Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 23.01.2001
Aktenzeichen: 34 U 124/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 631
BGB § 389
BGB § 634
BGB § 635
BGB § 634 Abs. 2
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 101 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHTT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

34 U 124/99 OLG Hamm

Verkündet am 23. Januar 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 34. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2001 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Binnberg sowie die Richter am Oberlandesgericht Wagner und Schwarze

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Februar 1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten der Streithilfe - werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Kläger übersteigt 60.000,00 DM nicht.

Entscheidungsgründe:

(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)

Die Kläger begehren restliches Architektenhonorar aus ihrer Schlußrechnung vom 23.07.1998 über insgesamt 36.000,00 DM für das Objekt (vgl. Bl. 5 GA) sowie den Restbetrag in Höhe von 5.209,43 DM aus ihrer Schlußrechnung vom 15.01.1998 betreffend die Außenanlagen im Baugebiet (vgl. Bl. 77 GA) in.

Die Beklagte hat die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen bzw. Minderungsansprüchen in Höhe von 42.622,72 DM erklärt, da die Planung der Kläger bezüglich des Objektes fehlerhaft sei. So sei die Wohnfläche falsch berechnet; außerdem wiesen die Bäder im Dachgeschoß eine unzureichende lichte Höhe auf.

Bezüglich der Rechnung über die Außenanlagen rechnet die Beklagte hilfsweise mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 8.802,69 DM auf, da die Kläger es schuldhaft; unterlassen hätten, bei der Abnahme der Arbeiten der Firma den Vorbehalt einer Vertragsstrafe auszusprechen. In Höhe dieses Betrages sei ihr ein Schaden entstanden. Durch Urteil des AG Lippstadt in der Sache 26 C 546/98 sei sie zur Zahlung des restlichen Werklohns an die Firma nur deshalb verurteilt worden, weil die Kläger den Vorbehalt der Vertragsstrafe unterlassen hätten.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage mit der Begründung zugesprochen, die Aufrechnungsforderungen der Beklagten seien unbegründet.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die Klageabweisung erstrebt.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25.01.2000, zugestellt am 31.01.2000, der Fa., den Streit verkündet (Bl. 270 - 272, 217 GA) verbunden mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beizutreten.

Der Beitritt auf Seiten der Beklagten ist mit Schriftsatz vom 07.08.2000 erfolgt (Bl. 300 ff GA), wobei sich die Streithelferin dem Klageabweisungsantrag der Beklagten angeschlossen hat (Bl. 300, 344 GA).

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die unstreitige restliche Honorarforderung der Kläger in Höhe von insgesamt 41.209,43 DM ist durch Aufrechnung der Beklagten mit Schadensersatz- bzw. Minderungsansprüchen insgesamt erloschen.

Die Klage der Kläger ist abzuweisen.

I.

Das geltend gemachte restliche Architektenhonorar aus den genannten Rechnungen in Höhe von insgesamt 41.209,43 DM ist zwischen den Parteien nicht im Streit und gemäß § 631 BGB begründet.

II.

Die unstreitige Forderung der Kläger ist durch Aufrechnung der Beklagten mit Gegenforderungen erloschen, § 389 BGB.

1.

Die Planung der Kläger bezüglich des Objektes ist fehlerhaft und hat bei der Umsetzung zu den im einzelnen von den Beklagten gerügten Mängeln einer geringeren Wohnfläche hinsichtlich der Wohnungen Nr. 5 und 6 sowie einer unzureichenden lichten Höhe der Bäder dieser Wohnungen im Dachgeschoß geführt.

Dies steht auf Grund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. in seinem schriftlichen Gutachten vom 06.07.2000, das der Sachverständige im Senatstermin vom 23.01.2001 ergänzend erläutert hat, fest. Der Sachverständige ist dabei zu folgendem Ergebnis gelangt:

Ein Drempel ist ausweislich der maßlichen Festlegungen der Entwurfs- und Genehmigungsplanung nicht vorgesehen. Die von den Klägern auf der Grundlage der Entwurfs- und Genehmigungsplanung konzipierte Wohnfläche ist für den Bereich Wohnzimmer und Bad der Wohnungen 5 und 6 fehlerhaft ermittelt. Die angegebenen Wohnflächengrößen werden für diese Räume an den Wohnflächenberechnungen zur Genehmigungsplanung fehlerhaft angegeben. Nach der Entwurfs- und Genehmigungsplanung können die an gegebenen Wohnflächenwerte für die genannten Räume nicht erreicht werden. Es ergibt sich eine Minderfläche für die Wohnungen 5 und 6 von insgesamt 5,70 m² Wohnfläche, wenn man die Planung der Kläger zugrundelegt.

Die konzipierte lichte Raumhöhe in den Bädern der Wohnungen 5 und 6 ist nach den Entwurfs- und Genehmigungsplanen zu niedrig.

2.

Der Einwand der Kläger, die Bezugshöhe im Bebauungsplan für dieses Gebiet, und zwar die Höhenlage der im Bereich der Zufahrt des Privatweges mit 75,60 m über NN (vgl. Bl. 337 GA), von der ab wiederum die maximale Traufenhöhe gemäß Bebauungsplan von 6,75 m zu rechnen sei, sei unzutreffend, in Wirklichkeit liege dieser Punkt bei 75,99 m über NN mit der Folge, daß auch bei der Konstruktion eine Differenzhöhe von 39 cm bestanden habe, dementsprechend hätten bei Umsetzung ihrer Planung unter Ausnutzung dieser Differenzhöhe die angegebenen Wohnflächenwerte erreicht werden können, geht fehl.

Sowohl die Kläger waren im Rahmen der Entwurfs- und Genehmigungsplanung an die maßgebliche Bezugshöhe im bestandskräftigen Bebauungsplan gebunden; dies gilt erst recht für die weitere auf das Genehmigungsverfahren aufbauende Ausführungsplanung. Wenn überhaupt, hatten die Kläger insoweit einen Dispens im Rahmen der Genehmigungsplanung unter Hinweis auf die angeblich falsche Höhe im Bebauungsplan erreichen können. Dies haben die Kläger jedoch nicht getan. Ihr Einwand, man habe im Einvernehmen mit dem Bauamt bei den umliegenden Gebäuden nach jeweils erteilter Genehmigung stillschweigend hoher gebaut, vermag insoweit die Kläger nicht zu entlasten, auch ist dieser erstmals im Senatstermin vom 23.01.2001 erfolgte Vortrag seitens der Beklagten vehement bestritten worden. Deshalb kam es bereits aus Rechtsgründen auf die weitere - bestrittene - Behauptung der Kläger, die Zeugin, die in ihrem Büro die hier in Rede stehende Wohnflächenberechnung erstellt habe, habe der Beklagten die Planskizzen mit dem Hinweis übergeben, daß bei der Ausführungsplanung an den Drempel gedacht werden müsse, nicht an. Der Senat hat deshalb von der Vernehmung der Zeugin zu dieser Behauptung abgesehen.

3.

Damit war die Beklagte bereits aus Rechtsgründen im Rahmen der Ausführungsplanung und der anschließenden, tatsächlichen Errichtung des Bauvorhabens an die genehmigte Planung der Kläger gebunden, die wiederum selbst von der maßgeblichen Bezugshöhe im Bebauungsplan von 75,60 m über NN ausweislich ihrer Plane (vgl. Schnittzeichnungen, Bl. 107, 172 GA) ausgeht, was die Kläger auch nicht in Abrede stellen.

Unabhängig davon hat auch der Sachverständige Dipl.-Ing. aus seiner Sicht bekräftigt, daß im Rahmen der Ausführungsplanung und tatsächlichen Durchführung des Bauvorhabens von dieser im Bebauungsplan vorgegebenen Höhe nicht hatte abgewichen werden dürfen. Eine Ausnahme wäre nur dann denkbar, wenn zuvor eine abweichende Planung vorgelegt worden und insoweit eine Befreiung seitens der Baubehörde erteilt worden wäre. Auch unter Berücksichtigung der Kritik der Kläger ist er insgesamt bei den Ausführungen seines Gutachtens geblieben. So sei insbesondere kein Drempel möglich gewesen, die Differenzhöhe zwischen Oberkante Fußboden 1. OG und Traufpunkt von 28 cm hatte insoweit lediglich für eine Fußpfette ausgereicht.

4.

Auf Grund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt, sind damit die von der Beklagten behaupteten Planungsfehler im Architektenwerk der Kläger bewiesen.

II.

Diese Planungsfehler, die entgegen der Behauptung der Kläger im Rahmen der Ausführungsplanung und der tatsächlichen Errichtung des Bauvorhabens nicht korrigiert werden konnten, haben sich im weiteren Werk fortgesetzt und letztlich zu einer geringeren Wohnfläche, als veranschlagt, und zu einer unzureichenden lichten Höhe der Bäder der Wohnungen Nr. 5 und 6 geführt. Daß die tatsächlichen Abweichungen im errichteten Bauvorhaben auf Grund der Messungen des Sachverstandigen an Ort und Stelle sogar noch großer sind, muß in diesem Zusammenhang unberücksichtigt bleiben.

2.

Diese verminderte Wohnfläche und die unzureichende lichte Höhe der Bäder im Dachgeschoß der Wohnungen Nr. 5 und 6 haben jeweils zu einem Minderwert geführt, den die Beklagte den Klägern entgegenhalten kann.

Allein auf Grund der geminderten Wohnfläche und der unzureichenden Höhe der Bäder besitzen die in Rede stehenden Wohnungen einen merkantilen Minderwert. Unabhängig davon dürfte die von den Klägern erstellte - unzutreffende - Wohnflächenberechnung, die unstreitig Gegenstand der Werbeunterlagen und Angebote der Beklagten geworden sind, auch Vertragsinhalt der mit den jeweiligen Erwerbern dieser Wohnungen geschlossenen notariellen Verträge geworden sein, wenn in diesen Verträgen auch die jeweils von den Klägern ermittelte und den Erwerbern sodann übermittelte Wohnfläche nicht noch einmal expressis verbis aufgeführt worden ist (vgl. Bl. 247 bis 264 GA). Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Schreiben der Erwerber vom 08.12.1999 (vgl. Bl. 268, 269 GA) machen diese unter Hinweis auf die unzutreffende Wohnfläche auch bereits Minderungsansprüche gegen die Beklagte geltend und halten insoweit Kaufpreisreste zurück.

Gemäß §§ 634, 635 BGB kann die Beklagte den infolge der beschriebenen Planungsfehler der Kläger entstandenen merkantilen Minderwert den Klägern entgegenhalten; eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gemäß § 634 Abs. 2 BGB war insoweit entbehrlich, da eine Beseitigung des Mangels unmöglich ist (vgl. auch OLG Celle Baurecht 2000, 1082). Die Beklagte hat insoweit mit Schadensersatz und Minderungsansprüchen in Höhe von 42.622,72 DM die Aufrechnung erklärt.

3.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. hat angesichts der von ihm festgestellten Minderfläche für die Wohnungen 5 und 6 von insgesamt 5,70 m² Wohnfläche daraus einen Minderwert für die beiden Wohnungen in Höhe von 24.441,60 DM errechnet, wobei er als Bezugsgröße für den m²-Preis die Angaben der Beklagten in Höhe von 4.288,00 DM entsprechend der Berechnung Bl. 24 GA zugrundegelegt hat (vgl. Bl. 15 bis 17 des Gutachtens). Der Sachverständige hat ferner den Minderwert für die eingeschränkte Raumnutzung der Bäder im Dachgeschoß der Wohnungen 5 und 6 mit jeweils 10.000,00 DM veranschlagt.

Insgesamt kommt somit der Sachverständige auf einen Minderwert von 44.441,60 DM, der die Klageforderung in Höhe von 41.209,43 DM übersteigt.

Diesen Berechnungen und Wertungen des Sachverständigen sind die Kläger nicht mehr entgegengetreten, so daß der Senat auf Grund der überzeugenden und in sich stimmigen. Ausführungen des Sachverstandigen diesen Minderwert, den die Beklagte sich zu eigen gemacht hat, seiner Entscheidung zugrundelegt.

4.

Danach kommt es auf den hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzbetrag wegen Nichtvorbehalts der Vertragsstrafe in Höhe von 8.802,69 DM nicht mehr an.

IV.

Auf Grund der wirksam erklärten Aufrechnung der Beklagten mit Gegenansprüchen, die die Klageforderung übersteigen, ist die Honorarforderung der Kläger erloschen, § 389 BGB.

Auf die Berufung der Beklagten ist das angefochtene Urteil abzuändern, die Klage ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück