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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.07.2003
Aktenzeichen: 3 Ss 458/03
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 176 | |
StGB § 184 c |
Beschluss
Strafsache
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, (hier: Sprungrevision des Angeklagten).
Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Gladbeck vom 04. März 2003 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. 07. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Tenor.
Das Urteil des Amtsgerichts Gladbeck vom 04. März 2003 wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Gladbeck zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Gladbeck hat den Angeklagten am 04. März 2003 wegen Vornahme sexueller Handlungen an einer Person unter 14 Jahren zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit am 10. März 2003 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers am 06. März 2003 Rechtsmittel eingelegt und diese nach Zustellung des angefochtenen Urteils am 20. März 2003 mit am 16. April 2003 bei dem Amtsgericht Gladbeck eingegangenen weiteren Schriftsatz des Verteidigers als Revision bezeichnet.
Die Revision beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und bezieht sich zur Begründung auf die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 1 StPO sowie auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
II.
Die zulässige Sprungrevision des Angeklagten hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt bereits auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrundeliegenden Feststellungen. Auf die von dem Angeklagten gleichfalls erhobene Verfahrensrüge kommt es damit nicht mehr an, da bereits die Sachrüge der Revision zum vollen Erfolg verhilft.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift zu der von dem Angeklagten erhobenen Sachrüge Folgendes ausgeführt:
"Sachrüge:
Die Überprüfung des Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht hat mehrere den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler aufgedeckt.
Das Urteil begegnet bereits deshalb erheblichen Bedenken, weil sich der Tatrichter nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob sich das Verhalten des Angeklagten als sexuelle Handlung im Sinne des § 184 c Nr. 1 StGB dargestellt hat. Nach dieser Bestimmung sind sexuelle Handlungen nur solche, die im Hinblick auf das jeweils geschützte Rechtsgut von einiger Erheblichkeit sind. Hieran könnte es fehlen, da nur festgestellt worden ist, dass der Angeklagte seine Hand auf den Oberschenkel der Geschädigten legte und den Oberschenkel bis zum Intimbereich streichelte (zu vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., Rdnr. 7 zu § 184 c).
Feststellungen zur Intensität und Dauer dieser Handlungen sind nicht getroffen worden, so dass auch der Tatbestand der Beleidigung auf sexueller Basis in Betracht zu ziehen gewesen wäre, zumal wenn noch das Angebot des Angeklagten, eine Packung Zigaretten geben zu wollen gegen Berühren und Lecken der Brust der Geschädigten, mitberücksichtigt würde. Dass die Handlungen über der Bekleidung der Geschädigten erfolgt sind, ergibt sich zwar nicht konkret aus den Feststellungen, angesichts der Jahreszeit (November) ist jedoch davon auszugehen, dass die Geschädigte lange Hosen getragen hat.
Wenn der Tatrichter bei der Wertung der Handlung des Angeklagten zu dem Ergebnis gekommen ist, es liegt der objektive Tatbestand des § 176 StGB vor, so sind Ausführungen zum subjektiven Tatbestand notwendig gewesen. Insoweit fehlen jegliche Feststellungen darüber, dass der Angeklagte erkannt hat oder hätte erkennen müssen, dass es sich bei der Geschädigten um ein noch nicht 14 Jahre altes Kind gehandelt hat. In diesem Zusammenhang wird voll umfänglich auf die Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift des Angeklagten Bezug genommen.
Gleichfalls fehlen jegliche Erörterungen zu der Frage des Vorliegens eines minderschweren Falles des sexuellen Missbrauchs. Derartige Ausführungen drängten sich schon deshalb auf, weil die Handlung des Angeklagten - wenn überhaupt - so doch knapp über der Schwelle der Erheblichkeit lagen (zu vgl. Tröndle/Fischer, a. a. O., Rdnr. 24 zu § 176). Auch dürfte bei einer entsprechenden Erörterung zu berücksichtigen sein, ob und ggf. wie sich die Geschädigte gegen die Handlungen des Angeklagten zur Wehr gesetzt hat oder auch, warum sie nicht einfach weggegangen ist.
Bei der Strafzumessung ergeben sich weitere Fehler oder zumindest Unklarheiten. So ist nicht nachvollziehbar dargestellt, warum die Verhängung einer Geldstrafe aufgrund der Einkommensverhältnisse des Angeklagten von vornherein ausschied. Diese Ausführungen könnten zu der Vermutung Anlass geben, dass der Tatrichter bei Angeklagten, die in beengten finanziellen Verhältnissen leben, nur deshalb von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand nimmt und statt dessen eine Freiheitsstrafe verhängt, weil er die (armen) Angeklagten durch die Geldstrafe nicht noch zusätzlich belasten will. Dass eine derartige Auffassung nicht rechtens sein kann, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die straferschwerende Berücksichtigung bei der Tat habe es sich um keine spontane Handlung gehandelt, findet in den Feststellungen keine Stütze. Es ist nicht dargelegt, dass der Angeklagte bereits zu dem Zeitpunkt, als er nach Hause ging, um Zigaretten zu holen, entschlossen war, sexuelle Handlungen an der Geschädigten vorzunehmen. Eben so gut möglich kann es gewesen sein, dass der Angeklagte diesen Entschluss zu sexuellen Handlungen erst später nach Rückkehr von zu Hause gefasst hat."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat im vollen Umfang an.
Der Senat hat die Sache nunmehr an das Jugendschöffengericht verwiesen, da angesichts des bisherigen Einlassungsverhaltens des Angeklagten davon auszugehen ist, dass es jedenfalls nunmehr der Einvernahme der geschädigten kindlichen bzw. jugendlichen Zeugen bedürfen wird, um die erforderlichen näheren Feststellungen zur Intensität und Dauer der Berührungen seitens des Angeklagten zum Nachteil der geschädigten Zeugin treffen zu können.
Ende der Entscheidung
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