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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 26.11.2007
Aktenzeichen: 3 U 174/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 412
ZPO § 522 Abs. 2 S. 1
ZPO § 529 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

... weist der Senat nach Beratung darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe:

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Senates ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Mit Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil nach den gem. § 529 Abs. 1 ZPO maßgeblichen Feststellungen weder ein Behandlungsfehler noch ein Aufklärungsverschulden zu Lasten der Klägerin feststellbar ist. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C, die in jeder Hinsicht nachvollziehbar und überzeugend sind. Weder die Privatgutachten noch die Berufungsbegründung inklusive der vorgelegten Unterlagen der DGGG vom April 2007 rechtfertigen eine abweichende Entscheidung.

Zunächst ist vorliegend nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Aufklärung der Klägerin zum Eingriff vom 11.01.2002 nicht beanstandet hat. Die abdominelle Vorgehensweise, die jedenfalls nicht risikoärmer als eine vaginale Hysterektomie ist, war hier bei der Klägerin keine echte und damit aufklärungspflichtige Behandlungsalternative. Einwendungen erhebt auch die Berufung insoweit nicht.

Das Rechtsmittel kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Landgericht habe sich trotz der Privatgutachten ohne ausreichende Begründung dem gerichtlichen Sachverständigen Prof. C angeschlossen. Das Vorgehen des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Prof. Dr. C, an dessen theoretischer und praktischer Fachkunde keine Zweifel bestehen, hat sich mit den - auf der Basis der Privatgutachten - erhobenen Einwendungen der Klägerseite sachlich befasst und seine abweichenden Bewertungen überzeugend erläutert. Er hat seine vom Landgericht zugrunde gelegten Beurteilungen auf der Basis des nach den Krankenunterlagen maßgeblichen und zutreffenden Sachverhaltes jeweils gut nachvollziehbar begründet, insbesondere auch im Rahmen der mündlichen Anhörung alle relevanten Fragen widerspruchsfrei beantwortet. Es bestehen keine Bedenken, dass das Gericht einem ihm aus anderen Verfahren bereits als zuverlässig und kompetent bekannten Sachverständigen folgt, da die Voraussetzungen des § 412 ZPO nicht gegeben sind. Das Vorliegen von Privatgutachten mit zum Teil abweichenden Ansichten steht dem nicht entgegen, da ausweislich des Verfahrens das Landgericht diese Angaben in seine Beurteilung mit einbezogen hat.

Die Berufung kann sich ferner nicht darauf stützen, wegen der beidseitigen Betroffenheit der Ureter müsse von einem Behandlungsfehler ausgegangen werden. Das Landgericht hat in Übereinstimmung mit Prof. C diesen Aspekt nicht für ausreichend angesehen. Nach dem hinreichend ausführlichen und genauen OP-Bericht vom Januar 2002 ist das operative Vorgehen hier im Rahmen eines Standardeingriffs ohne erkennbaren Fehler in üblicher Weise durch den behandelnden Oberarzt erfolgt, so dass weder Prof. Dr. C noch die Privatgutachter konkret feststellen konnten, wann und wie es zu der Einwirkung auf die Ureter gekommen ist. Auch die jetzt vorgelegten Ausführungen der DGGG zeigen, dass eine Abgrenzung von behandlungsfehlerhaften Ureterschäden und anderen Schäden problematisch ist und eine postoperative Verletzung nicht einfach auf einen Behandlungsfehler zurückgeführt werden kann. Die Ansicht von Prof. C und des ihm folgenden Landgerichts entspricht der zutreffenden Auffassung, wonach in Arzthaftungsfragen wegen der Verschiedenartigkeit der Abläufe im menschlichen Organismus und dessen oft unvorhersehbaren Reaktionen in aller Regel ein Rückschluss von einem Gesundheitsschaden auf einen Behandlungsfehler nicht möglich ist (vgl. Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Seite 28 ff.; Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl., Rdn. 495 ff.). Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass eine seltene Komplikation auf einen ärztlichen Behandlungsfehler zurückgeht, gibt es nicht.

Auf eine fehlende Darstellung der Ureter in der Operation kann ein Behandlungsfehlervorwurf ebenfalls nicht gestützt werden. Die vorgelegten Unterlagen der DGGG von 2007 gehen ebenso wie Prof. C davon aus, dass im Regelfall weder bei einer abdominellen noch bei einer vaginalen Hysterektomie eine routinemäßige Ureter-Darstellung geboten ist, da dies eine zusätzliche Komplikationsquelle darstellt. Besondere Umstände, die bei der Klägerin eine solche Darstellung erfordert hätten, lagen jedoch nicht vor.

Schließlich waren - entgegen der Ansicht der Berufung - keine Umstände gegeben, die den Entschluss zur vaginalen Hysterektomie per se fehlerhaft gemacht hätten. Unter Berücksichtigung der eigenen Angaben der Klägerin im Termin vom 13.06.2007, der Überweisung ihrer Frauenärztin, den Angaben in der Anamnese und den Feststellungen im OP-Bericht war eine Indikation zur Hysterektomie aufgrund des entsprechenden Leidensdrucks der Patientin gegeben, wobei es nur am Rande um Fragen einer Inkontinenz ging. Demgemäß waren auch insoweit keine weitergehenden Voruntersuchungen medizinisch geboten und die speziell vom Privatgutachter Prof. Dr. I geforderten weiteren Maßnahmen waren für die bei der Klägerin aufgetretene Problematik nicht relevant. Das operative Vorgehen entspricht - wie dem Senat auch aus anderen Verfahren und durch andere Begutachtungen bekannt ist - einem üblichen Operationsverfahren, wobei das Risiko von Ureterverletzungen etwa dem einer abdominellen Hysterektomie entspricht (vgl. Angaben DGGG) und dieses Risiko auch bei einem fachgerechten Vorgehen nicht völlig ausgeschlossen werden kann. Ein Abweichen von einem standardgerechten Vorgehen bei der Operationsdurchführung haben weder die Privatgutachter noch Prof. C feststellen können.

Schließlich ist auch im Bereich der postoperativen Versorgung kein Behandlungsfehler feststellbar. Prof. C hat auf der Grundlage der dokumentierten Beschwerden und Schmerzen ausgeführt, dass bis zum 13.01.2002 keine spezifischen Anhaltspunkte vorgelegen hätten, die aus der maßgeblichen Sicht ex ante konkrete Untersuchungen auf etwaige Ureterbeeinträchtigungen geboten hätten. Eine allgemeine Schmerzsymptomatik am Tage der Operation und am ersten postoperativen Tag ist nach den Angaben des Sachverständigen insofern zu unspezifisch und nicht ausreichend.

Aber selbst unter der Annahme, dass man eventuell eine Sonographie bereits am 12.01.2002 hätte veranlassen können, ergibt sich kein haftungsrelevanter Behandlungsfehler. Da die Nieren bei der Sonographie vom 13.01.2002 nicht gestaut waren und auch eine Urinausscheidung erfolgte, ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass eine hypothetisch für den 12.01.2002 geforderte Sonographie ein pathologisches und reaktionspflichtiges Ergebnis erbracht hätte.

Ende der Entscheidung

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