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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.01.2008
Aktenzeichen: 3 U 198/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.05.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 07.11.1961 geborene Klägerin verlangt materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen fehlerhafter gynäkologischer Behandlung im November 1997 seitens des zwischenzeitlich verstorbenen Ehemannes der Beklagten, dem niedergelassenen Frauenarzt Dr. T, dessen Erbin die Beklagte ist.

Die Klägerin war seit dem 24.09.1996 in der Behandlung des verstorbenen Ehemannes der Beklagten, zunächst wegen ungewollter Kinderlosigkeit und im Rahmen der Krebsvorsorge. Am 26.11.1997 führte er eine Mammographie beider Brüste auf zwei Ebenen durch, teilte der Klägerin anschließend mit, dass sich aus der Mammographie kein Befund ergeben habe und verschrieb ihr eine Hormonsalbe. Streitig ist u. a., ob der verstorbene Ehemann der Beklagten an diesem Tag an der linken Brust der Klägerin einen Knoten ertastet hat, den die Klägerin - ebenso wie die Zeugen S und L - zuvor selbst ertastet und den verstorbenen Ehemann der Beklagten hiervon berichtet haben will.

In einer Operation vom 17.07.2001 wurde der Klägerin aus der linken Brust ein etwa 1,4 cm großes invasives Karzinom entfernt. In einer weiteren Operation vom 27.07.2001 wurde eine Resektion vorgenommen und Lymphknoten aus dem Achselbereich entfernt. Es folgten Chemo- und Radiotherapie sowie daran anschließend eine Hormontherapie. Streitig ist u. a., ob das entfernte Karzinom und der von der Klägerin als getastet behauptete Knoten identisch sind.

Erstinstanzlich hat die Klägerin Behandlungsfehler (Dokumentationsfehler und Befunderhebungsfehler) gerügt.

Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst Anhörung des Sachverständigen Dr. T2 keinen Behandlungsfehler festgestellt und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 14.06.2005 (Bl. 27 d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass der verstorbene Ehemann der Beklagten die Mammographie wegen eines von ihm ertasteten Knotens durchgeführt habe. Zudem sei es eher unwahrscheinlich, dass der in 2001 operierte Tumor bereits 1997 vorgelegen habe.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres bisherigen Vortrages ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Sie behauptet weiterhin, der verstorbene Ehemann der Beklagten habe einen beweglichen Knoten in ihrer linken Brust getastet und ausschließlich aus diesem Grund die Mammographie durchgeführt. Danach habe er es aber grob behandlungsfehlerhaft unterlassen, die gebotenen Diagnose- und Kontrollbefunde zu erheben. Unter Hinweis auf das Privatgutachten Dr. X2 vom 15.08.20006 (Bl. 199) behauptet die Klägerin weiter, dass der im November 1997 ertastete Knoten mit dem im Juli 2007 operativ entfernten Knoten identisch sei.

Die Klägerin beantragt,

abändernd das Versäumnisurteil des Landgerichts Essen vom 14.06.2005 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wendet sich unter Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiterhin gegen jegliche Haftung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die im Original beigezogenen Behandlungsunterlagen ergänzend Bezug genommen.

Die Beiakten 1 OH 4/04 LG Essen lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat die Klägerin angehört und ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen S und L und des Sachverständigen Dr. T2. Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst erneuter Vernehmung des Sachverständigen Dr. T2.

Wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 24.08.2007 (Bl. 275), auf die Sitzungsprotokolle vom 14.05.2007 (Bl. 230 d.A.) und 28.01.2008 (Bl. 306 d.A.) und auf die Berichterstattervermerke zu den Senatsterminen (Bl. 239, 313 d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

Auch nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass der Klägerin aus der ärztlichen Behandlung vom November 1997 vertragliche oder deliktische Schadensersatzansprüche gegenüber dem Frauenarzt Dr. T entstanden sind, für die die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge haften würde.

Die ergänzende Beweisaufnahme durch den Senat hat weder einen Diagnosefehler, noch einen Befunderhebungsfehler, noch einen sonstigen Behandlungsfehler im Rahmen der medizinischen Versorgung der Klägerin im November 1997 ergeben.

Bei der Beurteilung der medizinischen Fragen folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T2. Der Sachverständige hat sich in dem Gutachten vom 05.01.2006 und 24.08.2007 eingehend mit dem Ablauf der gynäkologischen Behandlung der Klägerin befasst und sein Gutachten unter Einbeziehung des Privatgutachtens Dr. X2 vom 15.08.2006 in jeder Hinsicht fundiert und sachlich überzeugend bei seiner Anhörung vom 28.01.2008 erläutert.

Die Kompetenz und Erfahrung des Sachverständigen stehen dabei ebenso außer Zweifel wie seine Objektivität. Der Sachverständige besitzt als leitender Oberarzt der gynäkologischen Abteilung am Universitätsklinikum N sowohl ein fundiertes theoretisches Wissen als auch eine umfassende praktische Erfahrung. Die Ausführungen des Sachverständigen beruhten auf einer gründlichen Aufarbeitung der Behandlungsunterlagen und des bildgebenden Materials. Der Sachverständige hat sämtliche für die Entscheidung maßgeblichen Fragen des Falles beantwortet, so dass die Einholung weiterer Gutachten nicht erforderlich war.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen kann nicht festgestellt werden, dass der verstorbene Ehemann der Beklagten anlässlich der medizinischen Versorgung der Klägerin medizinisch gebotene Befunde aufgrund unzureichender Untersuchung nicht erhoben hätte oder die erhobenen Befunde vorwerfbar fehlerhaft beurteilt hätte. Der Sachverständige hat bei seinen Anhörungen durch den Senat zu den einzelnen Einwendungen der Klägerin Stellung genommen und nachvollziehbar dargestellt, dass zum Zeitpunkt der Behandlung durch den verstorbenen Ehemann der Beklagten keine Anzeichen eines Karzinoms in der linken Brust der Klägerin vorgelegen haben.

1.

Es kann nicht festgestellt werden, dass Dr. T anlässlich der Behandlung vom 26.11.1997 die an diesem Tag erhobenen Befunde, insbesondere die Mammographie beider Brüste auf zwei Ebenen, vorwerfbar fehlerhaft beurteilt hätte.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T2 sind die entsprechenden Röntgenbilder im Ergebnis ohne einen wegweisenden, pathologischen Befund und von Dr. T zutreffend auch so beurteilt worden. Die Aufnahmen zeigen zwar ein sehr drüsendichtes Parenchym, das aufgrund seiner Röntgendichtigkeit eine strukturierte Beurteilung des Drüsenkörpers erheblich erschwert, ein eindeutiges Tumorgeschehen stellt sich aber nicht dar.

2.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass Dr. T es unterlassen hätte, medizinisch gebotene Befunde zu erheben.

Insoweit hätte es zwar unabhängig von der Frage, ob die Klägerin dem verstorbenen Ehemann der Beklagten von einem durch sie selbst getasteten "Knoten" berichtet hat oder er sogar selbst einen solchen "Knoten" - also ein Herdgeschehen - getastet hat, der medizinische Standard des Jahres 1997 zwingend erfordert, dass Dr. T in jeder der beiden vorgenannten Varianten eine Mammographie durchführt und - wenn diese ohne Ergebnis geblieben wäre - danach weitere bildgebende Untersuchungen, zunächst in Form einer Mammasonographie, vornimmt.

Der Senat kann aber weder feststellen, dass die Klägerin ihm von einem "Knoten" berichtet hat, noch feststellen, dass Dr. T selbst einen solchen "Knoten" ertastet hat.

a)

Für die Behauptung der Klägerin, sie habe Dr. T am 26.11.1997 von einem tastbaren, verschieblichen Knoten von etwa 0,3 bis 0,5 cm Größe in ihrer linken Brust berichtet, spricht nur scheinbar der unstreitige Umstand, dass Dr. T an diesem Tag die linke Brust der Klägerin palpiert und anschließend eine Mammographie durchgeführt hat. Denn nach dem Inhalt der Krankenunterlagen bleibt offen, ob die Palpation durch Dr. T einen positiven, d.h. verdächtigen Tastbefund ergeben hat. Insoweit findet sich in seiner Dokumentation keine Eintragung über eine klinische Untersuchung der Brust, obwohl er der Klägerin eine solche Untersuchung unter dem 02.12.1997 in Rechnung gestellt hat. Ebenso ist aus seiner Dokumentation nicht ersichtlich, aufgrund welcher Diagnose er die Mammographie durchgeführt und anschließend die Hormonsalbe verschrieben hat.

Aus dieser unzureichenden Dokumentation ergeben sich aber dennoch keine Beweiserleichterungen zugunsten der Klägerin. Denn es hier gerade nicht bekannt, ob Dr. T es versäumt hat, einen positiven, d.h. aus medizinischen Gründen aufzeichnungspflichtigen Befund zu dokumentieren, oder ob er ausschließlich negative, unverdächtige Befunde erhoben hat, die in der Regel nicht dokumentationspflichtig sind.

Demgegenüber steht nach den Ausführungen des Sachverständigen fest, dass die am 26.11.1997 verordnete Mammographie über den damaligen Stand der Empfehlungen hinaus geht, weil es zu diesem Zeitpunkt keine Mammographie als Routineuntersuchung, sondern nur im Rahmen der Krebsvorsorge für den Fall eines nachweislichen Tastbefundes, oder einer durch die Patientin bemerkten Strukturveränderung gegeben hat. Dementsprechend kann aufgrund der unzureichenden Dokumentation (zunächst) nur davon ausgegangen werden, dass Dr. T aufgrund von der Klägerin geäußertert Strukturveränderungen die Brust abgetastet hat.

Auch nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmung ist der Senat nicht von der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin überzeugt. Zwar haben die Zeugen S und L in ihrer Vernehmung übereinstimmend und unabhängig voneinander bestätigt, im November 1997 in der linken Brust der Klägerin einen etwa 0,5 cm großen Knoten getastet zu haben. Die Aussagen sind aber nicht geeignet, indiziell den Beweis dafür zu erbringen, dass auch Dr. T am 26.11.1997 einen Knoten getastet oder die Klägerin ihm zumindest über dessen Vorhandensein in Kenntnis gesetzt hat. Zweifel ergeben sich hinsichtlich des Wahrheitsgehaltes der Aussagen bereits insoweit, als die Klägerin im Rahmen des von ihr beantragten selbständigen Beweisverfahrens (1 OH 4/04 LG Essen) in ihrem gesamten Vortrag diese Zeugen unerwähnt gelassen hat, und nach ihrem dortigen Vorbringen ein Knoten allein von ihr getastet worden sein soll. Ebenso hat die Klägerin in der zur Glaubhaftmachung ihres dortigen Vorbringens vorgelegten eidesstattlichen Versicherung diese Zeugen nicht erwähnt. Auch nach dem rechtlichen Hinweis des Landgerichts, dass wegen des bestrittenen Tastbefundes ein Rechtsstreit wohl nicht vermeidbar sei, hat die Klägerin nicht etwa die Zeugen benannt, sondern angekündigt, "u.a. durch eidliche Parteivernehmung" des Dr. T Beweis für den streitigen Tastbefund antreten zu wollen.

Soweit die Klägerin hierzu in ihrer Anhörung vor dem Senat erklärt hat, sie habe zum damaligen Zeitpunkt ihren neuen Lebensgefährten - den Zeugen S - nicht gegenüber ihrem Ehemann, der zugleich ihr Prozessbevollmächtigter gewesen sei, namentlich angeben wollen, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn zum Zeitpunkt der Beantragung des selbständigen Beweisverfahrens (02.07.2004) lebte die Klägerin bereits von ihrem Ehemann getrennt und es ging um einen Sachverhalt aus dem Jahre 1997. Zudem hat der Zeuge S bekundet, dass eine Beziehung zur Klägerin im Laufe des Jahres 2002 beendet gewesen sei, so dass er im Juli 2004 nicht der "neue Lebensgefährte" der Klägerin gewesen sein kann.

Weiter - und entscheidend - steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Aussage des Zeugen S, der Knoten sei durchgehend gut tastbar gewesen und dessen Volumen habe sich in der Zeit vom Spätsommer 1997 bis zum Jahre 2001 etwa verdoppelt, durch die die Klägerin betreffende Behandlungsdokumentation des Frauenarztes Dr. N2 vom 25.01.2000 widerlegt ist.

Die Klägerin war nach eigenen Angaben von 1998 bis 2001 bei Dr. N2 in gynäkologischer Behandlung, in deren Rahmen auch eine Krebsvorsorgeuntersuchung durchgeführt wurde. Unter dem 25.01.2000 hat Dr. N2 in der von ihm geführten Patientenkarteikarte der Klägerin keinen Tastbefund der linken Brust vermerkt, sondern dort neben einer stilisierten Zeichnung der Brüste und einem zur linken Brust weisenden Pfeil dokumentiert:

"Früher hier "Knubbel"". Die anschließende sonographische Untersuchung beider Brüste war ohne Befund. Damit ist belegt, dass die von der Klägerin in 1997 festgestellte "Strukturveränderung" in der linken Brust jedenfalls am 25.01.2000 weder tastbar noch durch Sonographie darstellbar war. Erst im Untersuchungstermin vom 04.07.2001 hat Dr. N2 einen positiven, d.h. verdächtigten Tastbefund in der linken Brust dokumentiert.

b)

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass Dr. T am 26.11.1997 einen Knoten an der linken Brust der Klägerin ertastet hat.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T2 kann aus heutiger Sicht nicht beurteilt werden, ob dort 1997 ein knotiger Tumor tastbar war. Wie bereits oben ausgeführt, hat Dr. T zwar mit Rechnung vom 02.12.1997 eine klinische Untersuchung der Brust in Rechnung gestellt, eine entsprechende Dokumentation seiner Befunde existiert aber nicht. Nach Einschätzung des Sachverständigen wird Dr. T zumindest eine prämenstruelle Verdichtung des Drüsenkörpers ertastet haben ("unsuspekte Gewebeverdichtung").

Insoweit behauptet die Beklagte, ihr verstorbener Ehemann habe am 26.11.1997 keine therapeutische, sondern nur eine Basismammographie wegen prämenstrueller Beschwerden der Klägerin (Mastodynie) durchgeführt. Dann aber - so der Sachverständige - erforderte der Umstand, dass die Untersuchung keinen wegweisenden, pathologischen Befund ergeben hatte, kein weiteres Tätigwerden; selbst eine Verlaufskontrolle wäre dann nicht erforderlich gewesen. Insoweit wäre das Vorgehen des Dr. T plausibel und die Basismammographie möglich und auch sinnvoll gewesen, wenn Dr. T die hormonelle Behandlung einer mastopathischen Erkrankung geplant hatte.

Aus seiner Dokumentation ergibt sich jedenfalls kein sonstiger eigenständiger Anlass für die Mammographie. Auch gibt es keine - bei einem vorherigen positiven Tastbefund sonst zu erwartende - Auseinandersetzung mit dem Ergebnis des bildgebenden Verfahrens. Die Vorgehensweise mittels Basismammographie hält der Sachverständige Dr. T2 deshalb für schlüssig, wenn die Klägerin im November 1997 lediglich über ein "Unwohlsein" in der Brust (Spannungs- und Schwellungsgefühl, eventuell mit Schmerzen), nicht aber über einen Knoten ("Herdgeschehen") geklagt hat.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T2 ist im Ergebnis nicht davon auszugehen, dass 1997 ein erkennbarer Nachweis für eine Tumorerkrankung vorgelegen hat.

Bereits erstinstanzlich hat der Sachverständige ausgeführt, dass er es für sehr unwahrscheinlich erachte, dass der hier bei der Klägerin im Jahre 2001 entfernte, schnell wachsende Tumor (G III) bereits 1997 vorhanden und zu dieser Zeit auch klinisch oder mit bildgebenden Verfahren nachweisbar war. Denn üblicherweise ist ein tastbarer Tumor im bildgebenden Verfahren auch darstellbar.

Nach Auswertung der (Original-)Behandlungsunterlagen Dr. N2 ist der Sachverständige Dr. T2 jetzt zu dem Ergebnis gelangt, dass 1997 noch keine erkennbare Tumorerkrankung vorgelegen hat. Denn bei der Krebsvorsorgeuntersuchung durch Dr. N2 am 25.01.2000 ist im Bereich des späteren Mammakarzinoms weder klinisch noch sonographisch ein "Herdbefund", sondern lediglich eine fibröse Mastopathie nachweisbar gewesen. Erst im Juli 2001 kam es zu einem klinisch tastbaren Knoten der linken Brust.

Der Sachverständige hat in seiner erneuten Vernehmung bekräftigt, dass nach der Auswertung der Krankenunterlagen Dr. N2 seine erstinstanzliche Bewertung einer "sehr unwahrscheinlichen" Tumorerkrankung jetzt viel weniger spekulativ geworden und jetzt mit Sicherheit feststellbar ist, dass 1997 "nichts nachweisbar gewesen sein kann". Der Sachverständige hat ergänzend die Originalsonographieaufnahmen Dr. N2 ausgewertet und dazu erläutert, dass die ersten Aufnahmen von Januar 2000 nichts verdächtiges, insbesondere keinen Tumor zeigen, während auf den Aufnahmen von Juli 2001 eindeutig ein Tumor zu erkennen ist.

Dementsprechend hat Dr. T2 festgestellt, dass auch unter der Annahme, dass Dr. T etwa sechs Monate nach der Mammographie vom 26.11.1997 noch eine zusätzliche Mammasonographie gefertigt hätte, diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen wegweisenden Befund ergeben hätte. Für eine solche Annahme besteht - so der Wortlaut des Sachverständigen - "letztlich weniger als eine nur theoretische Wahrscheinlichkeit".

Soweit die Klägerin erstmals im Senatstermin vom 28.01.2008 bestritten hat, dass Dr. N2 die von ihm dokumentierte Untersuchung vom 25.01.2000 auch tatsächlich in dieser Form durchgeführt habe, kann sie hiermit nicht gehört werden. Denn zum einen ist diese Untersuchung Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen, so dass ein nur pauschales und unsubstantiiertes Bestreiten bereits unbeachtlich ist. Zum anderen sind auch der Klägerin bereits im August 2007 die Abschriften der Behandlungsunterlagen Dr. N2 übersandt und ihr - nach Verlängerung - Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 10.10.2007 eingeräumt worden. Das erstmalige Bestreiten im Senatstermin vom 28.01.2008 ist deshalb verspätet (§ 530 ZPO) und kann nicht mehr berücksichtigt werden.

3.

Es kann schließlich nicht festgestellt werden, dass das Untätigbleiben des Dr. T nach der Mammographie vom 26.11.1997 die frühzeitige Entdeckung und Operation desjenigen Tumors verhindert hat, der am 17.07.2001 operativ entfernt worden ist.

Wie bereits oben ausgeführt, hat der Sachverständige Dr. T2 in seiner erneuten Anhörung bekräftigt, dass zwischen dem von der Klägerin behaupteten Tumor von November 1997 und dem im Juli 2001 operativ entfernten Tumor keine Identität bestehen kann. Dr. N2 hat im Rahmen der Krebsvorsorgeuntersuchung vom 25.01.2000 eine Sonographieaufnahme der linken Brust der Klägerin gefertigt, die keinerlei verdächtige Strukturen erkennen lässt; es zeigt sich lediglich eine vibröse Verdichtung im Gewebe, die der Sachverständige als typische Gewebebeschaffenheit bei jungen Frauen wie der Klägerin bezeichnet hat.

Selbst dann, wenn der Klägerin Beweiserleichterungen wegen unterlassender Befunderhebung zugute kämen, entfiele die im Grundsatz bestehende Kausalitätsvermutung, weil hier der Ursachenzusammenhang zwischen der unterlassenen Befunderhebung und den von der Klägerin erlittenen Gesundheitsschäden gänzlich unwahrscheinlich ist. Der Sachverständige hat es in diesem Zusammenhang als "weniger als eine nur theoretische Wahrscheinlichkeit" angesehen, dass eine im November 1997 oder im Verlaufe der nachfolgenden sechs Monate durchgeführte Mammasonographie einen wegweisenden Befund im Sinne einer Tumorerkrankung ergeben hätte.

4.

Dem Antrag der Klägerin auf Gewährung von Schriftsatznachlass war nicht zu entsprechen.

Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. T2 im Senatstermin vom 28.01.2008 ergaben keine neue oder ausführlichere Beurteilung der medizinischen Gesichtspunkte des Falles, so dass der Klägerin Gelegenheit zu geben gewesen wäre, die Ausführungen des Sachverständigen nochmals überprüfen zu lassen und ggf. den Sachverständigen mit ergänzenden Aspekten zu konfrontieren (vgl. dazu BGH NJW 1988, 2302). Vielmehr halten sich die Ausführungen des Sachverständigen innerhalb dessen, was dieser bereits erstinstanzlich in dem Gutachten vom 05.01.2006 und der Anhörung vor dem Landgericht am 22.03.2006, insbesondere aber auch in der Anhörung vor dem Senat am 14.05.2007 und in dem Ergänzungsgutachten vom 24.08.2007 ausgeführt hat, wodurch die Klägerin ausreichend Gelegenheit zur Überprüfung und Stellungnahme hatte.

Der Umstand, dass die Klägerin erstmals im Senatstermin vom 28.01.2008 die Originalkrankenunterlagen Dr. N2 eingesehen hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn eine - mit dem Original inhaltlich übereinstimmende - Abschrift der Dokumentation hat die Klägerin bereits im August 2007 übersandt erhalten. Nach ihren eigenen Angaben hat sie zudem eine Kopie der Sonographieaufnahmen unmittelbar durch Dr. N2 erhalten und diese Bilder durch Prof. M auswerten lassen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin erstmals im Senatstermin vom 14.05.2007 erklärt hat, in der Zeit von 1998 bis 2001 bei Dr. N2 in gynäkologischer Behandlung gewesen zu sein.

5.

Die prozessualen Nebenentscheidungen resultieren aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht geboten, denn die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Entscheidung des Senats betrifft einen Einzelfall, der keine grundsätzliche Bedeutung besitzt. Von Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte oder des Bundesgerichtshofs ist der Senat nicht abgewichen.

Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als 20.000,00 Euro.

Ende der Entscheidung

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