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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 31.08.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 338/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 400
Bei der Vorschrift des § 400 Abs. 1 StPO handelt es sich lediglich um einen gesetzlich geregelten, generellen Ausschluss der Beschwer des Nebenklägers, der die Zulässigkeit einer Kostenbeschwerde nicht berührt.
Beschluss

Strafsache

gegen L.F.

wegen Vergewaltigung u. a., (hier: sofortige Beschwerde der Nebenklägerin gegen die unterbliebene Auslagenentscheidung).

Auf die sofortige Beschwerde der Nebenklägerin gegen den Beschluss der 3. großen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Bielefeld vom 12.04.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 31. 08. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Angeklagten bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Die Kostenentscheidung des Beschlusses des Landgerichts Bielefeld vom 12.04.2006 wird dahin ergänzt, dass der Angeklagte auch die der Nebenklägerin im Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Nebenklägerin in diesem Verfahren erwachsenen notwendigen Auslagen trägt der Verurteilte.

Gründe:

Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 12.07.2006 u. a. folgendes ausgeführt:

"I.

Das Amtsgericht Gütersloh hat den Angeklagten mit Urteil vom 30.01.2006 wegen Vergewaltigung und fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt (Bl. 243 ff Bd. I d. A.) und dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens, seine notwendigen Auslagen sowie die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin auferlegt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten (Bl. 241 d. A.) ist mit Schriftsatz des Verteidigers des Angeklagten vom 10.04.2006 (Bl. 286 d. A.) zurückgenommen worden. Die 3. große Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Bielefeld hat daraufhin mit Beschluss vom 12.04.2006 die Kosten der Berufung einschließlich der ihm insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen dem Angeklagten gem. § 473 Abs. 1 StPO auferlegt, dabei über die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin indessen keine Entscheidung getroffen (Bl. 286 d. A.). Gegen diesen Beschluss, der der Verfahrensbevollmächtigten der Nebenklägerin nicht zugestellt worden ist, richtet sich die mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Nebenklägerin vom 10.05.2006, bei dem Landgericht Bielefeld eingegangen am 15.05.2006 (Bl. 313 d. A.), eingelegte sofortige Beschwerde.

II.

Die gem. §§ 464 Abs. 3, 311 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist - unabhängig vom Zeitpunkt ihres Eingangs - rechtzeitig eingelegt worden. Dadurch, dass der Beschluss weder der Nebenklägerin noch deren Verfahrensbevollmächtigter zugestellt worden ist, ist die Beschwerdefrist des § 311 Abs. 2 StPO nämlich nicht in Gang gesetzt worden (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 35 Rdnr. 12 m. w. N.). Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass das Urteil in der Hauptsache wegen der Beschränkung des § 400 Abs. 1 StPO von der Nebenklägerin vorliegend nicht angefochten werden könnte (zu vgl. OLG Düsseldorf, VRs 96, 222). Bei der Vorschrift des § 400 Abs. 1 StPO handelt es sich lediglich um einen gesetzlich geregelten, generellen Ausschluss der Beschwer des Nebenklägers, der die Zulässigkeit der Kostenbeschwerde nicht berührt (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 01.02.2006 - 2 Ws 322/05 - m. w. N.). Anerkannt ist, dass auch eine unterlassene Kostenentscheidung mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO; 48 Aufl., § 464 Rdnr. 16).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Strafkammer hat zu Unrecht davon abgesehen, dem Angeklagten nach dessen Berufungsrücknahme auch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin aufzuerlegen. Gemäß § 473 StPO sind im Falle der Zurücknahme eines Rechtsmittels des Beschuldigten auch die dem zu Recht zugelassenen Nebenkläger durch das Rechtsmittel entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen (Meyer-Goßner, a.a.O., § 473 Rdnr. 10 m. w. Nr.), falls der rechtskräftige Schuldspruch das Nebenklagedelikt enthält. Dies ist hier der Fall. Aufgrund der zum Nachteil der Beschwerdeführerin begangenen Tat ist diese zu Recht und wirksam als Nebenklägerin in dem Strafverfahren zugelassen worden mit der Folge, dass die Überbürdung der dieser erwachsenen notwendigen Auslagen auf den Angeklagten auch im Falle der Rücknahme der Berufung nach § 473 Abs. 1 StPO ausgelöst worden ist. Umstände, die es als unbillig erscheinen lassen, den Angeklagten mit den notwendigen Auslagen der Nebenklage zu belasten, sind nicht erkennbar. Solche Umstände liegen ausnahmsweise nur dann vor, wenn ein Angeklagter durch sein Verhalten keinen vernünftigen Grund für einen Anschluss als Nebenkläger gegeben hat oder den Verletzten ein Mitverschulden an der Tat trifft (Meyer-Goßner, a.a.O., § 472 Rdnr. 9 m. w. N.). Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall."

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zur Grundlage seiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 473 Abs. 3 StPO.

Ende der Entscheidung

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