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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.08.2005
Aktenzeichen: 3 W 22/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114 Satz 1
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO §§ 567 ff.
BGB § 823
BGB § 847 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 30.03.2005 wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 18.03.2005 aufgehoben.

Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung für den Rechtsstreit I. Instanz unter Beiordnung von Rechtsanwalt L in N bewilligt.

Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger war Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er ist nicht in der Lage, die Kosten des Prozesses auch nur ratenweise aufzubringen. Seine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet zudem Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig, § 114 Satz 1 ZPO.

Der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass ihm Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten aufgrund einer pVV des Behandlungsvertrages und gemäß §§ 823, 847 BGB (a. F.) wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung bzw. nicht ausreichender Risikoaufklärung zustehen. Er wirft dem Beklagten vor, bei einer ambulant vorgenommenen Blasenspiegelung am 15.11.2000 einen falschen Weg gewählt und dadurch eine Verletzung der linken Leiste bzw. des linken Hodens ausgelöst zu haben. Ferner sei er über die Gefahren des Eingriffs nicht aufgeklärt worden. Die Frage der Fehlerhaftigkeit der Behandlung und des Zusammenhangs zwischen den später beim Kläger diagnostizierten Leiden und Beschwerden sowie das vorhandene Risikospektrum des Eingriffs ist nur durch die Hinzuziehung eines urologischen Sachverständigen zu klären. Im jetzigen Verfahrensstadium kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass zwischen dem Eingriff und den in der Folgezeit aufgetretenen Leiden und Beschwerden ein adäquat kausaler Zusammenhang besteht.

Der Begründung des Landgerichts, wonach die Klage wegen geringer Erfolgsaussicht und des hohen Kostenrisikos mutwillig ist, kann nicht gefolgt werden. Es ist bereits nicht erkennbar, warum das Risiko der vorliegend beabsichtigten Klage das allen Arzthaftungsklagen anhaftende und erfahrungsgemäß nicht geringe Risiko, einen ärztlichen Fehler oder den Kausalzusammenhang nicht nachweisen zu können, übersteigen sollte. Würde dieses Risiko zur Verweigerung von Prozesskostenhilfe berechtigen, liefe dies im Ergebnis auf eine wesentliche Einschränkung des Rechtsschutzes für Bedürftige im Bereich der Arzthaftung hinaus. Zu berücksichtigen ist insofern auch, dass nach ständiger Rechtsprechung die Anforderungen hinsichtlich der Substanziierung, die an den Vortrag des medizinisch nicht sachkundigen Patienten gestellt werden dürfen, gering sind und Gericht wie der von diesem zu beauftragende Sachverständige gehalten sind, die Fehlerhaftigkeit der gerügten Behandlungsmaßnahme auch über die ausdrücklich angesprochenen Gesichtspunkte hinaus zu prüfen, sofern der Sachverhalt hierfür Anlass gibt.

Die Klage ist im Übrigen auch hinsichtlich des vorgestellten Schmerzensgeldes schlüssig, zumal der Kläger geltend macht, aufgrund der weiteren Behandlung der Schmerzen, die als Folge des streitgegenständlichen Eingriffs entstanden sein sollen, gestürzt und sich eine distale Fibulafraktur zugezogen zu haben. Ferner behauptet er, aufgrund der fortdauernden Beschwerden in seiner Leistungsfähigkeit dauerhaft beeinträchtigt zu sein.

Der Kläger hat schließlich auch seine Bedürftigkeit ausreichend dargelegt. Nach seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erwirtschaftet er nur ein geringes Erwerbseinkommen, welches er aufgrund der ihm gemäß § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO zuzubilligenden Absetzungen nicht für die Prozessführung einzusetzen hat. Soweit offenbar andere Personen ohne rechtliche Verpflichtung hierzu bereit sind, ihm notfalls das Geld für die Prozessführung zur Verfügung zu stellen, handelt es sich hierbei nicht um einsetzbares Einkommen des Klägers. Insbesondere darf der Kläger nicht darauf verwiesen werden, einen Kredit für die Prozessführung aufzunehmen (vgl. Zöller - Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 115 Rdn. 63).

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