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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.12.2008
Aktenzeichen: 4 Ss 485/08
Rechtsgebiete: StGB, StPO


Vorschriften:

StGB § 316 Abs. 1
StPO § 81 a Abs. 2
StPO § 163 a Abs. 4
Zur (verneinten) Annahme eines Beweisverwertungsverbotes bei unter Verletzung des Richtervorbehalts entnommener Blutprobe.
Beschluss

Strafsache

gegen G. H. M.,

wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr.

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 4. August 2008 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 04. 12. 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Gründe:

I. Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 35 Tagessätzen zu je 40,- Euro verurteilt, seine Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von weiteren sechs Monaten festgesetzt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Angeklagte am 22. Februar 2008 gegen 12.30 Uhr mit seinem PKW öffentliche Straßen in Greven, obwohl er aufgrund zuvor genossenen Alkohols absolut fahruntüchtig war. Die um 13.14 Uhr entnommene Blutprobe hatte eine Blutalkoholkonzentration von 2,56 o/oo ergeben. Dem Angeklagten war, so das Amtsgericht, bewusst, dass er alkoholbedingt nicht mehr fahrtüchtig war.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner in zulässiger Form erhobenen Sprungrevision, die, mit näherer Begründung, die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

Der Verteidiger des Angeklagten hat darauf mit Schriftsatz vom 25. November 2008 erwidert.

II. Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.

Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben, § 349 Abs. 2 StPO.

Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung, gestützt auf die nachvollziehbar glaubhaften Angaben des Zeugen und Polizeibeamten Th., die fragliche Äußerung des Angeklagten, er sei gerade mit seinem PKW am Edeka-Markt gewesen, um dort einzukaufen, als Spontanäußerung gewertet, der daher ein Verwertungsverbot nicht entgegensteht (vgl. BGH NJW 1990, 465). Auf die Frage, ob die anschließend erteilte Belehrung unvollständig bzw. fehlerhaft war, kommt es nicht mehr an.

Die Entnahme der Blutprobe ohne richterliche Anordnung stellt zwar einen Verstoß gegen § 81 a Abs. 2 StPO dar. Allerdings ist dem Strafverfahrensrecht ein allgemein geltender Grundsatz, dass jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht, fremd (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.07.2008 - 2 BvR 784/08 - bei beck-online). Vielmehr ist im Einzelfall unter Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Gewichtes des Verstoßes zu entscheiden (BVerfG a.a.O.). Insbesondere die willkürliche Annahme von Gefahr im Verzug oder das Vorliegen eines besonders schwerwiegenden Fehlers können dann ein Verwertungsverbot nach sich ziehen (BVerfG a.a.O. m.w.N.).

Danach gilt hier Folgendes:

Die Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt ist ein Eingriff von vergleichsweise geringer körperlicher Intensität ohne eine für den Betroffenen nennenswerte Belastung. Die Anordnung dieser Maßnahme ist der Polizei nicht schlechthin verboten. Unter den Umständen des vorliegenden Falles wäre ein richterlicher Anordnungsbeschluss ohne Weiteres zu erlangen gewesen. Für die Annahme einer willkürlichen Vorgehensweise der Polizeibeamten unter bewusster Missachtung des Rechts lässt sich dem angefochtenen Urteil nichts entnehmen. Nach alledem ist nach Auffassung des Senats jedenfalls im vorliegenden Fall die Annahme eines Beweisverwertungsverbots unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Mindeststandards nicht geboten (vgl. BVerfG a.a.O.).

Die Wertung des Amtsgerichts, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt, ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu beanstanden. Die mit der Revision geltend gemachten Bedenken erscheinen lebensfremd.

Soweit das Amtsgericht trotz einer festgestellten Blutalkoholkonzentration von 2,56 o/oo eine Strafmilderung wegen verminderter Schuldfähigkeit gemäß §§ 21, 49 StGB nicht geprüft hat, hat der Senat, in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft, gemäß § 354 Abs. 1 a StPO von der Aufhebung des angefochtenen Urteils abgesehen, da die verhängte Rechtsfolge angemessen ist.

Die Revision war daher nach alledem mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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