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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 11.04.2005
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 220/05
Rechtsgebiete: OWiG


Vorschriften:

OWiG § 74 Abs. 2
Zur Begründung der Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, der Einspruch des Betroffenen sei zu Unrecht wegen unentschuldigten Ausbleibens verworfen worden.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen F. B.,

wegen Verstoßes gegen das Fahrpersonalgesetz.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Paderborn vom 11. Oktober 2004 hat der 4 . Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 11. April 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG in der seit dem 1. September 2004 geltenden Fassung nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.

Gründe:

I.

Gegen den Betroffenen ist mit Bußgeldbescheid des Landrates des Kreises Paderborn vom 21. April 2004 eine Geldbuße in Höhe von 260,00 Euro verhängt worden, weil er bei einer Kontrolle vom 21. Januar 2004 um 12.15 Uhr auf der B 239 im Bereich Kirchlengern als Führer einer Beförderungseinheit von mehr als 2,8 t und nicht mehr als 3,5 t ein Tageskontrollblatt bei sich führte, das bereits bis 16.17 Uhr ausgefüllt war. Das Datum, der Name und der Anfangskilometerstand waren nicht eingetragen. Für die Vortage (16. 19. und 20. Januar 2004) konnten keine Tageskontrollblätter vorgelegt werden.

Seinen rechtzeitig dagegen eingelegten Einspruch hat das Amtsgericht durch das angefochtene Urteil gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, weil der Betroffene unentschuldigt der Hauptverhandlung ferngeblieben und eine - vom Verteidiger geltend gemachte - Erkrankung nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden sei.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen und - mit näheren Ausführungen - formellen Rechts rügt. Sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist rechtskräftig verworfen worden.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft - zulässig, aber unbegründet.

1. Der Betroffene hat die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde form- und fristgerecht gemäß § 79 Abs. 3 OWiG, § 341 StPO eingelegt und innerhalb der mit Zustellung des Urteils in Lauf gesetzten Rechtsbeschwerdebegründungsfrist von einem Monat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 345 StPO) in zulässiger Weise mit der in allgemeiner Form erhobenen Sachrüge begründet. Die Rechtsbeschwerde gegen ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG kann wie ein Verwerfungsurteil nach § 329 Abs. 2 StPO mit der allgemeinen Sachrüge angefochten werden (vgl. BGHSt 21, 242; 46, 230 = NStZ 2001, 440; OLG Hamm, Beschluss vom 5. August 2004 - 1 Ss OWi 295/04 -). Allerdings führt die Erhebung der allgemeinen Sachrüge gegenüber einem solchen Verwerfungsurteil lediglich zu der Prüfung des Revisions- bzw. Rechtsbeschwerdegerichts, ob die Prozeßvoraussetzungen vorliegen oder Verfahrenshindernisse bestehen (vgl. BGH a.a.O.; OLG Köln, NJW 2001, 1223; OLG Hamm, a.a.O.; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 329 Rdnr. 49 jeweils m.w.N.).

Die danach auf die Sachrüge vorzunehmende eingeschränkte Überprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben, da der Verfolgung und Ahndung der im Bußgeldbescheid näher bezeichneten Ordnungswidrigkeit des Betroffenen keine Verfahrenshindernisse entgegen stehen. Insbesondere ist unter Berücksichtigung der verwirklichten Unterbrechungstatbestände nach § 33 Abs. 1 Nr. 8, 9, 10 und 11 OWiG keine Verfolgungsverjährung eingetreten.

2. Soweit der Betroffene mit der Verfahrensrüge die Verletzung des § 74 Abs. 2 OWiG rügt, bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob diese Rüge in zulässiger Weise erhoben worden ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 1. April 2005 insoweit ausgeführt:

"Die Verfahrensrüge, mit der ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG geltend zu machen ist (Göhler, a.a.O., § 74 Rdn. 48 b), ist nicht in einer den gesetzlichen Erfordernissen genügenden Form ausgeführt. Hierzu hätte es einer geschlossenen, aus sich heraus verständlichen Darlegung der den Mangel begründenden Tatsachen bedurft, die dem Rechtsbeschwerdegericht ohne Rückgriff auf die Akten die Möglichkeit der Prüfung eröffnet, ob - die Richtigkeit der behaupteten Tatsachen unterstellt - ein Verfahrensfehler vorliegt (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 344 Rdn. 21 und 22, Göhler, a.a.O., § 79 Rdn. 27 g). Unter Bezeichnung bestimmter Tatsachen hätte näher ausgeführt werden müssen, weshalb das Amtsgericht das Ausbleiben des Betroffenen nicht als unentschuldigt habe ansehen dürfen bzw. weshalb es gedrängt gewesen wäre, den Sachverhalt in dieser Hinsicht näher aufzuklären (Göhler, a.a.O., § 74 Rdn. 48 b).

An der Angabe solcher bestimmten Tatsachen fehlt es indessen. Das Rechtsbeschwerdevorbringen, es sei "davon auszugehen" gewesen, der Betroffene werde "mindestens 10 Tage arbeitsunfähig sein", stellt sich nicht als unbedingte Behauptung der Arbeitsunfähigkeit dar, die im Übrigen als Minus hinter der - für entschuldigtes Ausbleiben erforderlichen - Verhandlungsunfähigkeit zurücksteht. Insoweit setzt sich die Rechtsbeschwerde in Widerspruch zu dem vorangegangenen Vorbringen, dem Amtsgericht sei mitgeteilt worden, aus einer in den Kanzleiräumen der Verteidiger vorliegenden ärztlichen Bescheinigung ergebe sich, dass "der Betroffene erkrankt sei und zum Termin nicht erscheinen könne". Dieser teils unbestimmte, teils widersprüchliche Sachvortrag genügt den im Rechtsbeschwerdeverfahren geltenden strengen Anforderungen an bestimmte Tatsachenbehauptungen nicht (zu vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 344 Rdn. 24)."

Jedenfalls ist die erhobene Verfahrensrüge unbegründet. Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass allein der Hinweis, der Betroffene sei (arbeitsunfähig) erkrankt, keine genügende Entschuldigung für das Ausbleiben in der Hauptverhandlung darstellt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ergab sich für das Gericht auch keine Veranlassung einer näheren Aufklärung der Erkrankung. Das Attest lag dem Gericht nicht vor, Name und Anschrift des ausstellenden Arztes waren dem Gericht nicht bekannt gemacht worden. Das Gericht hatte demnach nicht einmal die Möglichkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung.

Eine entsprechende Aufklärungsrüge ist - sollte sie überhaupt erhoben worden sein - jedenfalls nicht zulässig, da nicht bestimmt behauptet ist, dass die behandelnde Ärztin auf entsprechende Nachfrage dem Betroffenen für den 11. Oktober 2004 Verhandlungsunfähigkeit bescheinigt hätte. Im übrigen ist anzumerken, dass die wohl erste ärztliche Bescheinigung nicht einmal ein Datum aufweist und das (zweite) ärztliche Attest vom 18. Oktober 2004 nach seinem Inhalt das Fernbleiben des Betroffenen in der Hauptverhandlung nicht hätte entschuldigen können, worauf der Betroffene bereits zutreffend im Verfahren über sein Wiedereinsetzungsgesuch hingewiesen worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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