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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 31 W 38/07
Rechtsgebiete: ZPO, VerbrKrG, BGB, EGBGB, PAnGVO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 4
VerbrKrG § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 d
VerbrKrG § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f
VerbrKrG § 4 Abs. 2 Satz 2
VerbrKrG § 6
VerbrKrG § 6 Abs. 2 Satz 3
VerbrKrG § 6 Abs. 2 Satz 4
VerbrKrG § 6 Abs. 3
VerbrKrG § 7
VerbrKrG § 7 Abs. 2 Satz 2
VerbrKrG § 9
VerbrKrG § 9 Abs. 2 Satz 2
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 139
BGB § 280
BGB § 311 Abs. 2
BGB § 355
BGB § 355 Abs. 3
BGB § 358 Abs. 5
BGB § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4
BGB § 492 Abs. 2 Satz 2
BGB § 494
BGB § 494 Abs. 2 Satz 3
BGB § 494 Abs. 2 Satz 4
BGB § 494 Abs. 3
BGB § 495
EGBGB Art. 229 § 9 Absatz 1 Nr. 2
PAnGVO § 4
PAnGVO § 6
PAnGVO § 6 Abs. 3 Nr. 5 2. Halbsatz
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass der Antragsgegnerin aus den unter der Kreditnummer ###### abgeschlossenen Kreditverträgen keine Ansprüche mehr gegen die Antragstellerin zustehen oder dass sich gar eine Überzahlung zu Gunsten der Antragstellerin ergibt. Die angekündigten Hilfsanträge sind ebenfalls unbegründet.

Im einzelnen gilt folgendes:

1. Die angekündigten Hauptanträge sind nicht aufgrund eines wirksamen Widerrufs der Kreditverträge nach § 7 VerbrKrG, § 495 BGB gerechtfertigt.

a) Allerdings ist entgegen der Auffassung des Landgerichts jedenfalls im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens davon auszugehen, dass die Widerrufsbelehrungen der Antragsgegnerin deshalb fehlerhaft sind, weil sie den nach § 9 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG, § 358 Abs. 5 BGB erforderlichen Zusatz für verbundene Verträge nicht enthalten. Wie das Landgericht selbst ausgeführt hat, wird von einem erheblichen Teil der Rechtsprechung und der Literatur die Auffassung vertreten, dass der Kreditvertrag und die von der Bank vermittelte Restschuldversicherung ein verbundenes Geschäft (§ 9 VerbrKrG, 358 BGB) darstellen (OLG Rostock NJW-RR 2005, 1416 f.; Kessal-Wulf, in: Staudinger, BGB 13. Bearb. § 358 Rdn. 40; MünchKomm/Habersack, BGB 5. Aufl., § 358 Rdn. 12; Palandt/Grüneberg, BGB 66. Aufl. §358 Rdn. 7; vgl. im Übrigen die Nachweise auf S. 6 des angefochtenen Beschlusses). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierzu liegt nicht vor. Es handelt sich daher um eine zweifelhafte Rechtsfrage, die im Prozesskostenhilfeverfahren nicht vorab zum Nachteil der Antragstellerin entschieden werden darf (vgl. Zöller/Philippi, ZPO 26. Aufl. § 114 Rdn. 21 m.w.Nachw.).

b) Soweit die von der Antragstellerin bis zum 2.8.2002 geschlossenen Kreditverträge betroffen sind, war der mit Schreiben vom 18.12.2006 erklärte Widerruf allerdings wegen Ablaufs der für die Erklärung des Widerrufs geltenden Höchstfristen von einem Jahr (§ 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG) bzw. sechs Monaten (§ 355 Abs. 3 BGB in der gemäß Art. 229 § 9 Absatz 1 Nr. 2 EGBGB bis zum 31.10.2002 geltenden Fassung) ausgeschlossen. Anders als die Antragstellerin meint, ergibt sich aus der Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG) weder die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung noch wäre eine solche angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts der vorstehend genannten Vorschriften überhaupt möglich. Zwar hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften im Hinblick auf die Haustürgeschäfterichtlinie (85/577/EWG) festgestellt, dass der nationale Gesetzgeber gehindert ist, das aufgrund einer Haustürsituation gegebene Widerrufsrecht für den Fall einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung auf ein Jahr zu befristen (EuGH NJW 2002, 281 ff.). Das Landgericht hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Verbraucherkreditrichtlinie eine den Art. 4, 5 der Haustürgeschäfterichtlinie entsprechende Regelung, die ein Widerrufsrecht des Verbrauchers begründet, nicht enthält. Gerade auf den Wortlaut der Art. 4, 5 der Haustürgeschäfterichtlinie hat der Europäische Gerichtshof im Rahmen der von ihm vorgenommenen Auslegung jedoch entscheidend abgestellt (EUGH NJW 2002, 281 ff., Rdn. 46). Die von der Antragstellerin für ihre Rechtsauffassung angeführte Kommentierung von Grüneberg (in: Palandt, BGB, 66. Aufl. § 355 Rdn. 22), nach der bloßer Zeitablauf bei allen Widerrufsrechten im Falle des Fehlens einer Belehrung nicht zum Wegfall des Widerrufsrechts führt, betrifft die sich gegenwärtig aus § 355 BGB ergebende Rechtslage und verhält sich nicht zu § 7 Abs. 2 Satz 2 BGB, § 355 Abs. 3 BGB a.F..

c) Von diesem Ausgangspunkt aus ergibt sich keine von der Antragsgegnerin zu erstattende Überzahlung. Der von der Antragstellerin als Differenz zwischen den ihr gewährten Nettokrediten und ihren Zahlungen errechnete, vermeintlich überzahlte Betrag von 1.823,42 € wird durch die Zins- und Kostenansprüche aufgezehrt, die der Antragsgegnerin aus den bis zum 2.8.2002 geschlossenen Verträgen zustehen.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Antragsgegnerin aus den unter der Kreditnummer ###### abgeschlossenen Kreditverträgen keine Ansprüche mehr zustehen. Die bis zum 2.8.2002 geschlossenen Verträge werden vom Widerruf nicht erfasst. Darüber hinaus kann die Antragsgegnerin in Bezug auf die Kreditverträge vom 22.12.2003 und 15.10.2004, auch vom Standpunkt der Antragstellerin aus, jedenfalls die Rückzahlung des jeweils zusätzlich gewährten, nicht für die Begleichung des Versicherungsbeitrags verwendeten Nettokredits verlangen.

2. Eine Sittenwidrigkeit der Kreditverträge im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und eine hieraus folgende Nichtigkeit hat die Antragstellerin nicht aufgezeigt.

a) Ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Vertragszins und dem marktüblichen Effektivzins hat die Antragstellerin nicht schlüssig dargelegt. Entgegen der Auffassung des Landgerichts können die Kosten der Restschuldversicherung allerdings nicht unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 99, 336; BGH NJW 1990, 1048, 1049) von vorneherein aus der Sittenwidrigkeitsprüfung ausgeklammert werden, weil §§ 4 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG, 492 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. § 4 bzw. 6 PAnGVO unter bestimmten Voraussetzungen die Einbeziehung von Restschuldversicherungskosten in die Berechnung des effektiven Jahreszinses vorschreiben. Sofern der Effektivzins eines abgeschlossenen Kreditvertrags unter Berücksichtigung von Restschuldversicherungskosten zu bestimmen ist, muss er dann aber dem Effektivzins gegenüber gestellt werden, der für solche Kredite marktüblich ist, deren Gewährung - wie es in § 6 Abs. 3 Nr. 5 2. Halbsatz PAngVO heißt - den Abschluss einer Restschuldversicherung zwingend voraussetzt. Andernfalls würden unterschiedliche Sachverhalte verglichen.

Soweit die bis zum 30.12.1993 geschlossenen Kreditverträge betroffen sind, macht auch die Antragstellerin ein sich unter Berücksichtigung der Kosten der Restschuldversicherung ergebendes auffälliges Missverhältnis zwischen Vertragszins und marktüblichem Effektivzins nicht geltend. Die Darlegungen in der Antragsschrift betreffen lediglich die ab dem 16.12.1999 geschlossenen Kreditverträge.

In Bezug auf die ab dem 16.12.1999 geschlossenen Kreditverträge ergibt sich aus dem in diesen angegebenen Effektivzins und dem von der Antragstellerin dargelegten marktüblichen Effektivzins für sich betrachtet kein auffälliges Missverhältnis (vgl. S. 15 ff. der Antragsschrift, Bl. 15 ff. d.A sowie S. 3 des Schriftsatzes vom 25.6.2007, Bl. 201 d.A.). Die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Kosten der Restschuldversicherung hat die Antragstellerin nicht schlüssig dargelegt. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 5 2. Halbsatz PAngVO sind in die Berechnung die Kosten einer Versicherung einzubeziehen, die die Rückzahlung an den Darlehensgeber bei Tod, Invalidität, Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Kreditnehmers zum Ziel haben, (...) und die der Kreditgeber zwingend als Bedingung für die Gewährung des Kredits vorschreibt. Die Klägerin hat, worauf bereits das Landgericht in anderem Zusammenhang hingewiesen hat (S. 11 des angefochtenen Beschlusses), nicht ansatzweise dargelegt, wie es in ihrem konkreten Fall - durch welche Handlungen und Erklärungen der Beteiligten - zum zeitgleichen Abschluss der Kreditverträge und der Restschuldversicherung gekommen ist. Die von der Antragstellerin unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Antragsgegnerin in der Vergangenheit bei 96 % bis 98 % aller Kreditvergaben zugleich eine Restschuldversicherung vermittelte, würde nur ein Indiz für die Richtigkeit eines als solches schlüssigen, einzelfallbezogenen Vortrags darstellen. Ob schon das der Antragstellerin durch eine gesondert unterschriebene Erklärung eingeräumte Recht, von der Restschuldversicherung innerhalb eines Monats zurückzutreten (vgl. den Versicherungsvertrag vom 15.10.2004, Bl. 67 d.A.), es ausschließt, die Restschuldversicherung als zwingende Voraussetzung für die Darlehensgewährung anzusehen, kann angesichts des sonstigen Sach- und Streitstands im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen.

b) Die Mehrkosten, die bei Ablösung des Altkredits und gleichzeitiger Kreditaufstockung durch einen einheitlichen Neukredit hinsichtlich des Altkredits anfielen, führen, nachdem ein auffälliges Missverhältnis zwischen Vertrags- und Marktzins nicht dargetan ist, für sich allein nicht zur Sittenwidrigkeit der zwischen den Parteien geschlossenen Kreditverträge. Insbesondere waren die wesentlichen Faktoren, aus denen sich die von der Antragstellerin dargelegten Umschuldungskosten ergaben, aus den Kreditverträgen selbst ersichtlich. Aus diesen ging hervor, dass die Versicherungsbeiträge und die Bearbeitungsgebühren nach Maßgabe des vollen Nettokredits bzw. der vollen Antragssumme des neuen Vertrags berechnet wurden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Antragstellerin vorgenommene Berechnung der in Bezug auf die Altkredite angefallenen Mehrkosten zum Teil fehlerhaft ist. Die Antragstellerin hat selbst erkannt, dass die Vergleichsberechnung (Alt- und Aufstockungskredit gegenüber Neukredit) in der Antragsschrift die auf die Restlaufzeit des Altkredits entfallenden Zinsen außer acht gelassen hat. Die erforderliche Korrektur hat sie im Schriftsatz vom 30.4.2007 nur für den Kredit vom 15.10.2004 nachgeholt, was zu einer Verringerung der errechneten Mehrkosten von 11.049,91 € auf 4.696,45 € geführt hat. Die Antragstellerin hat ferner hinsichtlich aller Umschuldungen nicht beachtet, dass sich die Mehrkosten noch um die Gutschrift für die alte Restschuldversicherung reduzierten. Diese betrug beispielsweise ausweislich des Ablöseauftrags vom 15.10.2004 (Bl. 72 d.A.) 1.802,90 €.

3. Selbst wenn die Restschuldversicherungsverträge sittenwidrig (138 BGB) und damit nichtig sein sollten, würde dies die angekündigten Klageanträge nicht rechtfertigen.

a) Anders als das Landgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass die Antragstellerin für die ab dem 16.12.1999 geschlossenen Kreditverträge ein auffälliges Missverhältnis zwischen den von ihr geschuldeten Versicherungsbeiträgen und marktüblichen Versicherungsbeiträgen in beachtlicher Weise aufgezeigt hat.

Die Antragstellerin hat unter Berufung auf ein Sachverständigengutachten behauptet, dass die von der D Versicherung verlangten Beiträge die marktüblichen Restschuldversicherungskosten um mehr als 100 % übersteigen. Zur Substantiierung hat sie die Versicherungsbeiträge dargelegt und belegt, die ausweislich eines Berechnungsprogramms der E-Bank AG für die Restschuldversicherung gleich hoher Kredite dieses Kreditinstituts zu zahlen sind. Die Beiträge für die von der Antragsgegnerin vermittelten Restschuldversicherungen der D Lebensversicherung übersteigen die für die Versicherung von Krediten der E-Bank AG geforderten Beiträge danach, wie die Antragstellerin ausgerechnet hat, um 381 % bis 922 %. Angesichts der Höhe dieser Überschreitung kann es entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht darauf ankommen, ob die Leistungsvoraussetzungen und Vertragsbedingungen der D Lebensversicherung und der Versicherung der E-Bank AG in jeder Hinsicht vergleichbar sind. Das Gleiche gilt, soweit die Antragstellerin ihre Vergleichsberechnungen deshalb auf der Grundlage eines hypothetischen Alters von 64 Jahren (nicht aber auf der Grundlage des bei Abschluss der Kreditverträge teils geringfügig höheren tatsächlichen Lebensalters) vorgenommen hat, weil die E-Bank AG für Darlehensnehmer ab 65 Jahren keine Restschuldversicherungen mehr vermittelt. Dass die mit dem Programm der E-Bank AG vorgenommenen Vergleichsberechnungen zum Stichtag 6.2.2007 und nicht zu den jeweiligen früheren Vertragsdaten erfolgten, ist ebenfalls unerheblich. Es ist nicht anzunehmen, dass Berechnungen per 6.2.2007 zu geringeren Beiträgen geführt haben als sie Berechnungen für die jeweiligen Zeitpunkte der einzelnen Vertragsschlüsse ergeben hätten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beiträge zu Restschuldversicherungen - entgegen der allgemeinen Preisentwicklung - im hier maßgeblichen Zeitraum gesunken sind.

b) Eine etwaige Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit der Restschuldversicherungsverträge würde sich nicht über § 139 BGB auf die zwischen den Parteien geschlossenen Kreditverträge auswirken.

Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kredit- und die Restschuldversicherungsverträge in getrennten Urkunden niedergelegt worden sind und deshalb eine Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der Rechtsgeschäfte streitet (vgl. BGH WM 2007, 116, 118 m.w.Nachw.). Diese Vermutung ist nicht widerlegt. Wie oben ausgeführt worden ist, hat die Antragstellerin nicht dargetan, dass der Abschluss der Restschuldversicherungen zwingende Voraussetzung für die Gewährung der Kredite war. Außerdem konnte die Antragstellerin - jedenfalls was die am 15.10.2004 geschlossenen Verträge angeht - innerhalb eines Monats von der Restschuldversicherung zurücktreten (vgl. den Versicherungsvertrag, Bl. 67 d.A.), ohne dass dies Einfluss auf den Kreditvertrag gehabt hätte. Die vor dem 15.10.2004 geschlossenen Versicherungsverträge sind von den Parteien nicht vorgelegt worden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hätte die Antragsgegnerin aufgrund eines Rücktritts des Darlehensnehmers von der Restschuldversicherung keinen begründeten Anlass zur Kündigung des Kredits gehabt. Der Anspruch aus der Restschuldversicherung war der Antragsgegnerin nach den getroffenen Vereinbarungen nicht als Sicherheit abgetreten (vgl. den Kreditvertrag vom 15.10.2004, Bl. 65 d.A.), so der Rücktritt der Antragstellerin von der Versicherung nicht zum Wegfall einer Sicherheit geführt hätte.

c) Allerdings ist im Rahmen des vorliegenden Prozesskostenhilfeverfahrens davon auszugehen, dass die Kreditverträge und die Restschuldversicherungen eine wirtschaftliche Einheit bilden und jeweils ein verbundenes Geschäft (§ 9 VerbrKrG, § 358 BGB) darstellen. Hierzu wird auf die Ausführungen unter 1 a verwiesen.

Dies hat, nachdem die Versicherungsbeiträge vereinbarungsgemäß an die D-Lebensversicherung geleistet sind, zur Folge, dass die Antragstellerin ihren Rückgewähranspruch gegen die D Versicherung im Wege des Einwendungsdurchgriffs (§ 9 Abs. 3 VerbrKrG, 359 BGB) der Antragsgegnerin entgegen setzen kann. Es ist jedoch weder dargetan noch erkennbar, dass der aufgezeigte Einwendungsdurchgriff dazu führt, dass der Antragsgegnerin aus den unter der Kreditnummer ###### abgeschlossenen Kreditverträgen keine Ansprüche mehr zustehen oder dass sich gar eine Überzahlung zu Gunsten der Antragstellerin ergibt. Die Summe der Versicherungsbeiträge liegt weit unter der Restforderung von 18.105,32 € per 30.1.2007, der sich die Antragsgegnerin berühmt.

4. Die angekündigten Hauptanträge lassen sich auch nicht aus Verschulden der Antragsgegnerin bei Vertragsschluss bzw. §§ 311 Abs. 2, 280 BGB begründen.

a) Im Prozesskostenhilfeverfahren ist allerdings zu Gunsten der Antragstellerin davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei Vertragsschluss verpflichtet war, ungefragt zu offenbaren, dass sie einen erheblichen Anteil des in den Kreditverträgen angegebenen Versicherungsbeitrags - nach der bisher unwidersprochenen Darstellung der Antragstellerin mehr als 50 % - von der D Lebensversicherung als Vermittlungsprovision erhalten würde.

Die Frage, ob die vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 19.12.2006 - XI ZR 56/05 (WM 2007, 487 ff.) aufgestellten Grundsätze auf die vorliegende Art von Fällen übertragen werden können, stellt eine zweifelhafte Rechtsfrage dar, die nicht vorab im Prozesskostenhilfeverfahren zum Nachteil der Antragstellerin entschieden werden kann. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass eine Bank, die einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und jährlichen Verwaltungsgebühren erhält, den Kunden über diese Rückvergütungen aufklären muss. Die Aufklärung sei notwendig, um einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) offen zu legen. Erst durch die Aufklärung werde der Kunde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt sei, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten.

Ein vergleichbarer, zur Aufklärung verpflichtender Interessenkonflikt der Bank könnte auch in Fällen der vorliegenden Art bestehen. Hierfür lässt sich anführen, dass der Kreditnehmer erst dann, wenn er weiß, dass und in welcher Größenordnung die Bank Rückflüsse aus dem Versicherungsbeitrag erhält, einzuschätzen vermag, ob sein Interesse (einschließlich desjenigen seiner Erben) an einer angemessenen Risikoabsicherung oder das Interesse der Bank an der Provision für die Aufnahme der Restschuldversicherung in den Darlehensvertrag ausschlaggebend sind. Andererseits lag dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 (aaO) ein Beratungsvertrag zugrunde, bei dem grundsätzlich weiter reichende Pflichten der Bank in Betracht kommen, als - wie im vorliegenden Fall - im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Kreditvertrags.

b) Die Antragstellerin kann nach dem Sach- und Streitstand des Verfahrens nicht verlangen, so gestellt zu werden, als ob die Kreditverträge überhaupt nicht geschlossen worden wären. Sie hat nicht dargetan, dass die Aufklärungspflichtverletzung der Antragsgegnerin für die Kreditaufnahme als solche ursächlich war.

Der Bedarf, der den ursprünglichen Kredit und die jeweiligen Kreditaufstockungen auslöste, bestand ungeachtet des pflichtwidrigen Handelns der Antragsgegnerin. Sofern die Antragsgegnerin - wovon nach den Ausführungen unter 2 a derzeit auszugehen ist - auch Kredite ohne Restschuldversicherung ausreichte, sprach daher alles dafür, dass die Antragstellerin im Falle der gebotenen Aufklärung zumindest von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hätte.

c) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist die Antragsstellerin lediglich so zu stellen, als ob sie die Kreditverträge ohne Restschuldversicherungen abgeschlossen hätte. Es ist anzunehmen, dass sie, sofern die Antragsgegnerin auf den Rückfluss hoher Vermittlungsprovisionen hingewiesen hätte, erkannt hätte, dass die Restschuldversicherungen überwiegend im Interesse der Antragsgegnerin lagen, für sie selbst aber mit erheblichen Belastungen verbunden waren und deshalb von dem Abschluss der Versicherungen abgesehen hätte.

Es ist jedoch weder dargetan noch erkennbar, dass ein Schadensersatzanspruch dieses Inhalts dazu führt, dass der Antragsgegnerin aus den unter der Kreditnummer ###### abgeschlossenen Kreditverträgen keine Ansprüche mehr zustehen oder dass sich gar eine Überzahlung zu Gunsten der Antragstellerin ergibt. Die Summe der Versicherungsbeiträge liegt weit unter der Restforderung von 18.105,32 € per 30.1.2007, der sich die Antragsgegnerin berühmt.

5. Die Hilfsanträge in der Fassung der Beschwerdeschrift (Bl. 181 d.A.) sind unbegründet. Ein Anspruch auf eine neue Abrechnung, der gemäß § 6 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG, § 494 Abs. 2 Satz 4 BGB ohnehin nicht die von der Antragstellerin begehrte neue Abrechnung der Kreditverträge, sondern eine neue Berechnung der vereinbarten Teilzahlungen zum Gegenstand hätte, steht der Antragstellerin nicht zu. Vereinbarte Teilzahlungen sind unter Berücksichtigung der nach §§ 6 VerbrKrG, 494 BGB verminderten Zinsen und Kosten neu zu berechnen.

a) Zwar hätte sich der den Kreditverträgen zugrunde gelegte Nominalzins gemäß § 6 Abs. 3 VerbrKrG, § 494 Abs. 3 BGB vermindert, wenn der Effektivzins in den Kreditverträgen deshalb zu niedrig angegeben worden wäre, weil die Kosten der Restschuldversicherung nach § 6 Abs. 3 Nr. 5 2. Halbsatz PAnGVO in dessen Berechnung hätten einbezogen werden müssen. Diese Voraussetzung liegt aber nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass der Abschluss der Restschuldversicherungen zwingende Voraussetzung für die Gewährung der Kredite war (vgl. die Ausführungen unter 2 a).

b) Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die in den angegebenen Versicherungsbeiträgen enthaltenen, von der Versicherung an die Antragsgegnerin zurückfließenden Vermittlungsprovisionen Kosten der Restschuldversicherung (§ 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 f VerbrKrG, § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 6 BGB), nicht aber Kosten des Kredits im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 d VerbrKrG, § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB sind. Demzufolge sind die Vermittlungsprovisionen für die Restschuldversicherung entgegen der Ansicht der Antragstellerin weder losgelöst von den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 5 2. Halbsatz PAnGVO als Kosten des Kredits bei der Effektivzinsberechnung zu berücksichtigen noch führt der Umstand, dass die Vermittlungsprovisionen nicht gesondert als Kosten des Kredits in den Kreditverträgen ausgewiesen sind, dazu, dass sie nach § 6 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG, § 494 Abs. 2 Satz 3 BGB von der Antragstellerin nicht geschuldet sind.

Ausgehend vom insoweit eindeutigen Gesetzwortlaut stellen sich Kosten für die Vermittlung einer Restschuldversicherung als Kosten der Restschuldversicherung dar. Die von der Antragstellerin herangezogene, in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 11/5462 S. 19) niedergelegte Definition der Kreditkosten führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach gehören zu den Kreditkosten sämtliche Aufwendungen, die der Kreditnehmer nach dem Vertrag neben den Zinsen zu tragen hat, um den Kredit zu erhalten. Die Gesetzesbegründung hebt hervor, dass hierzu insbesondere Vermittlungsgebühren, Bearbeitungsgebühren, Spesen, Provisionen und ähnliches zählen. Die für die Vermittlung der Restschuldversicherung anfallenden Kosten dienen aber - ausschließlich oder jedenfalls in erster Linie - dem Erhalt der Restschuldversicherung. Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, dass es für den Kreditgeber wirtschaftlich gleichwertig ist, ob er einen bestimmten Betrag als Kreditkosten oder als einen an ihn fließenden Teil der Kosten der Restschuldversicherung vereinnahmt. Eine Umgehung des durch die Pflichtangaben (§§ 4 VerbrKrG, 492 BGB) verfolgten Schutzzwecks, der eine Qualifizierung der Kosten für die Vermittlung der Versicherung als Kreditkosten erfordern würde, liegt hierin jedoch nicht. Der für die Versicherung anfallende Einmalbetrag war in den streitgegenständlichen Kreditverträgen aufgeführt, so dass der Antragstellerin die hierin liegende Belastung vor Augen geführt wurde. Zudem sind die Kosten der Restschuldversicherung, sofern deren Abschluss für die Gewährung des Kredits zwingend ist, ohnehin gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 5 2. Halbsatz PAngVO in die Effektivzinsberechnung einzubeziehen.

c ) Anders als die Antragstellerin geltend macht, sind die Bearbeitungsgebühren, wie vertraglich vereinbart, aus der gesamten Antragssumme, nicht aber nur aus dem jeweiligen Aufstockungsbetrag zu berechnen. Die Antragstellerin zeigt nicht auf, warum die von den Parteien getroffene Vereinbarung nicht wirksam sein soll. Wie oben ausgeführt worden ist, sind die Kreditverträge nicht gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nicht aus diesem Grund nichtig. Die vorzeitige Beendigung des jeweils vorausgegangen Kreditvertrags steht, da die Bearbeitungsgebühr kein laufzeitabhängiges Entgelt darstellt, der Berechnung der neuen Bearbeitungsgebühr aus der gesamten Antragssumme nicht entgegen. Die von der Antragstellerin für ihre Rechtsauffassung angeführte Entscheidung des OLG Celle ist laut Iuris weder unter dem angegebenen Aktenzeichen (3 U 690/95) noch unter der angegebenen Fundstelle (NJW-RR 1995, 1113 f.) veröffentlicht.

6. Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 127 Abs. 4 ZPO für das Beschwerdeverfahren nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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