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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: 4 Ss 307/06
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 184 a.F.
Geht der Täter zutreffend davon aus, dass es sich um auf einem Lichtbild erkennbare Personen um erwachsene Darstellerinnen handelt, fehlte es, auch wenn diese wie Personen unter 14 Jahre "aufgemacht" sind am Vorsatz, die Darstellung eines sexuellen Missbrauchs eines Kindes abzuspeichern.
Beschluss Strafsache

wegen Verbreitung pornographischer Schriften.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der XVI. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 23. Februar 2006 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 07. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Rheine hat den Angeklagten wegen 6-fachen Unternehmens des Besitzverschaffens von pornographischen Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kinder zum Gegenstand haben, in Tateinheit mit 6 fachem Besitz kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt und die Sicherstellung diverser Speicherelemente angeordnet.

Das Landgericht Münster hat die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten in Abänderung des Rechtsfolgenausspruches dahingehend verworfen, dass der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 50,00 € verurteilt wird.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

II.

Die Generalstaatsanwaltschaft in Hamm hat beantragt, auf die Sachrüge hin das angefochtene Urteil aufzuheben und den Angeklagten freizusprechen.

Sie hat ihren Antrag wie folgt begründet:

"Die Feststellungen des angefochtenen Urteils tragen eine Verurteilung des Angeklagten nicht.

Nach den Feststellungen des Landgerichts speicherte der Angeklagte an sechs näher bezeichneten Tagen zwischen dem 28.09.2001 und dem 21.01.2003 insgesamt 12 Bilddateien pornographischen Inhalts auf Datenträger, die er in seiner Wohnung zu privaten Zwecken zur Verfügung hielt. Die 12 Bilddateien zeigen insgesamt drei weibliche Personen, die sämtlich zum Zeitpunkt der Erstellung der Fotos mindestens 18 Jahre alt waren. Auch der Angeklagte ging davon aus, dass die abgebildeten Personen mindestens 18 Jahre alt waren. Gleichwohl hat das Landgericht die Fotos als kinderpornographisch qualifiziert, weil die Personen nach Auffassung eines unvoreingenommenen Betrachters aufgrund ihrer körperlichen Merkmale und ihrer Aufmachung wie Kinder unter 14 Jahre wirkten.

Um die kindliche Erscheinung der Darstellerinnen sei es dem Angeklagten bei dem Abspeichern der Bilddateien auch gegangen.

Die Frage, ob der objektive Tatbestand des § 184 Abs. 5 StGB a.F. auch schon dann gegeben ist, wenn die abgebildeten Personen sich tatsächlich nicht mehr im Kindesalter befinden, gleichwohl die pornographische Schrift aber "den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand hat", weil ein "unbefangener Beobachter" die abgebildete erwachsene Person fälschlich für ein Kind hält - so BGH St 47, 55 ff, 62; dagegen Tröndle/Fischer, StGB, 53. Aufl., § 184 b Rdn. 6), kann dahinstehen. Denn jedenfalls ging der Angeklagte nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils zutreffend davon aus, dass es sich um erwachsene Darstellerinnen handelte. Anders als in den Fällen, in denen der Konsument derartiger pornographischer Darstellungen auf die vorgebliche Kindlichkeit der abgebildeten Personen "hereinfällt", fehlte es dem Angeklagten daher an dem Vorsatz, die Darstellung eines sexuellen Missbrauchs eines Kindes abzuspeichern.

Das Urteil unterliegt daher der Aufhebung. Ergänzende Feststellungen, die im Falle einer Zurückverweisung noch zu einem erneuten Schuldspruch und einer Verurteilung des Angeklagten führen könnten, erscheinen nicht möglich. Der Angeklagte ist daher freizusprechen.

Eine Grundentscheidung über die Entschädigungspflicht gem. § 8 StrEG ist indes noch nicht zu treffen.

Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Rheine vom 28.03.2003 (Bl. 28 d.A.) wurde am 06.05.2003 die Wohnung des Angeklagten durchsucht; ein PC mit Netzkabel, zwei Festplatten, 16 CD ROMs und 198 Disketten wurden sichergestellt (Bl. 31 f. d.A.). Die Durchsuchung und die dabei sichergestellten Beweismittel sind auch für den Teil des Anklagevorwurfs von Bedeutung, hinsichtlich dessen das Amtsgericht Rheine das Verfahren gem. § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt hat (Bl. 126 d.A.). Bis zur endgültigen Erledigung jenes Verfahrensteiles ist die Entscheidung über eine evtl. Entschädigungspflicht zurückzustellen."

Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an.

Das angefochtene Urteil war mithin aufzuheben und der Angeklagte auf Kosten der Landeskasse (§ 467 Abs. 1 StPO) freizusprechen.

Ende der Entscheidung

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