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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.11.2002
Aktenzeichen: 3 Ss 975/02
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 244
Zur Pflicht des Gerichts, einen ausländischen Zeugen, der einziger unmittelbarer Tatzeuge ist, zu laden und zur Beweiswürdigung bei Aussage gegen Aussage.
Beschluss Strafsache gegen H.G.

wegen versuchter Vergewaltigung

Auf die Sprungrevision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Herford vom 13.06.2002 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 11. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Schöffengericht - in Herford zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Herford hat den Beschwerdeführer wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Nach den zugrunde liegenden Feststellungen soll der Angeklagte an einem nicht näher bestimmten Tag zwischen August und dem 22.10.1999 die mit ihm zu diesem Zeitpunkt bekannte damals 28 Jahre alte Zeugin G. in der Wohnung D.str in H. aufgesucht haben, wo die Zeugin seinerzeit der Prostitution nachging. Es handelte sich dabei um die Wohnung des gesondert verfolgten H., des damaligen Zuhälters der Zeugin G.. Während des folgenden Geschehens soll sich auch H. in besagter Wohnung aufgehalten haben. Der Angeklagte, H. und die Zeugin G. hielten sich dabei zunächst in dem Wohnzimmer der Wohnung auf. Plötzlich soll der Angeklagte erklärt haben, dass er nunmehr mit der Zeugin Geschlechtsverkehr haben wolle. Er soll die Zeugin gepackt und in das Nebenzimmer getragen und auf das dort befindliche Bett geworfen haben. Obwohl die Zeugin entgegnete, sie wolle keinen Geschlechtsverkehr mit ihm, habe der Angeklagte gleichwohl damit begonnen, der Zeugin die Hose auszuziehen. Die Zeugin habe rücklings auf dem Bett gelegen und der Angeklagte habe die Zeugin mit seiner rechten Hand am Arm oberhalb ihres Kopfes festgehalten und so auf das Bett gedrückt, dass die Zeugin keine Möglichkeit gehabt habe, aufzustehen. Die Zeugin habe vergebens versucht, den Angeklagten von sich wegzudrücken. Dieser habe nun mit der linken Hand auch seine Hose geöffnet, um mit der Zeugin den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Gleichzeitig habe er mit seinem rechten Bein auf dem linken Bein der Zeugin gekniet, um es zu fixieren. Der Zeugin sei es jedoch gelungen, sich zu wehren und dem Angeklagten mit ihrem rechten Bein in den Genitalbereich zu treten, woraufhin er sofort von ihr abgelassen und sich beleidigt entfernt habe. Die Zeugin habe bei diesem Geschehen Blutergüsse an Armen und Beinen davongetragen. Dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass die Zeugin freiwillig nicht mit ihm den Geschlechtsverkehr vollziehen wollte und dass er nur zum Ziel kommen konnte, wenn er ihren Widerstand überwand.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten, der den Tatvorwurf bestritten und sich dahin eingelassen hatte, die Zeugin beschuldige ihn zu Unrecht, weil sie noch Schulden bei ihm habe, aufgrund folgender Erwägungen als überführt angesehen:

"Das Gericht ist indessen von der Glaubwürdigkeit der Zeugin G. zweifelsfrei überzeugt, die das Tatgeschehen so, wie unter II. festgestellt, frei von Widersprüchen und nachvollziehbar geschildert hat, und zwar inhaltlich im wesentlichen übereinstimmend mit ihren bereits bei der Polizei am 26.10.2001 gemachten umfassenden Angaben. Anhaltspunkte, die zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage Anlas geben könnten, sind nicht zutage getreten. Sie hat das Geschehen in der Hauptverhandlung sehr anschaulich und plastisch geschildert. Ihre Darstellung wirkte in keiner Weise erfunden, sondern es ergab sich der sichere Eindruck, dass die Zeugin das Geschilderte tatsächlich selbst erlebt hat. Sie war erkennbar um Genauigkeit bemüht, wies aber auch auf Lücken in ihrer Erinnerung an das drei Jahre zurückliegende Geschehen hin, ohne diese mit Ausgedachtem zu füllen.

Eine Belastungstendenz ist nicht ersichtlich. Dass die Zeugin ein Interesse daran haben sollte, den Angeklagten zu Unrecht einer derart schweren Tat zu bezichtigen, ist nicht erkennbar. Sie ist inzwischen nicht mehr in dem Prostitutionsmilieu tätig. Selbst wenn sie dem Angeklagten noch Geld schulden sollte, ergibt dieses nach Auffassung des Gerichtes keinen hinreichenden Anlas für sie, den Angeklagten zu Unrecht eines solch schweren Verbrechens zu beschuldigen.

Insgesamt hatte das Gericht daher keine Bedenken, seine Feststellungen auf die Aussage der Zeugin zu stützen.

Dem Hilfsbeweisantrag des Angeklagten auf Vernehmung des Zeugen H. war nicht nachzugehen. Der Zeuge befindet sich seit dem 23.12.2001 noch bis zum 14.11.2003 in Polen in Strafhaft und ist daher als Beweismittel für das Gericht nicht erreichbar (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO)."

Zu dem vorgenannten Hilfsbeweisantrag ergeben sich nach Aktenlage folgende Verfahrenstatsachen:

Zur Person des Zeugen H. hat auf Nachfrage der Kreispolizeibehörde Herford im Auftrag des Schöffengerichts das Bundesgrenzschutzamt Frankfurt (Oder) im Rahmen des Rechtshilfeverkehrs mit Polen in strafrechtlichen Angelegenheiten folgendes mitgeteilt:

"Bezugnehmend auf Ihre Anfrage wurden uns durch die zuständigen polnischen Behörden nachfolgende Daten mitgeteilt.

Herr H. wurde durch ein Gericht in Szczecin, ..., zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gemäß Art. 205, § 1 des polnischen Strafgesetzbuches verurteilt.

Der o.G. sitzt derzeit in der JVA in Gorzow-WLPK. Die Dauer der Haft ist auf den Zeitraum vom 23.12.2001 bis 14.11.2003 festgesetzt worden. Die Adresse der JVA Gorzow-WLPK lautet: ..................

Weitere Erkenntnisse liegen hier nicht vor."

Der Verteidiger hatte ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 13.06.2002 folgenden Hilfsbeweisantrag gestellt:

"Der Verteidiger beantragt: Freispruch, hilfsweise stellte der Verteidiger den Beweisantrag den Zeugen H. (richtig: H., der Senat) zu vernehmen zu den Punkten

a) keinerlei Gewaltanwendung zum Zwecke des Geschlechtsverkehrs,

b) kein Entgelt nach Geschlechtsverkehr."

Gegen das in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Angeklagte mit am 17.06.2002 bei dem Amtsgericht in Herford eingegangenem Schreiben seines Verteidigers Rechtsmittel eingelegt. Das Urteil ist dem Verteidiger am 02.09.2002 zugestellt worden. Mit am 02.10.2002 bei dem Amtsgericht Herford eingegangenem weiterem Schriftsatz hat der Verteidiger das Rechtsmittel als Revision bezeichnet und beantragt, das Urteil des Amtsgerichts - Schöffengericht - Herford vom 13.06.2002 aufzuheben und an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Herford zurückzuverweisen.

Zur Begründung der Revision hat der Verteidiger die Verfahrensrüge der Verletzung der §§ 244 Abs. 2, 3 StPO sowie die Sachrüge erhoben. Die Verfahrensrüge hat er unter näheren Ausführungen damit begründet, dass sein Hilfsbeweisantrag auf Vernehmung des Zeugen H. zu Unrecht zurückgewiesen worden sei. Insbesondere sei der Zeuge nicht unerreichbar, da er sich in Strafhaft in Polen befinde. Die Sachrüge rügt, dass das Schöffengericht von der Glaubwürdigkeit der Zeugin G. ausgegangen sei, ohne im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, dass die Zeugin im Rahmen ihrer polizeilichen Vernehmung vom 26.10.2001 zwei Vorfälle geschildert habe, die als versuchte Vergewaltigung angeklagt worden seien, eine Verurteilung des Angeklagten aber nur wegen des hier festgestellten Vorfalles erfolgen konnte, während das Verfahren hinsichtlich des weiteren Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung gemäß § 154 StPO eingestellt worden sei.

Hierzu hat der Senat, dem aufgrund der - wie noch auszuführen sein wird - zulässig erhobenen Aufklärungsrüge der Akteninhalt eröffnet ist, folgende Verfahrenstatsachen festgestellt:

Dem Angeklagten war mit der zugelassenen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bielefeld vom 17.04.2002 zur Last gelegt worden, in der Zeit von August bis Oktober 1999 in Herford durch zwei selbständige Handlungen jeweils versucht zu haben, die Zeugin G. zu vergewaltigen. Unter Nummer 1. der Anklageschrift wird folgender Vorfall geschildert:

"An einem Tag in dem o.g. Zeitraum verlangte er von der Zeugin G. in der Wohnung des H. die Durchführung des Geschlechtsverkehrs und hielt ihr, als sie dies ablehnte, eine Pistole an den Kopf. Dabei sagte er, er werde sie erschießen, wenn sie nicht mit ihm den Beischlaf vollziehe. Als sich die Zeugin gegen ihn zur Wehr setzte, ließ er von ihr ab."

Der zweite angeklagte Vorfall ist der Vorfall, der zur Verurteilung durch das Amtsgericht - Schöffengericht - Herford mit dem angefochtenen Urteil führte.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Herford zurückzuverweisen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das Schöffengericht die Vorstrafen des Angeklagten nicht hinreichend genau dargelegt habe, so dass dem Senat die Prüfung verwehrt sei, ob diese Vorverurteilungen inzwischen gemäß §§ 46, 47 BZRG hätten getilgt werden müssen und somit gemäß § 51 Abs. 1 BZRG ein Verwertungsverbot bestand.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Die Revision hat auch sowohl mit der Verfahrensrüge als auch mit der Sachrüge zumindest vorläufig vollen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Abteilung des Schöffengerichts Herford.

1. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge ist begründet. Das Schöffengericht hat die ihm gemäß § 244 Abs. 2 StPO obliegende Aufklärungspflicht verletzt, indem es den Zeugen H. nicht als Beweismittel herangezogen hat.

a) Die Revision hat die Aufklärungsrüge formgerecht erhoben, § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Die Revision hat die Tatsachen, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und das Beweismittel bezeichnet, dessen sich der Tatrichter hätte bedienen sollen, ferner hat sie angegeben, welche Umstände das Gericht zu weiteren Ermittlungen hätten drängen müssen und welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre.

Die Revision hat hierzu vorgetragen, das Schöffengericht habe es unterlassen zu ermitteln, ob der Zeuge H. sich zum Tatzeitpunkt gemeinsam mit dem Angeklagten und der Zeugin G. in seiner Wohnung aufgehalten habe. Dies habe durch die Vernehmung des Zeugen H. festgestellt werden können. Die Vernehmung des Zeugen habe sich deshalb aufgedrängt, weil auch die Zeugin G. angegeben habe, dass der Zeuge H. während des Tatgeschehens in seiner Wohnung anwesend gewesen sei und der Angeklagte selbst erklärt habe, dass er diese Wohnung nur aufgesucht habe, wenn auch der Zeuge dort anwesend gewesen sei.

Die Revision führt weiter aus, dass der Zeuge H. bestätigt hätte, dass es keinerlei gewaltsamen Übergriff des Angeklagten in seiner Anwesenheit gegenüber der Zeugin G. gegeben hat. Darüber hinaus hat die Revision auch ausgeführt, dass sie in der Hauptverhandlung einen Beweisantrag gestellt habe, den Zeugen H. zum Beweis für die Tatsache zu vernehmen, dass ein Vorfall der vom Amtsgericht festgestellten Art nicht stattgefunden habe. Die Ablehnung des Hilfsbeweisantrages ergibt sich aus den Urteilsgründen.

Die damit zulässig erhobene Aufklärungsrüge ist auch begründet. Der Zeuge H. war nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die dieses wiederum offenbar auf die Angaben der Zeugin G. gestützt hat, zum Tatzeitpunkt gemeinsam mit dem Angeklagten und der Zeugin G. in der Tatwohnung. Er muss nach den Urteilsfeststellungen das Tatgeschehen zumindest in der Entwicklung, nämlich das Ergreifen der Zeugin durch den Angeklagten und das Tragen der Zeugin in das Nebenzimmer, miterlebt haben. Die Vernehmung dieses unmittelbaren Tatzeugen drängte sich auf, zumal weitere Beweismittel neben der den Angeklagten belastenden Aussage der geschädigten Zeugin G. dem Schöffengericht nicht zur Verfügung standen bzw. von ihm nicht herangezogen worden sind. Entgegen der Ansicht des Schöffengerichts war der Zeuge auch nicht unerreichbar i.S.v. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO. Ein Zeuge ist dann unerreichbar, wenn der Tatrichter unter Beachtung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht alle der Bedeutung des Zeugnisses entsprechenden Bemühungen zur Beibringung des Zeugen vergeblich entfaltet hat und keine begründete Aussicht besteht, dass der Zeuge in absehbarer Zeit als Beweismittel herangezogen werden kann (BGHR StPO § 244 Abs. 3 S. 2 Unerreichbarkeit 13, Urteil vom 04.08.1992). Ein namentlich benannter Zeuge ist, auch wenn er sich im Ausland aufhält, in der Regel nur dann unerreichbar, wenn das Gericht unter Beachtung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht alle der Bedeutung des Zeugnisses entsprechenden Bemühungen zur Beibringung des Zeugen vergeblich entfaltet hat und auch keine begründete Aussicht besteht, dass der Zeuge in absehbarer Zeit beigebracht werden kann (BGHR StPO § 244 Abs. 3 S. 2 Unerreichbarkeit 6, Urteil vom 20.06.1998).

Hier war der Aufenthalt des Zeugen H. aufgrund der im Rahmen der Rechtshilfe durch die polnischen Behörden erteilten Auskunft bekannt. Gemäß Art. 11 Abs. 1 des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens (EuRHÜbk) ist die zeitweilige Überstellung eines Häftlings in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates zum Zwecke der Vernehmung zulässig. Polen ist dem Europäischen Rechtshilfeübereinkommen beigetreten (Schomburg, NJW 2002, 1629, 1631; BGBl 1997, 635). Das Schöffengericht hätte daher die Möglichkeit gehabt, von den polnischen Behörden im Wege der Rechtshilfe die Überstellung des Zeugen H. in das Bundesgebiet zum Zwecke der Vernehmung im Rahmen einer durchzuführenden Hauptverhandlung zu erbitten. Anhaltspunkte dafür, dass diesem Ersuchen nicht nachgekommen wäre, bestehen nicht. Die Überstellung kann insbesondere abgelehnt werden, wenn der Häftling ihr nicht zustimmt. Dass der Zeuge H. seine Überstellung in das Bundesgebiet ablehnen würde, ist nicht erkennbar. Das Amtsgericht hätte dies zumindest abklären müssen, bevor es von der Vernehmung des Zeugen absehen konnte. Im Übrigen ergibt sich aus Art. 11 Abs. 1 des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens, dass auch die Vernehmung des Zeugen im ersuchten Staat zulässig ist (BGH NStZ 1981, 146). Das Schöffengericht hätte daher für den Fall der Weigerung des Zeugen H., sich in das Bundesgebiet überstellen zu lassen, weiterhin die Möglichkeit erwägen müssen, den Zeugen im Wege der Rechtshilfe in Polen vernehmen zu lassen. Darüber hinaus würde auch eine Vernehmung durch einen beauftragten oder ersuchten Richter oder eine konsularische Vernehmung in Polen in Betracht kommen (vgl. BGH, StV 1992, 548). Alle diese Bemühungen waren hier geboten, da der Zeuge nach den Feststellungen des Gerichts und nach den Angaben der einzigen Belastungszeugin unmittelbarer Tatzeuge war und es hier um die Aufklärung eines Verbrechensvorwurfs, nämlich des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung, geht.

2. Darüber hinaus ist auch die Rüge der Verletzung materiellen Rechts begründet. Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die revisionsgerichtliche Prüfung der Beweiswürdigung beschränkt sich zwar darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Ein sachlich-rechtlicher Fehler liegt aber u.a. dann vor, wenn die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt, insbesondere bei der Auswertung von Beweistatsachen naheliegende andere Möglichkeiten nicht erörtert werden (BGH NStZ 2002, 494 m.w.N.). Das Schöffengericht hat seine Beweiswürdigung hier auf einer Beweisgrundlage durchgeführt, bei der Aussage gegen Aussage steht, nämlich die Aussage der geschädigten Zeugin G. gegen die bestreitende Einlassung des Angeklagten. Die Entscheidung hing damit allein davon ab, welcher dieser beiden Personen das Schöffengericht Glauben schenken wollte. Dann musste das Schöffengericht aber erkennen lassen, dass es alle Umstände, die die Entscheidung zu beeinflussen geeignet waren, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hatte (BGH, a.a.O.). Erforderlich ist insbesondere, dass Abweichungen in den Angaben der einzigen Belastungszeugin bei ihren verschiedenen Vernehmungen umfassend dargestellt werden (BGH, a.a.O.). Hier hatte das Amtsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung ausgeführt, dass die Angaben der Zeugin G. bei der Polizei am 26.10.2001 sowie in der Hauptverhandlung "im Wesentlichen" übereinstimmten und dass die Zeugin auch auf Erinnerungslücken hingewiesen habe. Da das Vorliegen nur im Wesentlichen übereinstimmender Angaben voraussetzt, dass keine völlige Aussagekonstanz zwischen den polizeilichen Angaben der Zeugin und den Angaben im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung bestand, war das Schöffengericht nach den vorstehend skizzierten Grundsätzen gehalten, die Abweichungen in der Aussagekonstanz im Einzelnen darzustellen und im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin kritisch zu hinterfragen. In gleicher Weise hätten die Erinnerungslücken der Zeugin im Einzelnen dargestellt und gewürdigt werden müssen. Dies gilt hier in besonderem Maße deshalb, weil dem Angeklagten mit der Anklage noch zwei Vorwürfe der versuchten Vergewaltigung zum Nachteil der Zeugin zur Last gelegt worden waren, das Verfahren wegen des weiteren Vorwurfs aber erkennbar deshalb gemäß § 154 StPO eingestellt worden war, weil sich die Zeugin in der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht an diesen Vorfall nicht sicher erinnern konnte. Das Schöffengericht hätte daher der naheliegenden Frage nachgehen müssen, ob auch angesichts der Erinnerungslücken der Zeugin hinsichtlich der weiteren Tat von einer sicheren Erinnerung hinsichtlich der abgeurteilten Tat ausgegangen werden konnte.

Ende der Entscheidung

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