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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.11.2000
Aktenzeichen: 3 Ss 589/00
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 329 | |
StPO § 344 |
Ergibt sich aus dem tatrichterlichen Urteil, mit dem die Berufung des Angeklagten wegen Ausbleibens im Berufungshauptverhandlungstermin verworfen worden ist, nicht, dass der Angeklagte überhaupt Entschuldigungsgründe vorgebracht hatte, muß dazu in der Revisionsbegründung bei der Begründung der formellen Rüge vorgetragen werden.
3 Ss 589/00 OLG Hamm Senat 3
Beschluss
Strafsache gegen T.A.,
wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung und Betruges.
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 24.03.2000 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30.11.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten bzw. seines Verteidigers gemäß § 349 Abs. 1 StPO beschlossen:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Hattingen hatte den Angeklagten am 02.06.1999 wegen gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Die Urteilsgründe lauten:
"Der Angeklagte hat gegen das Urteil vom 02.06.1999 zwar rechtzeitig Berufung eingelegt, ist aber in dem heutigen Termin zur Hauptverhandlung, ungeachtet der durch die Urkunde vom 3. Februar 2000 nachgewiesenen Ladung, ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht in zulässiger Weise vertreten worden.
Die eingelegte Berufung war daher nach § 329 der Strafprozeßordnung zu verwerfen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 473 der Strafprozeßordnung."
Es folgt die Unterschrift des Richters.
Der Angeklagte hat gegen das Berufungsurteil zunächst mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30.03.2000, beim Landgericht Essen eingegangen am 31.03.2000, Revision eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Kammer habe rechtsfehlerhaft die durch den Militärdienst in Jugoslawien verursachte Abwesenheit des Angeklagten nicht als entschuldigt angesehen und dies näher ausgeführt. Zu diesem Zeitpunkt war unter dem 29.03.2000 eine allerdings unwirksame Zustellung des Berufungsurteils an den Verteidiger versucht worden.
Das Landgericht Essen hat mit Beschluss vom 05.04.2000 das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten als unzulässig verworfen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 20. Juli 2000 verworfen.
Am 31.08.2000 ist das Berufungsurteil dem Verteidiger des Angeklagten erneut - nunmehr wirksam - zugestellt worden.
Mit am 05.09.2000 bei dem Landgericht Essen eingegangenem Schreiben vom 02.09.2000 hat der Verteidiger dann erneut für den Angeklagten Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das angefochtene Urteil beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung des § 329 StPO, da die durch den Militärdienst in Jugoslawien verursachte Abwesenheit des Angeklagten nicht als entschuldigt angesehen worden sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Revision des Angeklagten war gemäß § 349 Abs. 1 StPO bereits als unzulässig zu verwerfen. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO ist hier nämlich nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Form erhoben worden, die Sachrüge wäre ebenfalls unzulässig.
Wird mit der Revision gegen ein gemäß § 329 Abs. 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil geltend gemacht, dieses gehe zu Unrecht davon aus, dass der Angeklagte nicht genügend entschuldigt gewesen sei, setzt die Überprüfung der vom Landgericht vorgenommenen Wertung die Erhebung einer der Vorschrift des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Verfahrensrüge voraus (vgl. OLG Hamm, VRS 98, 203, 204 m.w.N.). An die Zulässigkeit dieser Verfahrensrüge werden keine strengen Anforderungen gestellt (OLG Köln, StV 1989, 53). Insbesondere ist die Wiedergabe des Urteilsinhalts dann nicht erforderlich, wenn sich aus dem Verwerfungsurteil selbst ergibt, dass der Angeklagte Entschuldigungsgründe vorgebracht hatte (OLG Köln, a.a.O.). Da das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils gebunden ist, wäre es nämlich formalistisch, die Zulässigkeit der Verfahrensrüge davon abhängig zu machen, dass die Revisionsbegründung den Urteilsinhalt wiederholt (OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Düsseldorf NStE Nr. 16 zu § 329 StPO). Diese Verkürzung der Darlegungslast des Revisionsführers gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO greift aber dann nicht ein, wenn sich aus dem Verwerfungsurteil der Strafkammer gerade nicht ergibt, dass der Angeklagte überhaupt Entschuldigungsgründe vorgebracht hatte. In einem solchen Fall kann das Revisionsgericht anhand der Urteilsgründe nämlich nicht erkennen, welche Entschuldigungsgründe von dem Angeklagten vorgebracht worden sind. Deshalb muss der Revisionsführer in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Form im Einzelnen ausführen, welche Entschuldigungsgründe er vorgebracht hatte. Ein derartiger Vortrag kann der Revision, und zwar sowohl dem Schreiben vom 30.03.2000 als auch dem Schreiben des Verteidigers vom 10.09.2000, nicht entnommen werden. Die Revision enthält hierzu lediglich die Wertung des Verteidigers, die Verwerfung der Berufung durch das Landgericht sei rechtsfehlerhaft gewesen, sowie Ausführungen zur Begründung dieser Wertung. Die zugrunde liegenden Verfahrenstatsachen teilt die Revision dagegen nicht mit. Insbesondere fehlen jede Angaben dazu, welcher Entschuldigungsgrund der Kammer vor dem Verwerfungsurteil mitgeteilt wurde, in welcher Form dies geschah und welchen genauen Inhalt das Entschuldigungsvorbringen des Angeklagten hatte. Der Senat kann sich diese Erkenntnisse auch nicht aufgrund des Akteninhaltes selbst verschaffen. Der Akteninhalt ist dem Senat im Revisionsverfahren nämlich nur auf eine zulässig erhobene Verfahrensrüge hin eröffnet (KK-Kuckein, StPO, 4. Aufl., § 352 Rdnr. 12; vgl. auch KK-Ruß, StPO, 4. Aufl., § 329 Rdnr. 14 zum Inhalt der Verfahrensrüge).
Darauf, ob dem Vorbringen der Revision darüber hinaus auch die Erhebung der Sachrüge entnommen werden kann, kommt es nicht an. Die Sachrüge führt nämlich nach ganz überwiegender obergerichtlicher Rechtsprechung, an der der Senat festhält, nur zu der Prüfung, ob Verfahrenshindernisse vorliegen; wird sie neben der Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 StPO erhoben, so ist sie unzulässig (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 329 Rdnr. 49 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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