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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.06.2008
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 391/08
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 261 | |
StPO § 267 |
Beschluss
Bußgeldsache
gegen K.C.
wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Lemgo vom 06. Februar 2008 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05. 06. 2008 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gem. § 80 a OWiG nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Lemgo zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 41 Abs. 2 Zeichen 274, 49 StVO i. V. m. § 24 StVG zu einer Geldbuße von 100,00 € verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat (unter Gewährung der sog. 4-Monats-Frist) angeordnet. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 26.04.2006 in Leopoldshöhe die K 20 mit einem PKW außerhalb geschlossener Ortschaften. Dabei überschritt er die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 48 km/h, wobei bereits ein Toleranzabzug von 4 km/h berücksichtigt wurde.
Gegen das Urteil wendet sich der Betroffene mit der fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
II.
Das Urteil ist auf die Sachrüge hin aufzuheben.
1. Die Urteilsgründe entsprechen nicht den Anforderungen an die Darlegung der Beweiswürdigung zur Identifizierung des Betroffenen anhand der bei Verkehrsüberwachungsmaßnahmen gefertigten Beweisfotos. Demzufolge müssen die Urteilsgründe dem Rechtsbeschwerdegericht die Möglichkeit zur Prüfung der Geeignetheit des Fotos zur Identifizierung des Betroffenen eröffnen. Dies kann in der Weise geschehen, dass auf das bei den Akten befindliche Foto vom Tatrichter in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird. Eine zusätzliche Beschreibung einzelner Identifizierungsmerkmale ist dann entbehrlich. Die Bezugnahme muss jedoch deutlich und zweifelsfrei sein. Den Ausführungen muss eindeutig zu entnehmen sein, dass das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe gemacht werden soll. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dann das Foto aus eigner Anschauung würdigen und beurteilen, ob es als Grundlage der Identifizierung geeignet ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.01.2008 - 3 SsOWi 822/07 m. w. N.). An einer solchen Verweisung fehlt es hier indes.
Fehlt eine Verweisung, muss der Tatrichter durch eine ausführliche Beschreibung der Bildqualität und der charakteristischen Identifizierungsmerkmale der abgebildeten Person dem Rechtsbeschwerdegericht in gleicher Weise wie bei Betrachtung der Fotos die Prüfung ermöglichen, dass dieses zur Identifizierung geeignet ist. Ausnahmsweise sind Ausführungen zur Bildqualität dann entbehrlich, wenn sich aus der Beschreibung der individuellen Merkmale des Betroffenen zwanglos ergibt, dass die in Augenschein genommenen Lichtbilder zur Identifizierung ungeeignet sind (vgl. OLG Hamm, a.a.O. m. w. N.). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Ausführungen zur Bildqualität sind widersprüchlich. So heißt es auf Bl. 3 u. a., dass die Bildqualität "ausreichend" sei, die Fotos "ausreichend scharf" seien. Auf Bl. 4 u. a. heißt es demgegenüber, dass die Sachverständige einen Abzug von der Identitätswahrscheinlichkeit von 10 % vorgenommen habe, um "Unsicherheitsfaktoren wie die eingeschränkte Bildqualität" einzuschließen. Darüber hinaus identifiziert das Gericht den Betroffenen anhand von nur drei Merkmalen (dichte der Augenbrauen, Abstand der Augen zueinander und abstehende Ohren). Hingegen werden in der Wiedergabe des Sachverständigengutachtens eine Reihe weiterer, von der Sachverständigen erkannte Merkmale beschrieben. Das Sachverständigengutachten wird als "insgesamt nachvollziehbar und überzeugend" gewertet. Dann fragt es sich aber, warum das Gericht selbst die entsprechenden Merkmale in der Darstellung der eigenen Identifizierung des Fahrzeugführers nicht erkannt hat.
2. Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass ein Fahrverbot seinen Sinn verlieren kann, wenn der Verkehrsverstoß bereits erhebliche Zeit zurück liegt, wobei als erheblich ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren zwischen der Tat und Ahndung anzusehen ist, ohne dass es sich hierbei um eine starre Grenze handelt. Für die Beurteilung ist dabei von Bedeutung, in wessen Einflussbereich die lange Verfahrensdauer fällt sowie ob es nach dem verfahrensgegenständlichen Verstoß zu einem weiteren Fehlverhalten des Betroffenen gekommen ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.12.2007 - 3 SsOWi 315/07 m. w. N.).
Ende der Entscheidung
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