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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.06.2008
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 795/07
Rechtsgebiete: StVO, StVG, StPO


Vorschriften:

StVO § 12 Abs. 3
StVO § 12 Abs. 3 Nr. 8 c
StVO § 41
StVO § 41 Abs. 2 Nr. 8 S. 8
StVO § 49
StVG § 24
OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 1
OWiG § 46 Abs. 1
StPO § 467 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird zu Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Betroffene wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens sowie die dem Betroffenen entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgericht Essen vom 18.09.007 wegen fahrlässigen Falschparkens, Parkens auf Sonderparkplatz für Bewohner, zu einer Geldbuße von 15,-- € verurteilt worden.

Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen zur Sache getroffen:

"Der Betroffene stellte am ######### den Pkw der Marke B mit dem amtlichen Kennzeichen N, dessen Halterin seine Ehefrau ist, mit 2 Rädern auf dem Gehweg der B-Straße, Höhe Haus - Nr. #, parkend in F ab.

Der Pkw war an dieser Stelle mindestens im Zeitraum von ##### Uhr bis mindestens ##### Uhr abgestellt. Dort befindet sich das Zeichen 315 "Parken auf dem Gehweg" kombiniert mit dem Zusatzzeichen 1044-30 "Bewohner mit Parkausweis ######### frei". Der Betroffene ist kein Bewohner, der über einen Parkausweis ######## verfügt. Auch die Halterin des Fahrzeuges ist keine Bewohnerin, die über einen Parkausweis ######### verfügt."

Das Amtsgericht hat den Betroffenen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen eines fahrlässigen Verstoßes gemäß §§ 12 Abs. 3, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG - unzulässiges Parken auf einem Sonderparkplatz für Bewohner mit Parkausweis - für schuldig befunden.

Das Amtsgericht vertritt die Auffassung, der Betroffene hätte bei sorgfältigem Verhalten erkennen können, dass er auf einem Sonderparkplatz für Bewohner parkte. Er hätte dieses auch vermeiden können. Aus der Kombination des Verkehrszeichens 315 mit dem Zusatzschild "Bewohner mit Parkausweis ######", ergebe sich für einen Verkehrsteilnehmer, dass die Parkerlaubnis auf Bewohner mit Parkerlaubnis beschränkt sei. Für Nichtbewohner (ohne Parkausweis) wie den Betroffenen bestehe daher an dieser Stelle ein Parkverbot.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der eine Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des materiellen Rechts zugelassen. Insoweit handelt es sich um eine Entscheidung der zuständigen Einzelrichterin.

Die Zulassung ist geboten, da Klärungsbedarf hinsichtlich der - soweit ersichtlich - höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage besteht, welchen Regelungsgehalt eine Verkehrsschilderkombination aus dem Zeichen 315 (Parken auf dem Gehweg) und einem dem Zusatzzeichen 1020-32 (Anwohner mit Parkausweis Nr. ... frei) entsprechenden Verkehrszeichen aufweist.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt auf die erhobene Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einem Freispruch des Betroffenen.

Die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils tragen nicht den Schuldspruch wegen eines Verstoßes gegen § 12 III Nr. 8 c StVO.

Gebots- und Verbotszeichen im Straßenverkehr müssen aus sich heraus deutlich erkennbar und ohne weiteres verständlich sein. Bei Verbotszeichen muss der Geltungsbereich des Verbotes klar erkennbar sein (OLG Hamm, NZV 2006, 324; BayObLG VRS 82, 228, 229). Zusatzschilder zu Verkehrszeichen müssen hinreichend klar, eindeutig und widerspruchsfrei sind (vgl. OLG Hamm a.a.O.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 39 StVO Rn. 31a, 34).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts wird im vorliegenden Verfahren durch das Zeichen 315 und das Zusatzschild "Bewohner mit Parkausweis #######" nicht eindeutig und klar zum Ausdruck gebracht, dass das Parken auf dem Gehweg nur Bewohnern mit dem vorgenannten Parkausweis gestattet ist und dass für andere Verkehrsteilnehmer, die nicht zu diesem Personenkreis gehören, ein Parkverbot besteht. Vielmehr hat das Zusatzschild keine einschränkende Wirkung auf die durch das Zeichen 315 erteilte Erlaubnis mit der Folge, dass der Betroffene berechtigt war, den von ihm geführten PKW auf dem Gehweg zu parken.

§ 41 StVO sieht unter anderem vor, dass Schilder Gebote und Verbote und Zusatzschilder allgemeine Beschränkungen der Gebote und Verbote oder allgemeine Ausnahmen von diesen enthalten (vgl. BGH NJW 1987, 198).

Das Zeichen 315 erlaubt Fahrzeugen bis zu 2,8 t Gesamtgewicht das Parken auf Gehwegen. Es ordnet außerdem an, wie parkende Fahrzeuge aufzustellen sind, und untersagt das Parken auf der Fahrbahn (BGHSt 26, 348; König in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 12 StVO Rdz. 55).

Das hier angebrachte Zusatzzeichen entspricht entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht dem Zusatzzeichen 1044-30 (Anwohner mit Parkausweis Nr. ... ) aus der Gruppe der beschränkenden Zusatzzeichen 1040-1059. Es gehört vielmehr zu der Gruppe der "frei"-Zusatzzeichen 1020-1039, die Ausnahmen von Geboten und Verboten anzeigen. Es entspricht nämlich dem Zeichen 1020-32 (Anwohner mit Parkausweis Nr. ... frei), das gemäß § 41 Abs. 2 Nr. 8 S. 8 StVO Anwohner mit einem besonderen Parkausweis von einem Halteverbot ausnimmt.

Das Zeichen 315 erlaubt das Parken auf dem Gehweg in der auf dem Verkehrsschild dargestellten Art und Weise. Als Verbot, von dem das hier angebrachte Zusatzzeichen Bewohner mit dem Parkausweis ######## befreien könnte, käme allenfalls das durch das Zeichnen 315 angeordnete Verbot des Parkens auf der Fahrbahn i. V. m. dem Gebot des Parkens mit beiden rechten Rädern auf dem Gehweg in Betracht. Nur insoweit könnte das hier in Rede stehende Zusatzschild überhaupt entsprechend seinem (befreienden) Regelungsgehalt eine für Bewohner mit dem Parkausweis ##### in Bezug auf das Verkehrszeichen 315 freistellende Wirkung entfalten.

Hinsichtlich der durch das Zeichen 315 erteilten Erlaubnis des Parkens auf dem Gehweg kann das Zusatzschild dagegen keine von dieser Regelung freistellende Wirkung in Bezug auf die Bewohner mit dem Parkausweis ####### entfalten, da eine "Befreiung" von einem bereits gestatteten Verhalten keinen Sinn ergibt. Dem hier in Rede stehenden Zusatzschild kann daher im Verhältnis zu der durch das Zeichen 315 ausgesprochenen Parkerlaubnis allenfalls die Bedeutung einer zusätzlichen Parkerlaubnis für Bewohner mit dem Parkausweis ######## zugesprochen werden. Eine solche - weitere - Erlaubnis für einen bestimmten Personenkreis berührt aber nicht die durch das Zeichen 315 ausgesprochene allgemeine Erlaubnis des Parkens auf dem Gehweg und hat daher auch keine Einschränkung dieser Erlaubnis zur Folge.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts hat daher die hier in Rede stehenden Verkehrszeichenkombination nicht den Regelungsgehalt, dass die durch das Zeichen 315 erteilte Erlaubnis auf Bewohner mit dem Parkausweis ####### beschränkt ist, und dass für Verkehrsteilnehmer, die nicht zu diesem Personenkreis gehören, das Parken auf dem Gehweg verboten ist. Eine solche Regelung hätte nur dadurch erreicht werden können, dass anstelle des tatsächlich verwendeten Zusatzzeichens das beschränkende Zusatzschild 1044-30 (Anwohner mit Parkausweis Nr. ...) ohne den Zusatz "frei" angebracht worden wäre. Für eine entsprechende Umdeutung des hier verwendeten Zusatzzeichens ist angesichts des eindeutigen Wortlautes dieses Zeichens kein Raum.

Dem Betroffenen hat deshalb durch das Parken auf dem Gehweg der B-Straße in F nicht gegen ein Parkverbot gemäß § 12 Abs. 3 StVO verstoßen.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und der Betroffene freizusprechen

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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