Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 3 Ss 7/09
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 81 a
StPO § 344 Abs. 2 S. 2
StPO § 349Abs. 2
StPO § 473 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten, § 473 Abs. 1 StPO, als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Halle (Westf.) hat den Angeklagten durch Urteil vom 17.09.2008 wegen fahrlässiger Trunkenheit im "Straßenverkehr" zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 35,- € verurteilt, ihm unter Einziehung des Führerscheins die Fahrerlaubnis entzogen und eine Wiedererteilungssperre von noch acht Monaten verhängt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Angeklagte am 14.06.2008 gegen 19.50 Uhr mit dem PKW, amtliches Kennzeichen ##### die K-Straße in X, wobei aufgrund zuvor genossenen Alkohols seine Blutalkoholkonzentration zu diesem Zeitpunkt mindestens 2,50 o/oo, maximal 2,80 o/oo betragen habe.

Die Blutalkoholwerte hat das Amtsgericht aufgrund des Gutachtens des Labors Krone vom 18.06.2008 festgestellt. Danach wies die bei dem Angeklagten um 20.20 Uhr entnommene Blutprobe einen BAK-Mittelwert von 2,50 o/oo auf.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten im Übrigen als überführt angesehen aufgrund der Aussage des Zeugen und Polizeibeamten I, dem die Fahrweise des Angeklagten aufgefallen war und der den Angeklagten daraufhin angehalten hatte. Der Angeklagte habe dabei auf Nachfrage erklärt, dass er bei einem Freund gewesen sei und dort ein paar Bier getrunken habe. Der Alkoholvortest habe einen Wert von 0,9 mg/l ergeben. Daraufhin habe er - der Zeuge I - die Entnahme einer Blutprobe angeordnet.

II.

Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten mit der allgemeinen Sachrüge sowie mit der Verfahrensrüge der Verletzung des § 81 a StPO. Mit der Verfahrensrüge macht der Angeklagte geltend, die gutachterlichen Feststellungen des Labors Krone zur Höhe der Blutalkoholkonzentration hätten nicht verwertet werden dürfen, da der die Blutentnahme anordnende Polizeibeamte gegen den Richtervorbehalt verstoßen habe. Zum Verfahrensgang trägt der Revisionsführer insoweit Folgendes vor:

"Nach Verlesung des Anklagesatzes aus der Anklageschrift vom 11.08.2008 wurde der Angeklagte durch das Gericht darauf hingewiesen, dass es ihm freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.

Der Angeklagte erklärte:

Ich will nicht aussagen.

Daraufhin wurde das Gutachten des Labors Krone durch den Vorsitzenden - im Wege des Urkundsbeweises - verlesen (...).

Wie nach jeder Beweiserhebung wurde der Angeklagte auch nach der Verlesung des Gutachtens des Labors Krone befragt, ob er noch etwas zu erklären habe (...).

Der Unterzeichner widersprach daraufhin als Verteidiger des Angeklagten der Verwertung des Gutachtens (Bl. 26 d.A. R/Bl. 2 des Hauptverhandlungsprotokolls).

Trotz des Widerspruchs verwertete das Gericht die Feststellungen des Gutachters in seinem Urteil. (...)

Die Anordnung der Blutprobenentnahme war erforderlich, da sich der Verurteilte der Blutprobenentnahme nicht freiwillig unterziehen wollte. Eine Belehrung oder Nachfrage seitens der Polizeibeamten unterblieb, die Blutprobe wurde sofort angeordnet (Bl. 2 Bd. 2 d.A.).

Auf Nachfragen des Verteidigers bestätigte der Zeuge I, dass er weder versucht habe einen Richter noch einen Staatsanwalt zu erreichen. Ausführungen, worin er die Annahme für eine Gefahr im Verzug begründende Eilbedürftigkeit gesehen habe, machte der Zeuge nicht. Dementsprechend sind Anhaltspunkte oder Tatsachen, die eine Gefährdung des Untersuchungserfolges begründen könnten, in den Ermittlungsakten nicht dokumentiert worden. Zum Zeitpunkt der Blutentnahme 20.20 Uhr war sowohl der richterliche als auch der staatsanwaltschaftliche Notdienst erreichbar. Der insoweit zuständige Ermittlungsrichter am AG ist täglich bis 21.00 Uhr und der staatsanwaltliche Notdienst 24 h täglich erreichbar."

III.

Die Revision des Angeklagten erweist sich als offensichtlich unbegründet, § 349 Abs. 2 StPO. Anlass zu näherer Erörterung gibt allein die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge.

Die von dem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge der Verletzung des § 81 a StPO erweist sich bereits als unzulässig. Die Begründung der Verfahrensrüge genügt nicht den Substantiierungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Der Revisionsführer teilt nämlich nicht mit, mit welcher Begründung der Verteidiger des Angeklagten der Verwertung des Gutachtens des Labors Krone über das Ergebnis der Blutuntersuchung widersprochen hatte. Der Vortrag der Revision erschöpft sich vielmehr allein in der Mitteilung, dass der Verwertung des Gutachtens überhaupt widersprochen wurde und die - im Hinblick auf § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nicht genügende - Angabe der Fundstelle des Widerspruchs im Hauptverhandlungsprotokoll bzw. in den Gerichtsakten.

Dieser knappe Vortrag der Revision genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Danach müssen bei einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen so genau dargelegt werden, dass das Revisionsgericht aufgrund dieser Darlegung das Vorhandensein - oder Fehlen - eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden (BGH NJW 1995, 2047; OLG Hamm NJW 2009, 242; OLG Hamm, Urteil vom 12.02.2008 - 3 Ss 551/07 = beckRS 2008, 07744). Dem wird der Vortrag der Revision nicht gerecht.

Ein Beweisverwertungsverbot aufgrund der nach dem Vortrag der Revision rechtsfehlerhaft gewonnenen Blutprobe setzt voraus, dass der Angeklagte bzw. der Verteidiger der Verwertung des Beweismittels (des Gutachtens des Labors Krone) in der Hauptverhandlung - rechtzeitig - widersprochen hat (OLG Hamburg, NJW 2008, 2597 = NZV 2008, 362, 365; OLG Hamm, NJW 2009, 242 f). Die Rechtzeitigkeit des Widerspruchs hat die Revision hier vorgetragen, es fehlt aber am Vortrag des Inhalts bzw. der Begründung des Widerspruchs. Ein Beweisverwertungsverbot setzt nämlich nicht etwa nur voraus, dass der Verwertung des Beweismittels überhaupt widersprochen wurde. Erforderlich ist vielmehr eine spezifizierte Begründung des Widerspruchs, in der zumindest in groben Zügen die Gesichtspunkte anzugeben sind, unter denen der Angeklagte das Beweismittel für unverwertbar hält (BGH, NJW 2007, 3587, 3589; NJW 2008, 307, 308; KK-Diemer, 6.A., § 136 StPO Rdnrn. 17 a und 28). Dies folgt daraus, dass der Tatrichter grundsätzlich nicht verpflichtet ist, allen möglichen oder denkbaren Verfahrensfehlern im Zusammenhang mit der fehlerhaften Beweiserhebung von Amts wegen nachzugehen. Deshalb muss die Begründung die Angriffsrichtung erkennen lassen, die den Prüfungsumfang durch das Tatgericht begrenzt (BGH, NJW 2007, 3587, 3589). So kommt im Anwendungsbereich des § 81 a StPO als mögliche Angriffsrichtung neben der Umgehung des Richtervorbehaltes des § 81 a Abs. 2 StPO namentlich die Anordnung der Entnahme der Blutprobe durch einen Polizeibeamten, der nicht Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist, die unterlassene Belehrung des Beschuldigten über die Freiwilligkeit der Mitwirkung, die Nichtbeachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, die Eingriffsvornahme durch einen Nicht-Arzt ( Medizinalassistenten, Krankenschwester oder Krankenpfleger), die bewusste Vortäuschung durch Ermittlungsbeamte, dass die Blutprobe von einem Arzt entnommen werde, oder die Anwendung unerlaubten Zwangs in Betracht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 81 a Rdnr. 32, 33; KK-Senge, 6.A., § 81 a StPO Rdnr. 14, jeweils m.w.N.).

Verlangt der Widerspruch aber eine spezifizierte Begründung in diesem Sinne, so bedeutet dies gleichzeitig für das Rügeerfordernis des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO, dass der genaue Inhalt des Widerspruchs einschließlich einer etwaigen Widerspruchsbegründung zur Vermeidung der Unzulässigkeit der erhobenen Verfahrensrüge durch den Revisionsführer mitgeteilt werden muss. Dies ist hier - wie oben eingangs ausgeführt - nicht der Fall. Insbesondere kann dem Vortrag der Revision hier auch nicht eindeutig entnommen werden, dass der Widerspruch ohne nähere Begründung erfolgt war. In diesem Fall wäre die Rüge zulässig vorgetragen, jedoch in der Sache nicht begründet (vgl. BGH NJW 2007, 3587, 3589)

Ende der Entscheidung

Zurück