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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.03.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 98/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 111i
StPO § 111k
Für die Berechnung der Frist des § 111 i StPO kommt es nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung auf die Verkündung und nicht auf die Rechtskraft des Urteils an, das die Beschlagnahmeverlängerung ausspricht.
Beschluss

Strafsache gegen P.W.

wegen Betruges (hier: Beschwerde der Geschädigten)

Auf die Beschwerde der Geschädigten gegen den Beschluss der XIV. Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 17.01.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07. 03. 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführer (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Rahden hat mit Beschlüssen vom 21.09.2004 den dinglichen Arrest in Höhe von 297.727,76 € gegen den Beschuldigten sowie die A.H.G. mbH in S., deren Geschäftsführer der Beschuldigte war, angeordnet. Mit Beschlüssen vom selben Tage hat das Amtsgericht Rahden in Vollziehung der dinglichen Arreste sämtliche Forderungen des Angeklagten und der vorgenannten GmbH gegen die Deutsche Bank 24 in Lübbecke in der genannten Höhe gepfändet.

Durch noch nicht rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Minden vom 29.08.2005 ist der Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Betruges in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Gleichzeitig hat das Amtsgericht die durch Beschlüsse des Amtsgerichts Rahden vom 21.04.2004 (gemeint ist der 21.09.2004) angeordneten Arreste und Beschlagnahmen in Höhe eines Betrages von 131.508,76 € für die Dauer von weiteren drei Monaten aufrechterhalten.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts Minden vom 29.08.2005 hat nur der Angeklagte Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Bielefeld die aufgrund der dinglichen Arreste des Amtsgerichts Rahden vom 21.09.2004 - 5 Gs 241/04 und 5 Gs 242/04 - ausgebrachten Pfändungsbeschlüsse des Amtsgerichts Rahden vom gleichen Tag - 5 Gs 243/04 und 5 Gs 244/04 - aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dass die zugrunde liegenden Arreste aufgrund Fristablaufs gegenstandslos geworden seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der durch Rechtsanwalt G. aus Osnabrück vertretenen Verletzten, der das Landgericht mit Beschluss vom 01.02.2006 nicht abgeholfen hat.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat mit den angefochtenen Beschluss zu Recht die aufgrund der dinglichen Arreste des Amtsgerichts Rahden vom 21.09.2004 ausgebrachten Pfändungsbeschlüsse des Amtsgerichts Rahden vom selben Tag aufgehoben, nachdem die Frist der durch Urteil des Amtgerichts Minden vom 29.08.2005 angeordneten Beschlagnahmeverlängerung zugunsten der Verletzten gemäß § 111 i StPO abgelaufen war. Nach § 111 i StPO kann die Beschlagnahme nach § 111 c StPO für die Dauer von höchstens drei Monaten aufrechterhalten werden, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 111 i StPO erfüllt sind. Für die Berechnung dieser Frist kommt es nach soweit erkennbar einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung auf die Verkündung und nicht auf die Rechtskraft des Urteils an, das die Beschlagnahmeverlängerung ausspricht (OLG Stuttgart, Die Justiz 2002, 65 f; OLG Schleswig, SchlHA 2004, 237; Schmidt/Winter, NStZ 2002, 8, 10; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 111 e Rdnr. 3).

§ 111 i StPO geht nämlich nach seinem Wortlaut ersichtlich davon aus, dass über den weiteren Bestand der Beschlagnahme oder des vollzogenen dinglichen Arrestes in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem von der Verfallsanordnung absehenden Urteil zu befinden ist. Die Aufrechterhaltung der Frist für höchstens drei Monate kann nur als Verknüpfung mit dem Urteil, nicht aber mit seiner - keine Erwähnung findenden - Rechtskraft verstanden werden (OLG Schleswig, a.a.O.; OLG Stuttgart, a.a.O.).

Von dem grundsätzlichen Gebot, eine der vorläufigen Sicherung dienende Maßnahme unverzüglich aufzuheben, wenn nach tatrichterlicher Überzeugung der ihr entsprechende Rechtsfolgenausspruch nicht in Betracht kommt (vgl. Pfeiffer, 2. Aufl., § 111 i StPO Rdnr. 2; KMR-Müller, § 111 i StPO Rdnr. 1, 3), lässt die Bestimmung eine Ausnahme dann zu, wenn die "sofortige" Aufhebung gegenüber dem Verletzten unbillig wäre (OLG Stuttgart, a.a.O.).

Hinzu kommt, dass § 111 i StPO den Fortbestand der Sicherungsmaßnahme nur für "höchstens" drei Monate zulässt. Dies bedeutet, dass im Wege der Abwägung der wirtschaftlichen Interessen des durch das relative Veräußerungsverbot beschwerten Angeklagten einerseits und der weiteren Schutzwürdigkeit des Verletzten andererseits eine im konkreten Einzelfall billige und angemessene Frist zu ermitteln ist. Dieser Norminhalt bliebe weitgehend ohne Sinn, wenn die weitere Dauer der Vollstreckung letztlich doch nur vom ungewissen, auf Zufälligkeiten beruhenden Rechtskraftdatum abhängig wäre (OLG Stuttgart, a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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