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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.01.2000
Aktenzeichen: 3 U 10/99
Rechtsgebiete: ProdHaftG, BGB, ZPO


Vorschriften:

ProdHaftG § 1 Abs. 1
ProdHaftG § 1 Abs. 1 S. 1
ProdHaftG § 8
ProdHaftG § 3
BGB § 823
BGB § 847
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 101 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Produkthaftung auf dem Gebiet der Freizeittechnik

Aus der Tatsache des Eintritts eines Schadens bei dem Gebrauch eines Produktes ist nicht zwingend das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers zu schlußfolgern.

Ein Konstruktionsfehler liegt nicht schon bei einer gewissen subjektiven Gefährlichkeit des Produkts vor, sondern erst dann, wenn das Produkt objektiv nicht die Sicherheit bietet, die die Allgemeinheit nach der Verkehrsauffassung in dem entsprechenden Bereich für erforderlich hält.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 10/99 OLG Hamm 2 O 110/97 LG Bochum

Verkündet am 19. Januar 2000

Stalljohann, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 08. Dezember 1999 durch die Richter am Oberlandesgericht Kamps, Rüthers und Lüblinghoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 09. März 1998 verkündete Urteil der zweiten Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Streitverkündeten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von je 15.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte oder der Streitverkündete zuvor jeweils Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheit kann durch eine unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Beklagte ist Herstellerin von Geräten auf dem Gebiet der Freizeittechnik und fertigt Karussell- und Vergnügungsgeräte, unter anderem für Freizeitparks. So fertigte sie auch eine sogenannte Nautic-Jet-Bahn, die sich auf dem Gelände des Streitverkündeten befindet.

Bei dem Betrieb der Nautic-Jet-Bahn wird ein Boot über eine Zugleine rückwärts auf Schienen geleitet und auf eine bestimmte Höhe hinaufgezogen. Sobald das Boot den höchsten Punkt der Gleisbahn erreicht hat, wird es automatisch ausgeklinkt, fährt die Gefällestrecke hinab und springt über eine schanzenähnlich gebaute Gleisbahn in ein sich anschließendes Gewässer. Von dort wird das Boot automatisch in die Ausgangsposition zurückgezogen. Ein Sicherheitsbügel verläuft in geschlossenem Zustand etwa mittig über die Oberschenkel des Benutzers, so daß sich dieser an dem Bügel festhalten kann.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe die Bahn allein und entsprechend der Bedienungsanleitung am 13.08.1995 gegen 12.00 Uhr bestiegen. Bei dem Aufschlag auf der Wasseroberfläche habe sie starke Schmerzen im Lendenwirbelbereich verspürt und sofort ihren Mann und Sohn herbeigerufen. Diese beiden und zwei weitere Besucher hätten sie aus der Bahn getragen und den Rettungsdienst verständigt. Sie sei gegen 12.30 Uhr in das Evangelische Krankenhaus gebracht worden. Unstreitig haben dortige Untersuchungen ergeben, daß sie einen Bruch und Quetschungen des ersten Lendenwirbels erlitten habe, weshalb sie vom 13.08.1995 bis zum 27.10.1995 stationär im Krankenhaus behandelt worden sei. Sie hat behauptet, diese Verletzungen seien allein durch die Benutzung der Nautic-Jet-Bahn verursacht worden. Bis zu dem 13.08.1995 habe sie keinerlei Beschwerden oder Vorerkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule gehabt. Wegen eines gekippten dritten Lendenwirbels seien außerdem weitere stationäre Krankenhausaufenthalte notwendig geworden.

Die Klägerin hat die Kosten für eine Haushaltshilfe sowie ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 30.000,00 DM geltend gemacht und beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.718,00 DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

3.

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden - letztere, soweit sie nach dem 01.04.1997 entstehen - aus dem Unfall vom 13.08.1995 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte und der Streitverkündete haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben jegliche Ansprüche der Klägerin in Abrede gestellt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.. Sodann hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stünden weder Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz noch wegen unerlaubter Handlung zu. Sie habe den Nachweis der erforderlichen Kausalität nicht erbracht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das schriftliche Gutachten des Sachverständigen sowie auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Sie wiederholt und vertieft den erstinstanzlichen Sachvortrag und beantragt, abändernd

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie

a)

14.715,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 09.04.1997 zu zahlen;

b)

ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 09.04.1997 zu zahlen;

2.

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 13.08.1995 im Revierpark Gysenberg in Herne zu ersetzen, soweit kein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte vorliegt,

3.

hilfsweise Vollstreckungsnachlaß.

Die Beklagte sowie der Streitverkündete beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise Vollstreckungsnachlaß.

Sie wiederholen und vertiefen ebenfalls den erstinstanzlichen Sachvortrag.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch mündliche Vernehmung des Sachverständigen Dr. S.

Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das Protokoll und den Vermerk des Berichterstatters zum Senatstermin vom 08.12.1999 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz, Zahlung eines Schmerzensgeldes und Feststellung.

Ansprüche der Klägerin könnten sich nur aus § 1 Abs. 1 ProdukthaftungsG oder aus § 823 BGB ergeben. Das ist zur Überzeugung des Senats aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Fall.

1.

Gem. § 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftG ist der Hersteller eines Produkts verpflichtet, dem Geschädigten den Schaden an Körper und Gesundheit zu ersetzen, der durch den Fehler eines Produkts verursacht worden ist. Gem. § 8 ProdHaftG beschränkt sich im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit der Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten, des Verdienstausfallschadens und des Ersatzes der vermehrten Bedürfnisse. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat der Geschädigte nur unter den Voraussetzungen der §§ 823, 847 BGB. Die Haftung aus unerlaubter Handlung unterscheidet sich dabei von der Gefährdungshaftung nach dem ProdHaftG im wesentlichen nur durch das Erfordernis des Verschuldens. (Auch) Aus unerlaubter Handlung haftet der Hersteller unter dem Aspekt der Verletzung der Verkehrssicherheitspflicht, wenn er (schuldhaft) ein fehlerhaftes Produkt in Verkehr bringt. Der Begriff des Fehlers ergibt sich aus § 3 ProdHaftG. Dieser Fehlerbegriff hat gleichermaßen Bedeutung für den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB.

Gem. § 3 ProdHaftG hat ein Produkt einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, und des Zeitpunkts, in dem es in den Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann. Die Rechtsprechung unterscheidet dabei im wesentlichen sog. Konstruktions-, Fabrikations- und Instruktionsfehler. Zur Überzeugung des Senats ist das im Streit stehende Produkt nicht fehlerhaft im vorstehenden Sinn.

a.

Dafür, daß das konkrete Produkt einen im Herstellungsprozeß erworbenen Fabrikationsfehler aufweist, ist nichts ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, daß sich das konkrete Produkt, das die Klägerin auf dem Gelände des Streitverkündeten möglicherweise benutzt hat, von anderen baugleichen Produkten der Beklagten unterscheidet und einen individuellen Fehler aufweist. Einen solchen Fehler behauptet die Klägerin auch selbst nicht.

b.

Das Produkt weist auch keinen Konstruktionsfehler auf. Einen solchen behauptet die Klägerin zwar und folgert ihn mangels sonstigen Sachvortrages allein daraus, daß sie sich selbst durch den Gebrauch des Sprungbootes verletzt habe. Die Preisgestaltung suggeriere dabei eine nur geringe Gefährlichkeit.

Daß der Nautic-Jet wegen einer fehlerhaften technischen Konzeption oder einer fehlerhaften Planung ungeeignet zum gefahrlosen Umgang ist, ist nicht erkennbar. Die Beklagte hat in erster Instanz die kompletten Prüfunterlagen des TÜV in Ablichtung zu den Akten gereicht. Der Senat hat keinen Anlaß zu der Annahme, daß dieser Sachvortrag nicht den Tatsachen entspricht und geht deshalb davon aus, daß der Nautic-Jet so geprüft worden ist, wie dies in den entsprechenden Unterlagen dokumentiert worden ist. Danach besitzt der Nautic-Jet als Gleitbahn (Bootssprungschanze) den Genehmigungsausweis des TÜV für das Sicherheitszeichen GS (geprüfte Sicherheit), datiert vom 02.02.1984. Ausweislich der Aufbau-Übersicht des TÜV-Rheinland (Bl. 38 GA) beträgt die Nutzlast 100 kg; die Benutzung ist für Personen ab 10 Jahren vorgesehen. Nach dem Bericht des - vom 21.11.1994 - über die Prüfung der sachgerechten Aufstellung und des Betriebes der Gleitbahn erfolgte die Prüfung in Anlehnung an den Runderlaß des Ministeriums für Bauen und Wohnen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 08. November 1990 (II A 3 - 125) sowie der Richtlinien für den Bau und Betrieb fliegender Bauten in der Fassung aus Oktober 1989. Nach dem Ergebnis der Prüfung entspricht die konkret im Streit stehende Anlage dem Genehmigungsausweis und der dort genannten Zeichnung. Der Prüfsachverständige kam zu dem Ergebnis, daß bei Beachtung der Bedienungsanleitung des Herstellers - insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Aufsichtsperson gegen den Betrieb der Anlage - keine Bedenken bestehen. Zur Überzeugung des Senats ist deshalb die Anlage so konstruiert, daß ein gefahrloser Umgang bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gegeben ist, Die Einhaltung der normativen Voraussetzungen für den Betrieb einer Anlage schließt zwar nicht in jedem Fall die Annahme eines Konstruktionsfehlers aus, spricht aber indiziell dafür, daß das Produkt den Sicherheitserwartungen der Personen entspricht, die mit dem Produkt in Berührung kommen.

Nichts anderes ergibt sich vorliegend aus der Tatsache, daß nach dem Sachvortrag der Klägerin der Gebrauch durch sie zu einem Schaden geführt haben soll. Selbst wenn dieser Sachvortrag - unterstellt - richtig ist, ist hieraus nicht auf das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers zu schlußfolgern. Dabei kann es dahin gestellt bleiben, ob die in dem Prüfergebnis und in der Allgemeinen Betriebsanleitung angesprochene Aufsichtsperson unmittelbar anwesend war. Die Klägerin hat selbst nicht behauptet, das Sprungboot entgegen den bestehenden Anweisungen in irgendeinerweise unsachgemäß benutzt zu haben. Mehr hätte auch die Aufsichtsperson nicht bewirken können.

Ein Konstruktionsfehler liegt nicht schon dann vor, wenn ein Produkt eine gewisse Gefährlichkeit in sich birgt und sich diese Gefahr im Einzelfall realisiert. Fehlerhaft ist das Produkt nur, wenn es objektiv nicht die Sicherheit bietet, die die Allgemeinheit nach der Verkehrsauffassung in dem entsprechenden Bereich für erforderlich hält (Palandt-Thomas, § 3 ProdHaftG Rz 8). Für den Benutzerkreis des Sprungbootes ist allgemein und objektiv erkennbar, daß das Boot mit einer vordefinierten Geschwindigkeit schräg auf die Wasseroberfläche auftrifft. Das macht den eigentlichen und im Prinzip ausschließlichen Reiz dieses Unterhaltungsgerätes aus. Wie bei einem Autoskooter (vgl. dazu BGH VersR 1977 S. 334, 335) birgt auch das Sprungboot aus seinem eigentlichen Reiz heraus auch bei bestimmungsgemäßen Gebrauch gewisse Gefahren, die jedoch von den Benutzern im allgemeinen erkannt und grundsätzlich "in Kauf genommen" werden. Mit dieser Maßgabe erwartet die Allgemeinheit Sicherheit nur insoweit, als das Boot von einem durchschnittlichen Benutzer ggfs. auch mit gesellschaftsüblichen degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule gefahrlos benutzt werden kann.

Das eigentliche Gefahrpotential des Sprungbootes liegt in der abschüssigen Fahrt und in dem Auftreffen auf der Wasseroberfläche, unter Umständen noch beim Be- und Aussteigen. Diese erkennbaren Gefahren sind - weil offensichtlich -Bestandteil der Prüfung des Gerätes durch den TÜV. Wie bereits ausgeführt, indiziert dies die Einhaltung des zu fordernden Sicherheitsstandards. Die Verletzung der Klägerin spricht dem nicht entgegen; denn aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß die Klägerin zur Zeit der Benutzung des Bootes an einer hochgradigen osteoporotischen Erkrankung litt, die letztlich Ursache der erlittenen Verletzung war. Die Klägerin entsprach damit gerade nicht dem Benutzerkreis, für den die Allgemeinheit nach der Verkehrsauffassung entsprechende Sicherheit verlangt. So wie der Autoskooter auf der Kirmes nicht deshalb einen Konstruktionsfehler aufweist, weil ein stark durch Osteoporose vorgeschädigter Benutzer durch die gezielten und den Reiz des Gerätes darstellenden Kollisionen und Fahrmanöver verletzt werden kann, so ist der Nautic-Jet nicht deshalb konstruktionsbedingt fehlerhaft, weil ein gleichermaßen Kranker durch den Aufprall auf der Wasseroberfläche zu Schaden kommen kann. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, Dr. der als Facharzt für Orthopädie durchaus die auf die Wirbelsäule einwirkenden Kräfte abzuschätzen in der Lage ist, ist der Wasserbob von einem durchschnittlichen Menschen mit üblichen degenerativen Veränderungen schadlos in Anspruch zu nehmen. Die Erklärung für die Verletzung der Klägerin liegt allein in ihrer osteoporotischen Erkrankung.

Der Sachverständige hat überzeugend darauf verwiesen, daß die im Röntgenbild sichtbaren Veränderungen bereits zu dem hier fraglichen Zeitpunkt bestanden, die Klägerin also bereits zu diesem Zeitpunkt entsprechend vorgeschädigt war. Die im Röntgenbild sichtbare sog. Fischwirbelbildung der Wirbelkörper ist nicht vor Ablauf von 2 Jahren seit Beginn der Erkrankung zu erwarten. Diese bereits am 13.08.1995 bestehende massive Osteoporose war so ausgeprägt, daß bereits jedes Gelegenheitsereignis ohne wesentliche Gewalteinwirkung zu einer Wirbelfraktur führen konnte.

Die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen werden nicht dadurch in Zweifel gezogen, weil die Klägerin vor dem 13.08.1995 keine Beschwerden verspürte und auch nicht wegen Osteoporose in ärztlicher Behandlung war. Ausweislich des Arztbriefes des Internisten Dr. vom 09.07.1998 (Bl. 211, 212 GA) wurde die Halswirbelsäule der Klägerin vor dem hier fraglichen Ereignis am 15.02.1993 geröngt. Dabei konnte der behandelnde Arzt keine wesentlichen osteochondrotische Veränderungen erkennen. Das ist schon deshalb mit den Ausführungen des Sachverständigen vereinbar, weil diese Röntgenaufnahme etwa 2 1/2 Jahre vor dem 13.08.1995 gefertigt wurde und sich die Erkrankung deshalb in der Folgezeit entwickelt haben kann. Der Sachverständige hat darauf verwiesen, daß die Fischwirbelbildung etwa nach 2 Jahren im Röntgenbild sichtbar wird.

Soweit der chirurgische Assistenzarzt Dr. gem. Arztbrief vom 14.03.1996 (Bl. 15) keine über die Norm hinausgehende Kalksalzminderung mit Osteoporose festzustellen vermochte, ist dem Senat eine nähere Aufklärung nicht möglich. Die zeitnah zum angeblichen Unfallgeschehen gefertigten Röntgenbilder liegen nicht vor. Es ist deshalb unklar, welchen Inhalt diese Röntgenbilder haben und ob dort aus nicht näher bekannten Gründen ggf. eine Fischwirbelbildung nicht erkennbar ist. Die im evangelischen Krankenhaus gefertigten Röntgenbilder liegen der Klägerin vor (Bl. 104 GA). Sie wurden trotz entsprechender Aufforderung nicht zur Auswertung durch den Sachverständigen zu den Akten gereicht.

c.

Ein Instruktionsfehler ist ebenfalls nicht feststellbar. Instruktionsfehler bestehen in einer mangelhaften Gebrauchsanweisung und/oder nicht ausreichenden Warnung vor einer gefahrbringenden Eigenschaft, die in der Wesensart der als solcher fehlerfreien Sache begründet sind (vgl. bei Palandt-Thomas, § 3 ProdHaftG Rz 5). Dabei ist auf den bestimmungsmäßigen Gebrauch und unter Umständen auch auf einen naheliegenden Mißbrauch hinzuweisen (BGH NJW 1989 S. 1542). Was auf dem Gebiet allgemeinen Erfahrungswissens liegt, braucht nicht zum Inhalt einer Gebrauchsanweisung oder Warnung gemacht zu werden. Nach diesen Maßstäben ist die Instruktion ausreichend. Unabhängig davon, ob die Beklagte oder der Streitverkündete die Sicherheitsregeln am Eingang des Gerätes aufgestellt hat, so war jedenfalls die Benutzung des Wasserbobs durch diese Hinweise geregelt. Diese Tafel weist darauf hin, daß lediglich eine Person bei einer maximalen Nutzlast von 90 kg und einem Mindestalter von 10 Jahren das Gerät besteigen durfte. Es folgt der Hinweis darauf, ruhig sitzen zu bleiben, sich nicht hinauszulehnen und keine losen Gegenstände mitzunehmen. Nach dem Einsteigen war der Sicherheitsbügel zu schließen. Mehr war nach Auffassung des Senats nicht erforderlich. Insbesondere bedurfte es keines Hinweises darauf, daß Osteoporose geschädigte Benutzer durch das Aufprallen des Fahrzeugs auf die Wasseroberfläche gefährdet werden könnten. Hierbei handelt es sich um allgemeines Erfahrungswissen, das keiner besonderen Hervorhebung bedarf.

d.

Selbst wenn die Instruktion der Beklagten unzulänglich gewesen wäre, wovon der Senat nicht ausgeht, wäre diese Verletzung der Instruktionspflicht jedenfalls nicht kausal geworden. Dies geht zu Lasten der Klägerin, die nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen trägt. Ursächlich ist die Verletzung der Hinweispflicht nur, wenn pflichtgemäßes Handeln den eingetretenen Schaden mit Sicherheit verhindert hätte (BGH NJW 1975 S. 1827; Palandt-Thomas § 3 ProdHaftG Rz 5). Selbst wenn die Beklagte umfassend auf Gefahren für rückengeschädigte Personen hingewiesen hätte, hätte die Klägerin gleichermaßen das Spielgerät benutzt. Denn sie hielt und hält sich noch heute bezogen auf das Datum 13.08.1995 für nicht osteoporosegeschädigt. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß ein potentieller Benutzer, der sich persönlich für sportlich und gesund hält und keinerlei Rückenbeschwerden kennt, sich durch einen Hinweis auf die Gefahren des Gerätes für Rückengeschädigte von der geplanten Benutzung abhalten läßt.

2.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.

Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als DM 60.000,00.

Ende der Entscheidung

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