er zum Betrieb des Wettbüros einer staatlichen Erlaubnis bedürfe und er sich bei Nichtbesitz einer Erlaubnis durch seine Tätigkeit im Wettbüro strafbar machen würde.

Selbst wenn der Angeklagte daher von der Rechtmäßigkeit seines Tuns aufgrund der Auskunft des Rechtsanwalts F. bis zum 1.8.2001 überzeugt war, kannte er ab diesem Zeitpunkt die entgegenstehende behördliche Äußerung. Dieses musste ihn veranlassen, sich über die Rechtslage zu vergewissern (OLG Stuttgart JR 1978, 295, BGH wistra 1982, 73), so dass für ihn eine Erkundigungspflicht bestand, wie sie das Landgericht im Urteil auch zutreffend angenommen hat.

Allerdings hätte das Landgericht auch feststellen müssen - und hieran mangelt es -. dass der Täter, wenn er sich erkundigt hätte auch eine richtige Auskunft hätte bekommen können ( BayObLG NJW 1989, 1744, 1745; OLG Hamburg NStZ 1996, 102, OLG Braunschweig NStZ-RR 1998. 251).

Diese Bedingung ist vorliegend gleichwohl erfüllt.

Ein Weg, sich über die Rechtsmäßigkeit des geplanten Handelns zu unterrichten ist z.B. die Prüfung, inwiefern (höchstrichterliche) Rechtssprechung zu der entsprechenden Rechtsfrage ergangen ist. Als vermeidbar ist ein Verbotsirrtum in diesem Zusammenhang bereits dann anzusehen, wenn eine pflichtgemäß erteilte Auskunft das Täterverhalten als möglicherweise rechtswidrig hätte bezeichnen müssen (FG Köln NJW 1986, 2538).

Zum Zeitpunkt des Entstehens der Erkundigungspflicht am 1.8.2001 existierte eine strafrichterliche Entscheidung des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach (NStZ 2001, 254), auf die sich Herr Rechtsanwalt F. anlässlich seiner Auskunft bezogen hatte.

Vorliegend führt der Subsumtionsirrtum aber - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat- zu einem Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB , weil dem Angeklagten aufgrund der Auskunft seines Rechtsanwaltes das Bewusstsein fehlte, ein unerlaubtes Glücksspiel zu veranstalten (Leipziger Kommentar § 284 StGB Rn 23, Lackner/Kühl § 284 Rn 13) . Der Verbotsirrtum war jedoch vermeidbar.

Die Ausführungen des Landgerichts zur Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums gemäß § 17 StGB sind - zumindest im Ergebnis - zutreffend.

Ein Verbotsirrtum ist unvermeidbar, wenn der Täter die Rechtswidrigkeit seines Tuns auch bei Anspannung seines Gewissens unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht erkennen kann (OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 263 mwN)

Dabei kann er sich prinzipiell auf die Auskunft einer verständigen, sachkundigen , unvoreingenommenen Person, die kein erkennbares Eigeninteresse verfolgt und deswegen Gewähr für eine objektive, sorgfältige pflichtgemäße und verantwortungsbewusste Auskunftserteilung bietet, verlassen (OLG Frankfurt aa0 mwN, ähnlich OLG Braunschweig NStZ-RR 1998, ,251 mwN). Vorliegend dufte der Angeklagte zunächst von der Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung durch Herrn

Demgegenüber vertrat das OLG Nürnberg in einem Urteil vom 7.11.2000 (SpuRt 2001, 156f) die Auffassung, Sportwetten seien unerlaubtes Glücksspiel (OLG Nürnberg aa0, S.158). Ebenso ordnete auch das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom 28.3.2001 (DÖV 2001, 960 f) die Sportwette als unerlaubtes Glücksspiel ein.

Eine pflichtgemäße Auskunft hätte daher aufgrund der zum Tatzeitpunkt existierenden obergerichtlichen Urteile im Verhältnis zum bestehenden amtsgerichteichen Urteil zumindest den Inhalt gehabt, dass sein Verhalten möglicherweise rechtswidrig sei.

Demzufolge war der Verbotsirrtum des Angeklagten auch vermeidbar.

e) Schließlich lassen auch die Strafzumessungserwägungen in dem angefochtenen Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen.

Das Landgericht hat die Strafmilderungsmöglichkeit des § 17 S.2 StGB geprüft . In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob die Gründe, mit der das Landgericht von dem fakultativen Milderungsgrund des § 17 S,.2 StGB abgesehen hat, tragend sind oder nicht. Nach der Rechtssprechung bedarf es hierzu einer Gesamtwürdigung aller schuldrelevanten Umstände (Lackner/Kühl § 49 Rn 4 mwN), nach einer anderen Ansicht dürfen dagegen nur solche Umstände berücksichtigt werden, die auf den jeweiligen gesetzlichen Milderungsgrund bezogen sind (Sch/Sch-Cramer/Sternberg-Lieben § 17 Rn 26; SK-Rudolphi § 17, Rn 49).

Das Urteil beruht allerdings nicht auf diesem Fehler.

Denn die Kammer hat im Rahmen der nach § 46 Abs. 2 StGB anzustellenden Erwägungen in einer ausführlichen Würdigung, die für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände geprüft und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Angeklagte davon ausging ohne Schuld zu handeln- sachgerecht gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von über 6 Monaten zu verhängen gewesen wäre. Lediglich aufgrund des Verschlechterungsverbotes sah sich die Kammer daran gehindert, eine höhere Strafe gegen den Angeklagten festzusetzen.

Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, die tatrichterliche Strafzumessung durch eine eigene zu ersetzen (vgl BGHSt 5, 57, 59). Nur wenn ein grobes Missverhältnis von Schuld und Strafe vorliegt, ist die Strafzumessung einem Eingreifen des Revisionsgerichts zugänglich (vgl BGHSt 17,735, 37). Davon aber kann vorliegend keine Rede sein. Die Strafe hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens.

Die Revision war daher nach alledem mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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