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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.10.1999
Aktenzeichen: 3 U 158/98
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Aufklärung über die Alternative einer Kaiserschnittentbindung

Auch bei einem zu erwartenden großen Kind ist die Wahl der richtigen Behandlungsmethode grds. Sache des Arztes. Allein wegen eines geschätzten Geburtsgewichts von ca. 4000 g ist nicht über die Alternative einer Kaiserschnittentbindung aufzuklären.

Kommt es im Bereich der Episiotomie (Dammschnitt) zu Infektionen, so kann daraus und aus dem späteren Verlauf nicht mit dem gebotenen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit auf einen Fehler bei der Dammnaht geschlossen werden.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 158/98 OLG Hamm 3 O 8/97 LG Essen

Verkündet am 20. Oktober 1999

Stalljohann, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 16. August 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pelz und die Richter am Oberlandesgericht Rüthers und Lüblinghoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. März 1998 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung von DM 25.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet, die er auch durch eine unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbringen kann.

Tatbestand:

Die Beklagte befand sich anläßlich der Geburt ihres ersten Kindes in der Zeit vom 29.01.1993 bis 25.03.1993 in der privatärztlichen Behandlung des Klägers, Chefarzt der gynäkologisch geburtshilflichen Abteilung des Krankenhauses in. Der Schwangerschaftsverlauf war unauffällig, der Geburtstermin für den 30.01.1993 errechnet.

Ausweislich der Krankendokumentation des Klägers wurde das Geburtsgewicht sonographisch auf ca. 4.000 g geschätzt. Unter dem 30.01.1993, 11.35 Uhr findet sich folgender Eintrag:

Spontangeburt eines lebensfrischen Mädchens aus der I. SL med li. lat. Episiotomie, PA.

Das Kind wird sofort abgesaugt und schreit kräftig durch. Apgar 9/10/10.

Für 11.40 Uhr findet sich sodann der Eintrag:

Plazentalösung nach Schulze.

Plazenta und Eihäute vollständig Epi-Naht in typischer Weise.

Auf dem Kopfbogen der Krankendokumentation finden sich u.a. folgende Eintragungen:

Geburtserleichterung: links mediolaterale Episiotomie Komplikationen: verstärkte Nachblutung

Kunsthilfe: Naht in LA Nach-Curettage Sekundär-Heilung Epi

Ausweislich des Verlaufsbogens stellte sich die Episiotomie-Naht zunächst reizlos dar. Nach dem Fortsetzungsbogen erhielt die Beklagte am 05.02. und 06.02. eine Cephalospurin-Antibiose. Für den 07.02.1993 findet sich im Verlaufsbogen die Eintragung:

Wunde reizlos kein Anhalt für Sekundärheilung, diskretes Hämatom.

Auf der Rückseite findet sich sodann die Eintragung:

07.01.93 19.45 Uhr ... kein Abszeß, etwas Sekretverhaltung in einem Stichkanal, zum Darm auch keine Vorwölbung, keine Rötung, etwas Spreizung und Sondierung, Betaisodona.

Am 11. Februar 1995 kam es zu einem Temperaturanstieg. Der Kläger konsultierte den Zeugen Prof. Dr. Chefarzt der chirurgischen Klinik. Im konsiliarischen Untersuchungsbericht vom 11.02.1993 heißt es u.a.:

Befund: Florider, bisher durch sehr kleine Inzision nur zum Teil entlasteter Abszeß i.B. der Episiotomie Narbe bei etwa 5°° in SSl mit allen Zeichen einer floriden akuten Entzündung der direkten Weichteilumgebung. Sichtliche Stuhlentlehrung aus dem Enddarm über die Abszeßhöhle in die Vagina. Hier tastbarer, für Zeigefinger durchgängiger Fistelgang vom Analkanal bei ca. 10°° zur Abszeßhöhle. Bei Hakenprobe nach Stelzner noch deutlicher Sphinkter ani Anteil oralwärts des Fistelkanals.

In Allgemeinnarkose Entdachung des Fistelganges durch radikale Spaltung (Spaltung des restlichen Abszesses durch Prof.)... rekonstruktive Maßnahmen - wenn überhaupt erforderlich nur sekundär nach völliger Ausheilung.

Im Operationsbericht vom 12.02.1993 heißt es u.a.:

Zwei Tage später entwickelte sich im Episiotomiebereich eine Rötung und starke Schmerzhaftigkeit und schließlich erkennbar eine Abszeßbildung. Dieser Abszeß hat sich nicht nach außen eröffnet sondern nach innen zwischen Scheide und Sphinkter, der bei der Episiotomie zuverlässig nicht verletzt und dementsprechend auch nicht nahtversorgt wurde. Es wird deshalb in Anwesenheit des hinzugezogenen Chirurgen der Abszeß breit gespreizt, wobei Eiter abläuft der sich hier verhalten hat. Die von der Primärheilung vorhandenen Gewebebrücken im Bereich zwischen Kommissur und Sphinkter ani externus werden auf Rat des Chirurgen scharf durchtrennt. Bei der Prüfung auf dem Finger ergibt sich, daß der Sphinkter sicher intakt ist. Danach wird die Wunde breit offen gelassen, mit Betaisodona gespült und ein Dauerkatheter gelegt.

Die Beklagte erhielt ein Breitbandantibiotikum. Dieses wurde am 21.02.1993 umgestellt und nach vorhergehender oraler Medikation am 2. März 1993 abgesetzt.

Am 24. März 1993 erfolgte die gynäkologische Abschlußuntersuchung sowie eine chirurgische Grundversorgung. Am 25. März 1993 wurde die Beklagte aus der stationären Behandlung entlassen. Im Arztbrief an den ambulant behandelnden Frauenarzt und Zeugen Dr. vom 27.04.1993 heißt es u.a.:

Postoperativ wurde die Wunde breit offen gelassen, es erfolgen regelmäßige chirurgische Verbandwechsel (H202Spülung) sowie sterile Wundverbände .... Bei der Entlassung lagen keine entzündlichen Zeichen des angrenzenden Gewebes im Bereich der Wunde mehr vor. Die Entlassung erfolgte bei relativem Wohlbefinden mit Verhaltensmaßregeln. Die weitere Wundversorgung wurde ambulant in der chirurgischen Klinik von Prof. Dr. durchgeführt.

In dessen Befundbericht vom 24.04.1993 heißt es u.a.:

Vom 12.02. bis 26.03.1993 erfolgten zunächst täglich, zum Schluß zweitägig regelmäßige Verbandswechsel, bei denen die Wundhöhle mit H202 ausgespült und anschließend die Wunde steril verbunden wurde. Unter dieser Behandlung gingen die Entzündungszeichen einschließlich der Schwellung der Labien zügig zurück. Die Wundhöhle verkleinerte sich. Am Wundgrund bildete sich kontinuierlich prolifurierender Granulationsrasen. Die Wundhöhle wurde im Laufe der Zeit zusehends flacher, die Wundränder näherten sich durch Schrumpfung der Gesamtwunde.

Bei der Entlassung lagen keine entzündlichen Zeichen des angrenzenden Gewebes mehr vor. Die Wunde war sauber und die digitale Untersuchung ergab einen sicher nachweisbaren Sphinktertonus, der bei Beckenbodenkontraktion zunahm. Um allen Unsicherheiten aus dem Wege zu gehen, ist mit der Patientin vereinbart, drei bis sechs Wochen nach Behandlung eine Durchzugmanometrie durchzuführen sowie ein EMG des Sphinkters zu veranlassen.

Zur Zeit besteht kein Anlaß anzunehmen, daß eine Sphinkterinkontinenz vorliegt.

Am Tage der Entlassung begab sich die Beklagte zu ihrem Gynäkologen, dem Zeugen Dr.. In dessen Krankenunterlagen heißt es unter dem 25.03.1993 u.a.:

Rektum-Damm-Fistel mit Stuhlabgang neben dem Sphinkter.

Am Rand heißt es unter der Rubrik "Bemerkungen": Rektumscheidenfistel postpartum

Die Beklagte verblieb in der Behandlung des Gynäkologen. Am 7. April 1995 wurde sie Von dem Gynäkologen Dr. operiert, der eine Verschlußoperation und eine Scheiden-Dammplastik mit Sphinkterrekonstruktion durchführte.

Mit der Klage hat der Kläger Vergütung seiner ärztlichen Leistungen begehrt.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.853,95 DM zuzüglich 10 % Zinsen aus 5.462,32 seit dem 01.06.1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen,

widerklagend

1. den Kläger zu verurteilen, an sie

a) 235.150,82 nebst 10 % Zinsen von 40.000,00 DM und 4 % Zinsen von 195.150,82 DM seit dem 29. März 1996,

b) ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 29. März 1996 zu zahlen,

2. festzustellen, daß der Kläger verpflichtet ist, ihr jeden weiteren zukünftigen Schaden, auch in Form einer Rente, zu ersetzen, der ihr aus der Geburtshilfe des Klägers bei der Geburt ihrer Tochter, geboren am 30. Januar 1993 und der nachgeburtlichen Behandlung in Zukunft entsteht, soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, die Behandlung sei äußerst schlecht und entwürdigend gewesen. U.a. habe der Oberarzt, der Zeuge Dr. die Gebärmutter "mit Gewalt aufgerissen", mit einem Bettlaken den ganzen Leib abgeschnürt, sich mit vollem Körpergewicht auf ihren Leib gelegt und mit seinen Händen mit voller Kraft auf ihren Bauch gedrückt. Ihren mehrfach geäußerten Wunsch, durch Kaiserschnitt zu entbinden, habe man mißachtet. Bereits seit dem 7. Februar 1993 habe eine Rektum-Scheiden-Fistel vorgelegen, die auf die fehlerhafte Naht der Episiotomie durch den Zeugen Dr. zurückzuführen sei. Außerdem sei es zu Zervixrissen gekommen. Auch nach der Entlassung habe sie noch unter Inkontinenz, Durchfall und Pilzvergiftungen gelitten. In der Folgezeit habe sie keinen Sport mehr treiben und auch am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teilnehmen können. In der Hausarbeit sei sie stark eingeschränkt; eine Berufsaufnahme sei ihr nicht mehr möglich.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen Dr. Dr., Dr. und Prof. Dr.. Zudem hat es ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. eingeholt und den Sachverständigen mündlich vernommen. Nach Beweisaufnahme hat es der Klage überwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen mit der Begründung, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei eine Pflichtverletzung des Klägers, die eine Schadensersatzpflicht auslösen könnte, nicht festzustellen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen und des Privatgutachters Dr., die Protokolle zur mündlichen Verhandlung sowie auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Gegen die Entscheidung des Landgerichts wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Sie wiederholt und vertieft den erstinstanzlichen Sachvortrag und beantragt,

1. abändernd die Klage abzuweisen und auf die Widerklage hin den Kläger zu verurteilen, an sie

a) 235.150,82 DM nebst 10 % Zinsen von 40.000,00 DM und 4 % Zinsen von 195.150,82 DM seit dem 29.03.1996,

b) ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts zu stellendes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 29. März 1996 zu zahlen;

2. festzustellen, daß dem Kläger verpflichtet ist, ihr jeden weiteren zukünftigen Schaden, auch in Form einer Rente, zu ersetzen, der der Beklagten aus der Geburtshilfe des Klägers bei der Geburt ihrer Tochter vom 30. Januar 1993 und der nachgeburtlichen Behandlung in Zukunft entsteht, soweit Ansprüche nicht auf öffentlich-rechtliche Versorgungsträger übergegangen sind.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise Vollstreckungsnachlaß.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch mündliche Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr..

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze (einschließlich des nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 30.09.1999) nebst Anlagen, die beigezogenen Krankenunterlagen einschließlich des Mutterpasses der Klägerin, das Protokoll und den Vermerk des Berichterstatters zum Senatstermin vom 16. August 1999 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Soweit sich die Beklagte dem Grunde nach gegen den klageweise geltend gemachten Vergütungsanspruch des Klägers wendet, hilfsweise die Aufrechnung erklärt und darüber hinaus Widerklage erhoben hat, kann sie mit ihrem Begehren ganz oder teilweise nur durchdringen, wenn dem Kläger oder - ihm zurechenbar - dem ärztlichen Personal des Krankenhauses Essen Behandlungsfehler unterlaufen sind. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch aufgrund der durch den Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht fest, dass die Behandlung der Beklagten während ihres stationären Aufenthaltes im Elisabeth-Krankenhauses nicht sachgemäß erfolgte. Den ihr obliegenden Beweis fehlerhaften ärztlichen Verhaltens hat die beweispflichtige Beklagte nicht erbracht.

2. Die Berufung greift das Geburtsmanagement bis zum Anlegen der Episiotomie über die allgemeine Bezugnahme hinaus nicht im einzelnen an. Lediglich im Senatstermin hat die Beklagte den Sachverständigen noch einmal zur Frage der Indikation zum Kaiserschnitt befragt.

Sachliche Fehler im Geburtsmanagement und Verstöße gegen den zu fordernden ärztlichen Standard sind bis zur Geburt des Kindes um 11.35 Uhr auch nicht feststellbar. Insbesondere war angesichts der komplikationslos verlaufenen Schwangerschaft und der auch ansonsten fehlenden Auffälligkeiten im Geburtsablauf keine primäre sectio angezeigt und mit der Beklagten auch nicht über die Alternative der Entbindung durch Kaiserschnitt zu sprechen. Daran ändert auch nichts der im gewissen Grad zwar protahierte, nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr., an dessen Sachkunde und fachlicher Kompetenz der Senat keinen Grund zu zweifeln hat, aber für eine Erstgebärende nicht pathologische Geburtsverlauf sowie das sonographisch geschätzte Geburtsgewicht von ca. 4.000, Gramm.

Auch bei einem zu erwartenden großen Kind ist die Wahl der richtigen Behandlungsmethode grundsätzlich allein Sache des Arztes (OLG Hamm, Urteil vom 30.01.1989, 3 U 28/88 = VersR 1990, S. 52; Urteil vom 24.8.1998, 3 U 216/97; OLG Stuttgart, VersR 1989 S. 255; Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 8. Aufl. 1999 Rz 375). Bei einem geschätzten Geburtsgewicht von ca. 4.000 g braucht der behandelnde Gynäkologe zudem nicht über die Alternative der Schnittentbindung aufzuklären. Aufzuklären ist nur, wenn eine Kaiserschnittentbindung wegen ernstzunehmender Gefahren für das Kind bei vaginaler Entbindung zur echten Alternative geworden ist (BGH, NJW 1993 S. 2372; Senat, Urteil vom 24.8.1998 a.a.O.; Steffen/Dressler, a.a.O. Rz 378). Das war vorliegend nicht der Fall. Der Sachverständige Prof. Dr. hat bereits in seinen schriftlichen Gutachten (etwa Bl. 212 GA) überzeugend darauf verwiesen, dass angesichts des Fehlens von Risiken die primäre sectio nicht indiziert gewesen, ein erwartetes Gewicht von ca. 4.000 g heutzutage nicht außergewöhnlich sei und keine Veranlassung gebe, einen Kaiserschnitt durchzuführen (Bl. 518 GA). Das beinhaltet die Aussage, dass dieses zu erwartende Geburtsgewicht als solches noch keine ernstzunehmende Gefahr bei vaginaler Geburt bedeutet, über die aufzuklären wäre. Diese Ausführungen des Sachverständigen entsprechen dem Kenntnisstand des Senats aus anderen vergleichbaren Verfahren. So hat der Senat schon im Urteil vom 24. August 1998 (3 U 216/97) entschieden, dass allein ein Geburtsgewicht dieser Größenordnung für das Kind nur ein nahezu nicht erkennbares - theoretisches - Risiko (einer möglichen Schulterdystokie) darstellt und deshalb hierüber nicht aufzuklären ist. Die Ausführungen des Privatgutachters Dr. zeigen keine neuen Aspekte auf, die dem Senat Anlaß zu einer anderen Einschätzung der Sachlage geben könnten. Letztlich ist das Kind auch gesund und lebensfrisch geboren worden.

3. Fehler beim Setzen der Episiotomie, deren Versorgung und der Nachsorge noch im Kreißsaal sind nicht feststellbar.

Die Krankendokumentation äußert sich zweimal zur Episitomie. So heißt es, dass die Episiotomie links mediolateral vorgenommen und die Naht in typischer Weise erfolgt sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist gegen eine solche Episiotomie nebst Versorgung nichts einzuwenden. Auch die Dokumentation sei üblich, wenn keine weiteren Auffälligkeiten wie etwa eine Sphinkterverletzung hinzutraten (GA Bl. 519 GA).

Solche Auffälligkeiten sind weder dokumentiert noch von den Zeugen bekundet worden. Der Zeuge Dr., der die Naht selbst gesetzt hat, hat ebenso wie die assistierende Zeugin Dr. von einer normalen Dammschnittversorgung gesprochen (Bl. 466, 468 GA).

Die Berufung zweifelt an der Richtigkeit des klägerischen Sachvortrages und der Zeugenaussagen unter Hinweis auf die Ausführungen des Privatgutachters Dr. insbesondere wegen des zeitlichen Ablaufs (Bl. 140, 490 GA).

Ob die durch die Geburt des Kindes um 11.35 Uhr und die zu den Akten gereichten Lichtbilder auf mindestens 1 Stunde - nach den Bekundungen der Zeugin auf knapp 2 Stunden (Bl. 463 GA) - zu bemessende und für die Nachsorge einschließlich des Nähens der Wunde benötigte Zeit als ungewöhnlich lang zu werten ist, kann letztlich dahinstehen. Daraus ist nicht zu schlußfolgern, dass deshalb die Versorgung unsachgemäß und fehlerhaft erfolgt sein muß. Der Zeuge Dr. hat darauf verwiesen, nicht nur die Naht als solche gesetzt, sondern auch eine Muttermundeinstellung und eine Nachkurettage vorgenommen zu haben, letzteres, weil starke Blutungen aufgetreten seien (Bl. 462 GA). Diese Bekundung wird gestützt durch die jedenfalls insoweit zeitnah erstellte Dokumentation, nach der verstärkte Nachblutungen auftraten und eine Nach-Curettage erfolgte.

Auch die Zeugin hat bestätigt, dass die Gebärmutter wegen stärkerer Nachblutungen noch auf Reste abgetastet worden sei (Bl. 469 GA). Der Privatgutachter Dr. hat eingeräumt, dass auf den zu den Akten gereichten Lichtbildern sowohl ein zur Einstellung des Muttermundes gebräuchliches Spekulum als auch eine Muttermundsfaßzange zu erkennen sei, die auf eine erfolgte Zervix-Einstellung hinweise (Bl. 492 GA). Dies bestätigt die Richtigkeit der Zeugenaussagen und der diesbezüglichen Angaben der Krankendokumentation.

Demgegenüber erweist sich die Aussage der Zeugin P, nach der der Zeuge Dr. bis 13.30 Uhr ausschließlich genäht habe (Bl. 463 GA), als nicht tragfähig. Der Senat hält es auch nur für natürlich und gut nachvollziehbar, dass die Zeugin als Mutter der Gebärenden angesichts der Geburtsumstände als solche und des für eine Besucherin nur bedingt einsehbaren Arbeitsbereiches des Arztes nicht alle Maßnahmen und Handgriffe erkennen und richtig einordnen konnte. Sie selbst hat eingeräumt, nicht im einzelnen gesehen haben zu können, was gemacht worden sei (Bl. 464 GA). Angesichts der Umstände ist es deshalb überzeugender, mit den Aussagen des Zeugen Dr. anzunehmen, dass die komplette Nachsorge bis gegen 13.30 Uhr gedauert haben mag. Dabei mag die Nachkurettage üblicherweise in Vollnarkose erfolgen. Das schließt für diesen konkreten Fall es jedoch nicht aus, dass die Pudendus- und die dokumentierte Lokal anästhesie zur Abtastung der Gebärmutter ausreichend waren.

Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung des zeitlichen Ablaufs keinen Anhalt für ein fehlerhaftes Verhalten bei Setzen der Episiotomie und bei der Nachsorge gesehen. Er hat ausgesagt, dass auch das Ende der Nahtsetzung nicht dokumentationspflichtig sei, wenn keine besonderen Vorkommnisse eintraten (Bl. 519 GA). Solche besonderen Vorkommnisse lagen nicht vor, bleiben allenfalls unbewiesene Spekulation des Privatgutachters, wenn Dr. etwa aufgrund des Zeitablaufs die Notwendigkeit umfangreicher operativer Maßnahmen und eine umfangreiche Verletzung im Scheiden-Damm-Bereich unterstellt und prima facie von Schwierigkeiten und Komplikationen ausgeht (Bl. 140, 656 GA). Naturgemäß beanspruchen die Einstellung des Muttermundes und die Nachcurettage zusätzliche Zeit, wie auch der Privatgutachter nicht in Abrede stellen kann. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen geburtshilflichen Maßnahmen und der allgemeinen Vorbereitungszeit relativiert sich die für die Episiotomie-Naht beanspruchte Zeit, was der Privatgutachter offensichtlich nicht bedacht hat, wie die Ausführungen im Gutachten vom 13.11.1997 zeigen (Bl. 656 GA). Dort geht der Gutachter - wie schon in seinem Ausgangsgutachten (Bl. 140 GA) - auf die zusätzlich durchgeführten Maßnahmen mit keinem Wort ein.

Auf eine unsachgemäß durchgeführte Nahtversorgung kann auch nicht geschlossen werden, weil es später zu Infektionen im Scheiden-Analbereich und im Bereich der Episiotomie kam, wie den Ausführungen des Sachverständigen in der Gesamtheit zu entnehmen ist. Der spätere Verlauf allein läßt noch nicht mit dem gebotenen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit auf einen Fehler bei der Dammnaht schließen (vgl. auch Senat, Urteil vom 16.12.1998, 3 U 29/98).

Komplikationen und Infektionen können trotz aller ärztlichen Sorgfalt unvermeidbar und schicksalhaft auftreten, worauf der Sachverständige verwiesen hat (etwa Bl. 214, 518 GA).

Soweit die Beklagte unsachgemässes Vorgehen im Hinblick auf einen angeblichen Cervixriß behauptet, bleibt auch dieser Sachvortrag unbewiesen. Die Zeugin hat zwar bestätigt, der Zeuge Dr. hätte solche Äußerungen abgegeben. Dieser jedoch hat in Übereinstimmung mit der Zeugin Dr. solche Erklärungen in Abrede gestellt (Bl. 466, 468 GA). Überzeugend hat die Zeugin darauf verwiesen, dass es in dem Fall eines Cervixeinrisses nicht bei der üblichen Versorgung des Dammschnittes verbleiben kann, was dem Senat ebenfalls aus vergleichbaren Verfahren bekannt ist. Eine operative Versorgung eines Cervixrisses ist jedoch nicht erkennbar und feststellbar. Unversorgt hätte eine solche Wunde auf keinen Fall bleiben können.

Auch ansonsten ist ein unsachgemäßes Handeln bei der Nachsorge im Kreißsaal nicht feststellbar. Insbesondere hat der Zeuge Dr. ausgesagt, routinemäßig rektal die Dammnaht und den Schließmuskeltonus geprüft zu haben (Bl. 466 GA). Die Zeugin hat die Üblichkeit eines solchen Vorgehens im Krankenhaus des Klägers bestätigt (Bl. 467 GA). Es gibt keinen Anlaß, an der Richtigkeit dieser Aussagen zu zweifeln. Eine besondere Dokumentationspflicht im Hinblick auf die rektale Untersuchung nach der Nahtversorgung hat der Sachverständige aus medizinischen Gründen nicht gesehen (Bl. 433 GA). Die Dokumentation hat er als vollständig bezeichnet (Bl. 214 GA). Angesichts dieser Sachlage folgt gleichzeitig, dass eine unsachgemäße Verletzung des Sphinkters durch die Episiotomie bzw. deren Versorgung nicht feststellbar ist.

Aus der Verwendung der Pudendus- und zusätzlich der Lokalanästhesie kann nicht zwingend auf ein ärztliches Fehlverhalten bei der Versorgung geschlossen werden. Der Sachverständige hat auch diesbezüglich überzeugend darauf verwiesen, dass je nach Sachlage diese anästhesiologischen Maßnahmen durchaus angezeigt sein können.

4. Die Nachbehandlung der Beklagten bis zum operativen Eingriff vom 11.02.1993 war sachgerecht. Ärztliches Fehlverhalten ist nicht feststellbar.

Ausweislich des Verlaufsbogen wurde die Episiotomiewunde nach dem 30.01.1993 täglich überprüft; es fanden sich zunächst reizlose Verhältnisse. Noch für den 07.02.1993 wird die Wunde zunächst als reizlos beschrieben. Die Nachbehandlung hat der gerichtliche Sachverständige als sehr sorgfältig bezeichnet (Bl. 213 GA). Die Spreizung und Spülung der Dammwunde nach zunächst oberflächlicher Infektion war sachgerecht (Bl. 213 GA).

Soweit die Beklagte in Übereinstimmung mit dem Privatgutachter diese Nachsorge einschließlich der Antibiotikagabe als Stückwerk bezeichnet (Bl. 661 GA), führen diese Überlegungen nicht zur Feststellung eines Behandlungsfehlers. Die Antibiotikagabe war im Hinblick auf eine mögliche Infektion im Scheiden-Analbereich sachgerecht. Soweit der Privatgutachter wohl schon für den Zeitraum ab 04.02.1993 eine gezieltere Antibiotikagabe fordert, überzeugen diese Überlegungen nicht. Die Antibiotikagabe hat der Sachverständige überzeugend als sachgerecht bezeichnet (Bl. 433 GA). Selbst für die Zeit nach dem Eingriff am 11.02. hat der Sachverständige die Gabe eines Breitbandantibiotikums im Hinblick auf die unterschiedlichen Bakterien in diesem Körperbereich als sachgerecht und eine Keimbestimmung zum Einsatz eines spezielleren Mittels als verfehlt bezeichnet (Bl. 522 GA). Das gilt dann erst recht für die Zeit ab dem 04.02.1993 bis zum 11.02.

Der Privatgutachter unterstellt, dass bei einer ausgiebigen Wundrevision (wohl am 07.02.) die Fistel bereits mehrere Tage früher hätte festgestellt werden können. Das folgert er aus dem Abszeß, so wie er sich am 11.02. dargestellt habe (Bl. 661 GA). Diese Ausführungen bleiben letztlich eine Unterstellung und spekulativ. Ausweislich der Krankendokumentation hat das ärztliche Personal die Möglichkeit einer Fistelbildung gesehen und entsprechend untersucht. So findet sich für den 08.02. in der Dokumentation der Eintrag "Keine Fistel". Auch angesichts des Umstandes, dass sich offenbar für spätere Zeitpunkte Nachtragungen in der Dokumentation finden, die nicht als solche gekennzeichnet worden sind, kann nicht angenommen werden, dass die Dokumentation für diesen Zeitraum gefälscht wurde und die Eintragungen nicht dem medizinischen Befund am 07.02./08.02.1993 entsprechen.

5. Die Versorgung der Beklagten nach Auftreten des Abszesses war ebenfalls nicht fehlerhaft. Eine Fistelverschlußoperation war nicht durchzuführen. Der Streit der Parteien über die richtigerweise durchzuführenden ärztlichen Maßnahmen beruht im wesentlichen darauf, ob zum Zeitpunkt des operativen Vorgehens am 11.02. oder im Verlauf der stationären Behandlung der Beklagten eine sog. Rektum-Scheiden-Fistel und nicht eine Verbindung "nur" des Anal- mit dem Scheidenbereich vorlag. Hätte eine Rektum-Scheiden-Fistel. vorgelegen, hätte auch nach den Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen vor dem Senat (wohl) eine Verschlußoperation durchgeführt werden müssen.

Aufgrund der Beweisaufnahme ist jedoch nicht von dem Vorliegen einer Rektum-Scheiden-Fistel auszugehen, die eine Verschlußoperation erforderlich gemacht hätte. Vielmehr war die medizinische Situation zur Überzeugung des Senats so, dass sich die breite Spaltung des Abszesses und des vorhandenen Fistelganges zur Abszeßhöhle unter Offenhaltung der Wunde und verbunden mit der Überlegung, gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu operieren, als medizinisch vertretbar darstellt.

Der Begriff der Rektum-Scheiden-Fistel im Sinne einer Verbindung des Enddarms mit der Vagina findet sich in der Krankendokumentation nicht. Soweit von einer Fistel und von einem Fistelgang gesprochen wird, stehen diese Formulierungen im unmittelbaren (räumlichen) Zusammenhang mit dem aufgetretenen Abszeß. So heißt es in dem konsiliarischen Untersuchungsbericht vom 11.02.1993 "Jetzt Abszeß im Bereich der alten Narbe mit Rektovaginalverbindung" "und" "tastbarer, für Zeigefinger durchgängiger Fistelgang vom Analkanal ... zur Abzeßhöhle".

Dieser Fistelgang wurde (durch Entdachung) wie auch der Abszeß selbst gespalten, also eröffnet.

Der Privatgutachter Dr. konnte zum Zeitpunkt der von ihm durchgeführten Operation zwei Jahre später keinen Durchgang vom Rektum zur Scheide erkennen, wie er vor dem Senat dargelegt hat. Nach seinen Ausführungen war nicht mehr nachweisbar, ob ursprünglich eine Rektum-Scheiden-Fistel oder eine Anal-Scheiden-Fistel vorlag.

Der Zeuge Dr. hat ausdrücklich von einer Rektum-Scheiden-Fistel gesprochen, die er noch am Entlassungstage festgestellt habe. Entsprechende Formulierungen finden sich in seinen Krankenunterlagen.

Demgegenüber konnte der bereits am 06.4.1993 aufgesuchte Proktologe Prof. Dr., dem Senat als ausgewiesener Spezialist für proktologische Fragen bekannt, keine Rektum-Scheiden-Fistel feststellen. Soweit die Beklagte dem Senat die Krankenunterlagen Prof. Dr. zugänglich gemacht hat, fand sich hiernach am 06.04.1993 lediglich eine Restwunde mit Sphinkterdefekt. In dem Bericht an das Versorgungsamt Gelsenkirchen vom 24.05.1994 heißt es entsprechend, dass bei "unseren Untersuchungen ... eine Recto-vaginale Fistel nicht mehr festgestellt werden" konnte. Das korrespondiert mit der Dokumentation des Zeugen Dr., in der es für den 09.06.1993 heißt, dass gem. telefonischer Rücksprache mit Dr. eine echte Fistel nicht vorläge, sondern eine fehlende Deckelung.

Unabhängig davon, dass der Zeuge zur Stützung seines Befundes keine Sondierung vornahm, vermag der Senat dessen Erkenntnissen schon im Hinblick auf die Untersuchungsergebnisse.

Prof. Dr. nicht zu folgen. Bei Prof. Dr. handelt es sich um einen ausgewiesenen Spezialisten und den langjährigen Chefarzt der proktologischen Abteilung des Hospitals in. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass angesichts der ihm bekannten speziellen Fähigkeiten Prof. Dr. diesem das Vorliegen einer Rektum-Scheiden-Verbindung am 06.04.1993 verborgen geblieben wäre. Es gibt keinen Anlaß zu der Annahme, dass Prof. Dr. bei einer entsprechenden Befundung diese nicht auch dokumentiert und sie dem Gynäkologen Dr. telefonisch mitgeteilt hätte - auch wenn sich die Beklagte ausweislich der Dokumentation des Zeugen Dr. vom 06.06.1994 zwischenzeitlich mit Prof. Dr. überworfen hatte.

Der Kläger selbst und der Zeuge Dr., konsiliarisch beteiligter Chefarzt der chirurgischen Abteilung, haben stets das Vorliegen einer Rektum-Scheiden-Fistel in Abrede gestellt. Dem hat sich der gerichtliche Sachverständige unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich des späteren histologischen Befundes angeschlossen. Für den Senat überzeugend findet sich auch bei dem Vorliegen "lediglich" einer Anal-Scheiden-Fistel eine nachvollziehbare Erklärung etwa für das Austreten von Kot im vaginalen Bereich. Der Sachverständige hat die Erklärung des Zeugen Dr. (Deformität des Analkanals durch die Entdachung, Bl. 515 GA) und den von ihm bemühten Vergleich mit dem "Schlüsselloch" als richtige Erklärung gewertet. Ebenso überzeugend hat der Sachverständige vor dem Senat ausgeführt, dass auch bei einer Infektion des Episiotomiebereiches ein Loch entsteht, durch das man einen Finger hindurchstecken kann, und dass allein die Größe des Abszesses bzw. der Fistel keinen Rückschluß auf die Art und Lage der Fistel gibt.

Lag danach eine Anal-Scheiden-Fistel vor, war nach dem Ausgeführten die Spaltung als solche und das Warten auf das Abklingen der Infektion die Methode der Wahl, jedenfalls keine fehlerhafte ärztliche Maßnahme.

6. Der Senat geht davon aus, dass am 06.04.1993, zum Zeitpunkt der Untersuchung der Beklagten durch Prof., ein Sphinkterdefekt bei 11.00 bis 14.00 Uhr vorlag. Angesichts der fachlichen Kompetenz der untersuchenden Ärzten und des Fehlens sonstiger Anhaltspunkte gibt es keinen Anlaß zu der Annahme, dass hier ein Irrtum vorliegen könnte. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend vor dem Senat darauf verwiesen, dass angesichts des zeitlichen Zusammenhanges dieser Defekt auch schon während des stationären Aufenthaltes der Beklagten im Hause des Klägers vorlag. Die Sphinkterverletzung als solche läßt jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit einen Rückschluß auf ein fehlerhaftes ärztliches Verhalten zu.

Worauf dieser Defekt letztlich zurückzuführen ist, ist nicht mehr feststellbar. Der Sachverständige hat darauf verwiesen, dass der Sphinkterdefekt schon durch die Geburt selbst erfolgen kann. Eine Schädigung bei der Versorgung der Episiotomie hält der Sachverständige für sehr unwahrscheinlich und praktisch nur bei einem Anfänger für denkbar, der der Oberarzt und Zeuge Dr. nicht war. Ebensowenig läßt sich die Schädigung des Sphinkters durch die Episiotomie selbst feststellen, wobei selbst für diesen Fall der Sachverständige nicht unbedingt von einer fehlerhaften Schnittführung ausging. Die Prüfung der Sphinkteraktivität etwa durch die Hakenprobe nach Stelzner muß nicht zwingend zu der Feststellung der Verletzung des Sphinkters führen, wie der Sachverständige ebenfalls vor dem Senat dargelegt hat.

Die unterbliebene Feststellung der Sphinkterverletzung, so wie sie von Prof. Dr. festgestellt wurde, hat sich nicht zu Lasten der Beklagten ausgewirkt, sofern man sie überhaupt als fehlerhaft ansehen würde. Die Feststellungen Prof. Dr. haben zu keinen anderen medizinischen Maßnahmen als zu denjenigen geführt, die auch im Hause des Klägers ergriffen wurden, nämlich zunächst das Abklingen der Entzündung abzuwarten. Prof. Dr. hat der Beklagten bedeutet, dass "bis jetzt" alles richtig abgelaufen sei und ihr den Rat gegeben zuzuwarten, wie dem Eintrag vom 22.04.1993 in der Karteikarte des Zeugen Dr. und den Angaben der Beklagten vor dem Senat zu entnehmen ist.

7. Auch die antibiotische Abdeckung seit dem 11.02.1993 war adäquat, wie der Sachverständige vor dem Landgericht und dem Senat ausgeführt hat (Bl. 522, Vermerk des Berichterstatters). Die Situation zur Gabe eines Breitbandantibiotikums oder eines spezieller wirkenden Medikamentes war nach der Abszeßspaltung gegenüber der Zeit davor angesichts derselben Lokalität und damit der gleichen Problematik unverändert. Deshalb hat es der Sachverständige auch nachvollziehbar und überzeugend als richtig bezeichnet, dass ein Breitbandantibiotikum eingesetzt wurde (Bl. 522 GA). Im übrigen hat er darauf verwiesen, dass es sogar medizinischem Standard entspricht, in diesen Situationen keine Antibiotika zu geben. Vor dem Senat hat der Sachverständige ausgeführt, dass in solchen Situationen manche Ärzte keine Antibiotika verabreichen.

8. Die pflegenden Maßnahmen nach der Abszeßeröffnung und "Entdachung" der Fistel am 11.02.1993 bis zur Entlassung am 25.03.1993 waren sachgerecht. Ob und wieweit der selbstliquidierende Arzt in der Krankenhausbehandlung überhaupt für den nichtärztlichen Pflegedienst einzustehen hat (vgl. hierzu etwa bei Steffen/Dressler, a.a.aO. Rz 84), kann vorliegend dahinstehen, weil jedenfalls die erforderlichen pflegerischen Maßnahmen durchgeführt worden sind.

Der Sachverständige hat vor dem Landgericht ausgeführt, dass bei der Versorgung die Wunde in Abständen gereinigt werden muß. Die Reinigungen mit Kamille oder Wasserstoffperoxid oder Jodmitteln sollten zwei- oder dreimal am Tag geschehen (Bl. 522 GA). Vor dem Senat hat der Sachverständige seine Aussagen präzisiert und ausgeführt, zur sachgemäßen Wundversorgung reiche eine einmal tägliche Versorgung aus; die mehrmalige tägliche Versorgung diene der Linderung, entspreche aber nicht dem zu fordernden medizinischen Standard.

Zumindest diese einmal tägliche Versorgung der Wunde ist erfolgt und entsprechend dokumentiert, wenn die Dokumentation auch ausgesprochen unübersichtlich und nur schwer zugänglich ist. Hierdurch bedingt nimmt die Berufung an, dass nur für den Zeitraum 15.02. - 21.02.1993 Hygienemaßnahmen dokumentiert worden seien.

Pflegerische Maßnahmen sind auf den Vordrucken für konsiliarische Untersuchungen, auf dem Verlaufsbogen vom 12.02. bis zum 17.02. (Kamillesitzbad) bzw. vom 15.02. - 17.02. (Reinigung der Epi) vermerkt, auf einem Pflegebericht mit blauem und roten Kugelschreiber für den Zeitraum 15.02. - 25.02., teilweise mehrfach täglich in Form von Spülungen oder Vorlage steriler Kompressen.

Auf einem sog. Fortsetzungsbogen ist ab dem 18.02. mit Ausnahme des 14., 17., 18., 19.03.1993 bis zum 24.03.1993 die chirurgische Wundversorgung festgehalten. Die chirurgische Wundversorgung hat der Kläger in seinem Arztbericht an den Zeugen Dr. als Verbandwechsel (H202-Spülung sowie sterile Wundverbände) präzisiert. Der Dokumentation entsprechend hat der Zeuge Dr. in seinem Bericht vom 24.04.1993 festgehalten, dass in der Zeit vom 12.02. - 26.03.1993 täglich, später zweitägig Verbandswechsel mit Ausspülung der Wundhöhle mit H202 und anschließenden sterilem Verband erfolgten. Daraus dokumentiert sich zumindest die adäquate Wundversorgung bis etwa Mitte März 1993. Dass auch noch nach diesem Zeitpunkt weiterhin die tägliche Wundversorgung zwingend erforderlich gewesen wäre, hat der Sachverständige nicht ausdrücklich festgehalten, vielmehr die medizinische Betreuung der Beklagten im gesamten Verlauf, also unter Einschluß der pflegerischen Maßnahmen als korrekt bezeichnet (Bl. 216 GA).

Selbst wenn die Wundversorgung von diesem Zeitpunkt nicht adäquat gewesen wäre, ist nicht feststellbar, daß der Klägerin hierdurch ein Schaden entstanden wäre. Im übrigen haben auch der Gynäkologe Dr. und der Proktologe Prof. Dr. für den Zeitraum ab 25.03.1993 keine pflegerischen Maßnahmen durchgeführt oder angeraten. Auch insoweit gilt nach Auffassung des Senats die Einschätzung Prof. Dr. vom 22.04.1993, dass bis "jetzt alles richtig abgelaufen" sei, wie der Zeuge Dr. festgehalten hat.

9. Soweit der Beklagte am Entlassungstag nach ihrer Darstellung keine bzw. unzureichende Verhaltensmaßregeln mit auf den Weg gegeben worden sein sollen, ist ein therapeutisches Fehlverhalten nicht feststellbar. Der Sachverständige hat überzeugend darauf verwiesen, dass sich die Beklagte zur Kontrolle wieder vorstellen sollte, sonst keine weiteren Maßnahmen veranlaßt waren. Solche haben auch Dr. und auch Prof. Dr. ihrerseits nicht veranlaßt.

Ob der Beklagten überhaupt besondere Verhaltensmaßregeln zu geben waren, kann letztlich deshalb dahingestellt bleiben, weil sie auch noch nach diesem Zeitpunkt in der Behandlung und damit Kontrolle des Zeugen Dr. verblieben ist. Außerdem war sie vom Entlasssungstag wieder in der Behandlung ihres Frauenarztes und ab 06.04.1993 gleichzeitig in der Behandlung durch Prof. Dr.. Wären besondere Verhaltensregeln zu geben gewesen, wären diese durch diese Behandler, sicherlich durch Prof. Dr. erfolgt. Jedenfalls ist auch hier nicht feststellbar, dass der Beklagten durch eine mangelhafte Unterrichtung zum Zeitpunkt der Entlassung ein irgendwie gearteter Schaden entstanden ist, was angesichts der letztlich und zeitweise dreifachen Behandlung im Elisabeth-Krankenhaus durch Prof. durch Dr. und durch Prof. Dr. auch kaum vorstellbar ist.

10. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

11. Das Urteil beschwert die Beklagte mit mehr als DM 60.000,-.

Ende der Entscheidung

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