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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.09.2001
Aktenzeichen: 3 Ws 386/01
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 305 | |
StPO § 2 |
3 Ws 386/01 OLG Hamm Senat 3
Beschluss
Strafsache
wegen schweren bewaffneten bandenmäßigen Raubes u.a., (hier: Beschwerden der Angeklagten gegen die Abtrennung des Verfahrens).
Auf die Beschwerde des Angeklagten T. vom 28.08.2001 und des Angeklagten M. vom selben Tage gegen den Beschluss der VII. großen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 24.08.2001 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13.09.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerden werden auf Kosten der Angeklagten als unbegründet verworfen.
Gründe:
I.
Der Angeklagte T. befindet sich nach vorläufiger Festnahme am 29.05.2000 seit dem 30.05.2000 aufgrund desHaftbefehls des Amtsgerichts Essen vom 25.04.2000 - 71 Gs 870/00 -, zuletzt neu gefasst und ergänzt durch Beschluss des Landgerichts Essen vom 14.02.2001 - 27 KLs 1/01 -, in Untersuchungshaft.
Der Angeklagte M. befindet sich nach vorläufiger Festnahme am 20.06.2000 seit demselben Tage aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Essen vom 25.04.2000 - 71 Gs 675/00 -, zuletzt neu gefasst und ergänzt durch Beschluss des Landgerichts Essen vom 14.02.2001 - 27 KLs 1/01 -, in Untersuchungshaft.
Mit der zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Essen vom 09.01.2001 wird den Angeklagten gemeinsam mit weiteren acht Mitangeklagten zur Last gelegt, in der Zeit von Mai 1996 bis zum 13.08.2000 in Bottrop und anderen Orten jeweils durch fünf selbständige Handlungen (Fallakten 22, 52, 12, 45, 48 bezüglich Tzrepalkowski und Fallakten 52, 6, 10, 12, 23 bezüglich M.) bewaffnete Raubüberfälle auf polnische Zigarettenschmuggler (bzw. M. in einem Fall einen Einbruchsdiebstahl) begangen zu haben, darüber hinaus T. sich weiterer drei Raubüberfälle, teilweise in Tateinheit mit Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Waffengesetz, sowie in einem weiteren Fall eines Verstoßes gegen das Waffengesetz schuldig gemacht zu haben.
Die Kammer hat die Hauptverhandlung gegen sämtliche Angeklagten am 14.08.2001 begonnen. Sie musste zunächst das Verfahren gegen den Mitangeklagten Tk. aufgrund wahrscheinlich vorgetäuschter Gesundheitsbeschwerden dieses Angeklagten abtrennen. Mit Beschluss vom 24.08.2001 erfolgte dann die Abtrennung des Verfahrens gegen die beiden Beschwerdeführer sowie gegen den Mitangeklagten Ma.. Die Beschwerdeführer und der Angeklagte Ma. hatten nämlich in der Hauptverhandlung vom 24.08.2001 beantragt, die bisherige Hauptverhandlung - Verhandlungstage vom 14.08., 17.08., 21.08. und - teilweise - 24.08.2001 - zu wiederholen, weil der Dolmetscher Dr. G. nicht richtig übersetzt habe. Hierzu hatten die Angeklagten M. und Ma. Beweisanträge u.a. auf Vernehmung der weiteren in der Hauptverhandlung anwesenden Dolmetscher gestellt.
Die Kammer hat die Abtrennung des Verfahrens in dem Abtrennungsbeschluss vom 24.08.2001 damit begründet, dass die beantragte Beweiserhebung betreffend die fehlerhafte Übersetzung durchgeführt und auch dem Antrag auf Wiederholung der gesamten Hauptverhandlung wahrscheinlich stattgegeben werden müsse. Beides würde zu einer Verfahrensverzögerung führen, die den übrigen Angeklagten unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes nicht zuzumuten sei. Im Hinblick auf die Terminsplanung sei der so zu erwartenden Verzögerung auch nicht durch andere Mittel wirksam zu begegnen.
In ihrem Nichtabhilfebeschluss vom 28.08.2001 hat die Kammer hierzu ergänzend ausgeführt, dass das verbliebene Verfahren zur Zeit mit der geständigen Einlassung der Angeklagten fortgesetzt werde. Dieser Verfahrensgang wäre bei Fortbestand der Verbindung nicht möglich gewesen. Nach Erledigung der "Befangenheitsverfahren" könne das abgetrennte Verfahren auch sofort neu terminiert werden. Auch könne ohne Verzögerung eine Wiederverbindung mit dem bereits abgetrennten Verfahren gegen den Angeklagten Tk. erfolgen. Bei den abgetrennten Verfahren werde sich eine unnötige Verfahrensverzögerung aufgrund der sofortigen Neuterminierung deshalb nicht ergeben, weil dort eine Beweisaufnahme und eine Wiederholung der Hauptverhandlung vermieden werde.
II.
1. Die Beschwerden sind gem. § 304 Abs. 1 StPO zulässig. Aus § 305 S. 1 StPO ergibt sich hier nichts anderes. Nach dieser Vorschrift unterliegen zwar Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen, nicht der Beschwerde. Damit sind aber nur solche Entscheidungen gemeint, die nur der Vorbereitung des Urteils dienen und keine darüber hinausgehenden Rechtswirkungen erzeugen (OLG Frankfurt, StV 1983, 92 m.w.N.). Die Abtrennung führt hingegen zu einer Verzögerung des Verfahrens und hat bereits deshalb über die Vorbereitung des Urteils hinausgehende Rechtswirkungen zum Nachteil der Angeklagten (vgl. OLG Frankfurt, StV 1983, 92 m.w.N.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, 45. Aufl., § 2 Rdnr. 13; LR-Wendisch, § 2 StPO Rdnr. 64, § 237 StPO Rdnr. 19).
2. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Senat, der im Beschwerdeverfahren den angefochtenen Beschluss in vollem Umfang, insbesondere auch hinsichtlich der Ermessensentscheidung des Tatrichters, nachzuprüfen hat (LR-Wendisch, § 2 StPO Rdnr. 65), hält mit der Strafkammer die Abtrennung des Verfahrens gegen die Beschwerdeführer und den Mitangeklagten Ma. für sachgerecht.
a) Wie die Kammer in ihrem Nichtabhilfebeschluss ausgeführt hat, sind sämtliche nach der Abtrennung im Ursprungsverfahren verbleibenden Angeklagten geständig. Dort sind damit voraussichtlich keine Beweiserhebungen mehr erforderlich, das Verfahren kann alsbald abgeschlossen werden. Bei dieser Sachlage hat die Kammer völlig zutreffend herausgestellt, dass Gründe des Beschleunigungsgebotes für die sich ausschließlich in Haft befindlichen Mitangeklagten der Beschwerdeführer die Abtrennung erfordern. Ohne die Abtrennung würde sich die Erledigung des Verfahrens gegen diese Mitangeklagten nämlich durch die Beweiserhebung über Art und Umfang der möglicherweise fehlerhaften Übersetzung durch den Dolmetscher und die sich daran anschließende Wiederholung der bisherigen, immerhin 4-tägigen Hauptverhandlung verzögern, und zwar möglicherweise über Wochen hinaus. Dies kann diesen Angeklagten, die die Tatvorwürfe eingeräumt haben und von daher beanspruchen können, dass das Verfahren gegen sie alsbald abgeschlossen wird, nicht zugemutet werden.
Demgegenüber erleiden die Beschwerdeführer keine ihnen unzumutbaren Nachteile. Die Kammer hatte ausgeführt, dass nach Erledigung der Befangenheitsanträge gegen den Kammervorsitzenden sofort neu terminiert werden und das Verfahren gegen die Beschwerdeführer sodann unverzüglich durchgeführt werden kann. Dies ist mittlerweile auch geschehen. Nachdem die Befangenheitsanträge mit Beschlüssen vom 28.08.2001 und vom 03.09.2001 durch das LG Essen als unbegründet verworfen worden sind, hat der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 10.09.2001 die Hauptverhandlung gegen die Beschwerdeführer und die Mitangeklagten Ma. und Tk. auf den 19.10.2001 mit Fortsetzungsterminen bis zum 22.03.2002 terminiert. Die bisherigen MItangeklagten stehen in dem Verfahren gegen die Beschwerdeführer als Zeugen zur Verfügung, so dass die von den Beschwerdeführern offenbar gewünschte erneute Vernehmung dieser früheren Mitangeklagten ohne weiteres durchgeführt werden kann. Dabei wird dann zu klären sein, ob in dem Verfahren gegen die Beschwerdeführer überhaupt sämtliche früheren Mitangeklagten vernommen werden müssen oder ob - unter zusätzlicher Zeitersparnis - auch im Interesse der Beschwerdeführer - insoweit nur die Vernehmung einzelner früherer Mitangeklagter erforderlich ist. Jedenfalls bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Abtrennung des Verfahrens eine unzulässige "Abstrafung" der Beschwerdeführer wäre oder aber zu einer für diese nicht hinnehmbaren Verfahrensverzögerung, die über die ohnehin erforderliche Verfahrensverzögerung infolge der gestellten Anträge der Beschwerdeführer hinausgehen würde, führen sollte. Die Beschwerdeführer können sich im übrigen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich auch der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft gegen eine Abtrennung ausgesprochen hatte. Dies beruhte nämlich allein darauf, dass er bereits die Wiederholung der Hauptverhandlung für überflüssig gehalten hatte.
b) Der Abtrennungsbeschluss ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Vorsitzende der Kammer bei der Beschlussfassung mitgewirkt hatte, obwohl über die gegen ihn zuvor gestellten Ablehnungsgesuche des Beschwerdeführers T. noch nicht entschieden worden war. Vielmehr ist die Unterbrechung bzw. Aussetzung der Hauptverhandlung als Folge eines Befangenheitsantrages stets zulässig, und zwar als Alternative zu der in § 29 Abs. 2 StPO vorgesehenen Fortsetzung der Hauptverhandlung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ("kann ... fortgesetzt werden", vgl. KK-Wendisch, StPO, 25. A., § 29 Rn. 33).
Im Fall des verbundenen Verfahrens erfordert die Aussetzung des Verfahrens gegen den Angeklagten, der das Befangenheitsgesuch gestellt hat, aber stets die Abtrennung des Verfahrens gegen diesen Angeklagten von dem Ursprungsverfahren, das von dem Ablehnungsgesuch dann nicht mehr betroffen ist. Der abgelehnte Richter ist daher zur Abtrennung des Verfahrens ebenso befugt wie - was nicht zweifelhaft sein kann - zur Unterbrechung bzw. Aussetzung des nicht verbundenen Verfahrens.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.
Ende der Entscheidung
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