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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.06.2005
Aktenzeichen: 30 U 208/04
Rechtsgebiete: BGB, AGBG, VVG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 14
BGB § 280 Abs. 1
BGB §§ 305 ff
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
BGB § 307 Abs. 2
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 310
BGB § 823 Abs. 1
AGBG § 3
VVG § 61
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 531 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 3. November 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe: I. Die Klägerin, die gewerblich Fahrzeuge vermietet, begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen Beschädigung eines von ihr vermieteten Lkw. Mit gewerblichem Mietvertrag vom 1.3.2004 mietete der Beklagte bei der Klägerin einen Lkw MAN, amtliches Kennzeichen ##-#### bis zum 2.3.2004 an. Zwischen den Parteien wurde eine Haftungsreduzierung auf 1.000,00 Euro vereinbart und auf der Vertragsurkunde vom Beklagten gesondert unterzeichnet. Das Mietvertragsformular enthält insoweit 3 durch Fettdruck hervorgehobene Passagen, nämlich: - "Achtung: Mindestalter Fahrer: 21 Jahre; Ab Preisgruppe D 24 Jahre; Führerschein älter als 24 Monate, sonst kein Versicherungsschutz !!" - "Haftungsgrenze: (bei nicht vereinbarter Haftungsreduzierung): EUR 30000,- "

- "Mieter zeichnet durch Unterschrift Haftungsreduzierung auf: EUR 1000,-

Die Haftungsreduzierung entfällt unter den Voraussetzungen des Abschnitts IV.3 der umseitigen Allg. Vermietbedingungen

Akzeptiert Abgelehnt" Dabei ist der Punkt "Akzeptiert" angekreuzt und vom Beklagten unterzeichnet.

Punkt IV.3 der unstreitig einbezogenen Allgemeinen Vermietbedingungen lautet wie folgt:

"Wegfall der Haftungsreduzierung

a) Der Mieter haftet - auch bei Abschluß einer Haftungsreduzierung - in vollem Umfang für alle Schäden, wenn er eine der ihm in Abschnitt III. dieser Bedingungen auferlegten Verpflichtungen verletzt. Dies gilt insbesondere, wenn er in einem Schadensfall entgegen III.5 schuldhaft keine polizeiliche Unfallaufnahme veranlaßt.

b) Der Mieter haftet ohne Einschränkung für vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführte Schäden, auch wenn er eine Haftungsreduzierung vereinbart hat.

... Zusatz für Lkw, Transporter und Kleinbusse d) Bei Anmietung von Lkw, Transportern und Kleinbussen haftet der Mieter auch bei vereinbarter Haftungsreduzierung in vollem Umfang für alle Schäden, welche durch Nichtbeachten von Durchfahrtshöhen und -breiten sowie infolge nicht ausreichend gesicherter Ladung (...) eintreten, ferner bei Lkw für alle Schäden am Aufbau (Spriegel, Plane, Koffer, Hebebühne)." Ferner ist am Ende der AGB noch folgender fettgedruckter Zusatz enthalten: "Achtung! Bei einem Unfall mit dem Fahrzeug - auch ohne Beteiligung Dritter - muß vom Mieter in jedem Fall die Polizei benachrichtigt werden. Geschieht dies nicht, entfällt eine ggf. abgeschlossene Haftungsreduzierung (s. IV.3.a) und III.5.). ... Bei Anmietung eines Lkw haftet der Mieter auch bei abgeschlossener Haftungsreduzierung für alle Schäden am Aufbau." Wegen der weiteren Einzelheiten der Vertragsgestaltung wird auf die Ablichtungen der Vertragsurkunde und der Allgemeinen Vermietbedingungen (Bl.13, 19 d.A.) Bezug genommen. Der Beklagte verursachte am 1.3.2004 einen Schaden am Lkw. Er stieß beim Ausparken gegen einen anderen Lkw und beschädigte die komplette rechte Seitenwand des Möbelkoffers. Ausweislich eines von der Kaskoversicherung eingeholten Sachverständigengutachtens des Ing.- und KFZ-Sachverständigenbüros X vom 11.3.2004 (Bl.15 ff d.A.) betragen die voraussichtlichen Reparaturkosten 5.525,85 Euro netto. Die Klägerin hat mit der Klage Zahlung in Höhe von insgesamt 6.250,85 Euro nebst Zinsen begehrt, nämlich:

1. Reparaturkosten gem. Gutachten i.H.v. 5.525,85 Euro netto;

2. Mietausfall 7 Tage x 100,00 Euro = 700,00 Euro;

3. Pauschale 25,00 Euro.

Sie hat die Auffassung vertreten, daß die vereinbarte Haftungsreduzierung auf 1.000,00 Euro im Hinblick auf Ziff. IV.3.d letzter HS sowie im Hinblick auf den weiteren Zusatz am Ende der AGB nicht eingreife, da es sich vorliegend um einen Schaden am Aufbau handele. Die Klausel sei auch nicht überraschend.

Außerdem sei in der Unterzeichnung des Unfallberichts ein Anerkenntnis zu sehen. Der Beklagte hat die Klageforderung in Höhe von 1.000,00 Euro anerkannt und sich im übrigen gegen die Klage verteidigt. Er hat die Auffassung vertreten, daß Ziff. IV.3.d der AGB nicht eingreife, so daß die vereinbarte Haftungsreduzierung auf 1.000,00 Euro gelte. So sei der Schaden nicht wegen Nichtbeachtens der Durchfahrtshöhe oder -breite eingetreten. Eine Kollision beim Ausparken könne nicht unter den Punkt Nichtbeachten der Durchfahrtsbreite gefaßt werden. Die Klägerin könne sich ferner nicht darauf berufen, daß der Schaden am Aufbau des Lkw eingetreten sei und deshalb eine vollumfängliche Haftung des Beklagten gegeben sei. Denn diese Klausel sei gem. § 307 Abs.1 BGB unwirksam. Es werde damit nämlich eine verschuldensunabhängige Haftung des Mieters für alle Schäden am Aufbau festgeschrieben. Dies widerspreche den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Haftungsregelungen des Mietrechts, so daß die Haftungserweiterung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sei. Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion sei die Regelung insgesamt unwirksam. Schließlich sei die Klausel auch überraschend. Denn der Zusatz am Ende der AGB sei nicht im Zusammenhang mit den Haftungsregelungen in Ziff. IV.3 dargestellt, sondern deplaziert. Dies führe zu einem Verstoß gegen § 3 AGBG. Ein Anerkenntnis habe der Beklagte ebenfalls zu keinem Zeitpunkt abgegeben. Das Landgericht hat der Klage aufgrund des Anerkenntnisses des Beklagten in Höhe von 1.000,00 Euro stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß ein über 1.000,00 Euro hinausgehender Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs.1 BGB wegen der vereinbarten Haftungsreduzierung entfalle. Ziff. IV.3.d. der AGB greife nicht ein, denn diese Klausel sei gem. § 307 Abs.1 S.1 BGB unwirksam. Eine umfängliche Haftung für Schäden am Aufbau trotz Vereinbarung einer Haftungsreduzierung stelle eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar. Die Haftungsreduzierung müsse dem Leitbild der Kaskoversicherung entsprechen, was bei Festschreibung einer verschuldensunabhängigen Haftung für Schäden am Aufbau nicht der Fall sei. Die Kaskoversicherung werde vielmehr nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit frei. Ein Haftungsanerkenntnis des Beklagten sei ebenfalls nicht gegeben. Schließlich seien gem. Ziff. IV.2 der AGB von der vereinbarten Haftungsreduzierung auch der Mietausfallschaden und die Pauschale erfaßt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht geltend, das Landgericht habe verkannt, daß der Grundsatz, daß die vereinbarte Haftungsreduzierung dem Leitbild der Kaskoversicherung entsprechen müsse, keine Anwendung finde, soweit es sich bei dem Mieter um einen Unternehmer im Sinne des § 14 BGB handele. Der geschäftserfahrene Unternehmer sei nämlich nicht im gleichen Maße schutzbedürftig wie der Verbraucher, was auch der Gesetzgeber im Rahmen der §§ 305 ff BGB berücksichtigt habe. Hier sei der Beklagte Unternehmer und die Einschränkung, daß sich die Haftungsreduzierung nicht auf Schäden am Aufbau erstrecke, sei im Formular hinreichend deutlich gemacht. Das Landgericht habe ferner verkannt, daß die vereinbarte Haftungsreduzierung auch aus weiteren Gründen entfalle. So sei entgegen Ziff. IV.3.a. i.V.m. III.5. der AGB eine polizeiliche Unfallaufnahme schuldhaft unterblieben. Die Polizeiklausel sei nach allgemeiner Auffassung wirksam. Hintergrund dieser Obliegenheit des Mieters sei, daß durch die Einschaltung der Polizei der Grad des Verschuldens des Mieters festgestellt und die Identifizierung schadensverursachender Dritter gewährleistet werden könne. Aufgrund der Verletzung dieser Obliegenheit, greife die Haftungsreduzierung nicht ein. Hinzu komme, daß nach dem geschilderten Unfallhergang von einem grob fahrlässigen Verhalten des Beklagten auszugehen sei, so daß die Haftungsreduzierung auch gem. Ziff. IV.3.b der AGB nicht eingreife. Der Beklagte sei offenbar nicht imstande, den Lkw, insbesondere beim Ein- und Ausscheren, ordnungsgemäß im Straßenverkehr zu bewegen, da die gesamte Seitenwand beschädigt sei. Er habe daher davon absehen müssen, den Lkw eigenhändig zu bewegen. Durch die unterlassene Einschaltung der Polizei sei es der Klägerin nicht möglich, eine entsprechende polizeiliche Stellungnahme vorzulegen, was zu Lasten des Beklagten gehe. Im übrigen wiederholt die Klägerin die Auffassung, daß in der Unterzeichnung des Unfallberichts ein Haftungsanerkenntnis zu erblicken sei. Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 5.250,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.4.2004 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es die Klausel Ziff. IV.3.d. der AGB, wonach Schäden am Aufbau nicht von der Haftungsreduzierung umfaßt sind, wegen unangemessener Benachteiligung gem. § 307 Abs.1 S.1, Abs.2 Nr.1 BGB für unwirksam hält. Dies gelte gem. § 310 BGB auch für den Rechtsverkehr mit einem Unternehmer. Unangemessenheit liege umso mehr vor als die Klägerin kaskoversichert sei. Soweit sich die Klägerin erstmals auf die sog. Polizeiklausel berufe, werde zunächst Verspätung gerügt. Unabhängig hiervon sei die Klausel aber auch nicht einschlägig. Der Unfallbericht sei von einem Mitarbeiter der Klägerin nach den Angaben des Beklagten aufgenommen worden. Es bestünden daher insoweit keine Unklarheiten, dies sei zuvor auch nie gerügt worden. Die Entstehungsursache des Schadens sei eindeutig, eine polizeiliche Aufnahme wäre nutzlos gewesen und hätte keine weitere Aufklärung bringen können. Der Beklagte habe keine Aufklärungshindernisse bereitet, vielmehr stehe sogar eine Zeugin zur Verfügung, die den Vorgang beobachtet habe. Grobe Fahrlässigkeit des Beklagten sei ebenfalls nicht gegeben. Vielmehr handele es sich um ein Versehen beim Ausparken. Ein Haftungsanerkenntnis liege nicht vor. Schließlich sei der Beklagte auch in den Schutzbereich der bestehenden Kaskoversicherung einbezogen, da die Versicherungsprämie im Mietpreis einkalkuliert sei. Die Klägerin habe daher die Kaskoversicherung in Anspruch zu nehmen und den Beklagten zu entlasten.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Ein weitergehender Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 Abs.1 oder § 823 Abs.1 BGB steht der Klägerin nicht zu, denn die Haftung des Beklagten ist aufgrund der vereinbarten Haftungsreduzierung auf einen Eigenanteil von 1.000,00 Euro beschränkt. Die Haftungsreduzierung ist auch nicht im Hinblick auf die Regelungen in den Allgemeinen Vermietbedingungen der Klägerin entfallen. So greift insbesondere die Regelung in IV.3.d) sowie am Ende der Allgemeinen Vermietbedingungen, wonach der Mieter auch bei vereinbarter Haftungsreduzierung für alle Schäden am Aufbau eines Lkw haftet, nicht ein. Diese Klausel ist gem. § 307 Abs.1 BGB, der gem. § 310 BGB auch bei Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer Anwendung findet, unwirksam. Nach dieser Vorschrift ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung liegt dabei nach § 307 Abs.2 BGB im Zweifel dann vor, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Im Rahmen der Kraftfahrzeugmiete hatte die Rechtsprechung schon wiederholt über AGB-Klauseln zu entscheiden, die unter bestimmten Voraussetzungen eine vertraglich vereinbarte Haftungsreduzierung wieder entfallen ließen (z.B. BGHZ 70,305 ff; BGH NJW 81, S.1211; OLG Hamm, NJW-RR 93, S.95; OLG Köln, OLGZ 82,371 ff; vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 64.Aufl., 2005, § 307 Rn.131; Wolf/Eckert, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9.Aufl., 2004, Rn.584 ff). Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, daß derjenige der gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts eine Haftungsfreistellung bzw. Haftungsreduzierung gewähre, diese dem Leitbild der Kaskoversicherung anpassen müsse. Nur dann genüge er seiner aus Treu und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Denn dem Fahrzeugmieter gehe es bei Vereinbarung einer Haftungsreduzierung erkennbar um eine wirksame Verbesserung seiner Rechtsstellung. Er dürfe daher davon ausgehen, daß ihm bei Zahlung eines zusätzlichen Entgelts ein Schutz wie bei einer Kaskoversicherung zugute komme, d.h. ein Schutz gegenüber allen mit der Teilnahme am Straßenverkehr normalerweise verbundenen Risiken, soweit sie - entsprechend § 61 VVG - nicht in vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten begründet sind. Bei Abschluß einer solchen Haftungsreduzierung sei für den Entschluß des Mieters erkennbar das Leitbild eines an den Schutzwirkungen der Vollkaskoversicherung orientierten Mietvertrages ausschlaggebend (BGHZ 70,305 ff). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze werden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen formulierte Bestimmungen, wonach für bestimmte Unfallgeschehen und/oder Schäden eine vereinbarte Haftungsreduzierung auch bei einfacher Fahrlässigkeit entfällt, in der Regel als unwirksam angesehen. Dies entspreche nämlich nicht den berechtigten Erwartungen des Vertragspartners und sei daher unangemessen und treuwidrig (BGHZ 70, 305 ff; OLG Hamm, NJW-RR 93, S.95; OLG Köln, OLGZ 82, S.371 ff). Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, daß ein Mieter von einer umfassenden Versicherung - einschließlich Kofferaufbau - ausgehen darf, wenn sich ein Lkw-Vermieter eine Haftungsfreistellung durch Aufpreis zusätzlich zum normalen Mietzins entgelten läßt. Dieser Konsequenz kann sich ein Vermieter nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, sondern nur durch Individualvereinbarung oder ausdrücklichen Individualhinweis entziehen (OLG Hamm, NJW-RR 1993, S.95 ff). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten, so daß vorliegend die vereinbarte Haftungsreduzierung nicht entfällt. Zunächst ist festzustellen, daß die Parteien eine Haftungsreduzierung gegen zusätzliches Entgelt vereinbart haben. Auch wenn das Entgelt hier nicht gesondert ausgewiesen ist und ein Vertragspartner daher auch die Höhe des hierfür anfallenden Entgelts nicht nachvollziehen kann, spricht der Umstand, daß die Klägerin mit verschiedenen Tarifen arbeitet und ausweislich der Vertragsurkunde eine Wahlmöglichkeit bezüglich der Haftungsreduzierung besteht, klar für eine Entgeltlichkeit. Das zusätzliche Entgelt ist dabei - ohne gesonderte Kennzeichnung - bereits in dem vereinbarten Tarif enthalten. Entsprechend der obigen Ausführungen ist daher bei der Beurteilung der hier maßgeblichen Klauseln gem. § 307 BGB das Leitbild der Kaskoversicherung heranzuziehen. Soweit die Klauseln in IV.3.d) und am Ende der Allgemeinen Vermietbedingungen Schäden am Aufbau eines Lkw (Spriegel, Plane, Koffer, Hebebühne) generell, d.h. unabhängig vom Grad des Verschuldens, von der Haftungsreduzierung ausnehmen, weichen sie vom Leitbild der Kaskoversicherung ab. So sind Plane eines Lkw ohne weiteres von einer Kaskoversicherung erfaßt (vgl. § 12 Abs.1 AKB Nr.1 der Liste) und auch Spezialaufbauten sind gegen Aufpreis ohne weiteres versicherbar (vgl. § 12 Abs.1 AKB Nr.2 der Liste). Ein solch umfassender Versicherungsschutz ist für den Mieter auch wichtig. Denn Schäden am Aufbau machen wertmäßig einen erheblichen Teil des Lkw aus und können enorme Kosten verursachen. Erfahrungsgemäß kommen gerade am Aufbau auch häufig fahrlässig verursachte Schäden vor. Eine Quasiversicherung, die einen derartigen Tatbestand generell ausnimmt, liefe im Rahmen der Miete eines Lkw daher in einem nicht unerheblichen Umfang leer und würde den berechtigten, am Leitbild einer Kaskoversicherung orientierten Erwartungen des Mieters nicht entsprechen. Dieser darf bei entgeltlicher Haftungsreduzierung daher von einer umfassenden Versicherung einschließlich Koffer ausgehen, sofern lediglich einfache Fahrlässigkeit vorliegt. Schäden am Aufbau kann der Vermieter danach lediglich durch eine Individualvereinbarung oder einen ausdrücklichen Individualhinweis von der Haftungsreduzierung ausnehmen. Eine Individualvereinbarung haben die Parteien diesbezüglich ersichtlich nicht getroffen. Auch ein Individualhinweis liegt nicht vor. So findet sich auf der Vorderseite des Vertragsformulars kein entsprechender Hinweis. Vielmehr wird durch die blickfangmäßige Gestaltung der drei oben auf S.3 dargestellten Punkte der Eindruck verstärkt, daß der Mieter bei Beachtung der Bestimmungen hinsichtlich Alter und Führerschein umfassend versichert ist. Die Klausel in IV.3.d) und die fettgedruckte Wiederholung am Ende der Allgemeinen Vermietbedingungen stellen angesichts dieser Umstände nicht den erforderlichen Individualhinweis dar. Die vereinbarte Haftungsreduzierung entfällt ferner nicht aufgrund der - nach allgemeiner Auffassung zulässigen - Klauseln in III.5., IV.3.a) der Allgemeinen Vermietbedingungen, wonach bei einem Schadensfall eine polizeiliche Unfallaufnahme zu veranlassen ist. Denn die Klägerin ist mit diesem Angriffs-/Verteidigungsmittel gem. §§ 529 Abs.1, 531 Abs.2 ZPO ausgeschlossen. Entsprechend der Situation bei der Kaskoversicherung, die als Leitbild heranzuziehen ist, handelt es sich bei der unterlassenen Hinzuziehung der Polizei um eine Obliegenheitsverletzung des Mieters, die zu einem Leistungsverweigerungsrecht des Vermieters bezüglich der Haftungsreduzierung führt, das durch Erklärung gegenüber dem Mieter geltend gemacht und in den Rechtsstreit eingeführt werden muß (BGH, NJW 1974, S.1241 ff zur Situation bei der Kaskoversicherung). Demnach war das - hier unstreitige - Unterlassen der Benachrichtigung der Polizei und etwaige Konsequenzen im Hinblick auf die Regelung in IV.3.a) der Allgemeinen Vermietbedingungen nicht von Amts wegen zu berücksichtigen. Vielmehr stand die allein im Interesse des Vermieters geschaffene Klausel zu seiner Disposition und die Berufung hierauf hing von seiner Entschließung ab. Daraus folgt, daß es insoweit einer Erklärung der Klägerin und einer Einführung in den Prozeß bedurfte. Eine solche Geltendmachung ist nach Aktenlage jedoch weder vorgerichtlich noch erstinstanzlich erfolgt. Soweit eine Geltendmachung erstmals in der Berufung erfolgte, handelt es sich daher um ein neues Angriffs-/Verteidigungsmittel. Da dieser Punkt nicht von Amts wegen zu beachten war und eine diesbezügliche Hinweispflicht unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nicht ersichtlich ist, kommt eine Zulassung nach § 531 Abs.1 Nr.1 oder 2 ZPO nicht in Betracht. Mangels anderer Anhaltspunkte ist ferner von Nachlässigkeit auszugehen, so daß auch § 531 Abs.1 Nr.3 ZPO nicht zugunsten der Klägerin eingreift. Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, daß der zugrunde liegende Sachverhalt unstreitig sei, so daß eine Zulassung nach dem Sinn und Zweck der neuen Berufungsregelungen aus diesem Grunde möglich sein müßte. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, daß die unterlassene Hinzuziehung der Polizei nach dem Unfall zwischen den Parteien unstreitig ist. Dies würde vorliegend jedoch zu kurz greifen. Denn entscheidend ist in diesem Zusammenhang nicht allein das Unterlassen der Hinzuziehung der Polizei. Vielmehr ist im Rahmen der Kaskoversicherung, deren Leitbild auch hier wiederum bestimmend ist, anerkannt, daß die Leistungsfreiheit des Versicherers in einem solchen Fall sowohl von der Intensität des Verschuldens des Versicherungsnehmers als auch von der Relevanz für die Gefährdung der Interessen des Versicherers abhängt. Das bedeutet, daß dem Versicherungsnehmer - hier dem Mieter - der Nachweis nicht abgeschnitten werden darf, das Unterlassen der Hinzuziehung der Polizei habe für den Versicherer - hier den Vermieter - keine nachteiligen Folgen gehabt (BGH, NJW 1982, S.167 ff; Wolf/Eckert, a.a.O., Rn.589). Die Frage, ob nachteilige Folgen durch die nicht erfolgte Hinzuziehung der Polizei eingetreten sind, ist zwischen den Parteien jedoch streitig. Der Beklagte hat hierzu nunmehr behauptet, daß bei Einschalten der Polizei keine weitergehenden Feststellungen, etwa zum - zumindest erstinstanzlich unstreitigen - Unfallhergang, zum Grad des Verschuldens o.ä. hätten getroffen werden können, eine polizeiliche Unfallaufnahme im konkreten Fall demnach nutzlos gewesen wäre. Zum Beweis hierfür hat er sich auf die Vernehmung einer Augenzeugin berufen. Ungeachtet des Umstandes, daß diesbezüglich der Beklagte beweisbelastet ist, zeigt dies, daß jedenfalls nicht der gesamte Sachverhalt, der für eine Beurteilung der Frage des Wegfalls der vereinbarten Haftungsreduzierung gem. IV.3.a) i.V.m. III.5. der Allgemeinen Vermietbedingungen maßgebend ist, unstreitig ist. Eine Zulassung dieses in der Berufungsinstanz neu geltend gemachten Angriffs-/Verteidigungsmittels kommt daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht. Ein Wegfall der vereinbarten Haftungsreduzierung kommt schließlich auch nicht aus sonstigen Gründen in Betracht. Insbesondere bestehen nach dem hier unstreitigen Unfallhergang, nämlich Beschädigung der Seitenwand beim Ausparken durch Schrammen eines anderen Lkw, keine Anhaltspunkte für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit, vgl. IV.3.b) der Allgemeinen Vermietbedingungen. So liegt grobe Fahrlässigkeit nur vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 277 Rn.5). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt entsprechend § 61 VVG bei dem Vermieter. Vorliegend hat der Beklagte jedoch lediglich beim Ausparken die Abmessungen nicht hinreichend berücksichtigt. Dabei handelt es sich um eine im Rahmen des Straßenverkehrs immer wieder vorkommende Unaufmerksamkeit bzw. Fehleinschätzung, die nicht als grob fahrlässig zu qualifizieren ist. Sonstige Gesichtspunkte, die zu einem Wegfall der vereinbarten Haftungsreduzierung aufgrund der Regelungen der Allgemeinen Vermietbedingungen führen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Schließlich hat der Beklagte auch zu keinem Zeitpunkt auf die vertraglich vereinbarte Haftungsreduzierung verzichtet. Die Angabe im Unfallbericht, persönlich für den Unfall verantwortlich zu sein, nebst einem Ankreuzen des Punktes "Nein" unter dem Punkt Haftungsbefreiung stellt unzweifelhaft keine rechtsgeschäftliche Erklärung des Beklagten dar, auf eine tatsächlich vereinbarte Haftungsreduzierung verzichten zu wollen. Hierauf hat bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen. Ein über die Selbstbeteiligung von 1.000,00 Euro hinausgehender Anspruch besteht danach nicht. Da sich die Haftungsreduzierung nach dem Vertrag auch auf den gesamten Schaden bezieht, kann die Klägerin ferner nicht für einzelne Schadenspositionen einen weitergehenden Schadensersatz verlangen. Der Anregung des Klägervertreters, die Revision zuzulassen, ist der Senat nicht gefolgt, da eine Abweichung von höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung nicht gegeben ist und Gründe für eine Änderung der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht ersichtlich sind. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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