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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.03.2005
Aktenzeichen: 3 U 225/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. Juni 2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Bei der am 01.11.1955 geborenen Klägerin wurde am 10.10.2001 im Kreiskrankenhaus M (Träger: Beklagter zu 1)) eine Ablatio mammae links mit Ausräumung der axillären Lymphknoten durchgeführt, nachdem eine Probeexcision mit Schnellschnittuntersuchung den Verdacht auf ein multifokales Mammakarzinom bestätigt hatte. Die Klägerin wurde am 20.10.2001 nach postoperativ komplikationslosem Behandlungsverlauf aus der stationären Behandlung entlassen. Aufgrund des histologischen Befundes sollte bei ihr eine adjuvante ambulante Chemotherapie mit 6 Zyklen nach dem EC-Schema durchgeführt werden. Die erste ambulante Chemotherapie am 02.11.2001 erfolgt über eine periphere Vene. Um bei den schwierigen Venenverhältnissen der Klägerin einen sicheren Zugang zu gewährleisten, wurde der Klägerin am 16.11.2001 durch die chirurgische Abteilung des Krankenhauses M oberhalb der rechten Brust ein Port implantiert. Der zweite Zyklus der Chemotherapie am 22.11.2001 wurde erstmals über diesen Port verabreicht, wobei die Beklagte zu 2) die zytostatischen Mittel bei der Klägerin infundierte, während die Beklagte zu 3) am Ende der Chemotherapie jenes Tages unter Verwendung der entsprechenden Medikamente die Infusionsnadel bei der Klägerin entfernte. Am Abend des 24.11.2001 wurde die Klägerin im Krankenhaus M stationär aufgrund der von ihr angegebenen Schmerzen und Schwellung ihres rechten Armes aufgenommen. Nach dem Ergebnis der Aufnahmeuntersuchung bestand der Verdacht eines Paravasates mit Zytostatika, woraufhin die Klägerin bis zu ihrer Entlassung am 07.12.2001 entsprechend behandelt wurde. Am 13.12.2001 wurde bei der Klägerin der geplante 3. Chemotherapiezyklus zeitgerecht und komplikationslos über eine periphere Vene ambulant durchgeführt. Die weiterhin vorgesehenen Therapiezyklen wurden dann nicht mehr durchgeführt. Aufgrund einer hartnäckigen Entzündung im Portbereich wurde die Klägerin von dem Allgemeinmediziner Dr. G im Januar 2002 erneut in das Kreiskrankenhaus M eingewiesen, wo der implantierte Port bei der Klägerin wieder entfernt wurde. Die Klägerin, die seit dem Jahre 2000 einen Schwerbehindertenausweis besitzt und aufgrund des Rentenbescheides der LVA vom 07.02.2003 seit dem 01.09.2002 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, wirft dem Beklagten eine fehlerhafte Behandlung bei der Chemotherapie vom 22.11.2001 sowie eine unzureichende Aufklärung über die Risiken eines Paravasats vor. Das Landgericht hat die auf Zahlung materiellen Schadensersatzes und angemessenen Schmerzensgeldes sowie auf Feststellung gerichtete Klage nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und ergänzender mündlicher Anhörung des Gutachters abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, daß kein Behandlungsfehler im Krankenhaus M in Bezug auf die Chemotherapie vom 22.11.2001 und die anschließende Behandlung ab dem 24.11.2001 festzustellen sei und sich die Klägerin auch nicht auf eine mangelnde Aufklärung berufen könne, da sie den Perimed-Aufklärungsbogen vom 15.11.2001 vor der Port-Implantation unterschrieben habe und ferner kein Entscheidungskonflikt glaubhaft dargelegt sei. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil - die zur Frage des Entscheidungskonflikts allerdings ohne Anhörung der Klägerin getroffen worden sind - wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Mit der Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Chemotherapie vom 22.11.2001 sei fehlerhaft erfolgt. Aufgrund des Erbrechens der Klägerin zum Ende der vormittäglichen Infusion sei eine Kontrolle der Lage der Nadel vor der nachmittäglichen Infusion möglich und geboten gewesen, jedoch nicht erfolgt. Im Hinblick auf die am Schluß der Chemotherapie vom 22.11.2001 aus der Einstichstelle herausgespritzte Flüssigkeit seien die insofern unterlassene Maßnahmen der Beklagten nicht unerheblich, da nach den Angaben im schriftlichen Gutachten bei sofortiger Behandlung durchaus Therapiemöglichkeiten - Behandlung mit einem sogenannten Antidot - gegeben gewesen wären. Ferner sei die erforderliche Aufkärung der Klägerin über die mit der Durchführung der Chemotherapie verbundenen Komplikationsmöglichkeiten und Risiken - insbesondere in Bezug auf den Gebrauch des Ports - nicht gegeben. Der Aufklärungsbogen vom 15.11.2001 sei insoweit unzureichend. Zur Frage des Entscheidungskonflikts sei bislang kein Vorbringen ihrerseits erforderlich gewesen und sei die Klägerin auch nicht angehört worden. Sie könne nicht sagen, ob sie bei korrekter Aufklärung über das erhebliche Risiko eines Paravasats sich der Chemotherapie unterzogen hätte. Zwar habe sie zunächst durchaus Vertrauen zu den behandelnden Ärzten des Klinikums gehabt, jedoch habe auf der anderen Seite ihr behandelnder Hausarzt von der Durchführung einer Chemotherapie abgeraten. Dieser generelle Gewissenskonflikt hätte sich sicherlich erheblich verstärkt, so daß es durchaus im Bereich des Möglichen läge, daß sie nach einem ordnungsgemäßen Aufklärungsgespräch letztlich auf eine Chemotherapie verzichtet hätte. Die Klägerin beantragt abändernd, 1. die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2001 zu zahlen, 2. die Beklagten zu verurteilen, an sie 15.033,91 Euro zu zahlen, 3. festzustellen, daß die Beklagten dazu verpflichtet sind, ihr alle weiteren materiellen und künftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die auf den ärztlichen Behandlungsfehler vom 22.11.2001 zurückzuführen sind, soweit kein Anspruchsübergang auf Sozialversicherungsträger bzw. sonstige Dritte erfolgt ist. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagten verteidigen mit näherem Vorbringen das angefochtene Urteil und berufen sich - neben ihrem Vortrag zur ordnungsmäßen Aufklärung - nunmehr auch auf den fehlenden Entscheidungskonflikt bei der Klägerin. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die beigezogenen Krankenunterlagen Bezug genommen. Der Senat hat die Klägerin sowie die Beklagten zu 2) und 3) angehört und ergänzend Beweis erhoben durch mündliche Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr. y. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll und den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 14.02.2005 Bezug genommen. II. Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Schmerzensgeld, Ersatz materieller Schäden sowie Feststellung der Ersatzpflicht aus unerlaubter Handlung oder - soweit materielle Schäden in Frage stehen - Schlechterfüllung des Behandlungsvertrages. In der medizinischen Beurteilung des Geschehens macht sich der Senat die Feststellung des Sachverständigen Prof. Dr. y eigen, der sein Gutachten auch bei der Anhörung in zweiter Instanz eingehend und sachlich überzeugend begründet hat. 1. Zu Recht hat das Landgericht einen Ersatzanspruch der Klägerin aus dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Behandlung verneint, da eine solche bei der Chemotherapie vom 22.11.2001 und der anschließenden Nachbehandlung nicht festgestellt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Im Hinblick auf die im Berufungsverfahren von der Klägerin noch geltend gemachten Einwendungen hat der Sachverständige Prof. Dr. y bei seiner nochmaligen Anhörung nachvollziehbar dargestellt, daß die bei der Klägerin angewandte Chemotherapie medizinisch eindeutig aufgrund der ernsthaften Tumorerkrankung indiziert war. Hierbei hat der Sachverständige nachdrücklich zum Ausdruck gebracht, daß ihn die von der Klägerin wiedergegebene Äußerung ihres Hausarztes über die evtl. fehlende Notwendigkeit dieser Therapie erschaudern lasse, da zu der unbedingt gebotenen Chemotherapie keine sinnvolle Alternative bestanden habe. Der Gutachter, der über erhebliche klinische und forensische Erfahrung verfügt, hat ferner erläutert, daß die Benutzung des implantierten Ports grundsätzlich sachgerecht und richtig gewesen sei, da diese Form der Verabreichung von Zytostatika generell und speziell auch im Hinblick auf die Venenverhältnisse bei der Klägerin als sicherer gegenüber einem peripheren Venenzugang anzusehen sei. Behandlungsfehler bei der Durchführung der Chemotherapie vom 22.11.2001 sind nach Angaben des Sachverständigen nicht feststellbar. Das Erbrechen der Klägerin habe keine weiteren Maßnahmen oder Kontrollen erforderlich gemacht, da keinerlei Anhaltspunkte für zusätzliche Maßnahmen ersichtlich gewesen seien. Auch der geschilderte Vorgang am Ende der Chemotherapie gebe keinen Grund zu Beanstandungen. Insbesondere sei mangels klinischer Hinweise keine Antidot-Therapie geboten gewesen. Diese - ohnehin umstrittene - Therapie hätte mangels Vorliegen der erforderlichen Faktoren nicht angewandt werden dürfen, wie der Gutachter bereits beim Landgericht im Einzelnen dargestellt hat. Auch hinsichtlich der Frage des Hinweises auf die Erforderlichkeit, sich während der Chemotherapie möglichst ruhig zu verhalten, kann auf die landgerichtlichen Ausführungen verwiesen werden, zumal sich die Klägerin nach ihren Angaben ohnehin ziemlich ruhig verhalten hat und auch nicht zur Toilette gegangen ist. Danach hätte sich der angeblich fehlende Hinweis gar nicht ausgewirkt, da eine weitergehende Regelung ohnehin nicht erforderlich ist. Darüber hinaus geht auch der Senat davon aus, daß die Klägerin von der Beklagten zu 2) auch routinemäßig entsprechend instruiert worden ist. 2. Im Ergebnis hat das Landgericht auch zu Recht eine Haftung der Beklagten aus dem Gesichtspunkt einer Aufklärungspflichtverletzung verneint. Dabei hat die Kammer jedoch - wie auch in anderen Fällen - unberechtigt auf die fehlende Darlegung eines Entscheidungskonflikts abgestellt, ohne daß sich die Beklagten überhaupt auf eine hypothetische Einwilligung berufen hatten und ohne die im Kammertermin anwesende Klägerin nach dem Protokoll vom 25.05.2004 überhaupt zur Frage des Entscheidungskonflikts anzuhören. Erst wenn die Behandlungsseite substantiiert vorgetragen hat, daß ein Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Eingriff in gleicher Weise hätte durchführen lassen, muß der Patient plausible Gründe dafür darlegen, daß er sich in diesem Fall in einem echten Entscheidungskonflikt befunden hätte (BGH, NJW 1990, 2928; 1994, 799; Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht, 9. Aufl., Rdn. 627; Müller, Macht und Grenzen ärztlichen Handelns, GesR 2004, 257, 262; Gehrlein, Neuere Rechtsprechung zur Arzt- Berufshaftung, VersR 2004, 1488, 1497). a) Allerdings ist die Rüge der Klägerin berechtigt, sie sei nicht ordnungsgemäß über das sich hier verwirklichte Risiko eines Paravasates bei Durchführung der Chemotherapie aufgeklärt worden. Nach den Angaben des Sachverständigen im schriftlichen Gutachten und bei seiner Anhörung ist davon auszugehen, daß über das bei 1 bis 6 % aller Chemotherapiezyklen auftretende Risiko von Paravasaten aufzuklären ist. Auch die Beklagten erheben gegen die grundsätzliche Erforderlichkeit einer solchen Aufklärung keine Einwendungen. Es kann vorliegend nicht festgestellt werden, daß die Klägerin im Rahmen eines Aufklärungsgesprächs über dieses Paravasatrisiko aufgeklärt worden wäre. Von einer Aufklärung durch die Beklagten zu 2) und 3) kann nach deren Anhörung nicht ausgegangen werden. Die Beklagte zu 2) hat weder vor dem Senat noch vor dem Landgericht angegeben, sie habe die Klägerin oder Patienten generell über das Paravasatrisiko aufgeklärt. Ihre Angaben bezogen sich lediglich auf Hinweise zum Verhalten der Patienten im Rahmen der Durchführung der einzelnen Chemotherapie. Aus den Angaben der Beklagten zu 3) kann ebenfalls nicht auf eine Risikoaufklärung in Bezug auf die Klägerin gefolgert werden. Sie hat insoweit angegeben, daß sich ihre Erklärungen gegenüber den Patienten primär auf das Verhalten während der Chemotherapie bezieht und nicht jeweils eine spezielle Aufklärung über die einzelnen Risiken einer Chemotherapie darstellt. Aus dem Umstand, daß die Beklagte zu 3) nach ihren Angaben gelegentlich gegenüber einzelnen Patienten gesagt habe, daß auch etwas austreten könne, kann ebensowenig eine Aufklärung der Klägerin hergeleitet werden wie aus den Angaben der Beklagten zu 3) beim Landgericht, daß bei der Erstapplikation eines Ports dem Patienten auch erklärt werde, daß das Risiko des Eintritts eines Paravasats bei Anlegung der Nadel oder in der Folgezeit entstehen könne. Auf eine Aufklärung der Klägerin über ein Paravasatrisiko - insbesondere im Zusammenhang mit der Nutzung des implantierten Ports - durch den erstinstanzlich genannten Dr. S oder den in Verbindung mit dem Aufklärungsbogen zur Portimplantation tätigen Arzt der chirurgischen Abteilung hat sich die Beklagtenseite trotz der ausdrücklichen Anfragen in den gerichtlichen Verfügungen vom 08.12.2004 sowie 31.01.2005 im Berufungsrechtszug nicht berufen. Eine ausdrückliche Aufklärung der Klägerin im Rahmen eines Gesprächs zwischen Arzt und Patientin ist danach nicht feststellbar. Die Beklagtenseite kann sich zur Erfüllung ihrer Aufklärungsverpflichtung ferner nicht auf den Aufklärungsbogen vom 15.11.2001 berufen. Die regelmäßig verwendeten und auch sinnvollen Merkblätter (Perimedbögen) können grundsätzlich nicht das nach ständiger Rechtsprechung erforderliche vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patienten ersetzen (BGH, VersR 1985, 361; Wussow, Umfang und Grenzen der ärztlichen Aufklärungspflicht, VersR 2002, 1337, 1343). Die Klägerin hat aber ausdrücklich bestritten, daß im Zusammenhang mit der Port-Operation eine Risikoaufklärung zur Frage des Paravasats erfolgt sei. Die Indizwirkung des Aufklärungsbogens reicht daher hier zum Nachweis einer entsprechenden Aufklärung nicht aus. b) Die defizitäre Aufklärung führt aber letztlich nicht zu einer Haftung der Beklagten. Die Klägerin hat nach Auffassung des Senats der nunmehr ausdrücklich geltend gemachten hypothetischen Einwilligung, wonach sie die Chemotherapie mittels Port bei ordnungsgemäßer Aufklärung in gleicher Weise hätte durchführen lassen, keine plausible Darlegung eines echten Entscheidungskonflikts entgegen gesetzt. Da nach den Angaben des Sachverständigen die Ablehnung einer Chemotherapie unter Benutzung des sichereren und bei der Klägerin vorzugswürdigen Portsystems medizinisch eindeutig unvernünftig gewesen wäre, hätte die Klägerin plausible Gründe dafür darlegen müssen, daß sie sich bei erfolgter Aufklärung in einem wirklichen Entscheidungskonflikt befunden hätte (Steffen/Dressler, a.a.O., Rdn. 442). Allerdings darf hierbei nicht durch überzogene und zu sehr an einem vernünftigen Patienten orientierten Anforderungen der Sinn der Aufklärung verfehlt werden, die individuelle Entscheidungsfreiheit sicherzustellen (Müller, a.a.O., Seite 262). Nach Anhörung der Klägerin und unter Berücksichtigung ihres schriftsätzlichen Vorbringens vermochte der Senat aber letztlich keinen echten Entscheidungskonflikt der Klägerin in Bezug auf die Chemotherapie vom 22.11.2001 festzustellen, wenn sie vorher über das verhältnismäßig geringe Risiko eines Paravasats von 1 bis 6 % vor dem Hintergrund der kurz zuvor erfolgten Krebsoperation und der medizinischen Gebotenheit einer Chemotherapie aufgeklärt worden wäre. Die Klägerin hatte nach ihrem eigenen Vorbringen ein recht weitgehendes Vertrauen zu den Ärzten im Krankenhaus. Sie hat sich auf deren Anraten auch ohne weiteres zum Schutz ihrer Venen einen Port implantieren lassen und insbesondere sogar nach dem Vorfall vom 22.11.2001 nach einer Rücksprache mit Dr. S noch den 3. Therapiezyklus vom 13.12.2001 durchführen lassen. Gerade der letztgenannte Umstand spricht in Verbindung mit ihrem grundsätzlichen Vertrauen zu den Ärzten im Krankenhaus nachhaltig dagegen, daß eine Aufklärung über das noch reduzierte Paravasatrisiko bei der Portbenutzung zu einem echten Entscheidungskonflikt bei der Klägerin geführt hätte, da sie vor dem 3. Therapiezyklus auch mit ihrem gegenüber der Chemotherapie grundsätzlich krititsch eingestellten Hausarzt gesprochen hatte, ohne daß sie dadurch von einer Fortsetzung der Therapie abgesehen hätte. Der spätere Abbruch der weiteren Therapiezyklen steht dem nicht entgegen, da dies auf den Folgen des abgelaufenen Paravasatgeschehens und den damit verbundenen Beschwerden der Klägerin beruhte. Diese Auswirkungen und Folgen der Verwirklichung des Risikos können jedoch nicht entscheidend für die Beurteilung sein, ob ein Patient aus der Sicht ex ante in einen echten Entscheidungskonflikt geraten wäre. III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als 20.000,-- Euro (Art. 26 Nr. 8 EGZPO).

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