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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 18.11.2004
Aktenzeichen: 3 Ws 585/04
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 67 d Abs. 2
StGB § 67 d Abs. 3
StPO § 463 III 3
StPO § 463 III 4
StPO § 454 II
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe: I. Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.4.1983 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Gleichzeitig wurde die Sicherungsverwahrung angeordnet. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 20.2.1995 wurde die bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Sicherungsverwahrung angeordnet und die Dauer der Führungsaufsicht auf 4 Jahre festgesetzt. Durch Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9.2.1996 wurde der Beschwerdeführer wegen Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte erneut zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Im Hinblick darauf widerrief die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg mit Beschluss vom 22.4.1997 die gewährte Aussetzung der Restunterbringung, die seit dem 16.9.1997 ununterbrochen vollstreckt wird. Mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer Bielefeld vom 26.9.2002 wurde nach 10-jähriger Sicherungsverwahrung die bedingte Entlassung des Verurteilten abgelehnt, wobei offensichtlich eine Entscheidung gemäß § 67 d Abs. 3 StGB gemeint war. Der Beschwerdeführer befindet sich seit nunmehr 12 Jahren in der Sicherungsverwahrung. Die 15. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat mit Beschluss vom 23. September 2004 die Aussetzung der durch Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.4.1983 angeordneten Sicherungsverwahrung zur Bewährung abgelehnt. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde vom 11. Oktober 2004, die mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 3. November 2004 begründet worden ist. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. II. Das Rechtsmittel ist zulässig und begründet. Der angefochtene Beschluss unterliegt wegen eines Verfahrensfehlers der Aufhebung. Gemäß § 67 d Abs. 2 StGB setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzuges keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Die Strafvollstreckungskammer hat es in diesem Zusammenhang versäumt, vor ihrer Entscheidung ein Gutachten eines Sachverständigen zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten aufgrund seines Hangs weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Der Einholung eines Gutachtens bedarf es zwar nach überwiegender Meinung in der Rechtssprechung dann nicht, wenn nach §§ 463 III S. 3 , 454 II StPO das Gericht die Aussetzung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht in Betracht zieht (HansOLG Hamburg, ZfStrVo 1999, 246 ff.; OLG Jena, StV 2001, 26 f.; KG, Beschl. v. 2.3.2000 1 AR 172/00, 5 Ws 143/00 Juris; Stöckel, in: KMRStPO, § 463 Rn 11, 12; a.A. OLG Koblenz, StV 1999, 496; OLG Celle, NStZ 1999, 159; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 67 c Rn 4; Krehl, in: HKStPO, 3. Aufl., § 463 Rn 4; auch Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 67 c Rn 5). Diese Auslegung deckt sich mit dem Wortlaut des § 454 II StPO ("... wenn es erwägt, die Vollstreckung ... auszusetzen ..."), auf den § 463 III 3 StPO verweist. Hierunter fallen allerdings nur die Fälle in denen die Sicherungsverwahrung noch keine 10 Jahre vollstreckt wird. Sofern das Landgericht aufgrund dessen von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abgesehen haben sollte- aus den Beschlussgründen geht dieses nicht hervor - hat es jedoch übersehen, dass sich der Beschwerdeführer länger als 10 Jahre in der Sicherungsverwahrung aufhält. Insoweit kommt daher die Vorschrift des § 463 III 4 StPO zur Anwendung, die bezogen auf Beschlüsse nach § 67 d Abs. 3 StGB und daran anschließender Folgeentscheidungen - wie hier - nach § 67 d Abs. 2 StGB die Einholung eines Sachverständigengutachtens ausdrücklich als zwingend vorschreibt. Die Sache war daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen. Von der Einholung eines Sachverständigengutachtens hat der Senat im Hinblick auf die zwingende mündliche Anhörung des Gutachters durch die Strafvollstreckungskammer abgesehen.

Ende der Entscheidung

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