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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 35 U 24/02
Rechtsgebiete: HGB, BGB
Vorschriften:
HGB § 87 | |
HGB § 87 I | |
HGB § 87 II | |
HGB § 87 III | |
HGB § 87a IV | |
HGB § 87 c I | |
HGB § 87 c II | |
HGB § 88 | |
BGB § 852 Abs. 1 |
Oberlandesgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil
35 U 24/02 OLG Hamm
verkündet am 21.03.2002
In dem Rechtsstreit
hat der 35. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Zumdick, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Köhler und den Richter am Oberlandesgericht Jellentrup auf die mündliche Verhandlung vom 28.02.2003
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 05.03.2002 verkündete Teilurteil der VIII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug über alle Geschäfte mit unter der Marke "S" vertriebenen Herrenhemden im Gebiet gemäß Anlage 1 dieses Urteils zu erteilen, die entweder
- in der Zeit vom 01.01.1998 bis zum 30.06.2001 zwischen der Beklagten und Kunden zustande gekommen sind oder
- zwar erst nach dem 30.06.2001 abgeschlossen wurden, aber von der Klägerin vermittelt oder eingeleitet und so vorbereitet worden sind, dass es daraufhin bis zum 30.09.2001 zum Geschäftsabschluss gekommen ist,
- weiterhin auch über die Geschäfte, die nach dem 30.06.2001 abgeschlossen wurden, hinsichtlich derer das Angebot zum Vertragsabschluss der Beklagten aber bereits vor dem 30.06.2001 zugegangen ist.
Hiervon ausgenommen sind Geschäfte der Beklagten mit Zentralen der Warenhaus-Konzerne, Zentralen der Einkaufs-Verbände, Zentralen der Versandhäuser, Zentralen der Großhändler mit Ausnahme kleinerer Großhändler, die unter die Rubrik "G-8-Großhandel" fallen, daneben auch Geschäfte mit SB-Märkte, Personalshops, Discountern und branchenfremden Wiederverkäufern.
Der Buchauszug hat im einzelnen folgende Angaben zu enthalten:
a) Auftragsdatum;
b) Auftragsnummer;
c) Warenwert lt. Auftrag;
d) Warenmenge lt. Auftrag;
e) Rechnungsdatum;
f) Rechnungsnummer;
g) Rechnungsbetrag;
h) Kunden mit genauer Anschrift;
i) Stadium der Ausführung des Geschäfte bzw. des Standes der Auftragsbearbeitung im Falle der vorgenannten, erst nach dem 30.06.2001 abgeschlossenen Geschäfte;
j) Höhe der eingegangenen Zahlungen;
k) Angabe der Annullierungen und Retouren mit Angabe der jeweilige Gründe hierfür.
Im übrigen wird die Klage auf Erteilung eines Buchauszugs abgewiesen, die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin war für die Beklagte in der Zeit vom 01.10.1966 bis zum 31.12.2001 als selbständige Handelsvertreterin in der Funktion eines Bezirksvertreters tätig. Das Vertragsverhältnis endete durch ordnungsgemäße Kündigung der Beklagten zum 31.12.2001, wobei die Beklagte die Klägerin bereits zum 30.06.2001 von ihrer vertraglichen Verpflichtungen zur weiteren Mitarbeit entband.
Grundlage der Tätigkeit der Klägerin war ursprünglich ein schriftlicher Handelsvertretervertrag vom 03.08.1966. Dieser enthielt zu § 2 folgende Bestimmung:
Die vertretene Firma betraut den Handelsvertreter mit ihrer Vertretung für die nachstehend aufgeführten Artikelgruppen ...
- Herren-, Ober und Sporthemden-Kollektion B
- Herren-Freizeithemden-Kollektion S
- Herren-Unterwäsche
- Knabenhemden.
Neu entwickelte Artikelgruppen, die in diesem Vertrag nicht verankert sind und die die vertretene Firma erst nach Abschluss dieses Vertrages in ihr Verkaufsangebot aufnehmen wird, werden nicht automatisch in diesen Vertrag einbezogen.
Wenn der Handelsvertreter die neuentwickelten Artikelgruppen mit führen soll, ist ein schriftlicher Zusatzvertrag zu diesem Handelsvertreter-Vertrag erforderlich.
Zu § 23 bestimmt der Handelsvertretervertrag vom 03.08.1966 im übrigen:
Nachstehend aufgeführter Kundenkreis, der durch die vertretene Firma direkt bearbeitet wird und dessen direkte Bearbeitung zwingend notwendig ist, darf durch den Handelsvertreter nicht besucht werden. Der Handelsvertreter hat für diese Aufträge keinen Provisionsanspruch:
1. Warenhauskonzerne und deren Filialen,
Kaufhof/Kaufhalle - Karstadt/Kepa - Hertie/Bilka - Horten/Merkur/DEFAKA
2. Zentralen der Einkaufsverbände
Der Vertrag vom 03.08.1966 wurde später durch einen schriftlichen Handelsvertretervertrag vom 17.04.1978 (Anl. K 1 zur Klageschrift) ersetzt, der eine Änderung des Vertretungsgebiets der Klägerin vorsah und im übrigen in § 1 des Vertrages die von der Vertretung umfassten Artikelgruppen mit "S-Herrenhemden" bezeichnet, auch hier verbunden mit dem Zusatz, dass neuentwickelte Artikelgruppen, die die vertretene Firma erst nach Abschluss dieses Vertrages in ihr Verkaufsangebot aufnimmt, nur dann unter diesen Vertrag (fallen), wenn dafür ein entsprechender Zusatzvertrag abgeschlossen worden ist.
Zu § 11 enthält der Vertrag vom 17.04.1978 weiter folgende Bestimmung:
..... Nachstehend aufgeführte Kunden, deren direkte Bearbeitung durch die vertretene Firma aus besonderen Gründen erforderlich erscheint, dürfen durch den Handelsvertreter nicht besucht werden:
1. sämtliche Zentralen der Warenhaus-Konzerne
2. sämtliche Zentralen der Einkaufs-Verbände
3. sämtliche Zentralen der Versandhäuser
4. sämtliche Zentralen der Großhändler mit Ausnahme der derzeitigen kleineren Großhändler, die unter die Rubrik "G-8-Großhandel" fallen
5. SB-Märkte, Personal-shops, Discounter etc.
6. Branchenfremde Wiederverkäufer
Geschäfte mit diesen Kunden fallen nicht unter diesen Vertrag.
Daneben bestimmt der Vertrag zu § 18 folgendes:
Die Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis verjähren in einem Jahr seit Kenntniserlangung und Fälligkeit, ohne Rücksicht auf die Kenntnis in 3 Jahren nach Fälligkeit...
Weitere Modifikationen des Vertragsverhältnisses - u.a. in Bezug auf eine Erweiterung des Vertretungsgebietes- folgten mit Nachfolgeverträgen vom 02.05.1988 und 01.04.1993.
Bei Abschluss des Vertrages vom 03.08.1966 vertrieb die Beklagte ihre Produkte jedenfalls außerhalb ihrer Geschäfte mit Kaufhäusern allein unter der Marke S. Später erweiterte sie ihr Produktprogramm allgemein um unter anderen Marken hergestellte Herrenhemden - sogenannte Private Labels (= Eigenmarken) verschiedener Kunden- sowie No-name-Produkte, mit deren Vertrieb die Klägerin aber zu keiner Zeit gesondert befasst wurde. Anders verhielt es sich mit den beiden von der Beklagten selbst kreierten Hemdenkollektionen "B by S" und "P by S", die - nach Vortrag der Beklagten allerdings nur bis 30.04.1993 - von der Klägerin vertrieben und ihr normal verprovisioniert wurden, anders als eine ab Mitte 1998 unter dem Markennamen "B" in das Programm der Beklagten aufgenommene Hemdenkollektion, die die Beklagte wie die übrigen Eigenmarken und No-name-Produkte behandelt(e) und über einen gesonderten Vertriebsweg - ohne Beteiligung der Klägerin- in den Handel brachte bzw. bringt.
Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Erteilung eines Buchauszugs über alle in der Zeit vom 01.01.1997 - 30.06.2001 in einem näher bezeichneten Gebiet zustande gekommenen oder im Sinne des § 87 III HGB angebahnten Geschäfte mit unter der Marke S, unter Eigenmarken oder als No-Name-Produkt vertriebenen Herrenhemden sowie auf Zahlung etwaiger sich hiernach ergebender restlicher Provisionen in Anspruch.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe regelmäßig nur 75 % der Geschäfte ausgeliefert und nur die jeweiligen Rechnungsbeträge verprovisioniert. Ihr stehe daher noch ein Anspruch auf restliche Provision in Höhe von mindestens 250.000,00 DM zu. Zudem habe sich die Beklagte bislang zu Unrecht geweigert, auch die Geschäfte zu verprovisionieren, die sich über die Herstellung und Lieferung von Herrenhemden unter Eigenmarken der Kunden verhielten. Insoweit stehe ihr ein weitergehender Provisionsanspruch in Höhe von mindestens 150.000,00 DM zu. Sie hat gemeint, als Gebietsvertreterin stehe ihr ein Provisionsanspruch hinsichtlich aller von der Beklagten vertriebenen Hemden unabhängig von der Markenbezeichnung des Artikels zu.
Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, der Klägerin - insoweit unstreitig wöchentliche Provisionsabrechnungen mit darin enthaltener Erläuterungen etwaiger Retouren sowie einen Buchauszug über den Zeitraum 01.01. - 30.06.2001 erteilt zu haben. Sie hat hinsichtlich früherer Zeiträume unter Hinweis auf die zu § 18 des Handelsvertretervertrages vereinbarte Verjährungsfrist die Einrede der Verjährung erhoben und im übrigen einen Provisionsanspruch der Klägerin hinsichtlich der unter Eigenmarken der Kunden vertriebenen Hemden auch dem Grunde nach in Abrede gestellt. Sie hat hierzu vorgetragen, während der gesamten Laufzeit ihres Vertretervertrages habe die Klägerin bezüglich derartiger Geschäfte des Vertrages weder Leistungen erbracht noch Provisionen erhalten. Die Tätigkeit der Klägerin habe sich vielmehr allein auf die Vermittlung von Geschäftsabschlüssen über unter der Marke S vertriebene Hemden beschränkt.
Das Landgericht hat die Beklagte durch das angefochtene Teilurteil unter Abweisung der weitergehenden Klage für den Zeitraum 01.01.1998 - 30.06.2001 antragsgemäß zur Erteilung des verlangten Buchauszugs verurteilt. Es hat gemeint, die Beklagte schulde der Klägerin nach dem mit ihr geschlossenen Vertrag Provisionszahlung für alle in ihrem Vertretungsgebiet abgeschlossenen Geschäfte mit Herrenhemden gleich welcher Marke, da sich die Vertretung der Klägerin auf alle "S-Herrenhemden" und damit alle von der Beklagten vertriebenen Herrenhemden erstreckt habe. Allein der Vertrieb unter einem anderen Label habe die Hemden nicht zu einer anderen Artikelgruppe i.S.d. § 1 des Vertrages vom 17.04.1978 gemacht. Nur für die Zeit vor dem 01.01.1998 sei die Beklagte nicht zur Erteilung eines Buchauszugs verpflichtet, da etwaigen in diesen Zeitraum fallende Provisionsansprüche der Klägerin aufgrund der -wirksamen- Bestimmung zu § 18 des Vertrages vom 17.04.1978 verjährt seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit dem sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Die Beklagte bemängelt den Tenor des angefochtenen Urteils als in weiten Teilen nicht vollstreckungsfähig und hält im übrigen daran fest, dass sich die Vertretung der Klägerin ausschließlich auf die unter der Marke "S" vertriebenen Hemden beschränkt habe. Hiervon zu unterscheiden seien die schon wegen qualitativer Unterschiede einer anderen Artikelgruppe i.S.d. § 1 des Handelsvertretervertrages zuzuordnenden Private Labels und No-Name-Produkte. Daneben erhebt die Beklagte weiterhin die Einrede der Verjährung und beruft sich hilfsweise auf Verwirkung.
Die Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vertrags das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Feststellungen des Landgerichts in seinem angefochtenen Urteil sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 28.02.2003 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
1.
Zwischen den Parteien ist dem Grunde nach unstreitig, dass die Klägerin als Handelsvertreterin der Beklagten von dieser nach § 87 c II HGB einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen kann, für die ihr nach § 87 HGB Provision gebührt.
2.
Der von der Beklagten geschuldete Buchauszug bleibt allerdings von seinem Umfang her deutlich hinter demjenigen zurück, den das Landgericht der Klägerin durch das angefochtene Teilurteil zuerkannt hat.
a)
Die Beklagte beanstandet zu Recht, dass sie der Klägerin nach dem Handelsvertretervertrag vom 17.04.1978 keinen Buchauszug bezüglich ihrer Geschäftsabschlüsse mit den in § 11 II des Vertrages aufgelisteten Kunden (s.o.: sämtliche Zentralen der Warenhaus-Konzerne, sämtliche Zentralen der Einkaufs-Verbände, sämtliche Zentralen der Versandhäuser, sämtliche Zentralen der Großhändler mit Ausnahme der derzeitigen kleineren Großhändler, die unter die Rubrik "G-8-Großhandel" fallen, SB-Märkte, Personal-shops, Discounter etc., branchenfremde Wiederverkäufer) schuldet, da diese Geschäfte "nicht unter den Vertrag fallen" sollten. Dass es im Einzelfall entsprechend der Regelung zu § 11 III des Handelsvertretervertrages zwischen den Parteien zu abweichenden Vereinbarungen gekommen ist, behauptet auch die Klägerin nicht. Dementsprechend sind Geschäftsabschlüsse mit den in § 11 II des Vertrages aufgelisteten Kunden nicht Gegenstand des von der Beklagten geschuldeten Buchauszugs.
b)
Die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung eines Buchauszuges erstreckt sich zudem auch nicht auf Geschäftsabschlüsse über sogenannte Eigenmarken/Private Labels und No-name-Produkte.
aa)
Nach § 2 des Ursprungsvertrages der Parteien vom 03.08.1966 (Bl. 47 ff, 48 GA) umfasste die der Klägerin übertragene (Bezirks-)Vertretung im hier allein interessierenden Bereich des Vertriebs von Herrenoberhemden zwar ohne weitere Einschränkung die (gesamte) "Herren-, Ober- und Sporthemden-Kollektion B" sowie die "Herren-Freizeithemden-Kollektion S". Nach den Protokollerklärungen des Inhabers der Klägerin (Bl. 19 R/20; 45 R GA) handelte es sich dabei aber durchweg um Artikel, die unter der Markenbezeichnung "S" in den Handel gebracht wurden; Eigenmarken gab es nach Darstellung des Inhabers der Klägerin (Bl. 19 R GA) bei Vertragsabschluss 1966 noch nicht, nach Darstellung der Beklagten (Bl. 46 GA) dagegen allenfalls in dem vom Vertrag ohnehin ausgenommenen Bereich des Kaufhausgeschäftes (§ 23 des Handelsvertretervertrages vom 03.08.1966).
Vor diesem Hintergrund ist nach Einschätzung des Senats auch die zu § 1 des Handelsvertretervertrages vom 17.04.1978 (Anl. K 1) getroffenen Bestimmung zu sehen, wonach die Vertretung der Klägerin die Artikelgruppe "S-Herren-hemden" umfassen sollte. Auch hiervon wurden (weiterhin) allein die unter der markenrechtlich geschützten Markenbezeichnung "S" in den Handel gebrachten Herrenoberhemden - in Abgrenzung zu sonstigen Herrenoberhemden aus der Produktion der Beklagten erfasst. Einzige Sonderheit stellten insoweit die von der Beklagten zeitweise produzierten Kollektionen "B by S" und "P by S" dar, bei denen es sich aber gleichfalls schon aufgrund der Zusatzbezeichnung "by S" jeweils um erkennbare Markenprodukte der Beklagte handelte, so dass sie folgerichtig dem Vertrieb der Klägerin zugeordnet und dieser auch - insoweit unstreitig (Bl. 34/45 GA) - verprovisioniert wurden.
bb)
Dass auch die Klägerin den Umfang der ihr übertragenen - wie dargelegt auf unter der Markenbezeichnung "S" in den Handel gebrachten Herrenoberhemden beschränkten - Vertretung jedenfalls während der Laufzeit ihres Handelsvertretervertrages offenbar nicht anders beurteilt hat, zeigt sinnfällig der von der Beklagten vorgelegte, aus dem Jahr 1993 stammende Aktenvermerk des Inhabers der Klägerin (Bl. 152 GA) betreffend den Kunden B sowie der spätere Schriftwechsel vom 05.11./04.12.1996 (Bl. 154/157 GA) betreffend die Vermarktung der Oberhemden-Kollektion von "J B". In beiden Fällen bat bzw. forderte die Klägerin, ihr im Rahmen eines Zusatzvertrages die jeweils in Rede stehenden Geschäftsfelder - key accountment bei B u.a. für die Hausmarke oder no name Artikel (Bl. 152 GA), Übertragung der Kollektion von "J B" (Bl. 155 GA) - gesondert und zusätzlich zu übertragen, statt - was nach ihrer im vorliegenden Rechtsstreit eingenommenen Position an sich einzig folgerichtig gewesen wäre- darauf zu verweisen, dass diese Artikel ohnehin schon zu ihrer Vertretung zählten und dementsprechend auch ohne gesonderte Vereinbarung zu verprovisionieren seien.
cc)
Der Argumentation des Landgerichts, das gemeint hat, eine Beschränkung der Vertretung der Klägerin allein auf die unter der Markenbezeichnung "S" vertriebenen Herrenoberhemden sei mit Treu und Glauben unvereinbar, weil dies der Beklagten die Möglichkeit eröffnet hätte, die Vertretung der Klägerin durch Vertrieb ihrer Produkte unter anderen Markenbezeichnungen oder als No-name-Produkt nach Belieben und damit auch willkürlich auszuhöhlen, vermag der Senat dagegen nicht zu folgen. Die Beklagte verweist insoweit zu Recht darauf, dass es letztlich in ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit lag (und liegt), welche Produkte sie wie auf den Markt bringt. Dass sie sich nach Vortrag der Klägerin dazu entschlossen hat, geändertem Käuferverhalten folgend den Marktanteil von - wie dargelegt nicht der Vertretung der Klägerin unterfallenden - Private Labels und No-name-Produkten zu Lasten des Markenartikels "S" zu erhöhen, beinhaltet dementsprechend weder den Versuch einer einseitigen - und als solche unwirksamen - Vertragsänderung (vgl. nur Küstner, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, 3. Aufl. Rz. 380, 680 f), noch rechtfertigt allein dies den Vorwurf willkürlicher Benachteiligung des Handelsvertreters. Dies zeigt nicht zuletzt die Überlegung, dass die Beklagte sich ebenso gut - und von der Klägerin gleichfalls unangreifbar - dazu hätte entschließen können, die Produktion von Private Labels und No-name-Produkten ganz aus ihrem Geschäftsbereich auszugliedern und über eine eigene Firma in den Handel zu bringen. Auch in diesem Fall hätte der Vertrieb keinen Provisionsanspruch der Klägerin ausgelöst.
3.
Hinsichtlich der vom Klagebegehren umfassten Provisionspflichtigen Geschäfte nach § 87 III HGB waren weitere als die aus dem Tenor ersichtlichen Präzisierungen auch in Ansehung der Bestellung der Klägerin zur Bezirksvertreterin der Beklagten nicht vorzunehmen. Insbesondere war die Klägerin nicht gehalten, im einzelnen darzulegen, dass und ggfs. welche Geschäfte sie konkret i.S.d. des § 87 III HGB eingeleitet bzw. so vorbereitet haben will, dass innerhalb angemessener Frist - die der Senat mit 3 Monaten ab zum 01.07.2001 erfolgter Freistellung der Klägerin bemisst - mit einem Geschäftsabschluss zu rechnen war. Grundsätzlich ist es Sache der Beklagten als Unternehmerin, den geschuldeten Buchauszug nach ihren Unterlagen in eigener Verantwortung über alle nach § 87 HGB Provisionspflichtigen Geschäfte zu erteilen, ohne dass ihr seitens des Handelsvertreters Vorgaben gemachten werden, über welche Geschäfte sich der Buchauszug zu verhalten hat. Wäre die Klägerin zu derartigen Vorgaben verpflichtet, würde dies im Ergebnis zu einer deutlichen Entwertung ihres im Buchauszug zu sehenden Kontrollrechte (vgl. nur BGH VersR 2001, 760 f; Senat, VersR 1999, 1492) führen, da sich die Beklagte dann an den ihr gemachten - u.U. unvollständigen - Vorgaben der Klägerin orientieren und den Buchauszug hierauf beschränken könnte.
4.
Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ist - soweit sie Geschäftsabschlüsse der Beklagten in der Zeit vom 01.01.1998 bis 31.12.1999 betrifft - gleichfalls unbegründet und führt zu keiner weiteren Einschränkung des geschuldeten Buchauszugs über den vom Landgericht im Hinblick auf Geschäftsabschlüsse der Beklagten vor dem 01.01.1998 bereits bejahten Umfang hinaus.
a)
Allerdings handelt es sich bei dem Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87 c II HGB um einen Hilfsanspruch, der gegenstandslos wird, wenn der Provisionsanspruch, dessen Geltendmachung er dienen soll, verjährt ist oder aus anderen Gründen nicht mehr durchgesetzt werden kann (vgl. BGH WM 1981, 991, 992).
b)
Mit der Beklagte geht der Senat weiterhin davon aus, dass die zu § 18 des Handelsvertretervertrages vom 17.04.1978 getroffene Regelung, der zufolge die Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis in einem Jahr seit Kenntniserlangung und Fälligkeit, ohne Rücksicht auf die Kenntnis in 3 Jahren nach Fälligkeit verjähren, zu einer wirksamen Verkürzung der vierjährigen Verjährungsfrist nach § 88 HGB geführt hat. Die - wenn auch formularmäßige - Vertragsklausel führt insbesondere zu keiner unangemessenen, gegen Treu und Glauben verstoßenden Benachteiligung des Handelsvertreters. Es entspricht allgemein anerkannter und auch vom Senat geteilter Auffassung, dass die vierjährige Verjährungsfrist des § 88 HGB bei Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Handelsvertreter und Unternehmer abgekürzt werden kann, wenn und soweit billigenswerte Interessen zumindest einer der Vertragsparteien eine angemessene Beschränkung der Verjährungsfrist rechtfertigen (BGHZ 75, 218, 220 = MDR 1980, 199; BGH WM 1990, 2085 unter 13 = MDR 1991, 215; OLG Hamm NJW-RR 1988, 674; OLG Celle NJW-RR 1988, 1064, 1065). Ein solches billigenswertes Interesse kann dabei etwa in der Förderung einer zügigen Abwicklung des Vertrages und einer baldigen Klärung der beiderseitigen Rechte und Pflichten gesehen werden (BGH, MDR 1991, 215), so dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden ist, wenn die vierjährige Verjährungsfrist des § 88 HGB durch Individualvereinbarung beispielsweise auf sechs Monate abgekürzt wird, sofern für den Beginn des Laufs der abgekürzten Frist die Kenntnis von der Anspruchsentstehung Voraussetzung ist (BGH aaO.).
Der hier zu beurteilende Fall unterscheidet sich von dem vorgenannten zwar dadurch, dass die Abkürzung der Verjährungsfrist nicht individualvertraglich, sondern im Rahmen einer Formularklausel erfolgt ist. Diese sieht dabei jedoch eine deutlich weniger einschneidende Verkürzung der Verjährungsfrist - je nach Fallkonstellation auf 12 oder 36 Monate - vor und setzt den Handelsvertreter auch durch die weitere Bestimmung, dass der Lauf der abgekürzten Frist am Ende des Jahres beginnt, in dem der Berechtigte Kenntnis von dem Bestehen des Anspruchs erhielt oder der Anspruch fällig wurde, keiner unzumutbaren Einschränkung seiner Rechte aus. Zwar bestimmt § 18 des Handelsvertretervertrages vom 17.04.1978, dass im Falle der Unkenntnis des Handelsvertreters vom Bestehen seines Anspruch dessen Fälligkeit für den Verjährungsbeginn maßgeblich sein soll, dies wird aber dadurch kompensiert, dass nach § 13 des Vertrages die Fälligkeit des Provisionsanspruchs - insoweit abweichend von der Regelung nach §§ 87a IV, 87 c I HGB - an dessen tatsächliche Abrechnung geknüpft ist, so dass auch für die Klägerin als Bezirksvertreterin keine Gefahr bestand, dass ihr zustehende Provisionsansprüche bereits verjährt waren, noch bevor sie von deren Bestehen überhaupt Kenntnis erlangt hatte.
Mit dem dargelegten Vertragsverständnis unvereinbar ist allerdings die Auffassung der Beklagten, wonach als Kenntnis i.S.d. § 18 des Handelsvertretervertrages vom 17.04.1978 bereits ausreicht, dass der Klägerin der Anfall bestimmter Geschäfte - im Streitfall der nach § 87 I, II HGB Provisionspflichtigen (Bezirks-)Geschäfte über "S-Hemden" - ganz allgemein bekannt war. Vielmehr kann Kenntnis i.S.d. § 18 des Handelsvertretervertrages vom 17.04.1978 hier auch und gerade mit Rücksicht auf die Bestellung der Klägerin als Bezirksvertreterin der Beklagten nur so verstanden werden, dass der Klägerin in Anlehnung an die Regelung des § 852 I BGB zumindest bekannt sein musste, mit welchen Kunden die Beklagte wann derartige Geschäfte konkret abgeschlossen hat, um ggfs. auf diese Kenntnis gestützt eine Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung der Provisionszahlungsverpflichtung der Beklagten, erheben zu können (so im übrigen auch wohl OLG München, VersR 1999, 1369; vgl. auch OLG München, OLGR 2001, 111). Dass und ggfs. hinsichtlich welcher Geschäfte konkret die Klägerin in dem so verstandenen Sinne Kenntnis von Provisionspflichtigen Geschäftsabschlüssen in der Zeit vor dem 01.01.2000 hatte, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht nachvollziehbar dargetan.
5.
Der von der Beklagten - hilfsweise - erhobenen Einwand der Verwirkung erweist sich dagegen schon wegen fehlender Darlegung des erforderlichen sogenannten Umstandsmomentes (vgl. hierzu nur Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl. § 242 Rz. 95) als unbeachtlich. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, dass sich die Beklagte im Vertrauen auf die bis dahin unterbliebene Inanspruchnahme durch die Klägerin darauf eingerichtet hat - und, zumal vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist, auch darauf einrichten durfte -, auch in Zukunft nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch aus Gründen der Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist, § 543 II ZPO.
Ende der Entscheidung
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