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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.02.2009
Aktenzeichen: 3 Ws 33/09
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 56f |
Tenor:
1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
2. Die Bewährungszeit der hinsichtlich der durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 15.03.2006 in Verbindung mit dem Urteil des Landgerichts Dortmund vom 31.08.2006 verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten gewährten Strafaussetzung zur Bewährung wird um zwei Jahre verlängert.
3. Der Verurteilte wird der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt.
4. Die übrigen Auflagen und Weisungen aus dem Bewährungsbeschluss des Landgerichts Dortmund vom 31.08.2006 bleiben bestehen.
5. Die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen.
6. Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren entfällt. Die darin dem Verurteilten erwachsenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.
Gründe:
I.
Der - vielfach wegen Straßenverkehrsdelikten vorbestrafte - Beschwerdeführer wurde durch das Amtsgericht Dortmund am 15.03.2006 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. In der Berufungsinstanz wurde die Strafe mit Urteil vom 31.08.2006 zur Bewährung ausgesetzt (rechtskräftig seit dem 08.09.2008). In dem gleichzeitig erlassenen Bewährungsbeschluss wurde die Bewährungszeit auf fünf Jahre festgesetzt und dem Verurteilten eine Geldauflage von 3000 Euro, zahlbar in monatlichen Raten von 200 Euro auferlegt. Ob die Auflage erfüllt wurde, lässt sich dem Bewährungsheft nicht entnehmen und wurde ausweislich eines Vermerks (Bl. 17 BewH) bisher nicht überwacht.
Mit Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 26.09.2007 ist der Beschwerdeführer erneut wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskräftig. Die zu Grunde liegende Tat hatte er am 14.02.2007 begangen. Diese Strafe hat der Verurteilte ab dem 28.04.2008 verbüßt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Bielefeld die Strafaussetzung zur Bewährung wegen der Begehung der neuen Straftat in der Bewährungszeit widerrufen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat überwiegend Erfolg.
1.
Der angefochtene Beschluss war aufzuheben und die Bewährungszeit bei gleichzeitiger Unterstellung des Beschwerdeführers unter die Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers zu verlängern, da zwar die Widerrufsvoraussetzung des § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB grundsätzlich vorliegt, hier aber mildere Maßnahmen nach § 56f Abs. 2 StGB ausreichen.
a) Der Widerruf scheidet allerdings nicht alleine deswegen aus, weil sich der Beschwerdeführer nach Verbüßung der aus der neuen Verurteilung stammenden Freiheitsstrafe von acht Monaten nunmehr wieder in Freiheit befindet (vgl.: KG Berlin Beschl. v. 04.06.2001 - 5 Ws 116/01 - juris). Ein solches generelles Widerrufshindernis, wie es zur Vermeidung eines "Drehtüreffektes" vom Oberlandesgericht Naumburg vertreten wird (StV 2007, 197) lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Widerruf zulässig bzw. geboten ist, sind in § 56f StGB abschließend geregelt.
b) Nach § 56f Abs. 2 StGB kommt es auch nicht darauf an, ob der Widerruf einer Strafaussetzung nach Haftverbüßung in anderer Sache und zwischenzeitlicher Wiedererlangung der Freiheit nicht "sinnvoll" ist oder ob das Widerrufsverfahren zögerlich geführt wurde (so aber OLG Brandenburg Beschl. v. 17.11.2008 - 1 Ws 198/08 - juris; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000, 169; OLG Düsseldorf StV 1994, 198; OLG Düsseldorf StV 1991, 29). Vielmehr bemisst sich nach dem Gesetz die Frage, ob der an sich angezeigte Widerruf unterbleiben kann, allein danach, ob die milderen Maßnahmen eine angemessene Reaktion auf das Bewährungsversagen sind, weil objektiv eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Verurteilte in Zukunft - unter Berücksichtigung der angeordneten milderen Maßnahmen - ein straffreies Leben führen wird (Senatsbeschluss vom 13.01.2005 - 3 Ws 654-655/04 - juris; Senatsbeschluss vom 25.10.2004 - 3 Ws 550/04 - juris; KG Berlin Beschl. v. 06.04.2001 - 5 Ws 116/01 - juris) und dadurch die nach Maßgabe des Absatzes 1 widerlegte Aussetzungsprognose wiederhergestellt wird (Fischer StGB 56. Aufl. § 56f Rdn. 14; Hubrach in: LK-StGB 12. Aufl. § 56f Rdn. 28). Dies ist hier der Fall.
Bei dem Beschwerdeführer liegt ein Bewährungsversagen vor, welches - angesichts des schnellen einschlägigen Rückfalls und angesichts des Umstands, dass er bereits vielfach einschlägig vorbestraft ist und auch schon Freiheitsstrafen verbüßt hat - besonders schwer wiegt. Er hat die bei der Strafaussetzung in vorliegender Sache in ihn gesetzte Erwartung bei weitem nicht erfüllt.
Dennoch konnte hier vom Widerruf unter Anwendung milderer Maßnahmen vom Widerruf abgesehen werden, da eine Reihe von Umständen eingetreten sind, die die Wahrscheinlichkeit begründen, dass der Verurteilte zukünftig straffrei leben wird. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass der Verurteilte in der Vergangenheit (abgesehen von einer Verurteilung wegen Betruges im Jahre 1997) ausschließlich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis bzw. wegen Trunkenheitsfahrten verurteilt worden ist. Die letzte Verurteilung wegen einer Trunkenheitsfahrt liegt allerdings bereits 10 Jahre zurück. Daher geht der Senat davon aus, dass eine etwaige Alkoholproblematik (im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr) derzeit nicht mehr besteht. Es besteht somit angesichts der Delinquenzgeschichte des Beschwerdeführers allein die Gefahr der erneuten Straffälligkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass ihm im September 2007 die Fahrerlaubnis für die Klassen B, M, S und L durch erteilt worden ist und nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Bochum im Dezember 2007 auch die Fahrerlaubnis für die Klassen C1E. Des weiteren hat er im Februar 2008 einen Antrag auf Erweiterung für die Klasse CE beantragt. Hiervon hat sich der Senat durch Einholung eines Auszugs aus der Führerscheindatei überzeugt. Der Beschwerdeführer ist nach seinen Angaben dabei, derzeit auch die Fahrerlaubnis für die Klasse CE zu erwerben. Angesichts dieser Umstände - die zum Zeitpunkt der neuen Straftat, die Anlass dieses Verfahrens ist, noch nicht vorlagen - ist davon auszugehen, dass die Gefahr neuer einschlägiger Straftaten weitgehend vermindert ist.
2.
Angesichts der Delinquenzgeschichte des Verurteilten war es aber erforderlich, die Bewährungszeit wie geschehen gem. § 56f Abs. 2 Nr. 2 StGB zu verlängern, um so einen dauerhaften Anreiz zu gesetzestreuem Verhalten zu schaffen und insoweit dauerhaft auch die Aufsicht und die Leitung durch einen Bewährungshelfer zu ermöglichen. Diese Unterstellung hat der Senat nach § 56f Abs. 2 Nr. 1 StGB angeordnet, weil hier eine Kontrolle des Beschwerdeführers genauso unerlässlich ist wie ein beratendes Zurseitestehen (insbesondere im Hinblick auf das Auftreten einer erneuten Alkoholproblematik, welche schnell wieder zum Verlust der Fahrerlaubnis führen kann).
Da die Höchstfrist einer Bewährungsunterstellung mit der vorliegenden Verlängerung erreicht ist, wird bei Vorliegen eines erneuten Widerrufsgrundes ein Absehen vom Widerruf schon aus Rechtsgründen nicht mehr möglich sein. Dies wird der Beschwerdeführer insbesondere auch im Hinblick auf die Erfüllung seiner Bewährungsauflage (sofern dies nicht schon geschehen sein sollte) zu beachten haben.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Da das Rechtsmittel überwiegend Erfolg hatte, ist eine Kostenbelastung des Verurteilten nicht angezeigt.
Ende der Entscheidung
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