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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 25.03.2003
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 205/03
Rechtsgebiete: StPO, OWiG


Vorschriften:

StPO § 344
OWiG § 74
Zur ausreichenden Begründung der Rechtsbeschwerde, mit der geltend gemacht wird, der Betroffene sei zu Unrecht nicht vom Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden bzw. sei dem Hauptverhandlungtermin nicht unentschuldigt ferngeblieben.
Beschluss

Bußgeldsache

wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Marl vom 11.12.2002 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 25. 03. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Ramin, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 3 OWiG einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.

Gründe:

I. Das Amtsgericht Marl hat mit Urteil vom 11.12.2002 den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Kreises Recklinghausen vom 12.12.2001, durch den gegen den Betroffenen wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft in Höhe von 53 km/h eine Geldbuße in Höhe von 300,- DM sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt worden ist, verworfen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Betroffene sei in dem Termin zur Hauptverhandlung vom 11.12.2002 ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben. Insbesondere sei dem Betroffenen die Verschiebung dienstlicher Termine zumutbar. Der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen liege in der Abhaltung von Seminaren, es sei ihm daher auch die Verschiebung bzw. Umstrukturierung diesbezüglich zumutbar. Eine persönliche Entschuldigung des Betroffenen bei der Richterin betreffend den Termin vom 11.12.2002 habe entgegen der Behauptung des Betroffenen zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Der Antrag des Verteidigers, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen im Termin am 11.12.2002 zu entbinden, sei zurückgewiesen worden, da die Anwesenheit des Betroffenen zur Sachaufklärung erforderlich sei. Die Konfrontation des Betroffenen mit dem Zeugen T. sei für dessen Glaubwürdigkeit unabdingbar.

Das in Abwesenheit des Betroffenen verkündete Urteil des Amtsgerichts Marl vom 11.12.2002 ist dem Verteidiger des Betroffenen am 03.01.2003 zugestellt worden. Der Verteidiger hat mit am selben Tage bei dem Amtsgericht in Marl eingegangenem Schreiben vom 12.12.2002 Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit weiteren Schreiben vom 06.01.2003, beim Amtsgericht Marl eingegangen am 07.01.2003, sowie vom 03.02.2003, beim Amtsgericht Marl am selben Tage eingegangen, begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde war auf Kosten des Betroffenen, § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO, als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Rüge, das Amtsgericht habe den Betroffenen zu Unrecht nicht von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung gemäß § 73 Abs. 2 OWiG entbunden, ist unzulässig (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Das Gericht entbindet den Betroffenen gem. § 73 Abs. 2 OWiG auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum Erscheinen, wenn er sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Ein Verstoß gegen § 73 Abs. 2 OWiG ist mit der Verfahrensrüge geltend zu machen (OLG Köln, VRS 95, 429, 431). Wie allgemein bei der Verfahrensrüge muss auch hier der Vortrag so vollständig sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht überprüfen kann, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Entbindung nach § 73 Abs. 2 OWiG vorlagen. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Rechtsbeschwerde legt nämlich bereits nicht dar, dass der Betroffene sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, er werde in der Hauptverhandlung sich nicht zur Sache äußern. Damit erweist sich diese Rüge aber bereits als unzulässig (OLG Köln, a.a.O.). Sie erschöpft sich nämlich in umfangreichen Ausführungen dazu, an welchen Terminstagen die Hauptverhandlung in vorliegender Sache jeweils unterbrochen worden, dass der Betroffene zu einem Fortsetzungstermin am 05.12.2002 von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden ist und reklamiert hieraus unter weiteren näheren Ausführungen einen Vertrauenstatbestand auf Seiten des Betroffenen dahingehend, dass er auch zu dem weiteren Fortsetzungstermin vom 11.12.2002 nicht habe erscheinen müssen. Dies folge insbesondere daraus, dass er bereits für den Termin vom 05.12.2002 von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden worden sei, wodurch das Amtsgericht zu erkennen gegeben habe, dass es selbst eine Konfrontation des Betroffenen mit dem Zeugen T., der zu dem Termin am 05.12.2002 geladen worden war, nicht für erforderlich gehalten habe. Zu der aus verfahrensrechtlichen Gründen aber zunächst allein entscheidenden Frage, ob der Betroffene sich überhaupt in den vorangegangenen Terminen der Hauptverhandlung zur Sache eingelassen oder aber eine solche Einlassung durch entsprechende Erklärung verweigert hatte, schweigt sich die Rechtsbeschwerde völlig aus. Sie legt auch im Übrigen nicht dar, aus welchen Gründen eine Konfrontation des Betroffenen mit dem genannten Zeugen T. der Sache nach entbehrlich gewesen sein sollte. Auch dazu hätte es zumindest der näheren Darlegung der bisherigen Einlassung des Betroffenen - oder aber seines Schweigens - bedurft, ferner der in das Wissen des Zeugen T. gestellten Tatsachen, damit der Senat allein aufgrund der Rechtsbeschwerdebegründung in die Lage versetzt worden wäre, die Erforderlichkeit der Gegenüberstellung des Betroffenen mit dem Zeugen T. zur Wahrheitsermittlung beurteilen zu können (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Auch hierzu macht die Rechtsbeschwerde indes keinerlei Angaben; allein ihre Versuche, das Verhalten der Amtsrichterin in dem einen oder anderen Sinne zu interpretieren, können den erforderlichen Vortrag nicht ersetzen. Die Behauptung der Rechtsbeschwerde, das Verfahren habe bereits im Termin vom 05.12.2002 nach Vernehmung des Zeugen T. - ohne Gegenüberstellung mit dem Betroffenen - abgeschlossen werden sollen, findet zudem im Akteninhalt keine Stütze. Das von der Rechtsbeschwerde insoweit angeführte Zitat "In diesem Termin sollte der am 28.11.2002 nicht erschienene Zeuge T. vernommen und das Verfahren sodann abgeschlossen werden", findet sich weder auf Bl. 75 noch auf Bl. 79 der Akten (von der Rechtsbeschwerde angegebene Fundstellen - abgesehen davon, dass der Hinweis auf Aktenbestandteile zur Begründung einer formgerechten Verfahrensrüge ohnehin nicht ausreicht).

2. Die weitere Rüge der Rechtsbeschwerde, das Amtsgericht habe den Betroffenen zu Unrecht als nicht entschuldigt angesehen, erweist sich ebenfalls als unzulässig, § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

Die Rechtsbeschwerde hat insoweit ausgeführt, dass der Betroffene in der Zeit vom 09.12.2002 08.00 Uhr bis 11.12.2002 12.00 Uhr und vom 11.12.2002 13.00 Uhr bis zum 13.12.2002 16.00 Uhr jeweils ein Mitarbeiterseminar für die Firma E. + H. Messtechnik GmbH & Co. KG in Ratingen durchführen sollte, wobei an den beiden Seminaren bzw. Seminarabschnitten jeweils acht Firmenangehörige der genannten Firma teilnahmen. Eine Absage dieser beiden Seminare nur vier Tage vor Seminiarbeginn hätte bei der Kundenfirma des Betroffenen unausräumbare organisatorische Probleme hervorgerufen und hätte zu erheblichen Schadensersatzforderungen der Kundenfirma gegen den Betroffenen geführt.

Auch diese Verfahrensrüge erweist sich als unzulässig. Es fehlt nämlich bereits an der erforderlichen Darlegung, in welchem Umfang die von dem Betroffenen angeführten Entschuldigungsgründe dem Amtsgericht konkret bekannt gemacht worden waren (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Insbesondere wird der genaue Inhalt der dem Amtsgericht von dem Betroffenen nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde vorgelegten E-Mails nicht dargelegt. Auch wird nicht mitgeteilt, auf welche Terminsstunde der Termin vom 11.12.2002 terminiert war. Ohne Angaben hierzu kann aber vom Senat nicht nachvollzogen werden, ob der Betroffene tatsächlich beide Seminarabschnitte komplett verlegen musste oder ob es etwa ausgereicht hätte, nur einen der Seminarabschnitte des 11.12.2002 terminlich zu verschieben, um den Termin vor dem Amtsgericht wahrnehmen zu können. Immerhin beträgt die Entfernung zwischen Ratingen und Marl lediglich rund 60 km, so dass es dem Betroffenen jedenfalls zumutbar gewesen wäre, nur einen Seminarabschnitt zu verschieben, sollte der Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht am 11.12.2002 etwa auf eine Nachmittagsstunde terminiert gewesen sein. Da die Rechtsbeschwerde auch hierzu nichts Substantielles vorträgt, erweist sie sich insgesamt als unzulässig.

3.

Der weitere Vortrag der Rechtsbeschwerde zum Vorliegen eines angeblichen Verstoßes gegen § 229 StPO, zur angeblichen Befangenheit der Amtsrichterin, zur behaupteten Versagung rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Anbringung des Ablehnungsgesuchs sowie zum Tatvorwurf selbst konnte nicht berücksichtigt werden, da eine Rechtsbeschwerde gegen ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG ausschließlich auf die Rüge gestützt werden kann, dass die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Einspruchs nicht vorgelegen hätten (vgl. OLG Köln, a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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