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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.08.2003
Aktenzeichen: 35 W 11/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 II
Zu den Voraussetzungen und zum Umfang der Darlegungslast eines Handelsvertreters, der von seinem Geschäftsherrn Schadensersatz wegen schuldhafter Vereitelung angebahnter Vertragsabschlüsse verlangt.
Oberlandesgericht Hamm Beschluss

35 W 11/03 OLG Hamm

In dem Rechtsstreit

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers vom 30.01.2003 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 07.01.2003 in der Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 02.05.2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller war auf der Grundlage einer zuvor bereits mündlich geschlossenen schriftlichen Vereinbarung vom 09.02.1998 für die Antragsgegnerin zu 1. als Handelsvertreter tätig und in dieser Eigenschaft mit der Vermittlung von Vertragsgeschäften über einen von der Antragsgegnerin zu 1. entwickelten "FrittMaster Pommes-Frites Automaten" befasst. Nach einer Zusatzvereinbarung sollte der Antragsteller für Frittierautomaten, die in Deutschland von einer Fa. W oder in Spanien durch die Fa. Ch GmbH verkauft werden sollten, eine Provisionspauschale von 400,00 DM zzgl. MWSt. pro Automat erhalten. Nach Vortrag des Antragstellers scheiterten Vertragsabschlüsse mit von den Firmen W und CH GmbH vermittelten Kunden in der Folge allerdings an der fehlenden Marktreife des von der Antragsgegnerin zu 1. entwickelten Produkts.

Der Antragsteller behauptet, nach den mit der Antragsgegnerin zu 1. geschlossenen Vereinbarungen hätten die Firmen Christina W und Ch GmbH bei zuverlässiger Funktion und Fehlerfreiheit der Frittierautomaten hiervon insgesamt 350 Stück abgenommen. Mit seiner beabsichtigten Klage, für deren Erhebung er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt, will der Antragsteller die Antragsgegnerin auf Schadensersatz in Höhe von 140.000,00 DM = 71.580,86 Euro (350,00 x 400,00 DM) in Anspruch nehmen.

Das Landgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch wegen fehlender Erfolgsaussichten der beabsichtigen Rechtsverfolgung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die nach § 127 II ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht und aus zutreffenden Erwägungen -auf die ergänzend Bezug genommen wird- hinreichende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage nach § 114 ZPO verneint.

1.

Dass dem Antragsteller nach den getroffenen Vereinbarungen aufgrund zustande gekommener Geschäftsabschlüsse gegen die Antragsgegnerin zu 1. ein Anspruch auf Provisionszahlung zusteht, behauptet er selbst nicht. Sein Vortrag geht im Gegenteil dahin, dass Vertragsabschlüsse mit interessierten Kunden an der Mangelhaftigkeit des von der Antragsgegnerin vertriebenen Produktes scheiterten.

2.

Auch ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung -und nur ein solcher kommt nach den bislang vorgetragenen Gesamtumständen ernsthaft in Betracht- wird von dem Antragsteller nicht schlüssig dargelegt.

Zwar kann ein Prinzipal einem Handelsvertreter im Wege der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn er schuldhaft Verdienstchancen des Handelsvertreters vereitelt. Voraussetzung eines solchen Schadensersatzanspruches ist indes die schlüssige Darlegung einer konkreten Pflichtverletzung des Prinzipals sowie substantiierter Vortrag dazu, welche konkreten Geschäfte der Handelsvertreter -bzw. im Streitfall nach den getroffenen Vereinbarungen die Firmen Christina W und CH GmbH- angebahnt und soweit vorbereitet hatte(n), dass eine begründete Provisionserwartung bestand, welche allein durch pflichtwidriges Verhalten des Prinzipals vereitelt worden ist. Zu beachten ist dabei, dass dieser ungeachtete des geschlossenen Handelsvertretervertrages in seiner Kontrahierungsfreiheit im Verhältnis zu Dritten (Kunden) grundsätzlich nicht eingeschränkt ist.

a)

Bereits eine schuldhafte Pflichtverletzung der Antragsgegnerin zu 1. legt der Antragsteller nicht hinreichend konkret dar. So fehlt insbesondere jeder nachvollziehbare Vortrag dazu, dass eine Behebung der für das Scheitern der angebahnten Vertragsabschlüsse ursächlichen technischen Probleme und Fehlfunktionen des Frittierautomaten überhaupt möglich und der Antragsgegnerin zu 1. auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zumutbar war.

b)

Darüber hinaus hat der Antragsteller trotz entsprechender Auflage des Landgerichts nicht dargetan, dass nach den Gesamtumständen für ihn bereits hinreichend konkretisierte Provisionschancen bestanden, die sich allein aufgrund eines der Antragsgegnerin zu 1. anzulastenden Versäumnisses nicht realisiert haben.

Für die Darlegung, dass es zu den behaupteten entgangenen Abschlüssen mit der entgangenen Provision gekommen wäre, bedarf es eines besonders hohen Grades an Wahrscheinlichkeit, den der Antragsteller mit seinem bisherigen Vortrag nicht erreicht.

Die insoweit zu stellenden, besonders strengen Anforderungen an die Darlegungslast des Anspruchstellers ergeben sich aus dem Umstand, dass anderenfalls einem missbräuchlichen Schadensersatzverlangen von Handelsvertretern unter Berücksichtigung hypothetischer Verträge Tür und Tor geöffnet würde, obwohl der Prinzipal von diesen Vertragsmöglichkeiten nicht einmal Kenntnis erlangt hat und aus ihnen Einnahmen nie erzielen konnte. Eine derartige Situation muss vermieden werden, damit der Handelsvertreter im Schadensersatzfall nicht besser steht als bei ordnungsgemäßer Durchführung des Handelsvertreterverhältnis.

Im Fall der Fortsetzung bzw. der beiderseits korrekten Erfüllung des Handelsvertretervertrages hätte ein etwaiger Provisionsanspruch nämlich nur dann bestanden, wenn der Handelsvertreter es zwischen dem bis zum letzten Augenblick in seiner Entscheidungsfreiheit ungebundenen Kunden und dem Prinzipal zum Vertragsschluss gebracht hätte. Folglich bedarf es für den Vortrag, dass es bei korrektem Verhalten der Antragsgegnerin zu 1. zu Abschlüssen mit der vom Antragstellern behaupteten Provisionshöhe gekommen wäre, der Darlegung, dass Interessenten zu Vertragsabschlüssen über die von der Antragsgegnerin zu 1. vertriebenen Frittierautomaten bereit waren und dass insoweit tatsächlich bereits eine erhöhte Abschlusswahrscheinlichkeit bestand. Hieran fehlt es im Vortrag des Antragstellers. Der Antragsteller kann sich insoweit auch nicht mit Erfolg darauf zurückziehen, dass hier allein auf das Vertragsverhältnis der Antragsgegnerin zu 1. zu den Firmen W und Ch GmbH abzustellen sei, die unter der Voraussetzung nachgewiesener Marktreife des Frittierautomaten seinerzeit beide zum Vertragsabschluss bereit gewesen seien. Denn auch ein etwaiger Vertragsabschluss der Antragsgegnerin zu 1. mit den Firmen Christina W und Ch GmbH hing ab vom Vorhandensein kaufentschlossener Abnehmer, zu deren Vorhandensein jeder konkrete, einer Überprüfung zugänglicher Vortrag fehlt.

c)

Soweit der Antragsteller der Antragsgegnerin zu 1. dagegen vorwirft, ihn unzureichend und auch unzutreffend über den genauen Entwicklungsstand ihres Produktes informiert und so zu letztlich nutzlosen, allerdings in erheblichem Maße kostenträchtigen Bemühungen um weitere Vertragsabschlüsse veranlasst zu haben, fehlt nachvollziehbarer Vortrag sowohl zu einem etwaigen schuldhaften Fehlverhalten der Antragsgegnerin zu 1. bzw. der für sie in verantwortlicher Stellung handelnden Personen als auch zu Art und Umfang der hierauf beruhenden Aufwendungen des Antragstellers im Zusammenhang mit letztlich fehlgeschlagenen Akquisitionsbemühungen. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch scheitert danach -auch insoweit ist dem Landgericht beizupflichten- jedenfalls bereits an der unzureichenden Darlegung der Anspruchshöhe.

Ende der Entscheidung

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