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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 02.04.2002
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 182/02
Rechtsgebiete: StPO, OWiG


Vorschriften:

StPO § 346 Abs. 2
StPO § 345 Abs. 1 S. 1
StPO § 346 Abs. 1
StPO § 345 Abs. 2
OWiG § 79 Abs. 3
Die Rechtsbeschwerde ist dann nicht ordnungsgemäß zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet, wenn der Rechtspfleger in dem darüber aufgenommenen Protokoll nur auf ein dem Protokoll als Anlage beigefügtes Schreiben des Betroffenen Bezug nimmt.
Beschluss Bußgeldsache

gegen V.M.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit,

(hier: a) Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 08.02.2002, b) Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 21.11.2001).

Auf den Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bielefeld vom 08.02.2002 sowie auf seine Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 23.11.2001 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 02. 04. 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Die Stadt Bielefeld hat gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid vom 20.04.2001 wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 44 km/h eine Geldbuße von 200,- DM festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet. Den hiergegen gerichteten Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Bielefeld mit dem angefochtenen Urteil vom 21.11.2001 verworfen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Betroffene sei dem Termin zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ferngeblieben. Die von ihm vorgetragenen Gründe seien keine genügende Entschuldigung, weil eine bloße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht ausreiche.

Mit am 31.12.2001 eingegangenem Schreiben vom selben Tage hat der Betroffene gegen das am 22.12.2001 zugestellte Urteil Rechtsbeschwerde eingelegt und am 31.01.2002 zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet. Dies ist in der Weise geschehen, dass der Rechtspfleger in dem darüber aufgenommenen Protokoll auf ein diesem Protokoll als Anlage beigefügtes Schreiben des Betroffenen vom 31.01.2002 Bezug genommen hat.

Das Amtsgericht Bielefeld hat die Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 08.02.2002 als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde sei nicht eingehalten. Auf den ihm am 16.02.2002 zugestellten Beschluss hat der Betroffene mit am 25.02.2002 beim Amtsgericht Bielefeld eingegangenem Schreiben vom selben Tage die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts beantragt.

II.

Der Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist gemäß § 346 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG statthaft und auch fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg. Zwar hat das Amtsgericht offenbar verkannt, dass der Betroffene die Rechtsbeschwerde noch innerhalb der Monatsfrist des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 1 S. 1 StPO begründet hatte. Das angefochtene Urteil war dem Betroffenen am 22.12.2001 zugestellt worden. Damit endete die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde am 31.12.2001 und die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde am 31.01.2002. An diesem Tage war der Betroffene aber vor dem Rechtspfleger erschienen, um die Rechtsbeschwerde zu begründen.

Das Amtsgericht hat die Rechtsbeschwerde im Ergebnis aber gleichwohl zu Recht gemäß § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen, da es an einer wirksamen Begründung der Rechtsbeschwerde fehlt. Zwar kann die Rechtsbeschwerde gemäß § 345 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG zu Protokoll der Geschäftsstelle begründet werden. Diese Bestimmung ist aber seit jeher von der Rechtsprechung dahin ausgelegt worden, dass sich die Beteiligung des Urkundsbeamten nicht nur in einer formellen Beurkundung des von dem Angeklagten bzw. Betroffenen Vorgebrachten erschöpfen darf, sondern dass der Urkundsbeamte an der Anfertigung der Revisionsbegründung bzw. der Rechtsbeschwerdebegründung sich gestaltend beteiligen und Verantwortung für ihren Inhalt übernehmen muss, damit die Formvorschriften für die Begründung der Revision bzw. Rechtsbeschwerde beachtet werden und das Rechtsmittel nicht unzulässig wird (BGHR StPO § 345 Abs. 2 Begründungsschrift 5 - Beschluss vom 21.06.1996 - 3 StR 88/96). Hierzu hat der Urkundsbeamte den Betroffenen über die richtige Art der Rechtsbeschwerdebegründung zu belehren und auf eine formgerechte Abfassung hinzuwirken. Dadurch sollen einerseits die Interessen des Betroffenen auf eine formgerechte und zulässige Rechtsbeschwerdebegründung gewahrt werden und andererseits dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung grundloser oder unverständlicher Anträge erspart werden (BGH, a.a.O.). Eine Rechtsbeschwerdebegründung wird nach diesen Grundsätzen regelmäßig dann als unzulässig erachtet, wenn sich der Urkundsbeamte den Inhalt des Protokolls vom Betroffenen diktieren lässt, wenn er sich darauf beschränkt, einen vom Betroffenen überreichten Schriftsatz abzuschreiben oder wenn er einen Schriftsatz des Betroffenen lediglich mit der üblichen Eingangs- und Schlussformel eines Protokolls umkleidet (BGH, a.a.O.). Ebenso zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde führt, wenn der Urkundsbeamte in der Rechtsbeschwerdebegründung lediglich auf eigene schriftliche Ausführungen des Betroffenen bzw. des Angeklagten Bezug nimmt (BGHR StPO, § 345 Abs. 2, Begründungsschrift 2 - Beschluss vom 22.01.1988 - 3 StR 533/87). So verhielt es sich aber auch im vorliegenden Fall. Auch hier hat der Rechtspfleger zur Begründung der Rechtsbeschwerde allein auf das als Anlage dem Protokoll beigefügte Schreiben des Betroffenen Bezug genommen.

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass dem Betroffenen hier möglicherweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt werden kann, da die nicht ordnungsgemäße Aufnahme der Rechtsbeschwerdebegründung durch den Rechtspfleger ihm nicht zuzurechnen sein dürfte (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 6 - Urteil vom 21.11.1991 - 1 StR 552/90).

Ende der Entscheidung

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