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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.03.2007
Aktenzeichen: 31 W 26/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
BGB § 346 | |
BGB § 355 | |
BGB § 355 Abs. 2 | |
BGB § 355 Abs. 3 Satz 3 | |
BGB § 357 | |
BGB § 358 Abs. 1 | |
BGB § 358 Abs. 2 Satz 2 | |
BGB § 358 Abs. 4 Satz 3 | |
BGB § 358 Abs. 5 | |
BGB § 495 Abs. 1 |
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Landgericht wird angewiesen, den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.
Die Antragstellerin, die aus eigenem Recht und abgetretenem Recht ihres Ehemanns vorgeht, kann nach dem gegenwärtigen Sach- und Strand von der Antragsgegnerin aus §§ 495 Abs. 1, 355, 357, 358 Abs. 4 Satz 3, 346 BGB die Rückzahlung der auf den Darlehensvertrag vom 8./15.12.2003 geleisteten Zinsen (abzüglich der Ausschüttungen) Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Fondsbeteiligung verlangen. Ansprüche aus dem Darlehensvertrag stehen der Beklagten nicht zu.
Die Antragstellerin und ihr Ehemann haben den Darlehensvertrag vom 8./15.12.2003 wirksam durch die Erklärung ihres Bevollmächtigten im Klage-Entwurf vom 31.12.2006 widerrufen. Ihnen stand nach den Regelungen über Verbraucherdarlehensverträge ein Widerrufsrecht (§ 495 Abs. 1 BGB) zu. Das Widerrufsrecht ist gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB nicht durch Zeitablauf erloschen, weil die Antragstellerin und ihr Ehemann in der Belehrung vom 8.12.2003 (Teil der Anlage K 1, Bl. 12 d.A.) nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind.
Die Widerrufsbelehrung, in der die Beklagte den Darlehensvertrag und die Fondsbeteiligung als verbundenes Geschäft angesehen hat, genügt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 355 Abs. 2, 358 Abs. 5 BGB. Im Falle der Verbindung des Darlehensvertrags mit einem Kauf- oder sonstigen Vertrag muss die Belehrung gemäß § 358 Abs. 5 BGB auch den Hinweis enthalten, dass der Verbraucher bei Widerruf des einen verbundenen Vertrags auch nicht an den anderen gebunden ist (§ 358 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB) und dass nach § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB das Widerrufsrecht hinsichtlich des finanzierten Vertrags vorrangig ist. Der Hinweis muss klar und unmissverständlich sein (vgl. hierzu Kessal-Wulf, in: Staudinger, BGB Bearb. 2004 § 358 Rdn. 59; Ermann/Saenger, BGB 11. Aufl. § 358 Rdn. 18).
In der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung heißt es im Absatz "Widerrufsrecht" in den Sätzen 2 bis 4: "Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich auch an meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrags ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, so gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrags gegenüber dem Unternehmen."
In dieser Belehrung fehlt ein für den Verbraucher eindeutiger Hinweis, dass sich der - nach der gesetzlichen Regelung vorrangige - Widerruf des finanzierten Vertrags in seinen Wirkungen auf den Darlehensvertrag erstreckt und in diesem Fall eine Bindung an den Darlehensvertrag nicht mehr besteht. Die Widerrufsbelehrung enthält im zweiten Satz des Absatzes "Widerrufsrecht" nur für den spiegelbildlichen Fall des Widerrufs des Darlehensvertrags den Hinweis, dass der Widerruf auf den finanzierten Vertrag durchgreift. Im dritten Satz, der ein für den finanzierten Vertrag bestehendes Widerrufsrecht anspricht und voraussetzt, heißt es demgegenüber ausschließlich, dass "(das) Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrags ausgeschlossen (ist)". Diese Information entspricht zwar isoliert betrachtet der gesetzlichen Vorrangregelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie ist aber unvollständig und irreführend, weil sie weder ausdrücklich noch sinngemäß auf die von § 358 Abs. 1 BGB angeordnete Erstreckung des Widerrufs auf den Darlehensvertrag verweist. Auch der folgende, vierte Satz des Absatzes "Widerrufsrecht" der Belehrung beinhaltet keinen Hinweis auf den sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Widerrufsdurchgriff.
Insgesamt gesehen kann die Belehrung daher bei einem durchschnittlichen Verbraucher für den Fall, dass ihm ein Widerrufsrecht hinsichtlich des finanzierten Vertrags zusteht, die unzutreffende Vorstellung hervorrufen, dass er sich durch einen Widerruf allein vom finanzierten Geschäft lösen kann, während der Darlehensvertrag und die Darlehensverbindlichkeiten unberührt bleiben.
Das Landgericht wird nunmehr noch zu prüfen haben, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen. Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 127 Abs. 4 ZPO für das Beschwerdeverfahren nicht veranlasst.
Ende der Entscheidung
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